Schlagwort-Archive: Igel Records

Nicholls, Sally / Koinegg, Karlheinz / Backhausen, Angeli von – Wie man unsterblich wird – Jede Minute zählt (Hörspiel)

_“Woher weiß man, dass man gestorben ist?“_

„Wenn du das hier liest, bin ich vermutlich tot.“ Der elf Jahre alte Sam ist an Leukämie erkrankt und weiß, wie es um ihn steht. Aber statt zu verzweifeln, nutzt er seine Zeit. Er stellt Fragen, die er früher nicht gestellt hätte, so etwa: Wird die Welt noch sein, wenn es ihn nicht mehr gibt? Die Antworten schreibt er in ein Buch. Darin hält er auch seine Wünsche fest: ein berühmter Forscher werden, einen Weltrekord aufstellen, eine Freundin haben … Ob und wie Sam sich seine Träume zusammen mit Felix, seinem Freund und Leidensgenossen, erfüllt, davon erzählt dieses bewegende, aber auch komische und ermutigende Hörspiel. (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab elf Jahren. Das Buch wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, nun wurde auch das Hörspiel des WDR für höchste Ehren nominiert und als bestes Kinderhörbuch beim Deutschen Hörbuchpreis 2010 ausgezeichnet. Das Buch ist für den Deutschen Jugendbuchpreis 2009 nominiert.

_Die Autorin_

Sally Nicholls, geboren 1983 in Stockton, studierte Philosophie und Literatur. Sie verfasste ihren Debütroman „Wie man unsterblich wird“ mit nur 23 Jahren. Er erschien 2008 in England und wurde bereits mit mehreren großen Literaturpreisen ausgezeichnet und in 18 Sprachen übersetzt. Sally Nicholls lebt in London und schreibt an ihrem zweiten Buch. (Verlagsinfo, ohne Gewähr)

_Die Sprecher_

Die Rollen und ihre Sprecher:

Sam: Kai Hogenacker
Felix: Patrick Möllecken
Annie: Hella von Sinnen
Mum: Gabriela Maria Schmeide
Dad: Heinrich Schmieder
Kayleigh: Felicitas Stein
Ella: Mariann Schneider
Mrs. Willis: Anja Niederfahrenhorst
Granny: Sigrid Bode
Dr. Bill: Roland Jankowsky
Zudem Karl-Heinz Tafel, Kerstin Thielemann und Hans-Rolf Fuchs.

Die Hörspielbearbeitung erfolgte durch Karlheinz Koinegg. Regie führte Angeli von Backhausen, der WDR produzierte das Hörspiel. Die Musik trugen Andreas und Matthias Hornschuh bei. Die technische Realisation oblag Achim Fell und Martin Kopiniok. Das Buch erschien im Carl Hanser Verlag 2008.

_Handlung_

Der elfjährige Sam McQueen lebt im englischen Middlesborough (das auch gut erfunden sein könnte). In einem Buch sammelt er Geschichten und interessante Tatsachen, darunter auch über sich. So zum Beispiel: Sam hat Leukämie, also Krebs. Er weiß, dass er bald sterben wird. Aber er hat in sein Buch noch einige wichtige Wünsche geschrieben, so will er etwa ein berühmter Forscher werden, einen Weltrekord aufstellen, eine Freundin haben und die ganze Welt von oben sehen. Aber auch ganz normale Dinge wie etwa Rolltreppen fahren oder alle Horrorfilme der Welt gucken.

Leider geben die Erwachsenen wie etwa Mum und Dad immer nur verschwommene Antworten über die großen Fragen, die Sam bewegen. Dad beispielsweise weigert sich rundweg, sich überhaupt mit Sams Krankheit auseinanderzusetzen, und Mum ist viel zu lieb, um ihrem Sohn harte Wahrheiten ins Gesicht zu schleudern. Deshalb muss sich Sam mit den großen Fragen zusammen mit seinem besten Freund, dem 13-jährigen Felix, beschäftigen, und der ist ja auch ein Leukämieopfer. Felix sitzt im Rollstuhl. Wenn sie nicht in der Tagesklinik einen Chemotherapie erhalten, erteilt ihnen daheim Mrs. Willis Schulunterricht.

|Die Großen Fragen|

Auch sie hilft bei den Fragen. Nummer eins lautet: „Woher weiß man, dass man gestorben ist?“ Das Internet erwähnt Nahtoderfahrung, das Erblicken von Engeln. Lachhaft, findet Felix. Also schreiben sie die Argumente pro und kontra auf.

