Anne McCaffrey – Rowan (Rowan 01)

Mit Psi-Kräften das Universum erobern

Das Transportwesen der Galaxis ist angewiesen auf starke Psi-Talente, die mittels Telekinese und Teleportation gewaltige Massen über Lichtjahre hinweg verfrachten können. Eines der Frachtzentren ist das Rowan Mining Camp im System Atair. Es fällt einer Naturkatastrophe zum Opfer. Nur ein kleines Mädchen überlebt. Man nennt sie Rowan, nach ihrem Geburtsort, und sie ist ein T-1-Talent von erstaunlichen Kräften.

Sie hat das Zeug dazu, allein einen Tower zu leiten. Das ist der einsamste Job in der Galaxis – bis sie Jeff Raven kennenlernt, ein T-1-Talent wie sie. Er behauptet, eine Invasion von Aliens aufgespürt zu haben – aber kein Mensch glaubt ihm. (Verlagsinfo)

Diese Erstausgabe wurde liebevoll von Johann Peterka illustriert, einem Wiener Zeichner. Er hat schon viele PERN-Romane von Anne McCaffrey mit seinen dynamisch gestalteten Illustrationen aufgewertet.

Die Autorin

Anne [Inez] McCaffrey (* 1. April 1926 in Cambridge, Massachusetts; † 21. November 2011 in Dragonhold under the Hill, County Wicklow, Irland) war eine US-amerikanische Science-Fiction- und Fantasy-Schriftstellerin. Sie ist vor allem bekannt durch ihre Serie „Drachenreiter von Pern“.

Sie wurde als Tochter von George Herbert McCaffrey und Anne Dorothy McElroy McCaffrey geboren. Sie ging in Staunton, Virginia, zur Schule und studierte bis 1947 slawische Sprachen und Literatur am Radcliffe College. Anschließend arbeitete sie als Werbetexterin und studierte in den USA und in Düsseldorf (!) Gesang und Opernregie. Später arbeitete sie an der Oper in Delaware.

Sie heiratete 1950 und bekam drei Kinder. Die Ehe wurde 1970 geschieden; danach wanderte sie nach Irland aus. Dort gründete sie die Dragonhold Ltd. und züchtete Pferde. Sie lebte zuletzt in County Wicklow in Irland und besaß dort mehrere Rennpferde sowie ein Anwesen, das sich „Dragonhold under the Hill“ nennt. Anne McCaffrey verstarb am 21. November 2011 im Alter von 85 Jahren.

Das Werk

Anne McCaffrey veröffentlichte 1953 ihre erste Kurzgeschichte, aber richtig aktiv wurde sie als Autorin erst, nachdem 1967 auch ihr erster Roman herauskam.
Restoree. 1967. (Die Wiedergeborene. Heyne, 1973, ISBN 3-453-30239-7; Die Wiedergeborene. Argument, 2000, ISBN 3-88619-985-1)

Es folgten:

The Ship Who Sang. 1969. (Ein Raumschiff namens Helva. Heyne, 1973, DNB 740086065; Helva – Das Raumschiff, das sang. Bastei-Lübbe, 1995, ISBN 3-404-24198-3) und der erste Drachenreiter-Roman (s.u.) sowie:
Decision at Doona. 1969 (Band 1: Planet der Entscheidung. Heyne, 1972, DNB 730100642)
Und viele weitere Einnzelbände und Serien, siehe die Wikipedia.

Der Drachenreiter-Zyklus (gemäß Wikipedia)

Zu dem Zeitpunkt begann sie mit dem Zyklus um die Drachenreiter von Pern, dem sie ihre weltweite Bekanntheit verdankt. Das Schreiben der Pern-Romane hatte sie schon zu Lebzeiten – zumindest teilweise – auf ihren Sohn Todd übertragen, so dass ein Ende dieses Zyklus nicht abzusehen ist. Sie war bis zuletzt immer noch aktiv, auch wenn sie überwiegend nur noch mit Co-Autoren – speziell Elizabeth Ann Scarborough – zusammengearbeitet hat.

