Joseph Delaney – Spook – Der Schüler des Geisterjägers

Geschichten über Zauberer, Magie und unheimliche Wesen sind am Kinder- und Jugendbuchmarkt der Renner – spätestens seit ein gewisser Harry Potter, besenschwingender Zauberernachwuchs, die Bestsellerlisten unsicher macht. Wem Harry Potter noch nicht gruselig genug ist, der sollte einmal Tom Ward bei seinem ersten Abenteuer begleiten. Tom ist ein junger Auszubildender. Das mag im ersten Moment sterbenslangweilig klingen, aber Tom ist nicht irgendein Auszubildender in irgendeinem Durchschnittsberuf.

Tom ist mit einer besonderen Gabe gesegnet. Als siebter Sohn eines siebten Sohnes kann er Fähigkeiten vorweisen, die andere nicht haben. Für Tom bedeutet das, dass er Dinge sieht, die außer ihm niemand wahrnimmt. Und so wird der Junge im zarten Alter von dreizehn Jahren zu dem alten Mr. Gregory in die Lehre geschickt, seines Zeichens ein angesehener Geisterjäger. Wobei die Bezeichnung „angesehen“ hier eher nicht wörtlich zu nehmen ist. Geisterjäger sind unbeliebte Zeitgenossen. Jeder macht einen Bogen um sie, wenn er kann, und niemand ist mit einem Geisterjäger befreundet.

Das Leben als Geisterjäger ist einsam und gefährlich. Das erfährt auch Tom schon bald am eigenen Leib. Er besteht die Eignungsprüfung, die ihm der alte Spook auferlegt, und trotz seines anfänglichen Zögerns, ob der Beruf des Geisterjägers das richtige für ihn ist, tritt er die Stelle an. Er lernt viel über Boggarts, Spukbilder und Geister und erweist sich als folgsamer Schüler. Bis er eines Tages einen entscheidenden Fehler begeht, der zur Folge hat, dass Tom unbeabsichtigt eine böse Hexe befreit.

Nun gilt es für Tom, mit dem Unheil fertig zu werden, das er heraufbeschworen hat. Keine leichte Aufgabe, denn Mutter Malkin, die befreite Hexe, ist hinlänglich bekannt für ihre Grausamkeit. Tom steht eine schwere Prüfung bevor, die ihn in Lebensgefahr bringt …

Mit „Spook“ hat der Engländer Joseph Delaney eine neue Kinderbuchreihe aus der Taufe gehoben, die auf den ersten Blick im Fahrwasser von Harry Potter zu schwimmen scheint. Drei Bände liegen im englischen Original bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor, und das zu Recht, offenbart doch schon der erste Teil „Der Schüler des Geisterjägers“, dass die Geschichte um den jungen Geisterjägerlehrling Tom Ward Potenzial genug für eine fortgesetzte Reihe bietet.

Tom ist ein Junge mit einer besonderen Begabung. Er ist kein geborener Held, sondern auf den ersten Blick ein ganz normaler Junge. Auch Tom muss erst einmal lernen, seine Ängste zu beherrschen und sich ihnen zu stellen – eine wichtige Voraussetzung für seine berufliche Zukunft. Tom wirkt dabei wunderbar menschlich, so dass man sich als Leser gut in ihn hineinversetzen kann.

Der alte Mr. Gregory bleibt dagegen geheimnisvoll. Er zieht durch die Lande und wohnt in einem abgelegenen Haus, in dessen Garten in allerlei Erdlöchern diverse Kreaturen gebannt sind, auf die der alte Spook ein wachsames Auge hält. Mr. Gregory ist ein Mann, der sich nicht so leicht in die Karten gucken lässt. Ein Mann, der sich durch ein enormes Wissen auszeichnet und nicht gerade für seine gesellige Art bekannt ist.

„Spook“ lässt sich einerseits im Bereich der Kinder- und Jugend-Fantasy einordnen, andererseits handelt es sich aber auch um lupenreine Schauerlektüre – auf eher kindgerechtem Niveau, versteht sich. Delaney jagt dem Leser so manchen Schauer über den Rücken. Tom muss als Eignungsprüfung eine Nacht in einem Spukhaus verbringen – ganz allein und nur mit einer Kerze bewaffnet. Liest man solche Passagen abends im Dunkeln bei schummriger Beleuchtung, wird die Spannung auch für einen Erwachsenen geradewegs greifbar. Delaney baut eine Atmosphäre auf, die nur so knistert und den Leser fesseln kann, egal wie alt er ist.

Spätestens dann, wenn man die Nacht im Spukhaus zusammen mit Tom überstanden hat, ist man gänzlich in die Atmosphäre des Buches eingetaucht. Delaney schreibt in sehr schlichtem und einfachem Stil, baut dabei aber dennoch Spannung und Atmosphäre auf. Immer wieder dreht er an der Spannungsschraube, heizt dem Leser mit gruseligen Begebenheiten ein, um ihn dann wiederum zusammen mit Tom in Mr. Gregorys Unterricht die Schulbank drücken zu lassen. Diese Tempowechsel erhöhen die Spannung. Tagsüber wirkt alles ganz harmlos und natürlich und man ist geneigt, den Beruf des Geisterjägers für einen völlig normalen zu halten, während sich des Nachts so manche gruselige Seite im Alltag eines Spooks offenbart.

Die Romankonstruktion weiß dabei durchaus zu gefallen. Man sollte meinen, dass Gut und Böse bei einer solchen Geschichte recht einfach zu definieren sind, aber dem ist nicht so. Es gibt zwielichtige Figuren, die sowohl Gutes als auch Böses in sich vereinen und bei denen nie so ganz klar wird, welche Ziele sie verfolgen. Das ist das Salz in der Spannungssuppe. Delaney weiß eben nicht nur für wohlige Gruselschauer zu sorgen, sondern zeigt auf in Spannungsaufbau und Figurenskizzierung, dass er sein Handwerk durchaus versteht.

Der Verlag empfiehlt das Buch für Kinder ab zehn Jahren. Das ist in meinen Augen definitiv das absolute Minimum. Für zwölfjährige Kinder könnte ich mir das Buch schon besser vorstellen. Man sollte nicht allzu zart besaitet sein, denn der Schauer des Grusels, der mit der Lektüre einhergeht, ist durchaus auch für Erwachsene noch wahrnehmbar.

Welch schönes, schauriges Kleinod der Autor mit dem ersten Band seiner „Spook“-Reihe geschaffen hat, weiß offenbar auch der Verlag zu würdigen und so hat man die Aufmachung des Buches im Hause |cbj| entsprechend liebevoll gestaltet. Ein Schutzumschlag in Lederoptik, atmosphärische Schwarzweiß-Zeichnungen, die der Phantasie des Lesers auf die Sprünge helfen, und ein grafisch ansprechend aufgemachter Anhang, der das geheime Tagebuch von Tom Ward enthält. „Spook“ ist auch auf visueller Ebene ein richtiger Augenschmaus.

Bleibt abschließend festzuhalten, dass „Spook – Der Schüler des Geisterjägers“ unterhaltsame und stimmungsvolle Schauerlektüre bietet, die für Kinder wie auch für Erwachsene ein gleichermaßen großes Lesevergnügen ist. Figuren und Plot zeigen bereits, dass die Geschichte weiterhin ausbaufähig ist und man darf sicherlich gespannt sein, was Tom Ward, der Geisterjäger in spe, noch alles erleben wird. Die Reihe im Augen zu behalten, könnte sich lohnen.

Gebundene Ausgabe: 288 Seiten