Kai Meyer – Seide und Schwert (Das Wolkenvolk 1) (Lesung)

Abenteuer in China: Suche nach den Drachen

China im Jahre 1760. Nie ist Nugua einem anderen Menschen begegnet. Sie wächst als Mädchen unter Drachen auf, bis die Drachen spurlos verschwinden. So beginnt sie ihre lange Suche in den Weiten Chinas. Sie begegnet unsterblichen Magiern, fliegenden Schwertkämpfern – und Niccolo, einem Jungen mit goldenen Augen. Auch er ist auf den Spuren der Drachen unterwegs …

Das Fantasy-Hörbuch wird vom Verlag ab 10 Jahren empfohlen.

Der Autor

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis CORINE ausgezeichnet.

Mit „Seide und Schwert“ beginnt der Autor seinen neuen Zyklus „Das Wolkenvolk“. Die Fortsetzung trägt den Titel „Lanze und Licht“.

Kai Meyer bei Buchwurm.info:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405

Der Sprecher

Andreas Fröhlich ist die deutsche Stimme von John Cusack und Edward Norton. Er wurde 1965 in Berlin geboren; bereits mit sieben Jahren begann er mit der Synchronarbeit, nachdem er im Kinderchor des „Sender Freies Berlin“ entdeckt wurde. 1978 stieg er in der Sprecherrolle des Bob Andrews bei einer der bis heute erfolgreichsten Hörspielreihen Deutschlands, „Die drei Fragezeichen“, ein.

Nach dem Abitur ging Fröhlich zunächst zum Theater, wo er unter anderem Rollen in Büchners „Woyzeck“ und in Shakespeares „Was ihr wollt“ spielte, bis er 1991 wieder zu seiner Arbeit als Synchronsprecher zurückkehrte. Außer als Sprecher arbeitet er als Synchronregisseur und Drehbuchautor, wo er u. a. für die Synchronisierung von „Der Herr der Ringe“ verantwortlich war. In dieser Trilogie übernahm er z. B. die Synchronisation des Wesens Gollum. Doch auch die deutschen Dialoge in Filmen wie Disneys „Mulan“ und „The Beach“ stammen aus seiner Feder. (Verlagsinfo)

Fröhlich liest eine leicht gekürzte Romanfassung, die von Andrea Herzog bearbeitet wurde. Regie führte Angelika Schaack, die Aufnahme steuerten Dicky Hank und Dennis Kassel von den |d.c. studios| NRW-Berlin.

Handlung

PROLOG

Das Mädchen Nugua ist als Findel- und Waisenkind bei den Drachen aufgewachsen und Yaozi, der Drachenkönig des Südens, ist zeitlebens ihr Mentor gewesen. Daher hält sie sich selbst für eine der ihren, denn ein Menschenwesen hat sie noch nie gesehen. Die Drachen bringen den Regen und sorgen so für die Fruchtbarkeit des Landes – Nugua war eine Opfergabe der Bauern an die Drachen. Doch eines Morgens sucht Nugua Yaozi vergebens, der Regen hört auf und eine Dürre setzt ein. Um jeden Preis muss Nugua ihr Volk wiederfinden. Doch wo sind die Drachen hin?

Haupthandlung

Der junge Niccolo Spini lebt schon sein ganzes Leben auf der Wolkeninsel, mit der er, getrieben von den Winden, die Kontinente überquert. Er lebt als Ausgestoßener seines Wolkenvolks, denn sein verstorbener Vater hat es gewagt, Bücher zu lesen, Bücher, die von den Priestern des Zeitwindes verboten worden sind. Schon 250 Jahren schwebt die Wolkeninsel rund 2000 Meter über dem Land, emporgehalten vom Aether, doch heute ist der Tag, an dem sich alles ändert.

