Die drei ??? – Skateboardfieber (Band 152)

„Manchmal kommen sie wieder“ lautet ein inzwischen recht gängiges Zitat, basierend auf Stephen Kings gleichnamiger Kurzgeschichte. Nun ist Ben Nevis sicher nicht mit diesem vergleichbar und ein Drei-???-Roman keine Horror-Lektüre – und wenn doch, dann lediglich unfreiwillig und alles andere als übersinnlich. Dennoch würde dieser Titel zumindest als Tagline auch hier passen. Eine der Figuren hatte nämlich bereits 1981 ihren ersten Auftritt und darf in diesen unseren, modernen Tagen wieder ran. Genauer gesagt im Februar 2010, anlässlich zum 152. Fall der berühmten Junior-Detektei aus Rocky Beach/Kalifornien, deren Abenteuer seit Jahr und Tag im |Kosmos|-Verlag erscheinen. Und Bert Young ist nicht einmal der einzige Wiedergänger in dieser Geschichte – auch ein gewisser Stadtstreicher ist mit von der Partie.

Zur Story

Es ist nicht Peters Tag. Zuerst wird ihm im Hafen-Café seine sündhaft teure Digitalkamera geklaut, mit der er grade für ein Biologiereferat sehr seltene Möwen an der Küste fotografiert hat. Dann gerät er am Telefon heftig mit Kelly aneinander und nun, als er sich an seinem einsamen Lieblingsstrand den Frust von der Seele joggen will, wird auf ihn geschossen. Nur mit Mühe kann er die beiden, offenbar russisch sprechenden, Kerle täuschen und in seinem MG entkommen. Doch die Verfolger lassen nicht locker und hetzten ihn quer durch die Stadt. Als einziger Ausweg fällt ihm nur noch die Polizeidirektion von Rocky Beach ein, dort wird ihm Inspector Cotta sicherlich Schutz gewähren. Doch dort scheint man ihn auf dem Parkplatz schon zu erwarten. Zwei Verdächtige erwecken jedenfalls den Eindruck als wurden sie mit seinen Verfolgern gemeinsame Sache machen und als Peter geistesgegenwärtig durchbeschleunigt, springen die tatsächlich auch in ihr Auto und er hat sie zusätzlich noch an den Hacken kleben.

Seine letzte Chance ist die geheime Zentrale auf dem Schrottplatz von Titus Jonas, doch auf keinen Fall kann er auf direktem Weg dorthin. Mit einer Finte hängt er die Meute ab und gelangt über das Nachbargrundstück zu Justus und Bob in die Zentrale. Unbemerkt. Die sind, nachdem sie seine Story gehört haben, erst einmal geschockt und können sich auf die Vorfälle keinen Reim machen. Justus hat kurz darauf eine seltsame und rüde Begegnung mit der Polizei – bei der er dank Inspector Cotta glimpflich davonkommt. Der lässt immerhin durchblicken, dass ein Junge gesucht wird, auf dessen Beschreibung Peter zu nahezu 100% passt und dass er im Moment in seinem eigenen Revier nicht viel zu melden hat, da man ihm für die Dauer der Fahndung eine FBI-Tante vor die Nase setzte. Peter weiß nicht, was der ganze Tullus soll, er ist sich keiner Schuld bewusst. Es muss eine Verwechslung vorliegen. Und solange das nicht geklärt ist, wähnt er sich in der Zentrale in Sicherheit – bis der Geheimdienst ihn ausgerechnet dort aufspürt und zum Verhör schleift.

