Offenbarung 23: Totale Vernichtung (Folge 43)

_Die Handlung:_

Im Jahr 1999 kam es im Montblanc-Tunnel zur Katastrophe: 56 Stunden wütete damals ein über 1000 Grad heißes Feuer unter dem „Aiguille du Midi“-Massiv, 39 Menschen starben, drei Jahre dauerten die Aufräumungsarbeiten. Der Berliner Hacker Georg Brand entdeckt, dass das Unglück eigentlich im Niemandsland zwischen Italien und Frankreich geschah – rechtsfreier Raum also. War es also tatsächlich „nur“ ein Unglück, was damals geschah? Und was verbrannte wirklich alles in dem Höllenfeuer tief im Innern des „weißen Berges“? (Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Nur weil eine Landesgrenze genau durch einen Tunnel verläuft, gibt es noch lange kein Niemandsland, geschweige denn eine Lücke zwischen zwei Ländern oder gar Rechtsfreiheit. Das Tragische neben dem Tod der 39 Personen war die Unfähigkeit der beiden beteiligten Länder und vor allem der Betreibergesellschaften, die für je einen Teil des Tunnels zuständig waren. Das hat sich mittlerweile übrigens geändert. Es gibt zwar immer noch zwei Betreibergesellschaften, aber nur noch eine Kontrollstation, die beide benutzen. So sollte es nicht wieder zu einem Nicht-Kommunikationschaos kommen, wie es 1999 geherrscht hatte. So viel aber zu den Fakten, nun zu dem, was sich unser Hacker T-Rex Verschwörerisches dazu zusammengereimt hat.

Zuerst zeigt uns Martin Kessler sein schauspielerisches Talent vor dem Mikro, wenn er uns die tatsächlich stattgefundenen Ereignisse rund um Pierlucio Tinazzi so eindrucksvoll und unter die Haut gehend erzählt, dass man Gänsehaut bekommt. Tinazzi hatte bei dem Brand mit seinem Motorrad zehn Menschen das Leben gerettet, bevor er selbst Opfer der Katastrophe wurde. Anschließend spricht Helmut Krauss zu uns … als Helmut Krauss, ausdrücklich und nicht als Erzähler … um noch einmal zu bestätigen, dass das eben Gehörte keine Erfindung war, sondern wirklich auf Tatsachenberichten beruht. Das zeigt, dass normalerweise recht viel bis alles komplett erfunden und reine Verschwörungstheorie ist, was es zu hören gibt, die Macher aber bei dieser Geschichte bei der Wahrheit und den Fakten geblieben sind. Zumindest was den Anfang angeht.

Und dann gehts auch schon los mit dem, was für den Offenbarungs-Hacker T-Rex, der natürlich damals auch mit dabei war, ganz sicher kein Zufall sein kann. Was das ist … dafür rattert er minutenlang so viele geografische Bezeichnungen und angebliche Zusammenhänge runter, dass ich recht schnell gar nicht mehr wusste, worauf er hinaus will. Dass am Schluss dann der Unfallort im Tunnel vom Anfang herauskommt, das half mir dann wieder. Da muss man aber schon sehr, sehr, sehr viel Fantasie haben und zwanghaft nach irgendetwas suchen, das man sich zurechtbiegen kann, auf dass es wenigstens in die Richtung „das ist kein Zufall“ deuten möge. Wenn man will, sieht man halt überall Pyramiden. Na ja … T-Rex klingt auf jeden Fall so, als würde er das glauben, was er vom Skript abliest … denn sein Vortrag klingt leider bei Weitem nicht so lebendig, wie der von Martin Kessler oder Marie Bierstedt.

Eine Satanisten-Kapelle im Montblanc-Tunnel? Ok … auch eine Idee, wenn für mein Dafürhalten auch ein wenig geschmacklos. Die Erklärung dafür ist dann auch wieder genauso verwirrend und lang und besteht diesmal aus einer Rechenkette, bei der am Ende 666 herauskommt … mehrfach. Das hat mir dann aber eher die Augen verdreht, als mich neugierig gemacht. Richtig grinsen musste ich, als T-Rex den Satanisten im Anschluss unterstellt, dass ja alles nur in ihren Köpfen stattfinden würde … da hätte ich ihm gern mal einen Spiegel vorgehalten. Die Satanisten werden übrigens ab dieser Stelle nicht mehr gebraucht und dienten nur dazu, einen Raum bereitzustellen, in dem T-Rex vom Autor der Folge eingesperrt werden konnte.

Und die Frage für ihn ist, wer denn von dem Feuer damals profitiert hat. Gierige Unternehmen, die in der Tat gewinnen würden oder die Illuminaten? Dass er das unterscheidet und nicht gleichsetzt wird deutlich, weil er im Wechsel zwar überall Pyramiden sieht, dann aber auf Unternehmen schimpft, aber nie sagt, dass die von den Illuminaten geleitet würden.

Noch stärker als vorher grinsen musste ich, als „Pierlucio Tinazzi“ in der Satanisten-Kapelle beim dort gefangenen T-Rex und seinen Begleitern auftauchte. Nicht dass er dort erschien, war komisch, sondern dass T-Rex sein Name so gar nichts sagte. Und dabei erweckte er doch noch Sekunden zuvor den Eindruck, als wüsste er alles, was es rund um den Tunnelbrand zu wissen gibt … und nach seinem Glauben, sogar noch viel mehr. Und es wundert die Gruppe, die ja, wie schon erwähnt, eingeschlossen wurde, kein Stück, wie jemand dort hineinkommen kann. Ok, zumindest nicht gleich … ein paar Minuten nach dem Hörer, fragt sich T-Rex das dann auch mal. Und später erzählt man ihm dann auch, wer Tinazzi zu Lebzeiten gewesen ist.