Der Rowan-Zyklus

1) Rowan
2) Damia
3) Damias Kinder
4) Lyon

Handlung

Das Transportwesen der Allianz der Neun Welten ist angewiesen auf starke Psi-Talente, die mittels Telekinese und Teleportation gewaltige Massen über Lichtjahre hinweg ohne Verzögerung verfrachten können. Eines der Frachtzentren ist das Rowan Mining Camp im System Atair. Hier dirigiert das T1-Talent Siglen den gesamten Frachtverkehr, und daher nennt man sie in der unabhängigen Gemeinde der Psi-Talente eine Prima. Ihr Pendant auf der Erde ist Primus Reidinger. Jeder mit einem Funken Talent kann merken, dass Siglen ihn um diesen Posten beneidet. Für andere Gefühle wie etwa Empathie daneben nur wenig Platz. Dies hat verhängnisvolle Auswirkungen.

Verschüttet

Nach einem tagelangen Dauerregen sind im Hochland von Atair I die Minta-Bäume nicht mehr in der Lage, das viele Wasser aufzusaugen. Das Erdreich lässt sich nicht mehr halten, es kommt zu einer Schlammlawine, die mehrere Kilometer lang den Berghang hinunterrutscht und eine Siedlung davonreißt und unter einer meterhohen Erdschicht begräbt. Der einzige Grund, warum ein dreijähriges Mädchen überlebt, besteht darin, dass es sich in einem kleinen Hopper befindet. Seine telepathischen Schreie hallen über den ganzen Planeten, und weil sie Siglen bei ihrer Arbeit stören, veranlasst sie entnervt die Aussendung einer Suchexpedition. Ein weiteres Talent ist nötig, um den Hopper des Mädchens aufzuspüren. Es wird geborgen und in eine Klinik gebracht.

Dies ist keine Lappalie, sondern für die Siedlung von nationaler Bedeutung. Unfähigkeit der Erschließungsgesellschaft wird mit Lizenzentzug bestraft. Camilla, die Staatssekretärin für Inneres, dazu der Gouverneur, der Stationsleiter in Port Atair und natürlich Siglen beraten, was zu tun sei. Das Potenzial des kleinen Mädchens ist, ähem, unüberhörbar. Sein Schicksal wird Carmillas Hände gelegt, die erstens Lusena, eine T-4, als Gouvernante engagiert und zweitens einen mechanischen Pucha an die Seite des Mädchens legt. Es beruhigt sich bald, denn es vermisst Trost und Wärme seiner Eltern. Es bürgert sich ein, das Mädchen „Rowan“ zu nennen. Siglen murrt über so viel Gefühlsduselei.

Die Rivalin

Aber Lusena muss den Job als Gouvernante nicht alleine machen. Auch Stationsleiter Gerolaman, selbst ein beachtliches Psi-Talent, hilft Rowan, seelisch wie auch geistig zu überleben. Er wird zu Rowans väterlichem Freund. Zusammen hören sie die Aufzeichnungen an, die sie von Rowans „Gesprächen“ mit dem Pucha anfertigen, um herauszufinden, was Rowan denkt, fühlt und wünscht. Und das ist eine ganze Menge. Es wird deutlich, dass sie eine Ausbildung braucht, und zwar in jeder Hinsicht, denn das kleine Mädchen wächst rasch heran und muss lernen, seine beachtlichen Talente in puncto Telepathie, Empathie und Telekinese zu kontrollieren. Außerdem muss sie auf Etikette achten: kein Abhören fremder Gedanken, keine Manipulation der Gefühle anderer Menschen. Nebenher wird sie von Siglen ausgebildet, um im Tower einfache Arbeiten zu verrichten.

Doch irgendwann braucht auch ein Supertalent mal Urlaub, findet Lusena. Als Rowan etwa 13 Jahre alt ist, wählt sie drei ihrer Nichten aus, mit denen Rowan eine gute Zeit am Meer verbringen soll. Doch eine dieser Nichten, Moria, spielt das Dominanzspiel. Immer wenn sie in Rowan eine ebenbürtige Spielgegnerin findet, gibt sie ihr lauthals die Schuld. Es kommt zu einem schweren Unfall, als Moria mit den anderen taucht und von einem Rochen verletzt wird. Rowan setzt sofort eines ihrer Talente ein, um die Wunde möglichst unbemerkt zu heilen.

