Parks, Andrew – Legenden von Camelot

_Camelots Helden erneut auf dem Spieltisch_

Die berüchtigte Tafelrunde ist ein gerne gesehener Gast auf den internationalen Spieltischen. Nicht gerade wenige Brett- und Gesellschaftsspiele haben dieses Thema im Laufe der Jahre aufgegriffen, zuletzt noch das preisgekrönte „Schatten über Camelot“ aus dem |Days of Wonder|-Verlag. |Pro Ludo| haben nun auch ein Kartenspiel um die alte Sagenwelt für den deutschen Markt unter Lizenz genommen, welches alle altbekannten Helden wieder ins Gedächtnis der Camelot-Liebhaber bringt.

Im neuesten Titel des Autors Andrew Parks streiten diese an drei verschiedenen Orten um Macht, Einfluss, Ruhm und Ehre. Es gilt, gemeinsam und gegeneinander gefährliche Abenteuer zu bestehen und den Gefahren zu trotzen, die sich im Gefährlichen Wald, in Cornwall und natürlich in Camelot selber zutragen. Mit bestens ausgestatteten Trupps aus Rittern und anderen Charakteren zieht man in die Schlacht um Siegpunkte und die Gunst der Tafelrunde. Doch nur ein getreuer Anhänger König Arthurs kann am Ende den Sieg davontragen.

_Spielidee_

In „Legenden von Camelot“ schlüpfen die Spieler in die Rolle vieler mehr oder minder bekannter Charaktere aus der Sagenwelt Camelots und müssen währenddessen Abenteuer an mehreren berühmten englischen Schauplätzen überstehen. Im Gefährlichen Wald lauern Gestalten wie der schwarze Ritter, Cornwall wird von Meuchelmördern heimgesucht und in Camelot muss man sich der Konkurrenz bei Ritterturnieren und weiteren festlichen Wettbewerben stellen. Mit Werten wie Kampfkraft, Diplomatie, Wagemut, Listigkeit, Ritterlichkeit und Charakterstärke streitet man darum, wer die vielen Ereignisse, die sich an diesen Orten zutragen, als Erster lösen und letztendlich auch die entsprechenden Siegpunkte einfahren darf. Wenn schließlich das Endereignis erfolgreich bestritten wurde, endet die Partie und derjenige, der im Laufe der schwierigen Aufgaben und Ereignisse die meisten Siegpunkte sammeln konnte, hat bei „Legenden von Camelot“ gewonnen.

_Spielmaterial_

• 60 Charakterkarten
• 34 Ereigniskarten
• 3 Endereigniskarten
• 3 Sonderkarten
• 3 große Ortskarten
• 4 Übersichtskarten
• 1 Regelheft

Das Kartenmaterial von „Legenden von Camelot“ ist wirklich ein echter Augenschmaus. Jede Karte wartet mit tollen Grafiken von legendären Charakteren oder eben besonderen Schauplätzen auf. Zudem sind die Texte sehr schön aus dem englischen Original übernommen worden, ohne dass sich dabei der grammatische Fehlerteufel eingeschlichen hätte. Wenn ich da noch an [„Tempus“ 3190 denke, welches ja ebenfalls von |Pro Ludo| vertrieben wird, wird mir immer noch ganz anders. Hier wurde die Übertragung aber prima gelöst und auch noch äußerst anspruchsvoll auf der einen bzw. witzig auf der anderen Seite gestaltet.

Die Handhabung der Karten bereitet indes ein wenig Schwierigkeiten, weil die Symbole der verschiedenen Fähigkeiten auf den Charakterkarten nur schwer voneinander zu unterscheiden sind und man fast bei jedem Ereignis, welches man mit seinen Charakteren ‚bedienen‘ muss, noch mal genauer hinschauen muss, welche der gefragten Symbole mit denen auf der eigenen Charakterkarte übereinstimmen.

Leider Gottes weist mein Exemplar aber noch einen großen Druckfehler auf. Eigentlich sollten die Ereigniskarten nebst Sonderereignissen Karten für den Wald, für Camelot und für Cornwall enthalten. Allerdings fehlen Letztere und wurden wegen eines offensichtlichen Fehldrucks mit den viel zu übergewichtig präsenten Camelot-Karten verwechselt. Soll heißen: Die Karten, die eigentlich für Cornwall gedacht waren, haben die Überschrift „Camelot-Ereignis“, was aber so gar nicht stimmt, im Spiel also für ordentlich Verwirrung sorgt. sofern man es dann auch mal merkt. Das Spiel lässt sich zwar auch mit diesem Fehler spielen, aber merkwürdig ist es schon.

Mittlerweile scheint man den Fehler auch bei |Pro Ludo| erkannt zu haben. Neue Karten sind bereits gedruckt und werden auf Anfrage als Ersatz ausgehändigt. Ein Service, wie man ihn sich wirklich nur wünschen kann.

