C. J. Cherryh – Tripoint. Ein Alliance-Union-Roman


Cherryhs „Schatzinsel“: die Fehde der Sternenkauffahrer

Man schreibt das 24. Jahrhundert im Allianz-Union-Universum. Wie bereits „Kauffahrers Glück“ und „Pells Ruf“, so ist auch „Tripoint“ ein Roman, der im Umfeld der Kauffahrer spielt, die mit ihren Familienschiffen die Verbindungen zwischen den Welten herstellen. Diese Familien stehen miteinander in hartem Wettbewerb um Transportkontrakte, und Tom Hawkins von der „Sprite“ gerät zwischen die Fronten, denn er wird von der „Corinthian“ gekidnappt, so dass er seinem Vater gegenübersteht – und einer ziemlich abgefahrenen Crew. Aber welchen finsteren Herren dient die „Corinthian“ wirklich?

Die Autorin

Caroline Janice Cherryh, geboren 1942 in St. Louis, ist von Haus aus Historikerin und lebt in Oklahoma. Sie erhielt schon 1980 ihren ersten Science Fiction-Preis für ihre umwerfende Novelle „Kassandra“***. 1983 folgte der erste HUGO Award für „Pells Stern“, später ein weiterer für „Cyteen“. Beide Romane gehören zu ihrem Allianz-Union- bzw. PELL-Zyklus, der eine Future History darstellt, wie sie schon von anderen Größen des Science Fiction-Feldes geschaffen wurde, darunter Robert A. Heinlein oder Isaac Asimov.
***: Die Story ist jetzt im Sammelband „The short fiction of C.J. Cherryh“ (Januar 2004) zu finden.

Wichtige Romane und Trilogien des Allianz-Union- bzw. PELL-Zyklus:

„Downbelow Station“ („Pells Stern“): PELL 1
„Merchanter’s Luck“ („Kauffahrers Glück“): PELL 2
„40.000 in Gehenna“ (dito): PELL 3
„Rimrunners“ („Yeager): PELL 4
„Heavy Time“ („Schwerkraftzeit“): PELL 5
„Hellburner“ („Höllenfeuer“): PELL 6
„Finity’s End“ („Pells Ruf“): PELL 7
„Tripoint“ (Tripoint): PELL 8
„Cyteen“ (3 Romane im Sammelband „Geklont“)
„Serpent’s Reach“ („Der Biss der Schlange“)
„Cuckoo’s Egg“ („Das Kuckucksei“)
Die DUNCAN-Trilogie „Die Sterbenden Sonnen“: Kesrith; Shon’jir; Kutath.
Der CHANUR-Zyklus: Das Schiff der Chanur; Das Unternehmen der Chanur; Die Kif schlagen zurück; Die Heimkehr der Chanur; Chanurs Legat.

Hintergrund

In „Pells Stern“ (PELL #1) schildert die Autorin, wie es zur Entstehung von Kauffahrer-Allianz und Kolonien-Union kam. Die Union besteht aus selbständig gewordenen Kolonien, die sich gegen die Flotte der Erde zur Wehr setzen, die die Earth Company gegen die abtrünnigen Kolonien in Marsch gesetzt hat. Der Verlauf des Konflikts erinnert in bestimmten Merkmalen an den Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Kolonien gegen das Mutterland England.

2005 bis 2352 n.Chr.

Im 21. Jahrhundert hatte die Earth Company nur eine Station nach der anderen gebaut, die um andere Welten nach dem Vorbild der erdnahen Sol Station kreisten. Die einen Großen Kreis fliegenden Frachter versorgten die Stationen mit Waren, die nur die Erde herstellen konnte, v.a. Lebensmittel. Sie lieferten dafür Rohstoffe, v.a. Erze. An den Profiten wurde die Company fett, satt und träge. Dann gewannen die Isolationisten großen Einfluss, die der Company den Einfluss neideten. In der Folge entfremdeten sich die Stationen von der Company, und umso mehr dann, nachdem eine lebensfreundliche Welt entdeckt worden war: Pells Welt, die von den Stationsleuten „Downbelow“ genannt wird.

