John Bellairs – Das Haus, das tickte (Lewis Barnavelt 1)

Bewährungsprobe eines Zauberlehrlings

Als der zehnjährige Lewis nach dem Tod seiner Eltern zu seinem Onkel Jonathan zieht, macht er eine unglaubliche Entdeckung: Onkel Jonathan besitzt magische Kräfte! Und nicht nur das: eine in den Hausmauern versteckte geheimnisvolle Uhr hält ihn gefährlich in Atem. Um ein Unglück größeren Ausmaßes zu verhindern, müssen Lewis, Jonathan und die etwas kauzige Nachbarin Frau Zimmermann um jeden Preis versuchen, die Uhr zu stoppen… (Verlagsinfo)

Ich empfehle das Buch ab 10 Jahren.

Der Autor

John Bellairs (* 17. Januar 1938 in Marshall, Michigan; † 8. März 1991) war ein US-amerikanischer Autor. Am bekanntesten dürfte er für seine schaurigen Jugendromane sein, in denen Lewis Barnavelt, Anthony Monday und Johnny Dixon die Hauptfiguren sind.

John Bellairs erste Veröffentlichung, „St. Fidgeta and Other Parodies“, war eine Sammlung von Kurzgeschichten, die Rechte und Rituale des Zweiten Vatikanischen Konzils verspottete. Der erste Roman, „The Pedant And The Shuffly“, war ein Märchen für Erwachsene. Zu den Klassikern der Fantasy-Literatur zählt sein 1969 erstmals erschienenes Buch „The Face In The Frost“, in dem zwei Zauberer sich gegen einen magischen Feind verbünden müssen. Anders als seine folgenden Bücher, ist dieser Roman nicht für Jugendliche gedacht und steht in der Tradition von J. R. R. Tolkien.

1973 begann er mit „The House With A Clock On Its Walls“ eine Reihe von phantastischen Jugendbüchern abenteuerlichen Inhalts, bei denen er mit dem Illustrator Edward Gorey zusammenarbeitete. Sein letztes Buch „The Mansion In The Mist“ erschien postum. (Wikipedia)

Romane

1968 The Pedant And The Shuffly
1969 The Face In The Frost, dt. Das Gesicht im Eis, Neuausgabe 2009 ISBN 978-3-924959-79-1

Jugendbuch-Reihen

1973 The House With A Clock On Its Walls (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Das Haus, das tickte, 1977; später als Das Geheimnis der Zauberuhr wiederveröffentlicht, 2000
1975 The Figure In The Shadows (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Der magische Schatten
1976 The Letter, The Witch, And The Ring (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Das Rätsel des verwunschenen Rings
1978 The Treasure Of Alpheus Winterborn (Anthony Monday-Reihe), dt. Der Schatz des Mister Winterborn
1983 The Curse Of The Blue Figurine (Johnny Dixon-Reihe)
1983 The Mummy, The Will, And The Crypt (Johnny Dixon-Reihe)
1984 The Dark Secret Of Weatherend (Anthony Monday-Reihe)
1984 The Spell Of The Sorcerer’s Skull (Johnny Dixon-Reihe)
1985 The Revenge Of The Wizard’s Ghost (Johnny Dixon-Reihe)
1986 The Eyes Of The Killer Robot (Johnny Dixon-Reihe)
1988 The Lamp From The Warlock’s Tomb (Anthony Monday-Reihe)
1989 The Trolley To Yesterday (Johnny Dixon-Reihe)
1989 The Chessmen of Doom (Johnny Dixon-Reihe)
1990 The Secret Of The Underground Room (Johnny Dixon-Reihe)
1992 The Mansion In The Mist (Anthony Monday-Reihe)

Von Brad Strickland unter dem Namen John Bellairs beendete Romane:

1993 The Ghost In The Mirror (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Das Gespenst im Spiegel
1993 The Vengeance Of the Witch-Finder (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Der Spuk im Irrgarten
1994 The Drum, The Doll, And The Zombie (Johnny Dixon-Reihe)
1995 The Doom Of The Haunted Opera (Lewis Barnavelt-Reihe), dt. Der Fluch der alten Oper (Quelle: Wikipedia)

Handlung

Man schreibt das Jahr 1948, und der zehnjährige Lewis Barnavelt sitzt in einem Bus von Wisconsin nach New Zebedee in Michigan, um fortan bei seinem Onkel Jonathan Barnavelt zu leben. Denn Lewis hat seine Eltern durch einen Autounfall verloren und ist nun ganz allein auf der Welt. Sein Herz ist erfüllt von Selbstzweifeln. Bislang hat er seine Gebete um Stärke in Latein gesprochen und man kann sagen, dass er nicht nur belesen, sondern auch wissbegierig ist. Deshalb fällt ihm an Onkel Jonathan und dessen feudaler Villa auch sofort einiges auf.