Frage Nummer zwei: „Warum lässt Gott Kinder krank werden?“ Weil er nicht existiert, wie Felix behauptet? Oder weil es ihm Spaß macht, weil er böse ist? Oder weil, wie Sam meint, Gott wie ein großer Arzt ist, der Lektionen bereithält, zum Beispiel wie toll Radfahren ist. Oder weil es ihm eh egal ist. Oder weil es die Strafe für ein schlechtes Karma ist.

Frage Nummer drei lautet: „Wie kann man ewig leben?“ Soll man sich einfrieren lassen, ein Vampir werden, sein Gehirn auf CD-ROM speichern und auf die Festplatte kopieren lassen? Hm, eine knifflige Frage.

|Die Großen Wünsche|

Einfacher sollte es sein, Sams große Wünsche zu erfüllen. Wie kann er einen Weltrekord aufstellen? Sam und Felix lesen das |Guinness|-Buch der Rekorde und kommen auf die Idee, die kleinste Disco der Welt zu fabrizieren: mit einem CD-Player im Kleiderschrank. Die Sache mit den Horrorfilmen ist einfacher zu erfüllen: Sie schleichen sich einfach ins Zimmer von Felix’ Bruder und ziehen die Videos rein. Sam findet sie gähnend langweilig, sogar „Der Exorzist“. Er kann sich ziemlich gut in die Lage des Mädchens versetzen …

Was nun die Mädchen und das Rauchen und Trinken angeht, so schleppt Felix seinen Freund einfach in den Pub seines Onkels, wo Kusine Kayleigh so nett ist, ihnen die Theke zu öffnen. Sam findet den Kirschlikör klasse, aber Kayleighs Kuss megapeinlich.

Am Dienstag muss Sam wieder zurück in die Klinik. Sein Dad verlangt vom zuständigen Arzt eine erneute Chemotherapie für seinen Sohn, doch der Doktor rät dringend davon ab. Sam sei noch zu schwach. Immerhin lebt Sam jetzt schon vier Monate ohne Chemo und hat keine Glatze wie Felix.

|Abschied Nr. 1|

Am nächsten Tag erfährt Sam, dass Felix wegen einer Infektion ins Krankenhaus musste. Seine Mum bringt ihn hin, um Felix zu besuchen. Sobald die Erwachsenen gegangen sind, passiert etwas Geheimnisvolles: Er schickt Felix den Gedankenbefehl aufzuwachen, und Felix erwacht. Felix und Sam sagen nichts, sondern grinsen sich nur an, während sie sich an der Hand fassen. Felix entspannt sich schließlich, und Sam wartet vergeblich, dass sein Freund wieder erwacht …

|Abschied Nr. 2|

Nach Felix‘ Beerdigung fühlt sich Sam seltsam. Er schaut aus dem Fenster und bemerkt erstaunt, dass sich das Licht verändert hat: Es hat geschneit! Er ist begeistert und bittet seine Eltern, Schlittenfahren zu dürfen. Dad lehnt kategorisch ab, doch Mum und Sams Schwester Ella deichseln es, dass sie mit Sam doch noch rausholen und auf einen Schlitten setzen. Sam hat sich selten so lebendig gefühlt. Am nächsten Morgen tut ihm alles weh. Dad kommt zu ihm, um ihm seine Medizin zu geben. Dad hat geträumt, Sam sei weggegangen …

Er liest in Sams Buch die Liste der Wünsche und beschließt, etwas zu unternehmen. Mit einer Werbefilmgesellschaft verwirklicht er Sams Traum, zusammen mit Dad ein Luftschiff zu fahren. Es ist grandios, es ist perfekt. Nach dem täglichen Besuch der Krankenschwester Annie, die Sam nur noch „Dracula“ nennt, weil sie ihm Blut abzapft, beschließt er, die Medikamente abzusetzen. Was könnte noch Besseres kommen?