Mit Pell und seiner Station änderten sich die Regeln des Spiels. Denn nun konnten sich die Stationen selbst versorgen und waren nicht auf Nachschub von der Erde angewiesen. Einige schlossen sich zur „Union“ zusammen, insbesondere auf Betreiben der Regierung, die auf der neu entdeckten und autarken Welt Cyteen herrschte und Unmengen von Klonen herstellte, um die umliegenden Welten und Stationen zu bevölkern (man lese dazu die „Cyteen“-Trilogie). Pell gehört nicht zur Union und deshalb sehr begehrt – von allen Seiten. Weil man auf Cyteen auch die Raumsprung-Technologie erfunden hatte, ließen sich die Reisezeiten von Jahren auf Monate, Wochen oder gar Tage reduzieren. Das Draußen rückte enger zusammen.

Die Earth Company sah nun ihre Felle davonschwimmen. Zuerst versuchte sie es mit Steuern, genau wie seinerzeit die Engländer des 18. Jahrhunderts. Und manche Stationen und Kauffahrer zahlten, doch andere, rebellischere weigerten sich. Also baute die Earth Company eine Kriegsflotte. Die „America“, die „Europe“, die „Australia“ und die „Norway“ waren die größten ihrer Schlachtkreuzer, allesamt Sprungschiffe. Die erdnahen Stationen zahlten Steuern nun wie einen Tribut, doch die rebellische Union breitete sich immer weiter erdabgewandt aus und verweigerte die Zahlungen. So manches ungeschützte Ziel wurde abgeschossen.

24. Jahrhundert: Dann änderte sich die Erdpolitik abermals, und die Earth Company stellte die Unterstützung für ihre eigene Flotte ein: Sie war ihr zu teuer geworden. Der erneute Isolationismus zwang die Flotte, sich selbst zu versorgen, und aus 50 Schiffen wurden nur noch fünfzehn, die sich als Piraten betätigten. Nach einem ihrer Befehlshaber, Conrad Mazian, wurden sie Mazianni oder Mazianer genannt. Sie verbreiten Furcht und Schrecken, wo sie auftauchen. Und ihre Agenten sind überall…

Handlung

Der Krieg zwischen der Erdflotte Mazians, der Union und der Allianz ist inzwischen Geschichte, doch manche Ereignisse dieser Zeit machen sich in ihren Folgen immer noch bemerkbar. Thomas Bowe Hawkins lebt seit 23 Jahren Bordzeit auf dem 200 Jahre alten Kauffahrer „Sprite“, der der Familie der Hawkins gehört und zwischen den Stationen Viking, Fargone und Pell verkehrt.

Toms Mutter ist die Frachtleiterin Marie Hawkins, doch er hat sie niemals „Mutter“ nennen dürfen. Der traurige Grund ist ihm bekannt: Vor 23 Jahren machte Austin Bowe, der Sohn des Kapitäns der „Corinthian“, die 17-jährige Marie auf der Station Mariner betrunken und vergewaltigte sie – sagt Marie. Seitdem ist sie stur, manisch und ziemlich rachsüchtig, denn sie hat bis heute keine Gerechtigkeit erlangt.

Viking Station

Die „Sprite“ nähert sich der Viking Station. Wieder ist da die „Corinthian“, die im Verdacht steht, seit jeher mit Schmugglern und Piraten wie den Mazianni Geschäfte zu machen. Wiederholt sich die Geschichte, fragt sich Tom. Nun ruft Mischa Hawkins, der aktuelle Kapitän und Bruder Maries, „Thomas Bowe“ zu sich. Als ob Tom nicht schon genug von seinen Vettern ausgegrenzt und gehänselt worden wäre, weil er nur halb zur Familie gehört.