_Spielvorbereitung_

„Legenden von Camelot“ teilt sich in die Anfänger-, die Standard- und die Fortgeschrittenen-Version auf, wobei es sich zu Beginn wirklich lohnt, die Einstiegsrunde ein- oder zweimal zu testen, bevor man dann in das tatsächlich wesentlich anspruchsvollere komplette Spiel einsteigt. Bei dieser Anfängerpartie wählt man die eigens hierfür markierten Ereignis- und Charakterkarten und mischt sie gut durch. Jeder Spieler bekommt nun fünf Charakterkarten auf die Hand; die übrigen werden ebenso wie die Ereigniskarten auf einen Stapel neben dem Spielfeld gelegt. Dieses wiederum besteht aus den drei Ortskarten, die in größeren Abständen voneinander platziert werden müssen, damit man später die Charaktere noch anlegen kann. Sind die Karten aufgeteilt, kann es auch schon losgehen.

_Spielablauf_

Ein Spielzug in „Legenden von Camelot“ ist in genau vier aufeinander folgende Phasen unterteilt, die man in einer vorgegebenen Reihenfolge ‚abarbeiten‘ muss bzw. kann. Es ist jedoch nicht möglich, diese Reihenfolge zu verdrehen oder zu beeinflussen.
Bevor der Startspieler jedoch den ersten Zug macht, legt er zunächst noch einen seiner fünf Startcharaktere an ein beliebiges Ortsfeld an (jeder Spieler hat eine entsprechende Seite an dieser Ortskarte, wo er seine Figuren platzieren kann). Reihum folgt jeder Spieler diesem Schritt. Nun kann das Spiel mit Phase 1 beginnen.

|1. Ereigniskarten ziehen|

Der aktive Spieler nimmt die oberste Karte vom Stapel der Ereigniskarten und legt sie an den vorgesehenen Ort. Sollte es sich dabei allerdings um kein Ortsereignis handeln, befolgt man die Anforderungen des Textes. Auf diesen Karten stehen häufig Bedingungen, die erfüllt werden, wenn man diese Karte später bekommt. Dabei handelt es sich vor allem um nette Boni für denjenigen, der sich im Streit um die Karte durchsetzt. Liegt die Karte nun aus und sind die Texte nachvollzogen und nötigenfalls auch aktiv befolgt worden, geht es über in Phase 2.

|2. Optionalen Kartentext anwenden|

Auf jeder Karte stehen besondere Fähigkeiten eines Charakters formuliert. Sollte es sich dabei um optionale Texte handeln, auf denen der Begriff ‚darf‘ steht, kann man nun eine Karte wählen und ihre Spezialfähigkeit ausspielen. Meist muss man im Anschluss daran jedoch seine Karte auf den Ablagestapel legen.

|3. Ortsereignisse erfüllen|

Dieser Abschnitt ist mitunter der wichtigste im gesamten Spiel. Jede Ereigniskarte, die bereits auf einem Ort ausliegt, bringt später Siegpunkte und ggf. noch Extrafunktionen für diejenigen, die sie ergattern. Allerdings muss man ganz spezielle Voraussetzungen erfüllen, um in den Besitz eines solchen Ereignisses zu kommen. Auf jeder Ereigniskarte sind die Fähigkeiten abgebildet, die in spezieller Anordnung von den Charakteren erfüllt werden müssen. So werden zum Beispiel 15 Punkte für Diplomatie gefordert oder jeweils 9 Punkte für Kampfkraft und Ritterlichkeit, die ein Rittertrupp nun besitzen muss, um ein Ereignis zu bestehen und die Karte mit den individuellen Siegpunkten in seinen Besitz zu bringen. Sollte sich an einem Ort eine Kombination eigener Charaktere befinden, die diese Voraussetzungen erfüllt, erhält man diese oder eventuell sogar noch mehrere Karten und verwahrt sie für die Schlusswertung.

|4. Zwei Kartenaktionen|

Zum Schluss eines Spielzuges hat man noch zwei Kartenaktionen frei. Nun kann man entweder eine oder zwei Karten neu ziehen (wobei ein Handkarten-Limit von fünf gilt), einen oder zwei Charaktere spielen oder Charaktere von einem Ort zum anderen zu bewegen, falls dort Eigenschaften gefragt sind, die man mit Personen aus anderen Orten besser aufbringen kann. Pro Ort dürfen aber nur maximal sechs Figuren in einem Trupp sein.

_Spielende_

Sobald die letzte Ereigniskarte gezogen wurde und alle Ereignisse gelöst sind, ist das Spiel sofort zu Ende. In einer Schlusswertung werden nun alle Siegpunkte gezählt und miteinander verglichen, um den Sieger zu ermitteln. Derjenige mit den meisten Siegpunkten ist wie gehabt der Sieger.

