Mike Lupica – Robert B. Parker’s Blood Feud. Ein Sunny Randall Krimi (7)

Sunny is back: Der lange Arm der Vergangenheit

Die Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall erfährt, dass ihr Freund Richard Burke in den Rücken geschossen wurde und nun in der Klinik liegt. Dessen Vater Desmond und sein Bruder Felix halten Wache, als Sunny eintrifft, um mit Ritchie zu sprechen. Offenbar sagte der Schütze vor seinem Schuss etwas von den „Sünden des Vaters“, die nun gebüßt werden müssten. Sunny beginnt zu ermitteln und stößt auf einen beginnenden Bandenkrieg in der Bostoner Unterwelt…

Die Autoren

1) Der US-Autor Robert B. Parker, geboren 1932, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der Spenser-Reihe wohl seine etwa acht Jesse-Stone-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Der ehemalige Professor für Amerikanische Literatur Robert B. Parker lebte mit seiner Frau Joan in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen viele seiner Krimis.

2) Mike Lupica ist ein erfolgreicher Sportjournalist und der Autor von über 40 belletristischen und Sachbüchern. Als langjähriger Freund von Robert B. Parker ist er von den Nachlassverwaltern dazu ausersehen worden, die Jesse-Stone- und die Sunny-Randall-Reihen weiterzuführen.

Jesse-Stone-Krimis:

1) Night Passage (1997, „Das dunkle Paradies“)
2) Trouble in Paradise (1998, „Terror auf Stiles Island“)
3) Death in Paradise (2001, „Die Tote in Paradise“)
4) Stone Cold (2003, „Eiskalt“)
5) Sea Change (2006, „Tod im Hafen“)
6) High Profile (2007, „Mord im Showbiz“)
7) Stranger in Paradise (2008, „Der Killer kehrt zurück“)
8) Night and Day (2009)
9) Split Image (2010)
10) Killing the Blues (M. Brandman)
11) Fool Me Twice (M. Brandman)
12) Damned If You Do (M. Brandman)
13) Blind Spot (von Reed Farrel Coleman)
14) The Devil Wins (von Reed Farrel Coleman)
15) Debt to Pay (von Reed Farrel Coleman)
16) The Hangman’s Sonnet (von Reed Farrel Coleman)
17) Colorblind (von Reed Farrel Coleman)
18) The Bitterest Pill (von Reed Farrel Coleman)
19) Fool’s Paradise (von Mike Lupica, 2021)
20) Stone’s Throw (von Mike Lupica, 2022)
21) Fallout (von Mike Lupica, 2022)

Die Sunny-Randall-Reihe:

1) Family Honor
2) Perish Twice
3) Shrink Rap
4) Melancholy (2004)
5) Blue Screen (2006)
6) Spare Change (2007)
7) Blood Feud (2018)
8) Grudge Match (2020)
9) Payback (2022)

Die Spenser-Reihe (bislang 50 Romane)

1) Widow’s Walk
2) Potshot
3) Hugger Mugger
4) Walking Shadow
Und viele weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten Chandler-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

Handlung

Die Bostoner Privatdetektivin Sonya „Sunny“ Randall erfährt, dass ihr Freund Richard Burke in den Rücken geschossen wurde und nun in der Klinik liegt. Dessen Vater Desmond und sein Bruder Felix halten Wache, als Sunny eintrifft, um mit Ritchie zu sprechen. Offenbar sagte der Schütze vor seinem Schuss etwas von den „Sünden des Vaters“, die nun gebüßt werden müssten. Sunny beginnt zu ermitteln, eingedenk der Tatsache, dass zumindest Desmond Burke ein Teil der Bostoner Unterwelt ist. Er hatte mal mit dem skrupellosen Gangster Whitey Bulger zu tun, der vom FBI gedeckt wurde – bis er die Feds linkte.