Mischa zeigt sich unerwartet offenherzig und erzählt Tom, was seinerzeit auf der Station Mariner (die inzwischen von der Erdflotte zerstört wurde) passierte. Das meiste kennt Tom bereits, aber es gibt da ein paar pikante Details, die Marie, ihre Schwester Lydia und Großmutter ihm verschwiegen haben. So etwa, dass Marie während der Unruhen auf Mariner, die zwischen „Sprite“ und „Corinthian“ ausbrachen, nicht weniger als 48 Stunden in der Gewalt des Feindes war. Aber warum hat sie das Kind NICHT abgetrieben, fragen sich Tom und Mischa. Marie hat Tom erzählt, es sei ihre freie Entscheidung gewesen, das Kind zu behalten. Jetzt aber sagt Mischa, Marie habe ihm einmal gestanden, dass sie Austin Bowes Kind GEWOLLT habe. Man wundert sich, was dahintersteckt.

Mischa befürchtet jetzt, dass Marie einen Anschlag auf ihren einstigen Vergewaltiger vorhat. Tom weiß von ihr selbst, dass sie die „Corinthian“ über den Handel ruinieren will. Und beide wissen, dass Marie auf jeden Fall auf Viking gehen wird, um die „Corinthian“-Leute zur Rede zu stellen. Darin widerspricht Marie dem ausdrücklichen Befehl Mischas, der ihr und jedem anderen Besatzungsmitglied jeden Kontakt mit den Leuten von der „Corinthian“ untersagt hat. Denn die „Sprite“ hat das lukrative Privileg, für die Regierung der Allianz und der Erde Frachten zu transportieren, zu speziellen Gebühren, versteht sich. Dieses Privileg will Mischa auf gar keinen Fall aufs Spiel setzen. Der Kapitän bittet Tom daher , auf seine Mutter „aufzupassen“, d.h. ihr nachzuspionieren.

Marie ist auf Rache aus und will herausfinden, was ihr Widersacher Austin Bowe im Schilde führt. Zunächst gelingt es Tom, Marie zu begleiten, doch als er sie in der Menge verliert – oder sie ihn abschüttelt – sieht er nur eine Möglichkeit, Punkte bei ihr zu sammeln: Er spioniert in dem Dock, wo die „Corinthian“ ihre nächste Ladung lagert. Als ihn deren Crew dort dabei ertappt, wie er Frachtetikette entziffert, nimmt ihn sein Halbbruder Christian kurzerhand in Gewahrsam, bringt ihn an Bord seines Schiffes und sperrt ihn in eine Zelle.

Austin Bowe bleibt keine andere Wahl, als der Dockpolizei und „Sprite“ gegenüber zu leugnen, etwas von Tom gesehen zu haben. Er lässt die bestellte Ladung verstauen und startet. Unterdessen gelingt es Marie, Mischa derart unter Druck zu setzen, dass er die Erlaubnis gibt, die „Sprite“ zu verfolgen. Für Marie ist es klar, dass Austin zur Pell-Station will, denn dort bieten sich lukrative Handelsmöglichkeiten. Dort will sie ihn abfangen. Aber will sie wirklich auch ihren Sohn zurück?

An Bord der „Corinthian“

Christian Bowe, ein junger Offizier, hat eine sehr interessante und rätselhafte Geliebte: Capella, die zweite Chefnavigatorin. Sie besucht Tom, ohne jedoch die Zellentür zu öffnen. Das Armband, das sie trägt, weist sie als Navigatorin der Mazianni aus, die sich oft im Hyperraum aufgehalten hat – ein ganz besonderer Menschenschlag. Und sie scheint eine der Überlebenden von Mazians Erd-Flotte zu sein. Das macht sie verdächtig und unberechenbar, denn Tom hat Gerüchte gehört, dass die Flotte mit Menschen handelt…