Zwei Bewohner

Onkel Jonathan, ein rundlicher Pfeifenraucher, scheint ein gemütlicher Bursche zu sein, doch sobald auch nur die Turmuhr des Rathauses zu schlagen beginnt, erstarrt er und fällt in geistlose Trance. Peinlich! Da er gut (und streng) erzogen wurde, verkneift sich Lewis jeden Kommentar. Im Wohnzimmer des großen, drei Stockwerke hohen Hauses steht eine fremde Frau und scheint an der Wand zu horchen. „Oh, das ist Mrs Florence Zimmermann, die liebe Nachbarin“, erklärt Onkel Jonathan. Was sie an der Wand zu horchen hatte, erklärt er nicht. Aber Mrs. Zimmermann, die „beste Freundin“ Jonathans, ist ebenfalls freundlich – auch wenn sie Jonathan dauernd Widerworte gibt.

Die Poker-Partie, die sie noch am gleichen Abend zusammen anfangen, bringt die drei jedoch gut zusammen. Lewis, der am häufigsten gewinnt, hat keine Angst mehr und findet den Onkel dufte. Bei Mrs. Zimmermann ist er sich noch nicht ganz so sicher. Die einzige Unterbrechung ist das tickende, dröhnende und schlagende Konzert aller Uhren im Haus, das pünktlich zu Mitternacht erklingt. Alles steht still, sogar der Verstand, bis auch die letzte Uhr verstummt ist. Ein sonderbares Haus, findet Lewis, aber wahnsinnig interessant.

Drei Zauberer

Sein Schlafzimmer ist ein feudales Gemach, in dem er ruhig schlafen könnte, doch schon bald hört Lewis ein seltsames Geräusch auf dem Gang. Als er nachsieht, entdeckt er Onkel Jonathan, der alle Uhren abstellt und wiederholt gegen die Wände haut. Der Onkel entdeckt seinerseits Lewis und zusammen machen sie es sich in der Bibliothek bei Milch und Keksen gemütlich. Jonathan erklärt, dieses Haus habe bis vor fünf Jahren einem bösen Zauberer gehört, einem gewissen Isaac Izard. Man könne praktisch nur darin leben, indem man selbst ein Zauberer oder eine Hexe ist. Das leuchtet Lewis ein. Er hat bereits entsprechende Beobachtungen gemacht. Und da von ihr gerade die Rede ist, tritt Mrs. Zimmermann durch einen Geheimgang ein, der hinter dem Bücherregal versteckt ist. Stolz bestätigt sie, dass sie sogar ein Diplom in Magie errungen hat.

Eine unsichtbare Uhr

Das unergründliche Geheimnis des Hauses, das Isaac Izard hinterlassen hat, besteht nun darin, dass sich eine unsichtbare Uhr in seinen Wänden befindet und diese Uhr ständig tickt, mal leise, mal lauter. Ein kurzes Horchen an der Wand bestätigt diese erstaunliche Auskunft. Um das nervtötende Ticken zu übertönen, hat Jonathan die vielen tickenden und schlagenden Uhren aufgehängt, klar? Sonnenklar! Aber wie lässt sich die Uhr in den Wänden abstellen?

Große Ratlosigkeit. Tja, man müsste sie erst einmal finden. Doch Isaac Izard hat sein Haus raffiniert konstruiert, mit Geheimgängen und falschen Wänden, ja, sogar einer Glaskuppel im Dach. Er war ein Astronom, doch was er berechnete, ist unbekannt, denn seine Aufzeichnungen gingen verloren. Sicher ist nur, dass er in einer Gruft neben seiner Frau begraben liegt, irgendwo.

