Octavia Butler – Dämmerung (Xenogenesis 1)

Im Alien-Genprogramm: Hoffnung für die Menschheit

Nach einem verheerenden Atomkrieg ist die Erde unbewohnbar geworden – doch dank der außerirdischen Oankali konnten einige Menschen gerettet werden. Jahrhunderte später wird Lilith von den Aliens aus dem Kälteschlaf geholt. Die junge Frau ist von der Fremdartigkeit der Oankali, die Unmengen von Tentakel am ganzen Körper haben, zunächst abgestoßen. Ihre Retter haben jedoch die Erde wieder bewohnbar gemacht und wollen jetzt mit Liliths Hilfe die Menschen wieder dort ansiedeln. Aber das hat seinen Preis: Die rätselhaften Ooloi, das dritte Oankali-Geschlecht neben Mann und Frau, wollen Liliths Genmaterial, um einen Mensch-Oankali-Hybrid zu züchten. Die junge Frau muss sich entscheiden: Will sie ein Mensch bleiben – oder überleben? (Verlagsinfo)

Die Autorin

Octavia E. Butler hatte sich in den USA mit dem Patternist-/Seelenmeister-Zyklus schon Meriten erworben sowie einige Preise für ihre Storys bekommen, bevor ihr mit der Xenogenesis-Trilogie der internationale Durchbruch gelang. Zuletzt errang sie Auszeichnungen für ihre Romane „Parable of the Sower“ und „Parable of the Talents“. Die hochdekorierte Schriftstellerin starb 2005 überraschend bei einem Sturz. Ihr Tod ist ein großer Verlust für das Genre.

Die Autorin war bekannt für ihre unorthodoxe Sicht auf bekannte SF-Themen, etwa bei der Darstellung der Gentechnik in ihrer „Xenogenesis“-Trilogie. Auch die „Parabel vom Sämann“ konfrontiert uns mit der ungewöhnlichen Sichtweise eines fünfzehnjährigen Mädchens im Kalifornien des Jahres 2024.

Handlung

Die Oankali sind Genhändler. Seit Millionen von Jahren reisen sie mit ihren riesigen gezüchteten Raumschiffen durch die Galaxis, um interessante Lebensformen aufzuspüren. Sie bieten anderen Rassen Erbmaterial an, um sie zum Beispiel von Krankheiten zu heilen, sie zu vervollkommnen und vielgestaltiger zu machen. Als Gegenleistung fordern sie Genmaterial, um es selbst zu nutzen oder es zu ihren Züchtungen zu verwenden.

Sie finden die Reste der Menschheit auf der vergifteten und verseuchten Erde – weit in unserer Zukunft. Die Oankali erkennen, daß hier eine Fehlentwicklung des Lebens stattgefunden hat, die in einem Wesen gipfelt, das in seinen Genen ebenso verseucht ist wie die Welt, die es zugrunde gerichtet hat. Seine Machtgier, seine Neigung zu Hierarchie und Unterdrückung, sein Haß auf alles Fremde (territoriale Aggression) und jede Veränderung macht den Menschen zu einem Gefahrenherd für die Entwicklung des Lebens im Kosmos, der beseitigt werden muß. Das Urteil ist unerbittlich: Die positiven menschlichen Erbanlagen werden in den galaktischen Genpool aufgenommen, doch als eigene Rasse darf sich der Mensch nicht länger fortpflanzen.

Lilith

Dies ist die Geschichte von Lilith, einer Menschenfrau, die von den Oankali auf einem Raumschiff im Tiefkühlschlaf gefunden und an Bord ihres Schiffes gebracht wurde. In Abschnitten mit dem Titel „Schoß“, „Familie“, „Kinderstube“ und „Ausbildungsraum“ durchlebt sie in engem Dialog mit Vertretern der Oankali eine radikale Umerziehung, einen Neuanfang im Sinne der Oankali. Diese sehen zunächst erschreckend wie Medusenhäupter aus, mit abstehenden Haaren bzw. Kopferweiterungen. Ihre Verwandtschaftsverhältnisse sind kompliziert, denn es gibt drei Geschlechter; man pflanzt sich außerhalb des Körpers fort. Wie sich herausstellt, können die Oankali mit ihrer Technik menschliche Frauen schwängern und sich so fortpflanzen. Lilith nimmt am Züchtungsprogramm der Oankali teil.

Mein Eindruck

Die Oankali werden sehr überzeugend als absolut fremdartige Spezies dargestellt. Dennoch muss die Protagonistin Lilith die abstoßenden Fremden ernstnehmen und sich mit ihnen arrangieren, sonst kostet es ihr Leben. Die pessimistische Autorin sieht nur einen Ausweg für das Überleben der Menschheit – die Gentechnologie.

Die Autorin ist Afroamerikanerin, ihre Vorfahren verschleppten die weißen Sklavenhändler in die Neue Welt – das war bereits die Begegnung mit einer fremden Spezies. In der Sklaverei zwang man sie zur Fortpflanzung und in die Unterdrückung, Opfer der Aggression des weißen Mannes. Die Genhändler-Trilogie – sie wird in einem Band 1999 bei Heyne neu aufgelegt – ist insofern eine alternative, eventuell utopische Weiterführung des Schicksals von Butlers afrikanischen Vorfahren.

Die Handlung ist sehr lebendig und anrührend erzählt, so dass der Schock der Begegnung mit den Aliens den Leser ebenso direkt trifft wie der Verlauf von Liliths Leben.- Die biblische Lilith war übrigens die erste Frau Adams, Eva erst die zweite.

Taschenbuch: 331 Seiten
Originaltitel: Dawn, Xenogenesis: 1, 1987
Aus dem Englischen von Barbara Heidkamp
ISBN-13: 9783453044784

www.heyne.de