Doch Moria kennt kein Pardon. Als sie Hausarrest erhält lässt sie ihre Wut an Rowans Pucha aus, der nicht mehr zu reparieren ist. Rowan kann sich gerade noch zurückhalten, um Moria nicht zu verletzen. Aber ihr Herz ist gebrochen. Lusena gibt sich selbst die Schuld, und Onkel Gerolaman muss jede Menge väterliche Liebe verteilen.

Die Akademie

Gerolaman hat es mit Carmillas List geschafft, Siglen dazu zu motivieren, mit Reidingers „Erlaubnis“ eine Art Akademie für angehende Psi-Führungskräfte ins Leben zu rufen. Das allein grenzt bereits an ein Wunder. Aber Gerolaman schafft es auch, den Riss in Rowans herz zu kitten. Er schenkt ihr eine empathische und extrem seltene Barkkatze, die sich sogleich ins Rowans Herz schleicht und von ihr „Gauner“ getauft wird.

Die Akademie wird in den nächsten Jahren ein voller Erfolg, und was keiner wissen darf:Reidinger von der Erde lässt sich sämtliche Berichte vorlegen. Rowan macht positive wie auch negative Erfahrungen mit den jungen Talenten von den acht anderen Welten: ängstliche Mädchen von Callisto ebenso wie ruhmsüchtige Jungs, die von Rowans Erfolgen profitieren wollen – die sie für ein durchschnittliches T-4-Talent halten.

First Love

Mittlerweile ist Rowan eine achtzehnjährige junge Dame, aber noch fehlt ihr etwas: Was kann es nur sein, fragt sie sich. Ein glücklicher „Zufall“ sorgt dafür, dass Tante Lusena zu ihrer Schwester reisen muss, weil diese ein Kind bekommt. Weil die Erinnerungen an die Zwischenfälle in Favor Bay bewältigt sind, reist sie zu jenem Ferienhaus am Meer. Allein, so herrlich allein!

Auf der Suche nach Essen durchstreift sie die Stadt Favor Bay und stößt in einem Imbiss auf eben jenen Kapitän Turin, der sie vor vier Jahren hinaus zum Tauchen fuhr. Er erkennt sie nicht, rät ihr zu einem Fischsandwich und als sich herausstellt, dass sie das Geld vergessen hat, legt er den preis aus, unter der Bedingung, dass sie für ihn auf seinem Segelboot „Miraki“ arbeite. Also mindestens vier Tage, bis das Boot seetüchtig und sein Zertifikat von Hafenbehörde bekommen kann. Gebongt, meint Rowan. Der andere Grund ist für sie, sich nicht mehr als „Mädel“ fühlen zu müssen. Von Turian wird sie ohne Vorbehalte und als eigenständige Eigenpersönlichkeit wahrgenommen und akzeptiert. Mal was ganz anderes, als unter Siglens Fuchtel zu arbeiten.

Nach den vier Tagen nimmt Kapitän Turian „Mister“ Rowan mit auf einen Segeltörn aus der Favor Bay heraus. Sie arbeitet als Smutje in Kombüse und an Deck. Bemerkenswerterweise weiß er schon einen Tag im Voraus, dass sich in der Arktis ein Sturm zusammenbraut, den sie entweder vermeiden oder abreiten müssen. Er berät sich mit ihr, denn schließlich geht es auch um ihr Leben. Sie ist für weitersegeln. An einem Kap saust das Boot hoch hinauf und tief hinunter. Das weckt die Urangst in ihr: Es ist, als wäre sie wieder unter jener Schlammlawine begraben und mutterseelenallein.

Turian ist ganz nah bei ihr, um sie geborgen zu halten. Als sie nass wird, packt er sie ein und versorgt sie. So viel Nähe bleibt nicht folgenlos. Plötzlich bricht ihre Sinnlichkeit hervor, und dieser Emotionalität hat Turian nichts entgegenzusetzen. Will er auch gar nicht. Am nächsten Morgen hat er schlimme Schuldgefühle, weil er sie entjungfert hat statt seine Gefühle im Zaum zu halten. Sie versichert ihm, dass sie sich ihm aufgedrängt habe. Das bringt ihn zum Lachen, so dass seine Schuldgefühle verfliegen. Er hat nichts dagegen, wenn sie sich ihm noch einmal „aufdrängen“ würde.