|Der Junge im Baum|

Sam hat noch höchstens zwei Monate, sagt Annie. Doch ein Wunsch ist noch offen: Die Welt von ganz hoch oben sehen. Und eines Nachts, als wegen eines Stromausfalls sogar die Sterne zu sehen sind, schleicht sich Sam hinaus und klettert auf den Apfelbaum im Garten. Dort hört er die Stimme seiner Großmutter: „Wir sind aus dem Staub von Sternen gemacht. Alte Sterne sterben, um bei der Explosion ihren Staub für neue Sterne, die daraus entstehen sollen, zu verstreuen. Es ist ein Kreislauf, verstehst du, Sam?“ Der Tod ist nur die nächste Phase im Dasein, und Sam hat endlich das Gefühl, unsterblich zu sein …

_Mein Eindruck_

Es gibt ja schon etliche Dramen über leukämiekranke Kinder, sei es nun in literarischer oder filmischer Form. Stets appelliert die Geschichte an das Mitgefühl des Publikums, um ihre Wirkung zu erzielen. Doch diesmal gibt es einen advocatus diaboli, der nicht davor zurückscheut, Gott für einen Zyniker oder gar Bösewicht zu halten. So etwas würde man in einem christlichen Schauspiel eher selten finden.

Doch Felix, der „Glückliche“, ist kein Mephisto, sondern nur ein weiteres Opfer der Krebskrankheit. Statt jedoch zu resignieren, rafft er sich dazu auf, seinem besten Freund Sam dessen Wünsche zu erfüllen, komme was wolle. Das Ergebnis ist – wie die Horrorfilmshow – mal ein Ärgernis für die Erwachsenen, mal ein peinliches Erlebnis für die Beteiligten, so etwa Kayleighs Kuss für den todgeweihten Sam.

Zusammen erörtern die beiden Jungs die schwersten Fragen, die man sich überhaupt vorstellen kann (siehe oben), und nehmen auf ihre moderne Weise auch mal das unerschöpfliche Internet zu Hilfe. Aber das bringt sie einer Lösung ihres zentralen Problems auch nicht näher, sie können es höchstens besser ertragen. Die letzte und wichtigste Antwort erfährt Sam schließlich dann von seiner Vorfahrin, mit der er endlich Zwiesprache halten kann: Warum müssen Kinder überhaupt sterben?

Es ist eine Art von Trost, diese Antwort, aber letztes Endes ist die zwischenmenschliche Begegnung ein viel größerer Trost. Dies erlebt Sam, als er Felix beim letzten Einschalfen hilft, und als sein Vater zu ihm ins Bett kommt, um sich mit seinen Wünschen zu beschäftigen. Unterm Strich kommt es darauf zu wissen, dass wir nicht allein sind und nicht vergessen werden. Deshalb ist auch die Fortsetzung des Schulunterrichts für Sam so wichtig – es ist keine Augenwischerei angesichts des gewissen Todes, sondern eine Perspektive für die Zukunft. Und der Unterricht hilft Sam, seine Fragen auf kluge Weise mit Pros und Kontras zu beantworten. Erst auf diesem Fundament kann er die letzte Antwort finden.

Die Geschichte berührt an keiner Stelle peinlich, sondern wirkt glaubhaft und optimistisch. Welches Los Sam erwartet, weiß der Zuhörer ja sowieso, dazu muss man es ihm nicht extra unter die Nase reiben. Und die Dialoge zwischen den Jungs sind auch zum Lachen, vielleicht weil sie so unverblümt ehrlich sind. Wenn Sam lacht, dann nur beim Schlitten- und Luftschifffahren. Das sind starke Szenen, doch sie haben ihren Preis, wie man sich denken kann. Danach ist Sam schwächer als zuvor. Das Leben bringt ihn um.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Die Hauptfiguren in diesem Hörspiel sind nicht etwa die Erwachsenen, sondern Sam und Felix, die beiden kranken Jungs. Folglich gilt die Aufmerksamkeit des Zuhörers dem, was sie sagen und wie sie sich ausdrücken. Nun, sie sind in einer bürgerlichen Umgebung aufgewachsen und benutzen folglich keinerlei Schimpfwörter, Flüche oder äußern gar diskriminierende Statements. Sie dürften daher kaum bei jemandem Anstoß erregen. Es fällt ihnen leicht, unsere Sympathie zu erhalten.

