Robert Ludlum & Eric Van Lustbader: Der Bourne Verrat (Jason Bourne 10)

Spannende BOURNE-Action bis zum explosiven Finale

Vor der schwedischen Küste zieht Jason Bourne einen Bewusstlosen aus dem Meer. Als der Mann zu sich kommt, fehlt ihm jede Erinnerung an sein bisheriges Leben – eine unheimliche Parallele zu Bournes eigenem Schicksal. Die Lösung scheint in einem geheimen Mossad-Lager im Libanon zu liegen, in das sich Bourne Wochen zuvor geflüchtet hatte. Was geht dort vor sich? In letzter Minute erkennt Bourne einen zerstörerischen Plan, der nicht nur sein Leben, sondern die Sicherheit der Welt bedrohen könnte.

Als der mysteriöse Unbekannte, dem Jason Bourne kurz zuvor das Leben gerettet hat, das Bewusstsein wiedererlangt, greift er Bourne an und flüchtet. Was verbirgt der Mann? Dass Rebekka, eine mit Bourne befreundete Mossad-Agentin, offenkundig hinter dem Mann her ist, macht das Rätsel nur noch größer. In einem verborgenen Mossad-Lager im Libanon finden sie eine erste Spur. Diese führt sie nach Mexiko, wo Bourne und Rebekka den Flüchtigen schließlich im Haus eines mexikanischen Software-Magnaten aufspüren. Sie machen eine schreckliche Entdeckung … (Verlagsinfo)

Die Bourne-Serie

1) Die Bourne-Identität (The Bourne Identity, von Ludlum, 1980)
2) Das Bourne-Imperium (The Bourne Supremacy, von Ludlum, 1986)
3) Das Bourne-Ultimatum (The Bourne Ultimatum, von Ludlum, 1990)
4) Das Bourne-Vermächtnis / The Bourne Legacy (von Eric Lustbader, 2004)
5) Der Bourne-Betrug / The Bourne Betrayal (von Eric Lustbader, 2007)
6) The Bourne Sanction / Das Bourne Attentat (von Eric Lustbader, 2008)
7) The Bourne Deception / Die Bourne-Intrige (von Eric Lustbader, 2009)
8) The Bourne Objective / Das Bourne-Duell (von Eric Lustbader, 2010)
9) The Bourne Dominion / Der Bourne-Befehl (von Eric Lustbader, 2011)
10) The Bourne Imperative / Der Bourne-Verrat (von Eric Lustbader, 2012, dt. 2014)
11) The Bourne Ascendancy (5/2014)

Handlung

In der winterlichen Landschaft von Schweden hetzt ein bewaffneter Mann durch den kahlen Wald. Er sieht sich von einer ebenfalls bewaffneten Frau verfolgt. Sie war seine Geliebte und schlich sich in sein Herz, bis sie sagte: „Ich weiß, was du bist.“ Er hat es noch nicht verstanden, aber sie ist die Agentin Rebekah, die für den israelischen Geheimdienst Mossad arbeitet. Nun will sie alles wissen, was in seinem Kopf ist: „Was bedeutet Jihad bis Saif?“ Als sie endlich den erschöpften Mann stellt, wirft er ein Messer und trifft sie in die Schulter. Ein kurzer Kampf und er setzt seine Flucht fort. Er will gerade unter das dünne Eis eines Flusses tauchen, als ihn ihre Kugel am Kopf erwischt …

Jason Bourne angelt gerade friedlich am selben Fluss. Neben ihm sitzt Christien Noréen, ein schwedischer Agent. Da bemerkt Jason den im Wasser treibenden Körper und zieht ihn ins Boot. Im Krankenhaus kann sich der Angeschossene an nichts erinnern, versteht aber alle fünf Sprachen, die Christien benutzt, um ihn zu befragen. Der Unbekannte erinnert Jason fatal an sich selbst und er weiß, was zu tun ist. „Wir müssen herausfinden, was er glaubt, nicht zu wissen, aber doch weiß.“ Beispielsweise seinen Namen und seine Herkunft.

