Bruce Sterling – Inseln im Netz. Zukunftsroman

Anno 2020: Die Nationalstaaten haben ihren politischen Einfluss weitgehend verloren, Multis beherrschen mithilfe einer perfekt vernetzten Informationstechnik die Welt. Laura und David Webster arbeiten als PR-Berater für eine dieser Firmen, Rizome.

Grenada, Singapur und Luxembourg sind Datenoasen – hier wird mit jeder Sorte von Informationen gehandelt. Der Konkurrenzkampf zwischen ihnen ist groß und hat die Ausmaße eines Kleinkriegs angenommen. Rizome schickt Laura und David nach Grenada, um ein Abkommen auszuhandeln. Als Singapur Grenada angreift, kann David entkommen, doch Laura wird gefangen genommen.

In den folgenden drei Jahren wird sie immer tiefer in die Machenschaften von Firmen, Staaten und Terrororganisationen verstrickt, die sie unmöglich durchschauen kann… (Verlagsinfo)

Der Autor

Bruce Sterling war der eigentliche Wortführer („Vincent Omniaveritas“) des Cyberpunk und neben William Gibson und Walter Jon Williams der wichtigste Autor dieser postmodernen Richtung der Science-Fiction. Seine Anthologie „Mirrorshades“ (dt. als „Spiegelschatten„, bei Heyne als Nr. 06/4544 erschienen) setzte seinerzeit Maßstäbe. Sie gilt als die beste und wichtigste SF-Anthologie der achtziger Jahre.

Er hat Artikel für die Magazine Wired, Newsweek, Fortune, Harper’s, Details und Whole Earth Review geschrieben. Den Hugo Gernsback Award für die beste Science Fiction-Novelle gewann er gleich zweimal, u.a. für „Taklamakan“. Er lebt in der Universitäts- und Industriestadt Austin in Texas und hat schon mehrmals Deutschland besucht. Eine seine Stories spielt in Köln und Düsseldorf.

Handlung

Man schreibt das Jahr 2020. Die Nationalstaaten haben ihren politischen Einfluss weitgehend verloren. Multis beherrschen mit Hilfe einer perfekt vernetzten Daten- und Informationstechnik das Weltgeschehen. Sorgen bereiten ihnen einige Steueroasen wie Grenada und Singapur, die sind jedoch untereinander in einen Konkurrenzkampf verstrickt, der Formen eines Kleinkrieges angenommen hat.

Da entsendet die Rizome Industries Group Laura und David Webster als Vermittler nach Grenada in die Karibik, um ein Abkommen auszuhandeln. Sie geraten dort in einen Angriff, hinter dem Singapur vermutet wird, und entkommen mit knapper Not.

Darauf reist Laura als Vermittlerin nach Singapur, um kriegerische Weiterungen abzuwenden. Aber dort kommt sie nicht zum Ziel, denn eine vermutlich von Grenada verdeckt geführte Gegenaktion führt in Singapur zum Zusammenbruch aller staatlichen Ordnung.

Laura muss erkennen, dass einfache Menschen wie sie nicht in der Lage sind, zu beurteilen, gegen wen sie tatsächlich unter Lebensgefahr eingesetzt wird, und welche Drahtzieher wirklich hinter den Manipulationen stecken, in denen Menschen wie sie verheizt werden.

Laura ist verstrickt in ein brutales Spiel um politischen und wirtschaftlichen Einfluss, in dessen Verlauf sie Unsägliches erleiden muss, um schließlich, immer nur knapp dem Tod von der Schippe springend, zu erfahren, dass sie nicht nur drei Jahre ihres Lebens, sondern noch viel mehr verloren hat…

Mein Eindruck

Der Titel ist eine Hommage an Ernest Hemingways Roman „Islands in the Stream“ („Inseln im Strom“). Es verwundert daher nicht, dass es kein Cyberpunk-, sondern ein humanistischer Roman ist. Humanistisch in dem Sinne, als die Menschen im Vordergrund stehen und sie die Handlung vorantreiben. Ironie dabei: Der Cyberpunk, allen voran Sterling selbst, griff die damaligen „Humanisten“ in der SF heftig und rebellisch an. Inzwischen ist Cyberpunk tot und Sterling selbst ein – ausgezeichnet schreibender – „Humanist“.

Sterling beschreibt in eindringlichen und spannenden Szenen, wie die bisher von ihrem Konzern väterlich-fürsorglich behandelte Laura in die brutale Welt des internationalen Business gestoßen wird. In einem Cyberpunk-Roman würde Laura im Cyberspace operieren, hier jedoch ist „das Netz“ lediglich eine Kraft, mit der sich Laura auseinandersetzen muss.

„Inseln im Netz“ ist weitaus lesbarer, lyrischer und tiefsinniger als etwa sein Zukunftsentwurf „Schismatrix“ (1985). Dem Autor liegt wirklich an seinen Romanfiguren, er opfert sie nicht zugunsten der neuen Welt und ihren Phänomenen. Der Roman lieferte mir daher befriedigende Lektüre, hätte aber auch ein klein wenig spannender sein dürfen. „Ein aktueller Science-Fiction-Klassiker, der leider bei seiner Übersetzung aus dem englischen Original etwas gelitten hat.“ (Wolfgang Trell, Amazon.de)

Taschenbuch: 556 Seiten
Originaltitel: Islands in the Net, 1988
Aus dem Englischen von Walter Brumm
ISBN-13: 9783453042858

www.heyne.de

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