Dabei spielt Felix den advocatus diaboli, doch er darf auch etwas zynisch sein, weil er zwei Jahre älter ist als Sam. Die Stimme des Felix-Sprechers ist etwas tiefer als die von Sam, der den Stimmbruch noch vor sich hat. Die beiden Sprecher machen ihre Sache gut, auch wenn ich finde, dass ihre Figuren mehr Ecken und Kanten hätten aufweisen dürfen.

Von den Erwachsenen hinterlässt vor allem die muntere Annie „Dracula“ mit ihrem Moped einen guten Eindruck. Das kann aber auch daran liegen, dass ich der recht bekannten Sprecherin Hella von Sinnen besondere Aufmerksamkeit widmete. Die relativ tiefe Stimme der weiblichen Figur wirkt jedenfalls unter all den hohen weiblichen Stimmen recht ausgefallen.

Die Eltern Sams bzw. deren Sprecher wirken glaubwürdig und nicht irgendwie ausgefallen. Bemerkenswert ist der Wandel in Sams Dad: von einem Vater, der das Problem von Sams Krankheit verdrängt, hin zu einem mitleidenden Dad, der sich endlich mit dem Leben und den Wünschen seines Sohnes befasst. Deshalb darf Dad auch mal weinen, ohne dass es peinlich oder unglaubhaft wirkt – er weiß, er wird seinen Sohn verlieren.

|Geräusche|

Die Geräuschkulisse ist auf ein Minimum reduziert, so dass die Dialoge nicht gestört werden. Wir hören den Motor von Annies Moped, die Sounds von Sams PC-Game und immer wieder das Schrillen eines Telefons oder das Dingdong der Türglocke. Diverse Tiere machen sich bemerkbar, so das wir das Gebell eines Hundes hören, das Zwitschern eines Vogels und am Schluss den Gesang einer Amsel. Recht witzig sind das Zischen der statischen Elektrizität, die die Jungs mit einem Vandegraaf-Generator im Schulunterricht erzeugen, und das gruselige Geräusch aus einem der Horrorfilme.

|Musik|

Die dezente Hintergrundmusik wird von Kombinationen aus akustischer Gitarre, Flöte und Geige bestimmt, die nur als Untermalung dienen. Dadurch vermittelt das Hörspiel einen Eindruck der Ruhe statt der Unausgeglichenheit, die ich erwartet hätte. Schließlich befindet sich Sams und Felix‘ Welt nicht gerade im Lot. Andererseits würde eine Cello-dominierte, elegische Trauermusik überhaupt nicht zu der optimistischen Grundstimmung passen.

Um dieses elegische Moment auszudrücken, hat die Regie eine Singstimme eingeführt, die keine Melodie singt, sondern nur eine Art von Koloratur. Das wirkt zwar nicht direkt störend, eher etwas mahnend, also wie ein Memento mori (= „Gedenke zu sterben“ – sei deiner eigenen Sterblichkeit bewusst).

_Unterm Strich_

Die Geschichte von Sam und Felix tröstet die Menschen, die unter dem gleichen Schicksal leiden wie sie. Die Zuhörer könnten sich die gleichen Fragen stellen wie die Jungs und möglicherweise lustige Antworten finden. Wichtiger sind jedoch die Wünsche, die Sam auf unterschiedlichste und ziemlich einfallsreiche Weise erfüllt werden. Hier ist die Hilfe der Mitmenschen gefragt, allen voran die der Eltern.

Dass tiefe Gefühle beteiligt sind, versteht sich in der Nähe des Todes von selbst. Zum schön finde ich die umfassende Antwort, die der Autorin für die letzte Frage eingefallen ist: „Warum gibt es den Tod, warum müssen selbst Kinder sterben?“ Dass auf die Antwort des Ewigen Kreislaufs schon die Naturvölker gekommen sind, macht nichts – es ist eine Antwort, die jede Generation für sich neu finden und bewerten muss. Die Hippies der Woodstock-Generation sangen die Wahrheit so: „We are stardust, we are golden, we are million-year-old carbon.“ (Joni Mitchell und Crosby, Stills, Nash & Young)

|Das Hörspiel|

Der WDR hatte das heikle Thema Leukämie und Sterben für junge Menschen aufzubereiten. Ich hoffe, die elf und 13 Jahre alten Teens finden sich in dem Hörspiel wieder. Aber auch älteren Menschen vermittelt die Geschichte interessante Denkanstöße. Die dezente Musik und die realistischen Geräusche stören die Dialoge meist nicht, sondern vermitteln ein Gefühl, dass die Geschichte hier und jetzt stattfindet.