Niccolo bemerkt, dass sich der Rand der Wolkeninsel, an dem er auf seinem Bauernhof lebt, ausfranst und dass sich das Land ringsum hebt. Wie seltsam – die Insel verliert an Höhe, und drei Gipfel tauchen ringsum auf, zwischen denen die Wolke hängen bleibt. Drei Männer und eine Frau wollen Niccolos Vater sprechen, den verblichenen Cesare Spini. Es sind die Spitzen der Gesellschaft: der Herzog, der oberste Zeitwindpriester, der Schattendeuter und Alessia, des Herzogs hochnäsige Tochter.

Das Problem, wegen dem die Delegation zu Niccolo kommt, ist klar: Da der Aethervorrat zur Neige geht und die Aetherpumpen keinen weiteren Aether ansaugen, droht sich die Wolkeninsel aufzulösen. Es muss also dringend etwas unternommen werden. Doch was? Da der Aether nichts anderes als ausgestoßener Drachenatem ist, muss irgendjemand die Drachen suchen. Und da man nun in China angelangt sei, könne dieser Jemand die chinesischen Drachen suchen. Und da Niccolo die chinesische Sprache spricht, ist es wohl am besten, wenn er dieser Jemand ist.

Niccolo ist einverstanden, und mit einem Luftgleiter, der sich in einem verborgenen Keller des herzöglichen Bauernhofes findet, begibt er sich zur Erde. Alessia zeigt ihm, wie das Gefährt zu bedienen ist, denn sie hat die entsprechende technische Ausbildung. Natürlich will sie auch mit, aber als Thronerbin darf sie nicht, zu ihrem nicht geringen Ärger. Besser so, denn Niccolos Landung im Wald ist recht unsanft und kostet ihn das Bewusstsein …

Der Boden Chinas

Eine Schwertkämpferin namens Wisperwind weckt und pflegt ihn, doch er kann sich nicht lange ausruhen, denn eine seltsame Gefahr rückt näher. Die Frau mit den zwei magischen Schwerter zeigt auf den Wald und erklärt, die Baumdämonen oder „Raunen“ wollten sich auf sie stürzen. Mit knapper Not entkommen sie über den Fluss. Wisperwind beherrscht zu Niccolos Verwunderung die Technik des Federflugs (man denke an „Tiger & Dragon“), und so trägt sie ihn in Sicherheit. Doch am Fluss trennen sich ihre Wege.

Im nahen Flussdorf herrschen im Jahr 1760 n. Chr. zur Zeit der Quing-Dynastie jedoch keineswegs die eingeborenen Han-Chinesen, sondern die halbbarbarischen Manschu-Eroberer. Diese unterdrücken mit ihrer brutalen Willkür die Einheimischen, und Niccolo beobachtet das Treiben ihres Anführers Lotusklaue mit wachsendem Grauen. Der lässt nämlich einen Hundehändler aufknüpfen. Was Niccolo nicht bemerkt, ist ein junges Mädchen von etwa zehn Jahren, das ihm heimlich folgt. Er erfährt in einem Gasthaus, dass es einen Drachen bei den Gauklern gebe, die außerhalb des Dorfes kampieren.

Das Mädchen überholt ihn und erwartet ihn schon bei den Gauklern. Was er denn von dem Drachen wolle? Und wieso er goldene Augen wie ein Drache habe? Sie weiß ihre Fragen sehr nachdrücklich zu stellen – mit einem spitzen Stock in seinen Rippen. Sie heißt Nugua, bekommt er heraus, doch dann muss er seine ganze Geschichte erzählen. Zusammen untersuchen sie den Gauklerwagen, in dem der Drache hausen soll. Kann es wahr sein, dass ein echter Drache in so einem kleinen Wagen stecken soll? Nugua hat da schwere Zweifel. Niccolo ist nur von Nuguas strengem Körpergeruch abgestoßen. Ob Drachen wohl auch so übel riechen?

