James H. Schmitz – The Universe Against Her (Telzey Amberdon 1)

Kein Kinderbuch: Abenteuer eines psionischen Mädchens (Telzey #1)

Die ferne Zukunft. Telzey Amberdon ist das stärkste Talent, das der psychologische Dienst der Erde je entdeckt hat. Doch Telzeys Talent könnte sich als verhängnisvoll für die Pläne des Dienstes erweisen, die Herrschaft über die Galaxis zu erringen. Deshalb haben ihr die Agenten einen psionischen „Verkehrspolizisten“ in den Kopf eingepflanzt, der Alarm schlägt, sobald sie einen „falschen“ Gedanken denkt. Doch Telzey kennt ein paar Tricks, um diesen Überwacher auszuschalten. Denn ihr ist Freiheit am wichtigsten… (Verlagsinfo)

Der Autor

Der US-amerikanische Autor James Henry Schmitz wurde 1911 in Hamburg geboren. Seine Eltern waren Amerikaner und kehrten 1938 in die USA zurück, wo er als Reporter zu arbeiten begann. Er arbeitete in Deutschland und den Vereinigten Staaten im Bau von Erntemaschinen und Trailern, bevor er im 2. Weltkrieg von der Luftwaffe im Pazifik eingesetzt wurde.

Im Jahr 1959 begann er seine Laufbahn als Vollzeitschriftsteller. Schon 1943 war mit „Greenface“ seine erste Story in dem Magazin UNKNOWN erschienen. In den sechziger Jahren erwarb sich Schmitz mit Erzählungen und Romanen, die vor allem in ANALOG/ASTOUNDING erschienen einen herausragenden Ruf als Science-Fiction-Autor. Seine Werke zeichneten sich durch starke weibliche Charaktere aus, während im restlichen Phantastikmarkt männliche Figuren dominierten. Diese Frauen entsprechen auch keineswegs weiblichen Klischees jener Zeit.

Einer seiner besten Romane ist „The Witches of Karres“ (1966). Dabei handelt es sich um eine Space Opera, ebenso wie beim TELZEY-Zyklus, in dem ein Mädchen mit Psi-Fähigkeiten auftritt. Eine seiner besten Erzählungen ist „Grandpa“ aus dem Jahr 1955, ausgewählt von Brian Aldiss für seine „Best of Science Fiction“-Auswahlbände für den Penguin-Verlag. Viele von Schmitz‘ Geschichten gehören zum Zyklus um die Vegan Confederation.

Der Telzey-Amberdon-Zyklus:

1) The Universe Against Her (1964, dt. 1967 als „Die Xenotelepathin“ bei Pabel)
2) The Telzey Toy (1970/71)
3) 3) The Lion Game (1971, dt. als „Das Psi-Spiel“, Ullstein 1974)

Handlung

Die 15-jährige Diplomatentochter und Jurastudentin Telzey Amberdon ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Mädchen. Wie ungewöhnlich, muss sie allerdings erst noch herausfinden. Vorerst ist sie damit beschäftigt, sich in Port Nichay auf der Welt Jontarou zurechtzufinden. Hier verlebt sie ihre Ferien bei ihrer nicht besonders netten, aber sehr hübschen Tante Halet, der jüngeren Schwester ihres Vaters. Wie hinterhältig Tante Halet ist, findet sie schneller heraus, als ihr lieb ist.

Ihre Freunde, die Raubkatzen

Eines Tages kommt ein Mann zu Besuch auf das Anwesen, der sich als Zoologe Dr. Droon vorstellt. Und der ihr klarmacht, dass er Telzeys liebsten Spielgefährten Tick-Tock, eine einheimische Raubkatze aus den Bergen, mitnehmen muss: Diese sei das letzte lebende Exemplar ihrer Rasse und müsse von Gesetzes wegen der Universitätsliga zur Untersuchung übergeben werden. Telzey ahnt, was das bedeutet: Sie wollen ihren Spielgefährten töten und sezieren. Nicht mit ihr! Heimlich stiehlt sie sich mit Tick-Tock nachts aus dem Haus und sucht das Weite.

