Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – … dem Winter folgte der Herbst (Folge 25)

Unsterblichkeit. Kein Preis scheint zu hoch, um ein ewiges Leben führen zu können. Und gerade deshalb ist die Unsterblichkeit ein Ziel, für das man über Leichen gehen muss. Bakerman hat dies oft genug spüren müssen. Denn er ist mit einem langen Leben gesegnet. Freunde und Verwandte sind gestorben, während er weiterleben durfte. Doch auf welche Weise? Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, hat er die Identität gewechselt und den harten Kurs des Eigenbrötlers gefahren. Warum auch sollte er wieder Freundschaften schließen, wenn er weiß, dass am Ende der bittere Tod zwischen ihm und allen anderen Menschen steht?

Aber Bakerman muss erfahren, dass auch die Unsterblichkeit nicht ewig währt. Er ist noch immer auf das Elexir Ila al Khalf angewiesen, das ihn einst zu dem verlängerten Leben verholfen hat. Doch nirgends ist die Essenz mehr zu finden – natürlich heiß begehrt, wer will nicht ewig leben? So nähert sich der Tod, und es ist schon fast zu spät, als Bakerman erkennt, dass er im Sterben liegt. Es gibt nur noch einen Weg, das Elixier aufzutreiben. Ohne Hilfe wird er es nicht mehr schaffen. Er muss zurück, Jahrzehnte zurück. Und er sieht: „… dem Winter folgte der Herbst“.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 24_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Doch bevor er sich seinen Widersachern stellen kann, gilt es, Bakerman zu helfen, denn dieser benötigt die Essenz eines Unsterblichkeitstranks, den er ohne Hilfe nicht mehr rechtzeitig beschaffen kann.

_Inhalt_

Bakermans Gesundheitszustand verschlechtert sich stündlich. Er benötigt Ila al Khalf, und er weiß, wie er es besorgen kann. Doch dazu müsste er in die Vergangenheit reisen, oder zumindest seinen Geist zurückschicken. Ihm fällt nur einer ein, dem es gelingen könnte, seine Seele auf diesen Trip zu schicken: Julien Cardieux. Julien ist der Sohn eines engen Vertrauten Bakermans, und zurzeit als Spiritist unterwegs, um zahlungskräftigen Kunden ihre Zukunft vorherzusagen. Joyce hat Julien stets als Schwindler abgetan. Nun muss sie sich eines Besseren belehren lassen und ihn schleunigst finden.

Glücklicherweise ist Julien schnell auszumachen, doch er ist schlecht auf Bakerman zu sprechen, der ihm einst verwehrt hat, in das Team aufgenommen zu werden. Umso erstaunter ist er, und zunächst nicht zur Kooperation bereit, als Joyce ihn flehentlich bittet, dem kranken Mann zu helfen. Nur widerwillig ist er dazu bereit, doch als er ihr folgt und sieht, wie schlecht es um Bakerman steht, beginnt er sofort mit der Hypnose, um den Geist vom Körper zu lösen und auf die Reise zu schicken.

Bakermans Hülle bleibt in der Gegenwart, doch nicht seine Seele, die es nach Vancouver zum Ende des 19. Jahrhunderts verschlägt – 120 Jahre in der Zeit zurück. Auf den Tag genau, an dem ein riesiges Feuer die damals noch kleine Stadt Kanadas heimsucht und etliche Todesopfer gefordert hat.

Bakerman gelangt jedoch nicht direkt nach Vancouver, sondern findet sich einem Waldstück einige Meilen vor den Stadttoren wieder. Die Schwäche, die seinen Körper ans Bett gefesselt hat, ist von ihm abgefallen, aber er weiß, dass die Zeit ihm davonrinnt und jede Sekunde wertvoll ist. Eine Holzhütte ist das Erste, auf das er stößt. Das Grauen will aber auch in der Vergangenheit nicht von ihm weichen: In dem kleinen Haus findet er einen blutig niedergeschlagenen Mann und einen weiteren, der gerade durch die Hintertür flieht und das Weite sucht. Bakerman kann dem Opfer nicht mehr helfen. Um mit seinem neumodischen Äußeren nicht aufzufallen, bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als dessen Kleidungsstücke anzulegen.