Der Rattendrache

Inzwischen ist es Nacht geworden, und so ist es leichter, einen der Wagen aufzubrechen, ohne bemerkt zu werden. Drinnen im Wagen ist es stockfinster, doch Nugua hat an eine Laterne gedacht. Was sie in einem Käfig vorfinden, ist eine seltsame Kreatur: Ein Kopf wie eine Ratte, ein gezackter Rücken und gerippter Bauch sowie ein schlaffer Schwanz hinter klauenbewehrten Füßen – und die ganze Haut scheint aus rotem Stoff zu sein. Höchst merkwürdig. Und dieser, äh, Rattendrache spricht wie ein Mensch! „Hilf mir!“

Da beginnt im Lager der Gaukler ein Aufruhr und Schreie werden laut. Die Mandschuwache hat das Lager überfallen. Lotusklaue befiehlt, den Drachen zu suchen. Denn es war ein Drache, der ihm die Stirn verletzt hat, sodass er jetzt eine Eisenplatte darin tragen muss. Weil das Eisen rostet, vergiftet ihm der Rost das Hirn und macht ihn wahnsinnig. Nugua bemerkt die neue Gefahr sofort und verschwindet, um etwas dagegen zu unternehmen. Unterdessen erbarmt sich Niccolo des Rattendrachen und lässt ihn frei.

Dann sehen sie sich einer neuen Gefahr gegenüber: Nugua hat die Tiger aus ihren Käfigen gelassen!

Mein Eindruck

Die Welt ist aus dem Lot geraten und jemand muss sie wieder in Ordnung bringen. So beginnen die meisten Abenteuer von Helden und Heldinnen. Am Beginn wissen diese Helden natürlich nicht, was auf sie zukommt, und wüssten sie es, so würden sie keinen Schritt weiter tun. Wir haben das Vergnügen, sie dabei beobachten zu dürfen, wie ihnen alle möglichen Gefahren und Überraschungen widerfahren, so dass stets für genügend Unterhaltung gesorgt ist. Mögen die Gefahren noch so grimmig sein, so ist doch stets auch für eine Humoreinlage gesorgt, und diesmal kommt sie in Gestalt des feigen Rattendrachen daher.

Erstmals lässt Jugendautor Kai Meyer eine seiner Abenteuertrilogien im alten China spielen, und dass es sich um das 18. Jahrhundert handelt, ist zunächst kaum zu bemerken. Die Anspielung auf Marco Polo, von dem Niccolo Spinis italienische Eltern hergeleitet werden, mutet etwas anachronistisch an, denn Polo besuchte bekanntlich den Hof des Kublai Khan bekanntlich schon im 13. Jahrhundert, also fünfhundert Jahre vor den aktuell erzählten Geschehnissen – eine lange Zeit. Und das Wolkenvolk hat sich erst vor 250 Jahren gebildet, also im Jahr 1510. Wie das mit Leonardo da Vinci, dem Erfinder der Aetherpumpen, zusammenhängt, ist eine spannende Frage. Sie wird hoffentlich in den zwei folgenden Bänden der Trilogie beantwortet.

Dies ist ein halbmythisches China, das voller Legenden ist. Nach und nach erfährt Niccolo von einer komplexen Hierarchie des spirituellen Überbaus der Welt. Und erstaunlicherweise ist es der Rattendrache Feiqing, der eine ganze Menge darüber weiß: ein wandelndes Lexikon. Das ist aber auch notwendig, um zu begreifen, welche Rolle der Aether und die Drachen spielen.

Zwischen dem Himmel Tiendi und der Erde, die wie Yin und Yang zusammengehören, erstreckt sich der Aether, der bekanntlich durch den Drachenatem gebildet wird. Zwischen Himmel und Erde haben die Götter jedoch aus acht Weisen Unsterbliche als ihre Boten geschaffen, um den Menschen und Tieren ihren Willen kundzutun: die Xian. Doch nun scheint es, als habe der Aether einen eigenen Willen entwickelt und sich eine Schülerin der Unsterblichen untertan gemacht, um seine bis dato unbekannten Ziele zu erreichen.