Tel Aviv

Rebekka hat sich nicht zurückgemeldet und damit ihre Dienstherren verraten. Darüber hinaus nimmt es ihr der Mossad-Oberst Ben David persönlich übel, dass sie Jason Bourne, der die Schwerverletzte aus dem gewalttätigen Damaskus ausflog (siehe „The Bourne Dominion“), in ein israelisches Geheimlager gelotst wurde, das es laut offiziellen Angaben gar nicht geben darf, so nahe liegt es im Libanon an der syrischen Grenze. Was ist so supergeheim an Dahr el Amahr?

Jetzt hat der Chef die Nase voll und zieht die Reißleine: Sowohl Rebekka als auch Jason Bourne sollen sterben. Sein Vize schickt auch schon eine Ein-Mann-Killertruppe nach Schweden, wo sich Rebekahs Spur verliert. Rebekka wird von einem Kollegen in Schweden gewarnt. Doch wie soll sie „den Babylonier“ erkennen, der sie liquidieren soll?

Washington, D.C.

Die beiden Central-Intelligence-Agenten Soraya Moore und Peter Marks sind dem brutalen Fiasko in Paris lebend entkommen, doch dort hat Soraya ihren Geliebten Amun, einen Agenten des ägyptischen Geheimdienstes, verloren. Nun macht sie sich bittere Selbstvorwürfe und zweifelt an ihrer Tätigkeit, an ihrem Leben. Ist vielleicht das Blutgerinnsel an diesen Gedanken schuld, das sich in ihrem Gehirn gebildet hat?

Und nun schickt Verteidigungsminister Hendricks sie und Peter auch noch auf eine Geisterjagd. Dieser „Nicodemo“ soll ein Topterrorist sein, der es auf die Seltene-Erden-Mine Indigo Ridge in Kalifornien abgesehen hat. Aber es gibt kaum Hinweise auf ihn, geschweige denn Fakten. Die beiden Agenten, die im von Hendricks reaktivierten Geheimprojekt „Treadstone“ arbeiten, trauen dem Auftrag nicht, weil sie eine politische Mauschelei wittern, und übergeben die Sache ihrem neuen Mitarbeiter Dick Richards, dem sie genauso wenig trauen. Zu Recht, denn Richards berichtet direkt an das Weiße Haus. Sie ahnen nicht, dass der Internet-Virtuose noch einem dritten Dienstherrn zuarbeitet. Aber wer ist „Nicodemo“ wirklich?

Da ruft Jason Bourne aus Stockholm bei Soraya an. Nicodemo arbeite für Tom Brick, den Vorstandsvorsitzenden des geheimnisumwitterten Konzern Core Energy. Nachdem Soraya diese Information an Peter weitergegeben hat und nun Dick Richards damit konfrontiert, wird klar, dass Richards bestens über Core Energy und Brick informiert ist. Welches Spiel spielt dieser Computerfreak? Um dies herauszufinden, heftet sich Peter an die Fersen von Richards – und landet direkt in einer Falle …

Schweden

Um dem Gedächtnis des unbekannten Mannes, den Jason „Alef“ (Aleph der erste Buchstabe im hebräischen Alphabet) nennt, auf die Sprünge zu helfen, nimmt er ihn auf eine Reise in die Vergangenheit mit: nach Sadelöga, wo der Mann in den Fluss stürzte. Alef hat ohne Zögern jede Waffe erkannt, die Jason ihm vorlegte, und jedes Foto von Scharfschützengewehren. Er kann sogar fließend Russisch. Aber ist er wirklich gefährlich, und worin bestand sein Auftrag? Dies muss Jason unbedingt herausfinden.