Dumm nur, dass die nächste Person, der er begegnet, die Kleidung dem Verstorbenen zuordnen kann. Bakerman kann ihn gerade bewusstlos schlagen, als der oberste Polizeiinspektor Vancouvers vorbeikommt. Dieser merkt jedoch nichts, so dass Bakerman sich ihm auf dem Weg in die Stadt anschließen kann und so einiges über das genaue Datum erfährt und auch über die Person, die er durch die Zeitreise finden will: Pandialo. Er ist der Schlüssel zum Unsterblichkeitselixier, so viel ist klar, doch Pandialo ist Ende des 19. Jahrhunderts offiziell nicht mehr als ein Wahrsager, der einem Wanderzirkus angehört. Und dieser ist längst aus Vancouver abgereist. Über eine Tänzerin kann Bakerman schließlich die Fährte aufnehmen und dem Wanderzirkus folgen. Doch Verfolger sind ihm dicht auf der Spur und setzen alles daran, um ein Treffen zu verhindern.

_Bewertung_

Die Folge „… dem Winter folgte der Herbst“ hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Ebenso wie die vorige Episode zögert sie den Metaplot in der |Gabriel Burns|-Reihe einmal mehr heraus und beginnt einen völlig neuen Handlungsstrang. Das spricht zwar für deren Komplexität und steht auch ganz im Zeichen der bisherigen Serien, in der Elemente immer erst sehr viel später wieder aufgegriffen worden sind, hat aber dennoch einen schalen Beigeschmack. Schließlich kann der Reiz auch wieder verloren gehen, wenn ein zentrales Motiv, in diesem Fall die Erkenntnis Steven Burns über seine Herkunft und sein Wesen in Folge 23, komplett in den Hintergrund rückt und nicht mehr beachtet wird. Ein Ende ist also nicht in Sicht, doch die Hoffnung stirbt zuletzt, dass die Haupthandlung in Kürze weiter an Fahrt gewinnt. Ungeachtet dieser Verzögerungstaktik, die man natürlich auch unter dem Gesichtspunkt sehen kann, dass es mit der Geschichte noch lange weitergehen soll, ist die Episode „… dem Winter folgte der Herbst“ gelungen und überzeugend übergesetzt.

In einigen früheren Folgen ist bereits mit der Verknüpfung historischer Ereignisse und der Gegenwart ein interessanter Ansatz verfolgt worden, der nun erneut genutzt wurde, um die Geschichte anhand zweier Zeitstränge zu verweben. Dabei ist nicht die Reise in die Vergangenheit an sich das, was die Folge ausmacht, sondern die Auswirkungen der in der Vergangenheit ausgeübten Handlungen, die mit der Gegenwart verwoben werden. Obwohl der Schwerpunkt auf dem Vancouver des 19. Jahrhunderts liegt, findet das Finale im jetzigen Vancouver statt.

Die Einbindung des geschichtlichen Hintergrunds in Form des Feuers, das Vancouver vor 120 Jahren heimgesucht hat, wirkt passend und ergänzt die Episode um ein weiteres gewinnbringendes Motiv. Die Sprecher, Geräuschkulisse und Musik sind wie eh und je erstklassig und machen den Trip in die Vergangenheit zu einem unterhaltsamen Hörgenuss. Eigenartig klingt nur die Stimme Steven Burns‘. Obwohl sich seine Passagen in dieser Folge im Rahmen halten, spricht er mit leicht veränderter Klangfarbe. Bloßer Zufall, die ungewollten Nebenwirkungen eines schlechten Tages oder einer Erkältung oder steckt doch mehr dahinter? Hoffentlich geben die nächsten Folgen eine Antwort – oder auf eine der anderen Fragen, die noch offen sind.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Schreibe einen Kommentar