Anthony Ryan – Der Herr des Turmes (Rabenschatten 2)

Rabenschatten

Band 1: Das Lied des Blutes“
Band 2: „Der Herr des Turmes“
Band 3: „Queen of Fire“ (noch ohne dt. Titel)

Nach dem verheerenden Desaster des alpiranischen Feldzuges ist Vaelin al Sorna in die Königslande zurückgekehrt, um seine Schwester zu suchen. Unterwegs wird er von der jungen Reva angegriffen, einer jungen Fanatikerin, die das Schwert der Wahrklinge bei ihm vermutet. Al Sorna bietet ihr einen Handel an: ihre Begleitung bis Varinsburg gegen die Information, wo das Schwert sich befindet. Allerdings ist Reva mit der Antwort, die sie schließlich erhält, überhaiupt nicht zufrieden …

Während Vaelin nach Norden zieht, ist Frentis als Sklave bei den Valorianern gelandet, die offenbar etwas Bestimmtes mit ihm vor haben. Als er die Gunst eines Augenblicks nutzt, und seinen Aufseher tötet, spielt ihn das einer schönen, aber hochgefährlichen Frau in die Hände …

Lyrna ist derweil auf dem Weg in die Nordlande. Die Mahlessa, das Oberhaupt der Lonakher, hat sie eingeladen, über einen Frieden zu verhandeln. Lyrna ist der Einladung vor allem auch deshalb gefolgt, weil sie hofft, die Wahrheit hinter den vielen, verworrenen Informationen über die Kultur der Lonakher herauszufinden.

Mit der Ausweitung der Handlung auf mehrere Erzählstränge ist Vaelin al Sorna nicht mehr die alleinige Hauptfigur, trotzdem ist er noch immer der zentrale Charakter, denn er scheint der einzige zu sein, der mit den versteckten Hinweisen auf den eigentlichen Antagonisten etwas anfangen kann. Ihm allein ist bewusst, daß in Wahrheit nicht die Valorianer der Gegner sind. Auch Lyrna und Frentis haben dahingehende Hinweise erhalten, können aber nicht viel damit anfangen, weil sie nichts von Barkus wissen.

Lyrna hat sich allerdings ziemlich gemausert. Intelligent und selbstbewußt war sie schon immer, jetzt zeigt sie auch Zähigkeit, Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsvermögen. Dazu kommt der feste Wille, um ihr Königreich zu kämpfen. Eine bessere Königin können sich die Königslande eigentlich nicht wünschen.

Frentis hat sich nicht so stark entwickelt. Die meiste Zeit steht er unter magischem Zwang, die restliche Zeit kämpft er als Guerilla. Auch er beweist Führungsqualitäten, doch viel mehr gibt es zu ihm bisher nicht zu sagen.

Interessant ist Reva. Das junge Mädchen hat eine grausame Erziehung zur Attentäterin erhalten, zusammen mit einer kräftigen Gehirnwäsche. Als sie herausfindet, dass sie hintergangen wurde, setzt sie die erworbenen Fähigkeiten jedoch prompt gegen ihre neuen Feinde ein.

Ich fand die Charakterzeichnung in jeder Hinsicht höchst gelungen, vor allem bei Reva, deren Wandlung von einer fanatischen Waffe zur selbstbestimmten Kämpferin sehr glaubwürdig geraten ist.

Auch der Handlungsaufbau war interessant weil ungewöhnlich. War Band eins noch großteils als Rückblende erzählt, beginnt dieser Band quasi als Ausblick, allerdings ohne den tatsächlichen Ausgang der Ereignisse zu verraten. Außer dem Geschehen um Frentis laufen alle Fäden auf denselben Punkt zu, nur um in einem gemeinen, kleinen Cliffhanger zu enden.

Die Handlung selbst ist, wie bei einem Krieg nicht anders zu erwarten, stellenweise sehr blutig und auch grausam, auch wenn Anthony Ryan nicht explizit ins Detail geht. Kampfszenen gibt es ebenfalls eine Menge, wer also Wert auf Action legt, kommt hier sicherlich nicht zu kurz.

Dabei überwiegen in der ersten Hälfte noch kleinere Scharmützel und Kämpfe, im Vordergrund stehen aber eher Informationen, vor allem im Zusammenhang mit Lyrnas Reise nach Norden und Frentis‘ Gesprächen mit seiner Begleiterin.
Der eigentliche Krieg beginnt erst in der zweiten Hälfte des Buches und betrifft zu diesem Zeitpunkt nur Varinsburg. Die Ausweitung der Kriegshandlungen sorgt dafür, daß die Spannungsschraube allmählich anzieht.

Unterm Strich war dieser zweite Band ein würdiger Nachfolger seines Vorgängers. Die Charaktere, die die Handlung erweitern, waren eine Bereicherung, die Handlung durchdacht, spannend und durchwoben mit einfallsreichen Details – wie zum Beispiel dem Rothai oder der Kultur der Lonakher sowie der Volarianer, die im ersten Band noch so gut wie keine Rolle spielten. Die Lektüre war so fesselnd, dass ich mich erst nachts um eins dazu durchringend konnte, das Buch wegzulegen, weil meine Augen mich dazu zwangen.

Anthony Ryan ist gebürtiger Schotte und war im Staatsdienst tätig. Seine Geschichten schrieb er nebenbei, bis ihm mit „Das Lied des Blutes“ der Durchbruch gelang. Der dritte Band der Trilogie Rabenschatten erschien im Juli unter dem Titel „Queen of Fire“, ein Veröffentlichungstermin für die deutsche Übersetzung ist noch nicht bekannt. Außerdem stammt aus seiner Feder die Novelle „The Lord Collector“, die ebenfalls in der Welt von Rabenschatten spielt, sowie die Science-Fiction-Reihe Slab City Blues, die bisher nicht auf Deutsch erschienen sind.

Gebundene Ausgabe 859 Seiten
Originaltitel: „Tower Lord“
Deutsch von Hannes Riffel und Birgit Maria Pfaffinger
ISBN-13: 978-3-608-96018-1

anthonystuff.wordpress.com/author/anthonystuff
www.klett-cotta.de

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (3 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)