Richie

Also geht Sunny dem Verdacht nach, dass eine andere Gang Ritchie aufs Korn genommen hat. Sie fragt einen Gangster namens Tony Marcus. Tony hat viele Pferdchen in seinem Stall, die sich alle für ihn den Arsch abrackern dürfen. Dafür beschützt er sie ja auch. Tony sagt, es wisse nichts von einer Gang-Fehde, aber er würde sich umhören. Desmond Burke, der von ihrem Treffen erfahren hat, verspricht ihr das gleiche. Doch sollte er den Schützen und dessen Auftraggeber vor ihr finden, verheißt das nichts Gutes. Sunny will nur Gerechtigkeit vor dem Gesetz, Desmond Burke will nach dem biblischen Gesetz verfahren: Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Peter

Als Richie wieder auf den Beinen ist, wird sein Onkel Peter, der jüngste der drei Burke-Brüder, erschossen aufgefunden. Er war ihr Buchmacher, um Geld zu waschen. Lt. Frank Belson vom Boston Police Department bearbeitet den Fall, und er warnt Sunny davor, ihm in seiner Ermittlung in die Quere zu kommen. Desmond tut Peter als den Waghalsigsten in der Familie ab, der einfach auf keinen Rat hören wollte. Der Report Wayne Cosgrove vom „Boston Globe“ rät ihr, sich einen Insider zu suchen, denn die von außen erhältlichen Infos reichen nicht aus. Also geht sie einem Gangster, den ihr ihr Vater, der Ex-Polizist, empfiehlt: Vinnie Morris.

Felix

Vinnie, der beste Schütze der Bostoner Unterwelt, betreibt zum Schein eine Kegelbahn, aber wer weiß, mit was er wirklich handelt? Seinem Maßanzug zu urteilen, scheint er gut zu verdienen, und sein Whisky ist vom Feinsten. Vinnie lässt sich nach ein paar Minuten zum Geständnis hinreißen, dass er möglicherweise unter Umständen ein unbestätigtes Gerücht gehört habe, dass Desmond Burke plane, eine größere Waffenlieferung nach Boston zu schaffen und so, quasi zum Dienstabschied, noch einen guten Reibach zu machen gedenke. Das habe sie aber nicht von ihm, klar soweit?

Sie sagt es Richie, und das bringt ihn in ein Dilemma: Er hat sich bislang geweigert, mit den Geschäften seiner Familie zu tun zu haben, aber der Schuss auf ihn zusammen mit der Botschaft an Desmond war zweifellos ziemlich persönlich gemeint. Was also tun? Die Gegenseite ist schneller: Als nächster ist Felix Burke an der Reihe. Weil er außer Haus weilt, wird nur sein Haus zerschossen. Das ruft erneut die Cops auf den Plan, aber Frank Belson & Co. tappen im Dunkeln.

Antonioni

Deshalb wird Sunny erneut selbst aktiv. Sie besucht einen alten Gangster namens Albert Antonioni unten in Providence, Rhode Island. Als Pendant zu Tony Marcus hat er sich in der Zuhälterei engagiert und behauptet nun, ihn interessiere der Waffenschmuggel, mit dem Desmond Burke angefangen habe, herzlich wenig. Das Gegenteil ist jedoch, sagt ein Ex-Cop, der früher für die Waffenkontrollbehörde ATF (Alcohol Tobacco Firearms) gearbeitet hat. Desmond hat Sunny beschatten lassen und weiß von ihrem Abstecher nach Providence, deshalb droht er ihr zum letzten Mal mit dem klassischen Satz: „Wer nicht für mich, ist gegen mich.“

Ein weiterer Mann aus Desmonds großen Tagen neben Whitey Bulger erwähnt etwas, das Sunny aufhorchen lässt. Desmond Burke war schon immer hinter jedem Rock her. Meistens hielt er sich an die irischen Mädels, aber einmal verirrte er sich auf „die falsche Seite der Gleise“. Damit könnten die Italiener gemeint sein. Felix bestätigt dies widerwillig. Hat Desmond etwas Nachwuchs, von dem niemand was wissen darf?

Überfall

Als Sunny abends noch in die Innenstadt spazieren geht, um einen Drink auf der mondänen Einkaufsmeile Newbury Street zu probieren, wird sie sie von hinten angerempelt. Weil es wie aus Kübeln regnet, ist keiner da, der ihr helfen kann. Als nächstes erhält sie einen Hieb mit einem Totschläger, der eine Seite ihres Gesichts trifft. Bevor sie zur ihrer Pistole greifen kann, legt sich eine Hand auf ihren Mund, die andere stößt ihr eine Pistole in die Niere. Sie erhält eine letzte Warnung einen wertvollen Hinweis.

Nun geht Spike auf die Barrikaden, und Frank Belson aktiviert den ehemaligen BPD-Chef Quirk (der Held unzähliger Jesse-Stone- und Spenser-Krimis), der wiederum den ATF-Mann kontaktiert, der bereits von dem Waffenschmuggel aus dem Süden nach Massachusetts weiß. Was, so resümiert Sunny, nach etlichen Gesprächen, wenn es bei dieser ganzen Sache nicht bloß um eine Frau, sondern auch um viel Geld geht?