Ein Freund

Nach ein paar Wochen beginnt die Schule und Lewis muss sich an die anderen Kinder gewöhnen. In allen Fächern hat er einigermaßen Erfolg, außer im wichtigsten: Baseball. Als übergewichtiger Pimpf ohne einen Funken Mut ist er solch eine Niete, dass ihn bald keiner mehr aufstellen will, weder als Schläger, noch als Fänger oder Läufer. Nur einer erbarmt sich seiner, nämlich ausgerechnet der beste Baseballspieler von allen. Tarby ist ein Tausendsassa und Liebling der Mädchen. Kürzlich hat er sich beim Baumturnen den Arm gebrochen. Sogar als Einarmiger gelingt es ihm, den Ball besser als Lewis zu treffen. Es kann nur aufwärts gehen, findet Lewis und ist dankbar – nicht nur für die Lehrstunden, sondern auch für Tarbys Freundschaft.

Ein Zauber

Doch kaum ist Tarbys Arm verheilt, wendet er sich von Lewis ab und widmet sich wieder seinen Kameraden. Um ihn weiter an sich zu binden, behauptet Lewis, sein Onkel sei ein Zauberer (was ja stimmt). Der gemeinsame Abend mit Jonathan und Mrs. Zimmermann wird sogar recht angenehm: Der Mond verschwindet, wie versprochen, tatsächlich (durch eine vorausberechnete Mondfinsternis), doch dann behauptet Tarby, das sei alles nur einer Hypnose zu verdanken, die Onkel Jonathan ausübte.

Ein Geist

Vor Enttäuschung bricht Lewis in Tränen aus. Er weint oft und ausgiebig, aber ganz besonders dann, wenn man ihn im Stich lässt. Bei der nächsten Begegnung mit Tarby, die auf dem Friedhof stattfindet, behauptet er deshalb in seiner Verzweiflung, er sei selbst ein Zauberer und könne die Toten zum Leben erwecken. Das muss er erst einmal beweisen. Gesagt, getan!

Halloween. Nach einem sehr schönen, zauberischen Abend mit Onkel Jonathan und Mrs. Zimmermann (die tatsächlich erst 26 Jahre alt ist), an denen er den Ausgang der Schlacht von Waterloo ändern durfte, rappelt sich Lewis pünktlich zum wohlbekannten dröhnenden Glockenschlag auf und macht sich, bewaffnet mit einer Taschenlampe, auf den Weg zum Friedhof. Es ist zappenduster, und er findet den schon ungeduldig warten Tarby erst, als er fast mit der Nase auf ihn stößt. Was jetzt?

Okay, jeder weiß ja, dass man zu Halloween, dem Abend von Allerheiligen, die Toten beschwören kann. Dazu braucht man einen Beschwörungsring und eine Beschwörungsformel. Letztere hat Lewis aus einem der Zauberbücher geklaut, die in der verbotenen Abteilung von Onkel Jonathans Bibliothek stehen. Er schreibt die Wörter in den doppelten Kreis, den er in den Sand vor einer großen, eindrucksvollen Gruft zeichnet. Auf der gruftfront steht kein Name, sondern nur ein großer griechischer Buchstabe: ein Omega. Daher fehlt Lewis ein Begriff, nämlich der wichtigste: der Name des zu beschwörenden Toten. Einer Eingebung folgend schreibt er SELENNA hinein.

Verblüfft verfolgen Lewis und Tarby, was nun folgt. Ein Stöhnen und Krachen ist aus der Gruft zu vernehmen. Die beiden Jungs bekommen eine Gänsehaut. Im Licht der Taschenlampe sehen sie, wie das Vorhängeschloss an den Doppeltüren von unsichtbarer Hand zerbrochen wird und herabfällt. Die Türflügel öffnen sich knarrend, begleitet von einem weiteren Stöhnen. Dann erscheinen zwei helle Augen im Spalt der Türöffnung – der Geist!

„LAUF!“ ruft Tarby und nimmt die Beine in die Hand. Lewis versucht ihm so gut es geht zu folgen. Was hat er nur aus dem Totenreich befreit, fragt er sich atemlos. Er wird es bald erfahren…

Mein Eindruck

Der Ort New Zebedee liegt in Caphernaum County, also dem Landkreis Kapernaum. Es ist sicher kein Zufall, dass der Autor für seinen ersten Zaubererroman für Kinder ausgerechnet denjenigen Ort gewählt hat, an dem sich den Evangelien nach Jesus niederließ, nachdem er seinen Geburtsort Nazareth verlassen hatte. In Kapernaum bzw. Kafarnaum (https://de.wikipedia.org/wiki/Kafarnaum), einem Grenzort Galiläas am Nordufer des See Genezareth, warb er zahlreiche Jünger, darunter Simon Petrus und seinen Bruder Andreas, die Söhne des Zebedäus, Jakob und Johannes, und nicht zuletzt Matthäus, den Zöllner.