Nachdem der Sprung durch den Hyperspace Toms Geist ausgeknockt hat, entdeckt Tom beim Erwachen, dass sein Overall geöffnet wurde. Nicht nur das. Er trägt auch viele frische Kratzer am Leib, und zwar auch im Intimbereich. Vage kann er sich an einen erotischen Traum erinnern, aber sonst bleiben ihm diese Spuren ein Rätsel. Er ist vor allem damit beschäftigt, die physischen Folgen des Sprungs zu bekämpfen. Capella erscheint wieder, wird aber von Christian weggeholt, der Anspruch auf sie erhebt. Nachdem Tom vom Koch Tink Essen bekommen hat, taucht die hübsche Frachtleiterin auf, die sich Sabrina Perrault-Cadiz oder kurz „Saby“ nennt. Sie zeigt wirklich Interesse an diesem neuen Fahrgast und überbringt Kapitän Austin Grüße von Tom, doch der lässt sich überhaupt nicht blicken.

Tripoint-Sprungpunkt: der Nachtwanderer

Tom gewöhnt sich an das Leben an Bord, das weder so gefährlich noch so unangenehm ist, wie es ihm seine Mutter ausgemalt hatte. Tom wird zum Küchendienst verdonnert, als Smutje sozusagen, und lernt den Koch Tink besser kennen. Der Typ ist echt in Ordnung, auch wenn dies kein Familienschiff wie die „Sprite“ ist, sondern ein Schiff mit Angeheuerten, die einem obskuren Zweck dienen. Welchen Handel Austin Bowe eigentlich treibt, findet Tom (noch) nicht heraus. Er hat alle Hände voll mit dem Überleben zu tun. Als ihn ein paar der Arbeiter in der Kombüse zusammenschlagen, hilft ihm ausgerechnet sein Halbbruder Christian, wieder auf die Beine zu kommen.

Den Grund für diese unverhoffte Hilfsbereitschaft erfährt Tom schon bald in Christians luxuriösem Offiziersquartier: Tom soll in Pell von Bord gehen, natürlich getarnt als Flüchtling und so weiter. Christian würde für ein Schiff sorgen, auf dem Tom weiterfliegen könne, am besten zurück zur Viking Station. Wider besseres Wissen willigt Tom in den Plan ein. Als sozialer Außenseiter ist er auf jede Hilfe angewiesen.

Der Sprung von Tripoint in den Raum von Pell haut Tom wieder völlig aus den Pantinen, und als er erwacht, staunt er darüber, dass er völlig nackt auf seiner Pritsche liegt, die Kleider fein säuberlich aufgestapelt – und das Handgelenk wie immer gefesselt: Wie kann er sich also selbst ausgezogen haben? Offenbar hat er erneut Besuch gehabt. Ein gruseliger Verdacht beschleicht ihn: Es gibt einen Nachtwanderer an Bord, jemanden, der während eines Sprungs nicht schläft wie der Rest der menschlichen Crew, sondern auf dem Schiff umgeht. Fragt sich nur, wer das war. Vielleicht die rätselhafte Capella, die so scharf auf ihn ist? Das dürfte ihren Freund Christian ganz schön wütend machen. Eins weiß Tom aber genau: Er muss so schnell wie möglich runter von diesem Gespensterschiff…

Pell Station

Ankunft auf Pell Station. Christian hat alles in die Wege geleitet und führt Tom über die Docks der riesigen Pell-Station, die weder zur Erde noch zur Union gehört, zu Toms neuem Schiff, der „Christophe Martin“. Doch Tom sorgt sich um seinen Pass, den ihm sein Halbbruder vorenthält, denn ohne Pass kommt er nirgendwohin. Und als er mit einem raschen Blick zur Anzeige entdeckt, wohin die „Martin“ ablegen soll – nämlich die Erde – nimmt er sofort Reißaus. Die Verfolgung ist zwecklos, denn Tom ist viel schneller als die Lahmärsche von der „Corinthian“.