Als sie zum Ferienhaus zurückkehrt, warten viele dringende und schlimme Nachrichten auf sie…

Teil 2: Kallisto

Zehn Jahre später ist Rowan die Prima auf dem Jupitermond Kallisto. Mit Siglens und Reidingers Hilfe hat sie eine Psi- und Bodenmannschaft zusammengestellt, die erfolgreich und stabil kooperiert, um an dieser Grenze des Sonnensystems Frachttransporte zu erledigen. Eines Tages kommt eine sehr deutliche Anforderung nach Antibiotika von Deneb, doch von einem Primus dort hat noch niemand in der VT&T AG etwas gehört. Wer kann das sein? Und kann man ihm trauen?

Denn der Deneb-Primus berichtet von Alien-Raumschiffen, die biologische Kriegsführung begonnen haben. Daher der rasch wachsende Bedarf an Medikamenten. Kurz danach taucht im Jupiterraum die erste Bombe auf, doch Rowan und ihrer Crew, die sie vernetzt, gelingt es, die Bombe in den Riesenplaneten abzulenken, wo sie keinen Schaden anrichtet. Kaum ist Kallisto aus dem „Schatten“ Jupiters hervorgetreten, kann Rowan auch wieder den Kontakt zu Deneb aufnehmen. Dort ist die Lage inzwischen kritisch: Die Kliniken usw. sind überlastet. Inzwischen gelangen weitere Bio-Bomben in den Jupiterraum.

In höchster Not wendet sich Rowan an Reidinger, Siglen und die anderen T1-Talente: Sie will eine Geistverschmelzung, um Deneb in die Lage zu versetzen, die Alien-Schiffe zu zerstören. Nach Überwindung des Widerstands kommt die „Gestalt“ zustande, doch sie selbst muss ihre Seele dem Deneb-Primus öffnen. Zwar kann er zwei der drei Alien-Schiffe zerstören und abwehren, doch er verliebt sich unrettbar in sie. Und sie kennt noch nicht mal seinen Namen. Das dritte Schiff entkommt.

Jeff Raven liebt sie nicht nur aufrichtig, sondern hilft ihr auch zu erkennen, dass sie selbst und alle anderen Talente, die von Siglen ausgebildet worden sind, an einem Trauma leiden, das Siglen verursacht hat: eine Furcht vor dem tiefen Weltraum, vor der Schwerelosigkeit. Fortan versucht Rowan, diese Selbsttäuschung zu bekämpfen, was ihr bei Reidinger ein paar Minuspunkte einbringt. Doch sie ahnt, dass da noch viel mehr in ihrem Unterbewusstsein sein muss…

Mein Eindruck

Aus dem kleinen, furchtsamen Waisenmädchen wird, wir ahnen es, 25 Jahre später die größte, wenn nicht sogar die einzige große Hoffnung der Menschheit. Denn die Aliens, käferartige Schwarmwesen, wurden nicht vollständig vernichtet, denn eines konnte entkommen. Am Schluss dieses ersten ROWAN-Romans kommen die Käfer mit 16 Königinnen zurück, um Deneb ein für alle Mal in Besitz zu nehmen. Ihre Absicht ist nicht einmal boshaft, sondern eben einfach auf die Inbesitznahme einer Fremdwelt ausgerichtet.

Um dieser zweiten Invasion entgegentreten zu können, muss sich innerhalb der VT&T und der Neun-Welten-Allianz einiges ändern. Rowan hat sich selbst schon mit eigenen Mitteln am Wiederaufbau von Denebs Siedlung und VT&T-Station beteiligt, doch das ist längst nicht genug. Sie selbst muss den Chef der VT&T, Erdprimus Peter Reidinger, davon überzeugen, wie gut sie selbst als Psi-Talent ist und wie dringend ihre Botschaft ist, Hilfe auszusenden, solange es nicht zu spät ist. Dass sie es schafft, unbemerkt in den stark gesicherten Komplex der VT&T-zentrale auf der Erde, beeindruckt Reidinger sehr, auch wenn er es niemals zugeben würde.