Diese rebellische Schülerin ist Mondkind, und zu Niccolos Überraschung erfährt er, dass sie bereits fünf der Unsterblichen getötet hat – mit genau jenen Schwertern, die er an der Schwertkämpferin Wisperwind so bewundert hat. Nun ist die von Wisperwind beraubte Mondkind schwach und verletzlich. Als sie von dem Xian-Kämpfer Guolao angegriffen wird, bittet sie Niccolo um sein Chi, damit sie wieder Kraft gewinne. Er gestattet es, und durch den Fluss seiner Lebenskraft sind er und Mondkind fortan emotional aneinander gebunden, so dass sie immer wieder die Vereinigung suchen. Stets ist der eine in den Gedanken des anderen. Nugua vernimmt es mit Missfallen und wachsender Eifersucht, denn sie hat selbst Gefühle für Niccolo entwickelt. Mondkind besiegt Guolao, der fliehen muss.

Doch die eigentliche Aufgabe ist noch unerledigt: Wo sind die Drachen abgeblieben? Von Mondkind und Feiqing erhält Niccolo wertvolle Hinweise. Beide glauben, der Wächter des Drachenfriedhofs wüsste Näheres über das Schicksal der Verschwundenen. Doch bislang ist kaum ein Mensch dort gewesen, und für seinen Frevel wurde Feiqing vom Wächter mit einem Fluch belegt: Sein Rattendrachenkostüm ist an ihm festgewachsen – nun wird er es nie mehr los …

Dass das Schicksal der Wolkenstadt nicht an einem seidenen Faden hängt, nämlich an Niccolo, dafür will die Tochter des Herzogs sorgen. Alessia entdeckt nicht nur mit ihrem Wagemut, welches schreckliche Schicksal den Wolkenbewohnern droht, wenn sie auf dem Land stranden – sie werden von den Raunen gefressen -, sondern auch ein Komplott, das mit der Beherrschung der Aetherpumpen zu tun hat, welche vor 250 Jahren installiert wurden. Doch ihr Gegner ist schlauer als sie und sperrt sie ein. Wertvolle Zeit verstreicht, bevor sie sich befreien kann …

Es gibt eine ebenso große wie erfreuliche Vielfalt an weiblichen Figuren in Meyers neuestem Geschichtengarn. Neben Alessia und Wisperwind kommen Mondkind und Nugua vor. Jede ist von den anderen völlig verschieden und deutlich unterscheidbar. Das macht sich auch im akustischen Vortrag vorteilhaft bemerkbar …

Der Sprecher

Andreas Fröhlich ist ein wahrer Stimmkünstler. Es hat mich immer wieder verblüfft, wie er es schafft, seine Stimme so flexibel anzupassen, dass es ihm gelingt, die optimale Ausdruckskraft hervorzubringen. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es Fröhlich war, der in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung den Gollum spricht.

Drachen wie Yaozi klingen bei ihm majestätisch, so tief senkt er seine Stimme herab. Auch Meister Li hat so eine tiefe Stimme und klingt entsprechend eindrucksvoll. Dagegen klingen die jugendlichen Gefährten fast alle recht „normal“, das gilt für Niccolo, Nugua und Alessia. Aber keineswegs für Feiqing, den linkischen und feigen Rattendrachen. Er jammert und stottert ständig in höchsten Tönen – wer kann es ihm verdenken, ist er doch mit einem Fluch geschlagen. Mondkind hingegen ist sein genaues Gegenteil: Eine sanftere Stimme kann man sich kaum vorstellen.

Natürlich muss Fröhlich seine Stimme auch einsetzen, um Atemgeräusche wiederzugeben, so etwa dann, wenn Niccolo auf der Flucht vor den Raunen keucht und japst. Am Schluss dieses Bandes droht Nugua an einem Fluch Lotusklaues zu sterben, den Meister Li die Purpurne Hand nennt. Dabei ballt sich eine imaginäre, magische Faust um ihr Herz zusammen. Dementsprechend keuchend und gepresst muss auch ihr Atem klingen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein engagierter Sprecher wie Fröhlich am Ende eines Arbeitstages geradezu in Schweiß gebadet ist.