„Wir müssen ganz schnell hier raus, bevor uns die Flammen erreichen!“ ließ mich dann erneut meine Augen verdrehen, nachdem das zu dem Zeitpunkt anwesende Sprecher-Trio wie auf Kommando gleichzeitig anfing zu husten, nachdem eine Bösewichtin ihren Monolog beendet hatte. Lieb, dass sie so lange damit gewartet hatten … da hätte der Hörer ja vielleicht nicht alles verstehen können. Wirklich lustig wäre gewesen, wenn jemand dann geantwortet hätte: „Ach was!“

Und die finale Konfrontation mit dem laut T-Rex Hauptschuldigen ist extrem melodramatisch und wirkt arg konstruiert. So schnell bricht niemand zusammen und gibt alles zu, schon gar nicht nach den Vorwürfen von T-Rex mit denen er vor keinem Gericht bestehen würde. Dass der Oberboss dann seine Waffe vor seinem Ende häufiger durchlädt, als er eigentlich müsste und eigentlich eine Patrone aus der Waffe herausrepetieren würde, anstatt sie zu verschießen, das passt irgendwie zu allem.

Was mich bei aller Dramatik und Action, die es hier durchaus immer mal wieder zu hören gibt, wirklich gestört hat, war der Sprecher. Monoton und extrem teilnahmslos liest Helmut Krauss seinen Text runter als wäre er genervt und froh, bald Feierabend zu machen. Und das tut er als Sprecher und als Helmut Krauss. Kein Funken Emotion, kein bisschen Gefühl, nichts von dem, was er vorliest, kam bei mir glaubhaft an. Immer wieder hatte ich einen Sprecher in einer Kabine vor Augen, der sein Skript runterliest und dabei ständig auf die Uhr schaut. Ein Sprecher, der die Story und die geschilderten Szenen nicht glaubhaft verkaufen kann, hilft einem so textlastigen Hörspiel nicht wirklich weiter. Und dass Helmut Krauss tatsächlich lebendiger erzählen kann, das hat man in der Vergangenheit sogar live erleben können, als er als Sprecher mit den „drei Fragezeichen“ auf Live-Tour gewesen ist. Hier aber ist nichts von seinem Talent zu spüren.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Stimme / Tupac: Xavier Naidoo
Erzähler / Nat Mickler: Helmut Krauss
Georg Brand alias T-Rex: Alexander Turrek
Tatjana Junk alias Nolo: Marie Bierstedt
Tron: Jaron Löwenberg
Nachrichtensprecher: Jens Riewa
Starling: Ulrike Stürzbecher
Amman Sachs: Uve Teschner
Pierlucio Tinazzi / Moretti: Martin Kessler
Operator: Katja Brügger
Holdermann: Peter Weis

|Technik-Credits:|

Idee, Konzeption, Recherche & Buch: Jan Gaspard
Produktion, Regie, Sound & Lizensierung: Sebastian Pobot
Soundtrack: Ambitus (produziert von Sebastian Pobot, verlegt bei Pobot Musikverlag, GEMA)
Mastering: Christoph Stickel, MSM-Mastering Studio München
Zuästzliche Sprachregie & Sprachschnitt: Patrick Holtheuer
Studios Berlin: Media Paten & LiveLive Studio
Studio Hamburg: Milticore Productions
Studio München: Highscore Studios
Studio Mannheim; OzStation Studio Mannheim
Aufgenommen 2012 von Steven Schulze, Marko Peter Bachmann, Frank Willer, Chris Oz & Sebastian Pobot
Lizenz: Mit freundlicher Genehmigung von Lübbe Audio
Titelmusik: Andy Matern
Booklet/Coverdesign: Lars Vollbrecht
Fotos: iStockphoto/kneafsey & w-ings

|Die Ausstattung:|

Unter dem „Offenbarung 23“-Logo auf dem Cover sehen wir von links nach rechts: Eine Person im Dunkel, etwas Feuer, ein Auto im Dunkel, wieder etwas Feuer. Auch die CD trägt das Logo und ist im Ausgetrocknetes-Flussbett-Design gehalt und dunkelgrau bedruckt. Das Booklet ist eigentlich ein Werbeflyer. Hier gibts neben den Technik-Credits zur Folge reichlich Werbung für weitere Produkte des Verlags sowie für vier verschiedene Internetseiten. Auf der Rückseite des Jewel-Case finden wir noch eine kurze Inhaltsangabe und die Sprecherliste nebst Rollenverteilung.

_Mein Fazit:_

Die vom Sprecher extrem gut dargebotene und unter die Haut gehende Dramatisierung der Tunnel-Katastrophe am Anfang der Folge ließ leider mehr erhoffen, als der Rest der Episode halten konnte. Zum Augen verdrehen lange Erklärungsversuche verwirren den Hörer eher, als dass sie an Verschwörung glauben machen.

Das eine und andere Sprecher-Highlight hilft über die eine und andere Schwäche im Skript hinweg. Dramatik gibts, aber konstruierte. Action gibts auch, aber leider nur sehr wenig und eine „totale Vernichtung“ auch nicht.

|1 Audio-CD
Spieldauer: 63:20 Minuten
Tracks: 10
ISBN-13: 978-3943166125|
http://www.highscoremusic.com
http://offenbarung23.de