Der Name „New Zebedee“ hat also ebenfalls einen begründeten Zusammenhang mit Kapernaum. Zebedäus, dessen hebräischer Name Zabdiel „Geschenk Gottes“ bedeutet, ist zu gewisser Berühmtheit gelangt, weil seine beiden Söhne, die recht häufig vorkommende Namen trugen, zur Unterscheidung von anderen Namensträgern häufig als die „Zebedäus-Söhne“ (dies war im damaligen Sprachgebrauch üblich) oder „Zebedaiden“ bezeichnet wurden. Wegen ihres Ungestüms werden sie auch als „Donnersöhne“ bezeichnet. Als ihre Mutter wird in der christlichen Tradition Maria Salome angesehen.

Kapernaum ist als Ort des Predigens, Rekrutierens und Heilens in Jesu Leben anzusehen, also sehr wichtig für seine Biografie als Heilsbringer (Messias). Er heilte die Mutter des Simon Petrus, ebenso den Knecht eines römischen Zenturio, zudem einen Gelähmten. Was aber noch viel wichtiger ist: An einem Sabbat, also einem heiligen Tag, lehrte Jesus (laut Lukas und Markus) in der Synagoge von Kapernaum und heilte einen Mann, der von einem „unreinen Geist“ besessen war. Um genau dieses Geschehen geht es in übertragenem Sinne in „Das Haus, das tickte“. (Der „unclean spirit“ wird sogar auf S. 171 des Originals wörtlich erwähnt.)

Böse Geister

Nein, all dies bedeutet nicht, dass Lewis der wiederauferstandene Nazarener ist. Es vielmehr darum, dass der Junge, der Lewis bislang gewesen ist, sich selbst überwinden muss, um eine innere Kraft zu finden, die es ihm erlaubt, gegen das Böse anzutreten. Und Böses gibt es genügend: Das eine Übel hat er selbst – heimlicherweise, als wäre er ein Judas – freigelassen, damit es die Welt ringsum in Schrecken versetzt.

Schon bald verlassen die Nachbarn, die im Haus auf der anderen Straßenseite gewohnt haben, ihre Heimstatt, um woanders Frieden zu finden. Ein finsterer Typ namens Hammerstiel zieht ein, und ihm folgt eine dunkel gekleidete Frau, die sich nie blicken lässt und niemanden grüßt. Kein Zweifel: Diese unheimlichen Leute haben etwas vor, das das Haus in der High Street Nr. 100 betrifft.

Das Haus scheint sie bereits zu erwarten. Es ist von dem biblischen „unreinen Geist“ besessen. Doch wessen Aufgabe ist es, diesen Geist, der in den Wänden zu ticken scheint, auszutreiben? Onkel Jonathan und Mrs. Zimmermann, beides gestandene Zauberer der sanftesten Sorte, sind dazu offensichtlich nicht in der Lage, denn sonst hätten sie das infernalische Ticken längst abgestellt. Das Ticken ist seit Halloween lauter als je zuvor zu vernehmen. Ist es ein Countdown?

Das Versteck

Da findet Lewis an einem langweiligen Tag in einem der zahllosen Zimmer ein altes Harmonium, das nicht beim Einzug entfernt worden war. Lewis weiß aus den Büchern genau, dass solche alten Möbel häufig als Versteck für Geheimnisse dienen, ganz besonders dann, wenn sie einem Zauberer wie Isaac Izard gehört haben. Tatsächlich findet er in dem Instrument die privaten Aufzeichnungen des verblichenen Bewohners. Er plante den Weltuntergang und beobachtete deshalb den Himmel nach ersten Anzeichen für einen günstigen Zeitpunkt. Als der nicht eintrat, schuf er die Uhr…

In die Höhle des Löwen

Lewis findet eine hohle, doppelte Wand und belauscht durchs Lüftungsgitter heimlich Onkel Jonathan und Mrs. Zimmermann. Sie besprechen, was bevorsteht. Er erkennt, dass er selbst etwas unternehmen muss, bevor die Welt untergeht. Er weiß auch schon, wie. Frau Zimmermann hat einen Zauberstab mit einer magischen Energiekugel in den Schirmständer an der Eingangstür gesteckt. Den schnappt er sich nun und öffnet den Eingang.