Geräusche und Musik

Musik gibt es zwar keine, aber dafür ein paar Geräusche. Diese erklingen nur jeweils am Beginn eines neuen Kapitels. Sie können in Vogelzwitschern bestehen, Donnergrollen, Wellenrauschen oder auch dem Klirren von fechtenden Schwertern, so etwa dann, wenn Wisperwind gegen die Mandschukrieger kämpft. Recht häufig ist Wind zu hören. Wir haben es also keineswegs mit einem Film-Soundtrack zu tun, sondern mit akustischen Impressionen, die lediglich Assoziationen auslösen sollen.

Aussprache

Da die chinesischen Schriftzeichen an die westlichen Entsprechungen angepasst werden mussten, kann es manchmal zu Missverständnissen bei der Aussprache der Entsprechungen kommen. So ist das initiale X in Xian für nicht Eingeweihte einfach ein X wie in Xaver oder Xena. Andreas Fröhlich hat in seiner langen Lesung die Aussprache [chian] gewählt, ganz im Gegensatz zu den Sprechern des gleichnamigen Hörspiels, die stattdessen [kian] wählten.

Das Booklet

Der CD-Box ist ein kleines Booklet beigefügt. Es liefert Informationen über Autor und Sprecher sowie ein Namensverzeichnis. Dieses listet folgende Kategorien auf: Bei den Drachen; Das Volk der Hohen Lüfte; In den Weiten Chinas; Unsterbliche Magier; Waffen; Götter und Weitere Wesen. Dadurch kann sich der Hörer einen Überblick verschaffen, welcher Name welcher Kategorie angehört und welche Aussprache zu welchem Namen gehört. Ich empfand diese Liste beim Anhören als nützliche Orientierungshilfe.

Unterm Strich

Seit seiner Karibiktrilogie um die Wellenläufer hat der Autor gewaltige Fortschritte gemacht. Das ist in der Anlage der Figuren wie auch in der Wahl von Sujet und Ambiente festzustellen. Die Handlungsführung ist den Regeln des Genres unterworfen, denn der Plot ist dazu da, ständig mit neuen Wundern und überraschenden Wendungen aufzuwarten, dabei aber dennoch keine losen Enden zu hinterlassen, wenn die Fortsetzung beginnen soll. Auf diese Weise ist sowohl für die spannende Unterhaltung als auch die befriedigende Lösung von Konflikten gesorgt.

Es dürfte klar sein, dass die vorliegende Geschichte vor allem solche jungen Leser und Hörer anspricht, die sich im gleichen Alter wie die jüngsten Figuren befinden, also um die zehn Jahre. Sie können ohne weiteres etwas mit Wunderwesen wie Drachen, Baumdämonen und Riesenkranichen anfangen, aber schon ein Konzept wie der Aether ist etwas anspruchsvoller und stellt die Vorstellungskraft auf die Probe. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts glaubte die Wissenschaft tatsächlich an die Existenz des Aethers, und so liegt es nahe, diesen Begriff auch für das Jahr 1760, in dem die Handlung stattfindet, heranzuziehen. (Inzwischen hat Ian R. MacLeod einen Roman mit dem Titel [„Aether“ 2459 vorgelegt – eine Alternativweltgeschichte.)

Andreas Fröhlich bietet mal wieder seine ganze beträchtliche Kunstfertigkeit auf, um den Figuren Leben einzuhauchen und sie unverwechselbar zu machen. Sein Stimmumfang verblüfft immer wieder, denn er reicht vom tiefen Bass bis zum höchsten Diskant, und er setzt dies in der Geschichte ausgezeichnet ein. Das dürften dem jugendlichen Hörer erheblichen Spaß bereiten. Die realistisch klingenden Geräusche werden sehr dezent eingesetzt, so dass sie nie den Vortrag überdecken (was nicht selbstverständlich ist). Im Übrigen sollte man viel Geduld mitbringen: Acht Stunden Vortrag sind eben kein Pappenstiel.

482 Minuten auf 6 CDs
http://www.hoercompany.de
http://www.kaimeyer.com

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