Mein Eindruck

Im Keller der Gangsterfamilie Burke gibt es eine Menge Leichen. Auf der Suche danach gräbt Sunny immer tiefer in der kriminellen Vergangenheit ihrer Heimatstadt. Die Stadt am Meer hat unzählige Iren aufgenommen, und viele davon wurden Polizisten, so etwa ihr Vater Philip. Aber die Existenzberechtigung der Cops besteht in den vielen bösen Jungs, darunter die Familie Burke. Sunny sieht sich in eine Art Romeo-und-Julia-Konflikt geraten, in dem Richie einer verfeindeten Familie angehört. Diesen Zwiespalt gilt es zu überbrücken, bevor ein Bandenkrieg ausbricht: zwischen irischen Verbrechern und italienischen Verbrechern.

Antonioni

Doch es gibt noch eine dritte Familie in diesem emotionalen Minenfeld, in dem auch Pflicht, Ehre und Blutschuld eine Rolle spielen. Albert Antonioni ist seit jeher der Konkurrent der Burkes gewesen. Wie tief diese Rivalität gegangen ist, ahnt Sunny erst, als Antonionis Männer in Boston ihr Unwesen treiben, vermutlich um ebenfalls an die Waffen der Burkes zu gelangen.

Auf ihrer Suche in der Vergangenheit stößt die Privatschnüfflerin, ohne je einen Auftrag erhalten zu haben (aber mehrfach dessen Gegenteil) auf eine faszinierende Frau namens Maria. Dennis Burke liebte sie, bekennt er, doch sie musste fortgehen, weil sie gegen den italienischen Ehrenkodex verstoßen hatte. Sie ging nach Arizona, heiratete und bekam ein Kind. Doch wer war der Vater dieses Kindes – und wo ist es heute?

Unterm Strich

Ein klassischer Fall von „blast from the past“. Das Ergebnis eines unerlaubten Seitensprungs bringt die Burke-Familie einen nach dem anderen um. Doch nicht Dennis, wie Sunny auffällt: Er muss leiden, indem er mitansieht, wie seine Brüder und Untergebenen ausgeschaltet werden – und um ein Haar auch sein Sohn Richie. Jemand hat noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen, und die Leute Antonionis helfen ihm dabei.

Die Kombination aus Blutschuld und Geldgier – die Waffen sind wohl 2 Millionen wert – ist eine explosive Mischung. In einem exklusiven Haus am See kommt es zu einem Showdown, bei dem Sunny und Richie zwischen allen Fronten stehen. Bis einer der Killer ein unerwartetes Ziel ausschaltet und in der nächsten Sekunde selbst umgelegt wird. So lob ich mir meiner Showdowns: actionreich, beklemmend und voller Überraschungen.

Familien-Unterhaltung

Fans der Parker-Roman-Familie um Spenser, Jesse Stone und Sunny Randall haben, wie ich, das Vergnügen, viele Anspielungen und Wiedersehen anzutreffen. Susan Silverman, Sunnys Therapeutin, ist die Geliebte von Privatdetektiv Spenser, den sie als den „Mann ihrer Träume“ bezeichnet. Sunny ihrerseits war einige Zeit die Frau im Leben von Polizeichef Jesse Stone, bevor sie zurück zu Richie Burke ging. Denn Jesse Stone, der Alkoholiker, ist alles andere als eine Frohnatur. Wer Sunny kennt, weiß, dass ihr liebster „bester Freund“ ein homosexueller Restaurantbesitzer namens Spike ist.

Geschliffene Dialoge

Neben Action und Wiedersehen mit Stammpersonal sorgen geschliffene Dialoge für Vergnügen Nummer drei. Sunny riskiert stets eine kesse Lippe, nicht nur gegenüber Richie und Spike, sondern auch gegenüber Gangstern wie Tony Marcus oder Albert Antonioni – und Desmond Burke samt Anhang. Der O-Titel „Blood Feud“ (Seite 166) geht auf Shakespeares Dramen wie „Romeo und Julia“ zurück, lässt aber auch leicht auf die Fehde zwischen irischen und italienischen Familien anwenden. Dies ist wahrscheinlich das zentrale Thema dieses achten Sunny-Randall-Krimis.

Taschenbuch: 338 Seiten
ISBN 9780525535379

https://www.penguinrandomhouse.com

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