Was mir noch fehlt, ist ein Eindruck der Dringlichkeit, der Anspannung – es geht alles viel zu locker zu, fand ich. Und eine bessere Aufteilung nach Zeiteinheiten hätte diese Dringlichkeit ebenfalls hervorgerufen, doch so verschwimmt das Geschehen etwas in einer amorphen Abfolge von Episoden. Zwischendurch machte ich eine längere Pause von mehreren Tagen, was nicht schadete. Denn das Hörspiel ist mit 77 Minuten Länge doch sehr umfangreich. Eine Aufspaltung in mehrere Einheiten kann da nicht schaden. Vor allem, weil man sich dann die Dialoge besser merken kann.

|Originaltitel: Ways to live forever; 2008
Aus dem Englischen übersetzt von Birgitt Kollmann
77 Minuten auf 1 CD|
http://www.igel-records.de

Sylvia Schreiber: Professor Dur und die Notendetektive – Das Weihnachtsoratorium

Die Geschwister Lasse und Lotte bereiten sich auf das Weihnachtsfest und ein Krippenspiel vor, als sie von den ersten Schneeflocken zu einer Schneeballschlacht vor die Haustür gelockt werden. Dort hören sie sofort – „Jauchzet, frohlocket!“ – das krächzende Stimmchen der Ratte Rigoletto des Musikinstrumentenbauers Professor Coppelius Dur aus dessen Werkstatt dringen. Schon sind die Geschwister mitten drin in der Welt des berühmten Komponisten Johann Sebastian Bach, der als Thomaskantor in Leipzig nicht nur Probleme mit seinen vermeintlich zu wilden Orgelstücken und 15 Kindern hat, sondern auch noch in kürzester Zeit ein weihnachtliches Chorstück zusammenstellen muss.

Sylvia Schreiber: Professor Dur und die Notendetektive – Das Weihnachtsoratorium weiterlesen

Sylvia Schreiber: Professor Dur und die Notendetektive – Das Klavier

Klassische Musik hat es heute nicht leicht. Obwohl sie sich über Jahrhunderte entwickelt hat, es Stars der Branche gibt, die es sogar regelmäßig bis in die Massenmedien schaffen, und auch Komponisten immer noch neuen Stücke schreiben, ist sie aus dem Alltag verschwunden. Wer nicht schon als Kind über die Eltern oder vielleicht den Instrumentenunterricht mit ihr in Berührung kam, wird auch im Erwachsenenalter kaum Zugang zu ihr finden. Zu sehr haben sich unsere Hörgewohnheiten im musikalischen Bereich gewandelt. Dabei sind gerade jüngere Kinder noch offen für alles und dabei wissbegierig zugleich.

Die Hörbuchreihe „Professor Dur und die Notendetektive“ von Sylvia Schreiber und Igel Genius kann Eltern bei einer kindgerechten Heranführung an die klassische Musik unter die Arme greifen. Bereits die erste Folge „Das Klavier“ vermittelt mit Hilfe einer spannenden Zeitreisegeschichte um das Geschwisterpaar Lasse und Lotte auf kurzweilige und amüsante Weise Wissen über Instrumente, klassische Musik und den berühmten Klavierbauer Steinweg (Steinway).

Sylvia Schreiber: Professor Dur und die Notendetektive – Das Klavier weiterlesen

Neuschaefer, Katharina – Thor, der Donnergott (Nordische Sagen 3) (Lesung)

_|Nordische Sagen|:_

Folge 1: [„Odin, der Göttervater“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7836
Folge 2: [„Die Erschaffung der Welten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7748
Folge 3: _“Thor, der Donnergott“_
Folge 4: „Vom Ende der Zeit – Ragnarök“

_Vom betrogenen Donnergott: der Anfang vom Ende der Götter_

Nachtschatten, kein Mond, nur Finsternis liegt über den drei Welten. Lediglich im Osten der Nacht geht ein bläulich flackernder Lichtpunkt auf: Lokabrenna, der Hundsstern. Wer in dieser Nacht die Zeichen zu deuten weiß (wie Wölwa, die Seherin), weiß, dass nur noch der mutigste aller Götter die Mächte der Finsternis aufhalten kann: Thor, der Herr des Gewitters, der Riesentöter mit dem Donnerhammer Mjöllnir, der schon viele Schlachten geschlagen hat.