Aber ihr Coup bedeutet noch viel mehr, wie im vierten Teil des Romans deutlich wird: Eine Wachablösung auf oberster Ebene. Reidinger ist müde vom Stress, und Siglen auf Atair ist bereits zusammengebrochen. Verständlich, dass Reidinger Ersatz suchen muss. Rowan, die soeben auf Deneb Jeff Raven geheiratet hat, wird von ihm zur Prima von Atair ernannt, Jeff zum Primus von Callisto. Zusammen bilden sie eine mächtige Partnerschaft, die von Liebe zusammengehalten wird. Jeffs Familie weist ebenfalls Talente auf und kann eine Station der VT&T betreiben. Diese Frauen stehen Rowan bei der Geburt ihres ersten Kindes bei. Jeran ist ein strammer Junge und vermutlich selbst ein Psi-Talent. Seinen Vater Jeff himmelt er an, und seine Mutter ist ganz vernarrt in ihn. Ein glücklicher Sohn, zweifellos. Die Autorin weiß nach drei eigenen Kindern ganz genau, wovon sie erzählt. Weibliche Leser werden sehr berührt sein.

Zuerst ist Reidinger entsetzt über Rowans Schwangerschaft, die er in nur vier Sekunden entdeckt. Doch dann sieht er einen ganzen Horizont voller Möglichkeiten: Das Psi-Universum teilt sich fortan in eine weibliche Hälfte, die von Rowan angeführt wird, und in eine männliche, die von Jeff angeführt wird. Die Frauen um Rowan und die Denebianerinnen sind in der Lage, mit dem Geist weit hinauszugreifen und die anfliegenden Aliens zu erforschen.

Die männliche Hälfte der Psi-Begabten bereitet sich darauf vor, den anfliegenden Planetoiden von seiner Bahn abzulenken, so dass er in der Zentralsonne landet. Wird der Plan aufgehen? Hier soll es nicht verraten werden. Die Leserinnen dürften zufrieden konstatieren, dass die Frauen dieser Galaxis den Männern absolut ebenbürtig sind, sich aber um andere, ergänzende Aufgaben zu kümmern haben.

Eine davon besteht auf jeden Fall darin, Nachkommen hervorzubringen. Und dafür sind alle Frauen, die die Autorin beschreibt, bestens ausgestattet. Nur Rowan braucht einige psychische „Reparaturen“ von Traumata, die ihr im Alter von drei Jahren zugefügt wurden. Wer sind ihre wahren Eltern, von denen sie ihr silberfarbenes Haar geerbt hat? Die Erdarchive müssten dazu Informationen haben. Warum ist ihr nach einem Vierteljahrhundert immer noch ihr Pucha so wichtig? Und wo findet sie eine neue Familie? Alle diese Fragen werden beantwortet, besonders mit Jeffs Hilfe.

Die Übersetzung

Der Übersetzer Mike Noris hat versucht, seine Aufgabe gut zu erledigen, doch wie so oft bei Heyne ist ihm der Druckfehlerteufel in die Quere gekommen. Bei gravierenden Fehlern wie etwa fehlenden Wörtern kann man allerdings kein Auge zudrücken.

S. 22: „warum man [ein] Kind so lange hat weinen lassen“: Hier fehlt ein Wort.

S. 146: „Schlag der Erschöpfung“ sollte besser „Schlaf der Erschöpfung“ heißen.

S. 150: Was ist ein „Superkargo“?

S. 165: Was ist „Analog-Elektronik“? Klingt wie ein Widerspruch in sich selbst.

S. 217: „durch der (!) Raum zu reisen“: Statt „der“ muss es „den“ heißen.

S. 227: „Ungestüm, für den (!) ich auf Deneb bekannt bin“: Da aber Ungestüm nicht maskulin, sondern laut DUDEN ein Neutrum ist, miss es korrekt: „für das ich auf Deneb bekannt bin“ heißen.

S. 257: „Ein bisschen frische Luft und Ausarbeitung wird dir gut tun.“ Was hier ausgearbeitet wird, ist unklar, aber wenn es sich um eine Eins-zu-eins-Übersetzung von „Workout“ handelt, dann ist offenbar sportliches Training gemeint.