Eindrücke

Geheimdienst, Bert Young – da war doch mal was?! Richtig. Der Fall „Silberne Spinne“ war vor langer Zeit der allererste seiner Art, bei welchem die drei Detektive es mit den Schlapphüten zu tun bekamen und dafür sogar Amerika verließen, um in „Varanien“ einem nicht genau spezifizierten europäischen Land (den verwendeten Namen nach einem skandinavischem) zu ermitteln – allerdings nur in der Originalfassung, denn hierzulande hat damals Übersetzerin Leonore Puschert die Geschichte ein wenig abgeändert und Justus, Peter und Bob in „Magnusstad“ einer schwedischen Firmen-Enklave in Texas wuseln lassen. Ben Nevis‘ Quasi-Sequel zum berühmten Fall aus den Anfangstagen der Serie bezieht sich aber auf das Original „Silver Spider“ (Band 26), was durch die Wahl des englischen Originaltitels deutlichgemacht wird und zur Klarstellung auch noch einmal im Schlusswort Erwähnung findet. Die (Wieder-)Verwendung von Figuren und Handlungen alter Drei-???-Fälle hat im Moment scheinbar schon länger Konjunktur und kaum ein/e Autor/in, der/die in aktuellen Storys noch nicht auf diese Karte gesetzt hätte.

Dabei ist der Spagat zwischen Moderne und Klassik nicht immer leicht zu bewältigen, denn die Zeiten haben sich seit damals drastisch verändert. Die Naivität der Sechzigerjahre ist lange passé und auch gesellschaftlich hat sich seither eine Menge getan – in der Realität, der Serie und bei der Leserschaft natürlich ebenfalls. Ben Nevis ist ohnehin jemand, der gerne mit modernen technischen Spielereien in seinen Fällen aufwartet, daher sind Internet, Digitalkamera und dergleichen mehr inzwischen eine Selbstverständlichkeit bei den drei ??? geworden. Hier spielt insbesondere besagte Kamera neben einem geheimnisvollen Speicher-Stick eine tragende Rolle. Das Thema „Skateboard“ hat indes nur am Rande mit der Geschichte zu tun, von einem „Fieber“ kann schon mal gar keine Rede sein. Vermutlich ist die Titelwahl auf die angepeilte Zielgruppe (hier wohl mal wieder männliche Jugendliche) ausgerichtet. Nötig hätte der spannende Plot dieses Tuning eigentlich nicht gehabt.

Positiv hervorzuheben ist aber nicht nur die Wiederaufnahme eines Klassikers, sondern auch der diesmal ausgedehntere und wichtige Auftritt von „Rubbish George“, dem ein kultiger Status inzwischen ja auch schon zusteht. Klar. Es wird wie üblich ein wenig zu sehr auf den Putz gehauen und so manches Element der Handlung erscheint doch etwas überzogen und/oder unrealistisch. So ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich die beiden (Vorsicht: Metertiefe Klischee-Falle!) Guter-Bulle-Böser-Bulle-Geheimdienstfuzzis dazu herablassen würden, einem des Landesverrats verdächtigen Teenager auch noch en detail die wahren Beweggründe ihres Auftrags auf die Nase zu binden. Noch dazu mit verwertbaren Beweisen, die dieser sich dann unter den Nagel zu reißen vermag. Aber: Das gute Stück hat Tempo, Drive und Witz, insbesondere der Alt-Skater Sunny ist ein erfrischender Patron und Quell manches Jargon-Begriffs aus der Welt der rollenden Bretter und Halfpipes. Der Showdown wirkt indes ein bisschen zu sehr gekünstelt, geht aber noch als gelungen und halbwegs plausibel durch.

Fazit

Ben Nevis wetzt die, vermutlich nicht mal ihm selbst anzukreidende, Scharte des nicht ganz zum Inhalt kompatiblen Titels, durch eine flott erzählte, spannende Agenten-Story mit Vergangenheitsbezug aus. Der Plot ist nun nicht unbedingt als realistisch zu bezeichnen, und an vielen Stellen sogar kräftig übertrieben bzw. auf besonders dramatisch getrimmt, aber er weiß – vielleicht auch gerade dadurch – insgesamt gut zu unterhalten. Das befördert ihn zumindest in die Oberliga der Serie. Dementsprechend zeigt der ansonsten auch schon mal böse Rezensenten-Daumen hier diesmal deutlich nach oben.

Hardcover, 128 Seiten
Erzählt von Ben Nevis basierend auf den Figuren von Robert Arthur
Redaktion: Martina Zierold, Martina Dold
1. Auflage, Februar 2010
ISBN 978-3440118429
www.kosmos.de