Als er und Alef am Fluss bei Sadelöga eintreffen und Alef gerade die Erinnerung an diese Stelle wiedererlangt, fallen Schüsse. Beide schauen überrascht auf. Das ist der Klang eines Gewehrs. Die Schüsse schlagen keineswegs in ihre Körper ein, sondern ins Eis. Vor ihnen, hinter ihnen. Das Eis bricht, und sie stürzen in die kalten Wasser, die sich unter ihnen wie das Maul eines Eisriesen öffnen, um sie zu verschlingen …

Mein Eindruck

Wieder mal kommt Jason Bourne, der Agent ohne Vergangenheit und Identität, einer globalen Verschwörung auf die Spur. Da Agenten gewöhnlich überall agieren, müssen Jason und Rebekka den Identitäten dieser Agenten nachgehen, die sich in der Regel als gefälscht herausstellen: Sie sind nur Legenden – genau wie die Identität „Jason Bourne“ selbst. Aber die Spuren führen meist zu irgendwelchen Konzernherren. Diese im Einzelnen aufzudröseln, würde den Leser nur verwirren – und die Spannung zerstören.

MacGuffin

Das zentrale Thema ist SILEX, eine lasergestützte Methode zur Anreicherung von kernwaffenfähigem Uran-235. Wenn diese Methode, die real existiert und bislang in amerikanischer Hand ist (bei General Electric), in die Hände einer energiehungrigen Nation wie China oder in die Hände eines „Schurkenstaats“ wie Iran fiele, könnte der Weltfrieden in Gefahr sein.

Deshalb setzt Jason Bourne sein Leben ein, um die Übergabe der alternativen SILEX-Methode, die die Israelis in Dahr el Amahr entwickelt und getestet haben, an die Falschen zu verhindern. Hier findet auf rund 50 Seiten ein packender Showdown statt, der zum Ende von zwei der Oberschurken führt. Well done, Jason.

Mexico City

Einer der Hauptschauplätze ist Mexico City. Sie auf den Ruinen der Aztekenstadt Tenochtitlán errichtete 12-Millionen-Megalogpolis weist eine ganze besondere Mischung aus Vergangenheit, Spiritualität und skrupellosem Überlebenswillen auf. Zahlreiche Dialoge verweisen auf die Azteken und ihre blutigen Rituale. Der katholische Mystizismus, der in den Kathedralen praktiziert wird, sowie der typisch mexikanische Totenkult tragen für den protestantischen US-Leser noch weitere gruselige Komponenten bei. Da kann es nicht ausbleiben, dass hier allerlei Perversitäten anzutreffen sind, darunter auch Inzest.

Paris

So ziemlich das genaue Gegenteil ist dagegen Paris. Hier lebt Don Fernando Hererra, den wir schon in zwei Bänden kennengelernt haben, auf einer der wenigen Seine-Inseln in Sichtweite von Notre-Dame. Ein wahrlich nobles Domizil, doch hier trägt sich Schreckliches zu. Don Fernando hat es geschafft, die Attentäterin Martha Christiana, die aus Mexico City ausgesandt worden ist, um ihn zu liquidieren, „umzudrehen“. Das war eine psychologische Meisterleistung, die auch den Leser verblüffen wird. Nun jedoch beschleichen Don Fernandos neue Geliebte Zweifel an ihrer schwankenden Loyalit – und sie trifft eine verhängnisvolle Entscheidung.

Washington

In Washington, DC, herrscht bekanntlich die Klüngelwirtschaft, und so verwundert es nicht, dass der Verteidigungsminister Hendricks nicht nur mit Treadstone-Agenten Umgang pflegt, sondern auch veritable Senatorinnen unter Druck setzen kann, um chinesische Spione schachmatt zu setzen. Mit Senatorin Ann Ring tritt eine schöne, durchtriebene Politikerin auf den Plan, die wir hoffentlich auch in künftigen Bourne-Romanen antreffen werden.

Kontraste

All die genannten Städte – München kommt zum Glück nicht mehr vor – bilden unglaubliche Kontraste zueinander. So durchläuft der Leser in seiner geistigen Reise von Schauplatz zu Schauplatz eine wahre Achterbahnfahrt zwischen unheimlichsten Orten wie der unterirdischen Welt von Mexico City, den erhabenen Wolkenkratzern von Peking, der Wüste des Libanon, den Wäldern Schwedens und schließlich den noblen Country Clubs von Virginia, wo selbstredend nur betuchte Weiße der Oberklasse Zutritt haben.