Doch der Pass, den ihm Christian in der letzten Sekunde ausgehändigt hat, stellt sich als plumpe Fälschung heraus, die kein Pell-Beamter akzeptieren würde. Tom sitzt auf Pell fest. Und wird von Christian verzweifelt gesucht. Da taucht die hübsche Saby auf und reicht dem hungernden Tom eine hilfreiche Hand. Kann er ihr vertrauen?

Mein Eindruck

Die Autorin erforscht in „Tripoint“ den Begriff der Familie in ferner Zukunft, wenn die Zugehörigkeit zu einer Familie davon abhängt, auf welchem Schiff man geboren wurde. Das zeigt sich in Toms Paranoia ganz deutlich, die ihm von seiner rachsüchtigen Mutter Marie eingeimpft wurde. Zunächst ist er gegenüber Saby absolut unfähig zu Vertrauen, doch sie überzeugt ihn schließlich, dass nicht alle Menschen wie Marie sind. Sie tut dies in einer überzeugenden und wunderschön menschelnden Liebesszene, wie ich sie in Cherryhs SF-Romanen vor „Tripopint“ selten so schön und zart gefunden haben (wenn überhaupt).

Das Dreikörperproblem

Nicht nur die Liebe wird als Dreikörperproblem beschrieben, das dem Roman den Titel „Tripoint“ verschafft, sondern auch Toms Erwachsenwerden und Emanzipation vom – im wahrsten Sinne des Wortes – „Mutter-Schiff“. Er befindet sich in einem schmerzhaften Übergang vom Familienschiff der Hawkins zu dem der Bowes, doch was er zunächst als Abstieg und Unglück wahrgenommen hat – schließlich wird er zweimal ohne sein Wissen vom Nachtwanderer geliebt – erweist sich als Glück und Chance, es besser zu machen. Zwischen den Frauen Marie, Saby und Capella gefangen und konfrontiert mit den Männern Austin, Christian und Tink muss Tom eine Wahl treffen, wem er sein Vertrauen schenken will.

Verbrechen

Die Autorin erkundet zudem den Begriff des Verbrechens in einem Zeitalter, da jedes Schiff seine eigene Nation darstellt. Man fühlt sich wie in die italienische Renaissance oder das klassische Griechenland zurückversetzt, als sich selbst die kleinsten Stadtstaaten bekriegten. Vielleicht sollte man die Rivalin des „Korinthers“ in „Sparta“ umtaufen? (Man darf nicht vergessen, dass sich die Historikerin bestens in der Geschichte der Antike auskennt.) Und die Verwaltung von Stationen wie Pell hält sich aus solcher Auseinandersetzungen grundsätzlich heraus.

Eine nagende Frage, die Tom quält, ist nicht nur die Moral seines Vaters und seines Halbbruders, sondern auch die damit zusammenhängenden Geschäftsbeziehungen ihres Schiffes: Mit wem macht die „Corinthian“ Geschäfte? Sind es wirklich die Piraten von der Erdflotte, wie Marie vermutet? Deshalb kommt sich ein grundehrlicher Bursche wie Tom ziemlich fehl an Bord vor, und eine Liebhaberin wie die ehemalige Mazianni-Navigatorin Capella ist ihm etwas unheimlich. Wie sich jedoch herausstellt, ist es Capella, die nicht nur für Unheil sorgt, sondern auch das Schiff rettet.

