Anne Bishop – Blutskönigin (Die Schwarzen Juwelen 7)

Die Schwarzen Juwelen:

Band I: „Dunkelheit“
Band II: „Dämmerung“
Band III: „Schatten“
Band IV: „Zwielicht“
Band V: „Finsternis“
Band VI: „Nacht“

_Seit dem Hexensturm_ vor zwei Jahren sind Dorotheas Marionetten endlich verschwunden. Doch zurückgeblieben sind nur Trümmer. Theran, ein Kriegerprinz aus Dena Nehele, ist sich nur zu bewusst, dass sein Volk sterben wird wenn es keine neue Königin bekommt. Und so macht er sich auf den Weg nach Kaeleer und bittet Daemon Sadi um Hilfe. Er soll ihm bei der Suche nach einer Königin helfen, die bereit wäre nach Tereille zu kommen und dort zu herrschen, nach den alten Gesetzen des Blutes.

Cassidy lebt zur Zeit bei ihren Eltern. Ihr Hof hat sich aufgelöst, weil ihr gesamter erster Kreis – einschließlich ihres Gefährten – aus ihrem Dienst ausgetreten ist, um einer anderen Königin mit besseren Beziehungen zu dienen. Ein schwerer Schlag, den sie längst nicht überwunden hat, als ihr entfernter Cousin Aaron sie besuchen kommt, zusammen mit Jaenelle und einem höchst ungewöhnlichen Angebot …

_Das ist jetzt_ das zweite Mal, dass die Autorin mich komplett überrascht. Die ursprüngliche Trilogie war hervorragend, und auch das Prequel dazu war gut. Das Sequel aber war ziemlich mau, und der sechste Band, der ebenfalls nach der Trilogie spielt, war zwar gut, steht aufgrund seiner Extravaganz aber etwas außerhalb des restlichen Zyklus. Insofern war ich eher skeptisch, was diesen neuen Band anging. Zu meiner Überraschung jedoch ist es Anne Bishop gelungen, eine echte Weiterführung ihrer Trilogie zu schreiben, die zu keiner Zeit wiederaufgewärmt oder wie ein trauriges Anhängsel wirkt.

Das liegt zum einen daran, dass diese Geschichte zu einem großen Teil von neuen Charakteren getragen wird. Cassidy ist eine Königin mit ziemlich angeschlagenem Selbstbewusstsein. Sie ist nicht schön, nicht einmal besonders hübsch und trägt nur ein helles Juwel. Vor allem aber ist der Rücktritt ihres ersten Kreises äußerst unschön abgelaufen, was sie tief verletzt hat. Dabei hat Cassidy alles, was eine gute Königin braucht: Sie ist mutig, stark und hat den festen Willen, das ihr anvertraute Volk und Land zu beschützen. Und sie kennt das Protokoll …

Theran dagegen hat vom Protokoll keinen Schimmer. Und obwohl er die alte Lebensweise im Grunde wieder lernen will, gibt er sich nicht allzu viel Mühe damit herauszufinden, wie er seine Aufgabe, der erste Begleiter der Königin zu sein, richtig erledigen sollte. Das liegt einfach daran, dass er von der großen, unscheinbaren Frau, die nur Rose trägt, zutiefst enttäuscht ist. Ein Vorurteil, das die Zusammenarbeit zwischen den beiden schwer belastet, denn Theran schirmt auch seine Gedanken nicht ordentlich ab. Dass er außerdem so gut wie keine Manieren hat, macht es auch nicht gerade leichter.

Zum Glück hat Cassidy Vae mitgebracht. Vae ist eine junge Sceltie-Hündin mit einem purpurnen Geburtsjuwel, einem recht vorlauten Maul und jeder Menge Durchsetzungsvermögen. Aber selbst sie hat es mit dem sturen Theran, der offenbar niemandem zuhören will, nicht leicht, so dass oft genug nur kräftiges Zwicken hilft, was sie deshalb auch ausgiebig tut.

Der einzige, der Cassidy auf Anhieb akzeptiert, ist ausgerechnet Therans Cousin Gray. Obwohl der junge Kriegerprinz zwei Jahre lang die grausame Folter von Dorotheas Günstlingsköniginnen erdulden musste und ihm der Gedanke an eine neuen Königin panische Angst einjagt, fühlt er sich von Cassidy angezogen. Ihre Freundlichkeit und ihr Feingefühl locken ihn langsam aus dem selbst errichteten inneren Käfig heraus, in den er sich seit seiner Misshandlung geflüchtet hat.

_Sie alle sind_ ausgesprochen feinfühlig und lebendig geschildert, gleichzeitig hat die Autorin auch innerhalb dieser neuen Figurenkonstellation wieder dieselbe sorgsam ausbalancierte Mischung aus Düsternis, Humor und Gefühl angelegt, die auch die ersten drei Bände auszeichnet.