_Das Spiel für Fortgeschrittene_

Wer sich bereits ein wenig sicher fühlt und die Charaktere ebenfalls genauer kennt, der kann nun auch die übrigen Karten mit in den Stapel mischen und sich an der Standard- und Fortgeschrittenen-Variante versuchen. Allerdings ist hier wirklich Vorsicht geboten, denn so mancher Charakter setzt einem im späteren Ziel gehörig zu und bringt speziell den oder die unerfahrenen Spieler möglicherweise noch einmal arg in die Bredouille.

Der Reiz der professionelleren Variante besteht darin, dass das Spiel um weitere Komponenten bereichert wird. Sonderkarten kommen ins Spiel und bringen Zusatzpunkte, durch das Endereignis ist das Spielende etwas variabler und durch die vielen neuen Eigenschaften, welche die hinzugewonnen Charaktere auf ihren Karten vereinen, gewinnt das Spiel noch einmal gehörig an Vielschichtigkeit gegenüber der Einstiegsvariante. Dazu gibt es ein reichhaltigeres Gebot an Ereignissen und neue Rubriken wie Herolds- und Gebotsereignisse. Erstere gelten für alle Spieler, sobald sie ausgelegt werden, und werden genau dann ausgewechselt, wenn ein neues Heroldsereignis gezogen wird, und bei Letzteren dürfen die Spieler auf einige vorgegebene Fähigkeiten mit ihren Charakterkarten so lange bieten, bis einer oder eben doch keiner das Rennen um die darin enthaltenen Siegpunkte gemacht hat.

Interessant ist indes, dass das Mehr an Karten das Spiel nicht ins Bodenlose treibt. Die Ereigniskarten werden zum Beispiel im Spiel zu zweit nur zur Hälfte genutzt, nachdem sie vorab gemischt wurden, so dass das rasante Tempo weiter erhalten bleibt. Dies steigert jedoch auch den Glücksfaktor ein wenig, denn man muss schon ein wenig spekulieren, an welchen Orten man seine Charaktere ablegt, und kann dabei völlig ins Leere greifen, wenn an einem bestimmten Ort zum Beispiel nun nicht eine Ereigniskarte abgelegt wird – alles möglich!

Insofern ist der Sprung von der Anfänger- zur Profivariante auch sehr gut geglückt. Der Spieler lernt zu Beginn die Basics und geht dann nahtlos ins Fortgeschrittenenspiel über, ohne dass dabei irgendwelche Verständnisprobleme auftauchen. Und bis man „Legenden von Camelot“ dann mal halbwegs ausgereizt hat, sind definitiv einige Abende ins Land gezogen.

_Meine Meinung_

Zugegeben: Ich war zu Beginn ein wenig skeptisch, weil das Thema Camelot in diesem Bereich wirklich schon sehr oft aufgegriffen wurde und ich mir schwer vorstellen konnte, dass man eben dieser Thematik noch etwas Frisches, Neues abgewinnen könnte. Andrew Parks, seines Zeichens Spieldesigner von „Legenden von Camelot“ hat daher auch genau den richtigen Weg gewählt und erst gar nicht versucht, die Welt von Camelot händeringend zu verändern, sondern die bekannten Versatzstücke lediglich dafür genutzt, ein flottes, spannendes und überraschend vielseitiges Kartenspiel zu kreieren, das sowohl in der 2-Spieler-Variante als auch im Spiel zu viert eine Menge Spaß bringt, und das auch auf lange Sicht immer wieder Motivation liefert, neu einzusteigen. So viel zum grundsätzlichen Eindruck.

Bezogen auf die Feinheiten gibt es dennoch einige kleine Kritikpunkte. So ist es definitiv Fakt, dass derjenige Spieler, der sich bereits zum Beginn der Partie einen Vorteil verschafft, im Laufe des Spiels nur noch schwer von seiner Spitzenposition verdrängt werden kann. Man wird mit den richtigen Karten und ihren Spezialeigenschaften zu schnell zu mächtig und lässt die Konkurrenz, sollte sie nicht gerade viel Glück und ebenfalls sehr gute Karten bekommen, mit Leichtigkeit hinter sich. Davon abgesehen hängt generell sehr viel vom Glück ab. Man mag noch so viel taktisches Geschick vorweisen – wenn die entsprechenden Karten beim Nachziehen nicht treffend sind, ist man in seinen Möglichkeiten doch stark benachteiligt. Die Prioritäten sind hier schon gleichwertig verteilt.

Am letztendlichen Gesamtspaß und dem nicht von der Hand zu weisenden Potenzial ändert dies am Ende aber kaum etwas. „Legenden von Camelot“ ist schlicht und einfach ein sehr schönes, anspruchsvolleres und starkes Kartenspiel, das altbewährte Spielprinzipien mit einem frischen systematischen Aufbau kombiniert und in diesem Genre die ersten Akzente für das aktuelle Jahr setzt. Strategen, die auch gerne mal das Glück entscheiden lassen, sind mit diesem neuen Titel aus dem Hause |Pro Ludo| definitiv sehr gut bedient.

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