Auch Tick-Tock ist ungewöhnlich. Wenn Telzey ihn anschaut, kann sie eine geistige Verbindung aufnehmen und ihren Geist zu anderen Orten wandern lassen. Diese Fähigkeit hat ihr Tick-Tock erst verliehen, und sie mag das sehr, auch wenn es manchmal zu erschreckenden Erlebnissen führt: Tick-Tocks tigerartige Artgenossen können sich wie Chamäleons unsichtbar machen und bilden eine Art Schutzgemeinschaft für Telzey. Auf diese Weise gelingt es ihr, die geheimen Gespräche von Fremden zu belauschen – und dies sind meist gar nicht nett, wenn es um die Zukunft von Telzey und Tick-Tock geht.

Diese letzten Überlebenden der Kamm-Katzen – alle anderen wurden von Jägern und Wissenschaftlern geschossen oder gefangen genommen – versammeln sich an einem Seeufer, das auf halber Strecke zwischen Jontarous Hauptstadt und Tante Halets Haus liegt. Alle diese wilden Raubkatzen jagen Telzey aber keine Angst ein, denn obwohl sie auf empathische Weise Herablassung oder gar Verachtung spüren kann, hält der Anführer Iron Thought (eiserner Gedanke) doch alle Schach. Und Tick-Tock verteidigt Telzey. Zusammen entwickeln sie einen Plan.

Der planetare „Moderator“ wundert sich wenig später, dass Telzey, die Tochter der Ratsherrin Jessamine Amberdon, ihn besuchen kommt, vor allem in Begleitung einer Art Säbelzahntiger. Telzeys Anliegen besteht darin, den Baluit-Katzen die Rechte einer assoziierten Rasse zu gewähren. Einer Rasse, die er für ausgerottet hält – die es aber mitnichten ist. Als sie sich sichtbar machen, ist der planetare Moderator von zähnestarrenden Raubkatzen umgeben – und jede einzelne davon beherrscht Telepathie…

Das Mordkomplott

Telzey setzt ihr Jurastudium auf ihrer Heimatwelt Orado fort. Am Pehanron College ist Gonwil Lodis ihre Zimmernachbarin und beste Freundin. Neuerdings sorgt sie sich um deren Wohlbefinden. Gonwils Hund Chomir ist ein großer Kampfhund, und er hat bereits zweimal Schatten angegriffen, die gar nicht da sind. Telzey hat aber inzwischen ihre telepathischen Fähigkeiten weiterentwickelt und sondiert das Gedächtnis des Hundes nach entsprechenden Erinnerungen. Sie findet eine erste Spur.

Zudem befragt sie ihre Freundin Gonwil selbst. Es stellt sich heraus, dass Gonwil, die vom Planeten Tayun stammt, bald an ihrem 19. Geburtstag volljährig wird und ein großes Vermögen erben wird, das ihr ihre verstorbenen Eltern hinterlassen haben und das derzeit von ihrer Ziehmutter Malrue Parlin verwaltet wird. Kein Wunder, dass Malrues Sohn seit Jahren um Gonwils Hand anhält. Gonwils Geburtstag ist in drei Monaten – nicht mehr viel Zeit, um das Komplott abzuwehren.

Doch wie es sich trifft, ist Gonwil das Mündel der Bank von Rienne auf Orado, und dort arbeitet Telzeys eigener Vater als Verwaltungsdirektor. Sie bittet ihn um Hilfe. Dad ist, im Gegensatz zu Mom, ein großer Unterstützer von Telzeys-Psi-Fähigkeit. Er lässt Gonwils Hintergrund durchleuchten. Dabei kommt auch ans Licht, dass die Regierung von Orado Maßnahmen gegen Psi-Menschen ergriffen hat. Aber warum ist Psi verboten, wundert sich Telzey. Wenn ihre Psi-Kraft durch technische Geräte unterdrückt wird, wie kann sie dann ihren besten Freund im Augenblick der Not helfen?

