Lizzy Steward – Der Tiger im Garten

Paula sitzt gelangweilt am Tisch. Auf dem Teppich sind bereits alle ihre Spielsachen verteilt und auch der Tisch zeugt davon, dass Oma nicht nur mit Keksen und Limonade versucht hat, Paula den Tag zu versüßen. Sie langweilt sich dennoch. Auch als die Oma vorschlägt, im Garten zu spielen, ist ihre Enkelin nicht begeistert. Und dafür, wie die Oma an einen Tiger, einen mürrischen Eisbären oder Riesenlibellen im Garten zu glauben, ist Paula schon viel zu alt. Trotzdem kann es nicht schaden, einmal nachzusehen – nur für den Fall. Also nimmt das Mädchen seine Giraffe Emil und begibt sich auf einen Ausflug in den Garten, der tatsächlich Erstaunliches zu Tage bringt.

Lizzy Stewards Kinderbuch „Der Tiger im Garten“ aus dem Lingen Verlag zeigt den Garten als märchenhaften Dschungel, in dem sich Paula durch ein grünes Dickicht aus Sträuchern, Palmen und sogar fleischfressenden Pflanzen kämpft. Die Zeichnungen wechseln zwischen plakativ und ausdrucksstark detailreich. So wird der Blick des Betrachters zunächst auf für die Handlung wichtige Bildbereiche gelenkt, bevor er auf der Seite herumschweift. In Paulas Gesicht, das immer wieder in den Fokus rückt, lassen sich deutlich alle Gefühlszustände von Langeweile, über Neugier und Erstaunen bis hin zur Begeisterung ablesen. So kommt die Geschichte auch mit wenigen Worten aus und lässt die Leser allein mit Hilfe der Bilder weite Teile der Handlung verstehen; zum Beispiel einen anstrengenden Kampf gegen eine Schlingpflanze.

Wo die Geschichte in Worte gefasst wird, geschieht das durchaus mit einem Augenzwinkern, beispielsweise wenn Paula herausfindet, dass der Eisbär grimmig ist, weil niemand jemals nach ihm sucht, sondern alle nur nach dem Tiger fragen. Schmunzeln muss man auch, wenn die Oma am Schluss des Buches andeutet, dass es sich bei dem neu gewonnen Freund, dem Tiger, nur um eine große, rote Katze gehandelt haben könnte, ihr Paula jedoch energisch widerspricht, oder wenn Paula, deren Fantasie im Garten angeregt wurde, nun auch eine Meerjungfrau in der Badewanne findet.

Empfohlen wird das Buch für ein Publikum ab 4 Jahren, aber auch jüngere Kinder haben schon großen Spaß daran, die liebevollen Zeichnungen zu betrachten und nach versteckten Details abzusuchen. Bereits der Einband des stabil aufgemachten Hardcovers mit einer ordentlichen Seitendicke bietet mit seiner leinenartigen Struktur und dem geprägten Titel eine originelle haptische Erfahrung. Das Einzige, was an diesem sonst wirklich gelungenen Buch stört, ist, dass es auch dem Lektor an zwei Stellen nicht aufgefallen ist, dass in der Übersetzung aus dem englischen Original die Pflanzen Paula mit einem „Happen“ schlucken könnten. Hier muss es richtig mit einem „Happs“, also „als Ganzes“ heißen.

Vom Kauf abhalten lassen, sollte man sich trotzdem nicht, denn das Buch zeigt auf wunderbare Art und Weise, dass das Leben in Haus und Garten alles andere als langweilig, nämlich ein zauberhaftes Abenteuer ist, wenn man nur richtig hinsieht. „Ganz bestimmt, hunderprozentig,“ würde Paula jetzt sagen.

Hardcover
32 Seiten
ISBN: 978-3943390155

www.lingenverlag.de

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