Natürlich aber hat sie auch diesmal nicht völlig auf ihre alten Hauptfiguren verzichtet. Daemon und Jaenelle tauchen ebenso auf wie der Höllenfürst und Lucivar, und während sie aus der Ferne den Neuanfang in Dena Nehele begleiten, haben sie außerdem auch noch mit eigenen Problemen zu kämpfen, was vor allem im Falle von Daemon noch einmal zu einer Vertiefung der Charakterzeichnung führt.

Man könnte also fast sagen, dass das Buch zwei Geschichten erzählt. Aber anders als im vierten Band spielen sie sich gleichzeitig ab und sind dadurch, dass Theran Daemon um Hilfe gebeten hat, zumindest lose miteinander verbunden, so dass diesmal der Eindruck von Flickschusterei vermieden wird. Vor allem aber sind beide Handlungsstränge wesentlich gehaltvoller als in Band Vier.

Der Teil um Cassidy und Theran erzählt interessant und glaubwürdig sowohl von den Schwierigkeiten des Wiederaufbaus – das Gesetz des Blutes ist in Tereille nahezu völlig in Vergessenheit geraten; das Vertrauen zwischen Männern und Frauen des Blutes ist zerbrochen, ebenso das der Landen in die Blutleute; das Land selbst leidet unter jahrzehntelanger Vernachlässigung – als auch von den Schwierigkeiten zwischen Cassidy und Theran, deren völlig unterschiedliche Sicht- und Lebensweisen sich nicht so einfach auf einen Nenner bringen lassen, obwohl beide eigentlich das Gleiche wollen.

Der Teil um Daemon und Jaenelle erzählt von alten Narben und der einen, finsteren Seite in Daemon, die noch immer in ihm schlummert, obwohl er längst kein Lustsklave mehr ist. Daemon muss lernen, den Sadisten in sich, den er eigentlich los zu sein gehofft hatte, als unabänderlichen Teil seiner selbst zu akzeptieren. Dieser Prozess ist intensiv, aber ohne jeden Schwulst beschrieben und wesentlich glaubwürdiger als „glücklich bis an ihr Lebensende“ oder was es sonst an Versuchen gibt, eigentlich bereits glücklich geendete Liebesgeschichten fortzusetzen.

_So kommt es_, dass dieser Band, obwohl man ihn nicht wirklich als spannend bezeichnen kann, doch ununterbrochen fesselt und dabei sogar ohne ernste Bedrohung oder Bösewicht auskommt. Allein eine Hexe namens Vulchera, von der Dorothea entzückt gewesen wäre, macht ein wenig Ärger, bleibt aber lediglich eine Randerscheinung, was auch ganz gut ist, denn hier hat sich ein logischer Knacks eingeschlichen.

Bleibt zu sagen, dass mir dieser Band sogar noch ein klein wenig besser gefallen hat als die Teile fünf und sechs. Obwohl auch hier natürlich viele Charaktere aus der Anfangstrilogie nicht mehr dabei sind, ist dieses Buch zu lesen fast ein wenig wie nach Hause zu kommen, was vor allem an den starken und liebevollen Bindungen innerhalb der Familie des Höllenfürsten liegt, aber auch an den Funken von Humor, die hier wieder wesentlich häufiger auftauchten als in den letzten beiden Bänden. Außerdem hat die Autorin dadurch, dass sie eine ihrer Hauptfiguren in verwandtschaftliche Beziehung zur Grauen Lady gesetzt hat, auch einen inneren Zusammenhang zu Band fünf hergestellt, der die Geschichte zusätzlich abrundet.

Dennoch zeigt sich in dem zu den bisherigen Bänden leicht abgesetzten Titel auch eine gewisse Eigenständigkeit. Und tatsächlich erscheint im März 2010 unter dem Titel „Shaladors Queen“ eine Fortsetzung, deren zentrale Hauptfigur ebenfalls Cassidy ist und nicht Jaenelle. Ich muss ehrlich zugeben, ich bin jetzt schon neugierig auf die deutsche Übersetzung.

_Anne Bishop_ lebt in New York, liebt Gärtnern und Musik und hatte bereits einige Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, ehe ihr mit dem Zyklus der |Schwarzen Juwelen| der internationale Durchbruch gelang. Außerdem stammen aus ihrer Feder die Trilogie |Tir Alainn|, die auf Deutsch bisher anscheinend nicht erschienen ist, sowie der Zweiteiler |Ephemera| mit den Bänden „Sebastian“ und „Belladonna“.

Taschenbuch: 448 Seiten
Originaltitel: The Shadow Queen
Übersetzung: Charlotte Lungstrass
ISBN-13: 978-3453526099
http://www.annebishop.com
http://www.heyne.de