Genau gegenüber lauert das Haus des Bösen im Dunkel. Doch darin muss sich die geheimnisvolle Frau verstecken. Ist er wirklich Zauberer genug, um es mit ihr aufnehmen zu können? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Er überquert die Straße und betritt mit seinem Zauberstab das Haus des Bösen. Jetzt ist der Augenblick der Wahrheit gekommen…

Die Übersetzung

Die immer noch einzige Übersetzung dieses feinen Jugendbuchklassikers stammt von Alexander Schmitz. Seine Wortwahl aus dem Jahr 1977 wirkt nach 40 Jahren angestaubt und unangemessen. Wenigstens reimen sich seine Gedichte. Aber die Wortspiele des Originals ignoriert er einfach, weil man sie einfach nicht übertragen KANN.

S. 101: Napoleon hatte in der Schlacht von Waterloo einen General namens Grouchy. Aber „grouchy“ heißt im Englischen „mürrisch, miesepetrig“. Man denke an Groucho Marx, der allen den Spaß verdirbt. Der Übersetzer belässt es bei dem nichtssagenden Wort „Grautschi“.

S. 102: Ähnlich verfährt er bei dem Wortspiel „Greenwich Mean Time“, die ja bis zum heutigen Tage als Nullpunkt der Weltzeit gilt. „mean“ hat für den Autor jedoch auch die andere Bedeutung, nämlich „gemein, boshaft“: „Very mean time!“ Der Übersetzer macht daraus: „verdammt miese europäische Zeit!“

S. 206: (Frau Zimmermann) benutzte sämtliche Formeln, um geheime Botschaften aus Rotsandstein zu entschlüsseln…“ Warum ausgerechnet „Rotsandstein“, was auch immer sein mag? Im Original wird die Sache klarer: „She used all commands for unlocking the secrets of SPECULAR STONES…“ Im folgenden Text wird klar, dass es sich um einen „sehenden Stein“ wie einen Palantír aus dem „Herrn der Ringe“ handelt, jedenfalls um eine magische Glaskugel, die antwortet, wenn ihr Besitzer sie befragt. Und auf diesem Wege findet Lewis endlich das Versteck der infernalischen Uhr im Haus des Zauberers…

Edward Goreys Zeichnungen sind auch in der Diogenes-Ausgabe enthalten.
Bei Heyne erschien das Buch anno 2000 unter dem Titel „Das Geheimnis der Zauberuhr“.

Unterm Strich

All dieses magische Geschehen klingt schrecklich ernst und bedrohlich, ganz besonders für junge Leser. Das ist das Buch jedoch beileibe nicht, ganz im Gegenteil: Lewis ist der unwahrscheinlichste Erlöser und Zauberer, den man sich nur vorstellen kann. Er macht lauter Fehler, obwohl er doch so belesen ist. Aber er ist eben ein typischer Nerd: vollgestopft mit Bücherwissen, intelligent mit dem Kopf, aber nicht mit dem Herzen. Das muss er erst noch lernen, vor allem durch den entsprechenden Umgang mit Onkel Jonathan und Frau Zimmermann, die ihn wirklich gernhaben und verwöhnen.

Ausgerechnet diese lieben Menschen hintergeht er durch die eine Tat, die das Böse auf den Plan ruft: die Totenbeschwörung an Halloween, die er verschweigt und verleugnet. Lewis ist auch deswegen ein so unwahrscheinlicher Erlöser à la Jesus, weil er eine solche Sünde begeht. Offenbar ist er am Ende doch „nur“ ein Mensch, wenn auch ein mit Magie begabter: ein Zauberlehrling, der immer wieder auf die Probe gestellt wird und immer wieder Fehler macht.

Noch ein weiter Weg liegt also vor ihm, um herauszufinden, was richtig und was falsch ist. (Dieses Problem hatte Jehoschua von Nazareth offenbar nicht, als er in Kapernaum den „unreinen Geist“ austrieb – sofern die Evangelisten recht hatten.) Die jungen Leser können ihn auf diesem Weg voller Abenteuer und Lektionen begleiten. Das Buch und seine schönen Zeichnungen, die Edward Gorey beisteuerte, bereiten den Weg.

Taschenbuch: 220 Seiten
Info: The House With a Clock in its Walls, 1973
Aaus dem US-Englischen von Alexander Schmitz
Zeichnungen von Edward Gorey

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