Showdown

Capella lockt bei der Suche nach Tom ein paar Gestalten aus ihrer unklaren Vergangenheit an: Mazianni-Spione! Jetzt geht auch Christian, der jähzornige und aufmüpfige Kapitätnssohn, der Arsch auf Grundeis. Capella hat den Anstand, den Käptn zu informieren, wer hinter ihr her ist. Kaum hat die „Corinthian“ von Pell abgelegt, um den Sprungpunkt Tripoint anzusteuern, als ihr auch schon ein schneller Jäger folgt – und sie im Hyperspace überholt. Doch der Tripoint-Raum ist riesig, und sich gegenseitig zu finden schwierig. Außerdem, so erzählt Capella ihrem heimlichen Lover Tom, gibt es in diesem Raum ein uraltes Schlachtschiff, das sich als Joker gegen den Feind benutzen lässt. Tom und Capella müssen nur die Karten richtig und zur rechten Zeit ausspielen…

Ein echter Wettlauf um Zeit und Leben entspinnt sich. Zu allem Überfluss taucht auch noch die „Sprite“ auf und gerät prompt in die Schusslinie! Na, wenn Marie das mal nicht missversteht und persönlich nimmt…

Apropos Karte, Schatzschiff und Piraten… All dies hat mich immer wieder an Robert Louis Stevens Klassiker „Die Schatzinsel“ erinnert. Dort gerät der junge JIM Hawkins unter die Piraten und folgt ihnen zu einer Schatzinsel, um den sagenhaften Schatz zu heben. Es ist wohl kein Zufall, dass auch TOM Hawkins unter die Quasi-Piraten fällt, die er an Bord der „Corinthian“ vermutet, wie es ihm seine Mutter ausgemalt hat. Das Auftauchen eines Nachtwanderers macht das Schiff zu einer Art Gespensterschiff. Doch die wahren Piraten sind noch viel schlimmer, und so werden die vermeintlich bösen Jungs zu den einzigen wahren Freunden, auf die Tom noch zählen kann. Und ein Schatzschiff gibt es ebenfalls. Doch den Schatz, den findet Tom nur in seinem Bett…

Die Übersetzung

Von der deutschen Übersetzung ist leider abzuraten, obwohl sie für den Leser mit nur geringen oder mittelguten Englischkenntnissen der einfachste Zugang zu diesem Roman darstellt. Wer sich also nichts unter einem „v-dump“ vorstellen kann, dem dürfte beim Begriff „Bremsmanöver“ ein Licht aufgehen. Leider fehlt eine Kapitelüberschrift (Seite 444), und es gibt zahlreiche Flüchtigkeitsfehler. Wenigstens kann man sich diese selbst erschließen.

Unterm Strich

Insgesamt befindet sich „Tripoint“ auf dem Standard der vorangegangenen Romane „Höllenfeuer“ und „Schwerkraftzeit“. Die Psychologie hält sich mit der äußeren Action die Waage. Doch viel Gewalt beeinträchtigt ebenso wie lange innere Monologe das Vergnügen, das ansonsten die lebhaft gezeichneten Charaktere – besonders Tom – und ein stabiler, spannender Plot bereiten. Dieser Plot bleibt bis zur letzten Seite spannend, und doch ist noch Platz für eine wunderschöne Liebesgeschichte.

Die inneren Monologe sind jedoch ein Markenzeichen von Cherryhs Stil und somit unverzichtbar! Dieses Stilmittel erlaubt es dem Leser, direkt in die Köpfe der Handelnden zu blicken und mitzufühlen. Da sich aber in den Köpfen so viele Dinge in komplizierter Beziehung zueinander befinden und die Erzählerin dies alles in schneller Folge auf den Leser loslässt, ist es sehr ratsam, einen klaren Kopf zu haben, wenn man dieses Buch (und jeden anderen Cherryh-Roman) beginnt.

Ich fand „Tripoint“ jedenfalls spannend und auch in menschlicher Hinsicht fesselnd. Die Action steht nicht im Vordergrund, allerdings hätte das Finale schon ein wenig kriegerischer ausfallen können.

Taschenbuch: 526 Seiten
Info: Tripoint, 1994;
Aus dem US-Englischen übertragen von Christine Strüh
www.heyne.de

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)