Als zwei zwielichtige Typen von Tayun kommen, um sich nach Gonwils Aufenthaltsort zu erkundigen, und obendrein Malrue Parlin früher als geplant auf Orado eintrifft, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Telzey ist fest entschlossen, Gonwils Leben und Erbe zu schützen…

Mein Eindruck

Auch wenn das erste Drittel des Romans ein wenig an Mowgli im „Dschungelbuch“ erinnert, so ist doch das zweite Drittel um das Mordkomplott alles andere als kinderfreundlich. Es ist fast schon eine James-Bond-Story, allerdings mit Telepathen als Gegnern. Hier muss sich Telzey erstmals bewähren. Das letzte Drittel wird von einer ziemlich erstaunlichen Gerichtsverhandlung bestritten: Telzey muss auf ungewöhnliche Weise belegen, wie der Anschlag auf Gonwil ausgeführt werden konnte.

Das Verständnis dieser Handlungsfäden ist durchaus nicht selbstverständlich, und selbst ein Englischkenner wie ich kann durchaus mal Mühe haben, der verschlungenen Handlung zu folgen. Das problem ist nicht der Plot, sondern dessen Logik. Fortwährend ist Telzey, die schlaue Jura-Studentin, damit beschäftigt, die Logik der Gegner zu ergründen und ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen – vor dem Gericht, aber vor allem vor dem Psychologischen Dienst der Regierung von Orado.

Wie schon oben erwähnt, hat ihr der Dienst einen psychischen Überwacher eingepflanzt, um sie zu kontrollieren. Wie aber kann sie Gonwil vor Mördern bewahren, wenn sie selbst nichts Unerlaubtes denken darf? Diese vertrackte Situation erfordert die höchste Aufmerksamkeit des Lesers. Entspannung sieht jedenfalls anders aus.

Unterm Strich

Dieser schöne, ungewöhnliche Telepathen-Roman wurde hierzulande bereits 1967 unter dem Titel „Die Xenotelepathin“ in der Heftreihe „Utopia Zukunft“ des Erich Pabel Verlags, Rastatt, veröffentlicht. Dabei es sich um Heftchen handelte, vermute ich, dass nur das erste Drittel übersetzt wurde; es ist der bei weitem anschaulichste und schönste Teil des Romans.

Der Rest des Romans zieht die Aspekte der Telepathie heran, um eine Mord-und-Agenten-Story zu erzählen. Dabei wirkt die erst 16 Jahre alte Telzey zwangsläufig sehr erwachsen. Das merkt man besonders ihren ernsthaften Gesprächen mit ihrem Vater, dem Bankdirektor, an, der offenbar auch einiges über den Psychologischen Dienst weiß. Er steht auf Telzeys Seite, aber will er es auch mit der Regierung aufnehmen?

Wie man es auch betrachtet: Telzey ist nur zu Anfang ein „liebes“ Mädchen, später schon eine frühreife Frau. In die Interessen von Mädchen dieses Alters hat sich der Autor nicht sonderlich gut eingefühlt, und 1964 war von Chatten und Smartphones noch nicht mal ansatzweise die Rede. Immerhin gab es schon Ansätze von Rockmusik (Elvis, Beatles, Beach Boys usw.), aber auf Orado hat sich das noch nicht herumgesprochen.

Und so wirkt der Roman wie ein amerikanisierter James-Bond-Roman mit einer rein zufällig weiblichen Telepathin. Da hätte man viel mehr draus machen können. Hoffentlich sind die beiden Fortsetzungen lesbarer und unterhaltsamer als dieser Auftaktband.

Taschenbuch: 183 Seiten
Sprache: Englisch
ISBN-13: 978-0441845750

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