DeLorca, Frank / May, Martin / Döring, Oliver – Turm des Grauens, Der (Gespenster-Krimi 03)

Seit 150 Jahren erzählt man sich auf Rona Island die blutige Geschichte des missgestalteten Jack Finnegan, der einst auf der Insel mehrere schreckliche Morde begangen hat. Nicht-Insulaner belächeln die Angst vor dem längst verstorbenen Unhold. Doch dann verschwinden wieder Menschen spurlos – und eine Touristin wird brutal überfallen.

Schon bald wissen nicht nur die Einwohner Ronas, dass etwas Schreckliches im Moor umgeht. Als der rational denkende Inspektor Joe Burger die Teile des unheimlichen Puzzles zusammenfügt, stößt er auf ein schreckliches Geheimnis, das ihn selbst an den Rand des Wahnsinns treiben wird. (Verlagsinfo)

|Die Sprecher & die Inszenierung|

Erzähler: Lutz Riedel
Sheila Martin: Marie Bierstedt
Robert Norden: Martin May
Inspektor Joe Burger: Till Hagen
Polizist Earl Bumper: Nicolas Böll
Prof. Stalicki: Jürgen Thormann
Und 13 weitere Sprecher.

Die Gespensterkrimi-Hörbücher produzierten Alex Stelkens von |WortArt| und Marc Siper von |Lübbe Audio| sowie Pe Simon. Regie führt stets Oliver Döhring, der auch für die John-Sinclair-Hörspiele verantwortlich zeichnet.

_Handlung_

VORGESCHICHTE.

Schauplatz ist die schottische Hebrideninsel Rona im Jahr 1855. Die Dorfbewohner des Hafens verfolgen den wahnsinnigen Jack Finnegan durchs Moor, verlieren aber seine Spur. In der Nacht kehrt er zurück, um im Wirtshaus einzubrechen und frische Beute zu machen. Sheila Martin, 21, wird sein wehrloses Opfer, und Sean Jones und Dick Fisher können ihn nicht davon abhalten, sie davonzuschleppen. Sie werden selbst schwer verletzt. Sheilas sterbliche Überreste werden erst vier Tage später in einer Berghöhle gefunden. Jack wird geschnappt, verurteilt und hingerichtet. Sein Gehirn wird von einem Arzt im Kriminalmuseum von Edinburgh in Formalin eingelagert. Das erweist sich als schwerer Fehler …

HAUPTHANDLUNG. 150 Jahre später.

Der Schriftsteller Robert Norden stammt aus London und recherchiert auf der entlegenen Hebrideninsel für sein nächstes Buch. Die blonde Sheila Martin, 25, die mit ihm spazierengeht, ist ebenso wie er im Dorfgasthaus untergebracht. Sie recherchiert ebenfalls: ihren Familienstammbaum, zu dem auch jene so grausam gemeuchelte Sheila Martin gehört. Ned Butcher ist der aktuelle Wirt, der den Gasthof mit seiner Frau Mary betreibt. Diese ist ebenfalls blond. Butchers schleimige, anzügliche Begrüßung stößt Sheila ab.

Neds Verhalten gründet sich auf Vor- und Schadenfreude. Er erinnert sich sehr gut an die Ereignisse vor 150 Jahren und will sie wiederholen. Nachts wird Sheila von einem Klopfen an ihrem Fenster geweckt. Als ein Ungeheuer in Menschengestalt in ihr Zimmer einbricht, setzt sie das Wesen mit einem gezielten Hieb für einen Moment außer Gefecht und flüchtet auf den Flur.

Der Lärm hat Robert Norden geweckt. Als er Sheila zu Hilfe, haut ihn das Monster aus den Pantinen. Doch diesmal flieht Sheila aus dem Haus und ins angrenzende Moor. Dort stürzt sie in ein Sumpfloch, das Ungeheuer ist ihr dicht auf den Fersen …

Inspektor Joe Burger von Scotland Yard ermittelt in Sachen Sheila Martin und dem, was die Einheimischen den „Moormenschen“ zu bezeichnen belieben. Als Joe Ned Butcher erblickt, erkennt er in ihm sofort den vorbestraften Einbrecher. Ned erzählt, dass er, bevor er die Wirtin Mary heiratete, für den alten Professor Stalicki gearbeitet habe, drüben im alten Leuchtturm.