S. 269: „enge Bildung an die Familie“. Gemeint ist aber eine „enge BINDUNG“.

S. 275/276: Beim Seitenwechsel findet zugleich ein Szenenwechsel statt. Der wird aber keineswegs signalisiert.

S. 282: „Module, Shittle und Schiffe“: Nein, hier sind (vermutlich) keine fliegenden Toiletten gemeint, sondern Shuttles, also Fähren.

S. 309: „Wie haben Sie er erfahren?“ Statt „er“ sollte es besser „es“ heißen.

S. 313: „fühlte [sie] sich zu anderen Zeiten wohl und sicher.“ Auch hier fehlt ein wichtiges Wort.

S. 315: „Band des Vertrauens…, daß Sie jetzt knüpfen…“: Hier ist aber das Relativpronomen gefragt, also „das“ statt „daß“.

S. 366: „aber wie (!) haben Ihnen nicht gesagt…“: Statt „wie“ sollte es besser „wir“ heißen, denn das Subjekt des Satzes fehlt.

S. 377: „Ich hoffe, wie (!) können diesen aufdringlichen Typen…“: Das gleiche in Grün.

S. 382: Auf der allerletzten Seite leistet sich der Übersetzer einen Schnitzer, der wohl einen Schlusspunkt für seine „Arbeit“ darstellen soll: ein völlig verkehrter Satzbau.
Falsch: „Die Erfüllung für dich hat eben erst begonnen.“
Korrekt: „Die Erfüllung hat für dich eben erst begonnen.“ Nämlich Rowans gleichberechtigte Einbindung in die Rowan-Raven-Familie. Ihre Eintrittskarte: Heirat mit Raven und sein Baby, von ihrem Status als Prima von Atair und seinem als Erd-Primus mal ganz abgesehen.

Unterm Strich

Die Autorin ist eine versierte, engagierte und disziplinierte Erzählerin. Sie versteht es, eine ganz neue Welt zu entwerfen und sie mit Figuren zu bevölkern, die das emotionale und geistige Interesse des – meist weiblichen – Lesers zu wecken wissen. Die Geburt von Rowans erstem Baby ist eine ebenso wichtige Angelegenheit wie ihr erster Raumflug nach Deneb oder ihre Affäre mit Kapitän Turian. Das dürfte dem interessierten SF-Fan eine Vorstellung geben, wo die Prioritäten der Autorin liegen.

Die Handlung selbst besteht nicht nur in der erfolgreichen, zweimaligen Abwehr von Alien-Angriffen, sondern auch in einer völligen Umformung des Aufbaus und der Arbeit der VT&T: der Vereinigten Telekinetiker und Telepathen. Sie bilden eine Leistungsgesellschaft, die den Frachtverkehr erledigt. Aber vom wem dieser Job erledigt wird und in welcher Qualität, ist genau der Punkt, der reformbedürftig ist, wie Rowan, Jeff und ihre Freunde finden. Insofern geht es quasi um eine Revolution unter den Psi-Begabten. Jeff und Rowan sind keine Besserwisser, sondern müssen erst sich selbst heilen, bevor sie alle anderen überzeugen können. Das ist recht vernünftig erklärt.

Was jedoch im Dunkeln bleibt, sind der Grund für Jeffs unglaublich starkes Talent und die Herkunft von Rowans Talent. Dadurch erscheinen sie beide quasi als Deus ex machina, was der Plausibilität der Handlung gar nicht guttut. Eine Akademie für Talente, wie sie die Autorin in „Wilde Talente“ beschrieben hat, fehlt ebenfalls. Es gilt das Prinzip „learning by doing“, so dass Talente von Meistern und Meisterinnen am Einsatzort ausgebildet werden. So entsteht der Eindruck, als sei Telekinese eine Art Handwerk. Um Prima zu werden, sollte Rowan aber eine Prüfung ablegen. Macht nichts, denn der Chef ernennt sie einfach dazu, schließlich habe sie es verdient. In diesen Dingen macht es sich die Autorin meines Erachtens etwas zu einfach. Aber das tut auch dem romantischen Finale keinen Abbruch.

Taschenbuch: 382 Seiten.
O-Titel: The Rowan, 1990;
Aus dem Englischen von Mike Noris.
ISBN 9783-453-126411

www.heyne.de

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