Fast immer ist es der Gegensatz zwischen Wüste und Wasser, der für Spannung und Farbe sorgt. Nicht nur einmal, sondern dreimal droht Jason Bourne zu ertrinken oder zu verbrennen, vom üblichen Durchlöchertwerden ganz zu schweigen. Man kann nicht behaupten, dass es ihm an Abwechslung fehlt. Der einzige Verlust, der ihm aber diesmal wirklich nahegeht, ist die abtrünnige Mossad-Agentin Rebekka. Ihr wird der Hexenkessel von Mexico City zum Verhängnis.

Die Übersetzung

Die Übersetzung korrigiert erfreulicherweise Fehler, die der Autor im Original gemacht hat. In letzterem wirft der Autor eine IP-Adresse mit einer ISP-Adresse ebenso durcheinander wie IP- bzw. ISP-Spuren. Wer nicht mit solchen Fachkenntnissen gesegnet ist, wird den Unterschied nie bemerken, doch der Fachmann ärgert sich über solche Nachlässigkeit. In der Übersetzung ist hingegen nie von ISPs, also Internet-Dienstleistern, die Rede. So kann keine Verwirrung aufkommen.

Unterm Strich

Dies ist mittlerweile der zehnte BOURNE-Roman, so dass man mit Fug und Recht von einer Serie sprechen kann. Da das Gesetz der Serie herrscht, sollte der Leser ein paar Dinge beachten. Er kann nicht einfach mit diesem Roman einsteigen, denn dann verstünde er nur Bahnhof. Es gibt weder ein Glossar, ein Personenverzeichnis, noch Fußnoten. Quer- und Zurückverweise sind die einzige Hilfe, die er bekommt, und auch die nur so knapp, das sich das Lesen der Vorgängerbände sehr empfiehlt.

Alle Bourne-Thriller sind auf Action, Geheimniskrämerei und Emotionalität getrimmt. Nach dem Ansehen von „Skyfall“, dem neuesten James Bond, unterscheiden sich die beiden Agenten nur noch darin, dass Bond immer tiefer in eine „real“ vorhandene Vergangenheit vordringt und menschlicher wird. Bond hat zudem einen Dienstherrn, dem er loyal zu dienen versucht – auf seine spezielle Weise. (In „Skyfall“ wechselt dieser Dienstherr zwar die Identität, nicht aber den Buchstaben: M bleibt für ewig M.)

Im Gegensatz dazu verliert sich Jason Bourne, der früher mal David Webb hieß und ein Linguistikdozent war (siehe den ersten Bourne-Roman von Lustbader „The Bourne Legacy“), zunehmend in seiner neuen, künstlichen Identität und wird zu einem global und völlig selbständig handelnden Agenten. Auf diese Weise macht man sich natürlich keine Freunde – allenthalben werden Todesurteile gegen Bourne ausgestellt, sogar in Washington. Nun, das sorgt für mächtig Spannung und Action, und das kann dem Leser ja nur recht sein.

Melancholie

Nach dem wie immer actionreichen Finale, das er wie immer nur um Haaresbreite überlebt, sitzt Jason Bourne im gleichen Angelboot wie der namenlose Direktor des Mossad. Schon wieder Wasser ringsum, kommt ihm in den Sinn, genau wie damals das Mittelmeer, in dem er seine Erinnerung an sich selbst verlor. Nun gleicht es seinem Leben: Hierin treibt er halt- und identitätslos, verwurzelt in der Leere zwischen den Einsätzen, ein Staubkorn im Wind. Genau wie sein Alter Ego, der zunächst gedächtnislose Nicodemo, nur dass der das „Glück“ hatte, seine Erinnerung wiederzuerlangen.

Diese melancholische Szene bedeutet aber nicht das Ende von Lustbaders Mitwirkung an der Jason-Bourne-Serie. Inzwischen ist „RETRIBUTION“ erschienen und im Mai 2014 soll „ASCENDANCY“ folgen.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
Originaltitel: The Bourne Imperative (2012)
ISBN-13: 978-3453266933

www.heyne.de