Diesem Professor statt Joe einen Besuch ab. Der Privatforscher gibt sich freundlich, aber was heißt das schon? Dieser selbstverliebte alte Sack führt ihm sein Labor vor und erzählt ihm, was er mit seinen Experimenten erreichen will: Die Übertragung von Erfahrungen auf biochemischem Wege.

Was der Professor dem Inspektor verheimlicht: Er hat Ned Butcher das Gehirn von Jack Finnegan stehlen und durch eine Attrappe ersetzen lassen. Und für allzu neugierige Polizisten hat er ganz spezielle Pläne …

_Mein Eindruck_

Der Plot ist so klischeebeladen, dass er sich leicht in die paranoiden fünfziger Jahre des 20. Jahrhundert einordnen ließe, gäbe es nicht ein paar Gerätschaften – wie Helikopter, Fax, Handy und Digitaluhr – die sich der Gegenwart zuordnen ließen. Da ist zum einen der verrückte Wissenschaftler: bis hin zum irren Gelächter stimmt alles. Die Experimente, die Professor Stalicki in der Manier eines Dr. Viktor Frankenstein (erfunden 1816) vornimmt, sind selbstverständlich ebenso verrückt wie verboten. Aber dort endet der Wahnsinn natürlich nicht, sondern wird auch in frevlerischer Weise an aufrechten Vertretern des Gesetzes – vulgo: Scotland-Yard-Inspektoren – ausgelassen.

Des Wissenschaftlers Kreatur ähnelt Frankensteins Monster in allem bis auf das Aussehen und den Appetit auf frisches Menschenfleisch. Dass dieses Menschenfleisch am leckersten ist, wenn es die Gestalt unschuldiger junger (vorzugsweise halb nackter) Frauen besitzt, lässt sich leicht einsehen, wenn man entweder selbst ein Kannibale ist oder schon sämtliche Streifen gesehen hat, die je über Frankenstein-Monster gedreht wurden. Und das sind ja bekanntlich nicht wenige.

Und die Jungfer in Not zu retten, sind natürlich nur Männer gefragt. Da wäre zum einen besagter aufrechter Vertreter des Gesetzes und zum anderen der brave Schriftsteller aus London: Ritter des Schwertes und der Feder. Es steht zu hoffen, dass den Schreiberling die Vorfälle um den mysteriösen Moormenschen in ausreichendem Maße zum nächsten Horrorroman inspieren.

Und wie schon bei der ersten „Frankenstein“-Verfilmung aus dem Jahr 1931 endet das Grauen in Explosion und Feuer.

_Die Inszenierung_

Die Inszenierung mag noch so wirkungsvoll gelungen sein, es bleibt dem kundigen Hörer doch nur ein müdes Lächeln. Dieser Abklatsch von Mary Shelleys wunderbarer Vorlage aus dem Jahr 1818 (Die Story wurde 1816 erfunden, das Buch erst zwei Jahre später anonym veröffentlicht) hätte eine originellere Umsetzung verdient. Für den Regisseur Oliver Döring blieb also nur, aus dem Vorhandenen das Beste zu machen. Das zumindest ist ihm gelungen.

Die Geräusche sind realistisch und effizient eingesetzt. Ich habe bereits Helikopter, Faxgerät und die allseits beliebte piepsende Digitaluhr erwähnt. Hinzukommen Geräusche der Natur: Wellenrauschen und Möwengeschrei. Ich könnte dieser Meereskulisse stundenlang zuhören. Die Musik erzeugt oder unterstreicht die nötigen Emotionen.

_Unterm Strich_

„Turm des Grauens“ ist der schwächste Beitrag zur Serie der „Gespenster-Krimis“. Der Frankenstein-Plot ist so abgedroschen, dass der kundige Hörer das Ende schon meilenweit vorausahnt. Dass das Finale mit Action und Feuerzauber zu übertünchen versucht, dass allenthalben originelle Ideen fehlen, verwundert nicht: Irgendetwas soll der Konsument ja schon davon haben.

Fazit: Ein Hörspiel, auf das die Welt nicht gewartet hat, aber immer noch solides Handwerk.

|57:26 Minuten auf 1 CD
Mehr Infos unter: http://www.gespensterkrimi-hoerspiele.de |