Aber diesmal braucht selbst Thor, Odins ältester Sohn, die Hilfe eines Freundes… (erweiterte Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt die Lesung ab 7 Jahren.

_Die Autorin_

Katharina Neuschaefer studierte Musikwissenschaft und Germanistik und arbeitet als Radiojournalistin und Moderatorin bei Bayern 4 Klassik. Sie ist Autorin und Regisseurin zahlreicher Hörspiele und Musikgeschichten für Kinder. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sie erzählt die altisländischen Edda-Sagen neu und bietet sie sortiert dar.

Weitere NORDISCHE SAGEN:
1) Die Erschaffung der Welten
2) Odin
3) Vom Ende der Zeit – Ragnarök

_Der Sprecher_

Peter Kaempfe studierte von 1974 bis 1978 Schauspiel in Hannover. 1980 gründete er die Theater-und Musikcompagnie „Pompoffel“ in Bremen und spielte von 1984 bis 1990 bei der Bremer Shakespeare Company. 1990 gründete er gemeinsam mit zwei Kolleginnen DAS TAB. Er lebt in Bremen und arbeitet als Schauspieler, Sprecher, Autor und Regisseur. Für Igel-Genius nahm Peter Kaempfe die Reihe „Griechische Sagen“ auf, dazu die Jury der hr-2 Hörbuchbestenliste: „Die Interpretation von Peter Kaempfe muss überragend genannt werden“. Seine Aufnahme der „Ilias“ wurde 2006 für den Deutschen Hörbuchpreis nominiert.

Produzent war Leonhard Huber.

_Inhalte_

Es gab eine Zeit, da lebten die Götter, die Menschen und Elben, die Zwerge und Riesen sowie die Unterirdischen noch in verbundenen Welten. In dieser Zeit saß in jeder Vollmondnacht eine Wölwa oder Seherin auf einem Hügel nahe dem Götterreich Asgard. Ihr inneres Auge blickte in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und nichts blieb der zauberkundigen Frau verborgen. Selbst die Götter baten sie um Rat, um an ihrem ewigen Wissen teilzuhaben. Wer in jenen besonderen Nächten zu der Seherin auf den Hügel stieg und sich zu ihr ans Feuer setzte, erhielt Auskunft …

Diesmal weist die Wölwa auf den Unheil kündenden Hundsstern Lokabrenna (Sirius) und beginnt vom traurigen Schicksal Thors zu erzählen, dem Riesentöter, dessen Nemesis an einem schrecklichen Ort namens Eisenwald gezeugt und geboren wurde. In dessen Tiefen lebt Angrboda, die alte Hexe, und eines Tages bekommt sie Besuch von einem dunkel verhüllten Besucher, der eigentlich seine Heimstatt in Asgard hat. Nach angemessener Zeit erblickt das erste ihrer grausigen Kinder das düstere Licht dieser Welt…

Unterdessen liefert sich Odin, der Obergott, ein Wettrennen mit dem Riesen Rumnir, bis sie in Asgard eintreffen. Der Riese nennt Thor einen Feigling. Diese Beleidigung will der Donnergott umgehend ahnden, doch sein bester Berater, der Riese und Feuergott Loki, bittet ihn, das Gastrecht zu bedenken: Das Leben des Gastes ist heilig. Thor trollt sich zornig. In der Festhalle betrinkt sich Rumnir, bis er endlich die Wahrheit spricht: „Wir werden euch alle wegmachen!“

Als Rumnir die Möbel zu Kleinholz zerlegt und sich an den hübschen Asinnen vergreift, ruft Odin seinen Sohn zurück. Wer gibt Thor Carte blanche, doch der fordert Rumnir lediglich heraus, an einem Ort von dessen Wahl ein Duell auszutragen. Rumnir nennt den Eisenwald. Thor und sein Knecht Tjalfi begeben sich per Streitwagen an diesen gruseligen Ort. Rumnir ist schon da, wie eine Steinlawine. Da taucht in Adlergestalt auch Loki auf, Thors Berater. Listigerweise berät er nicht nur Thor, sondern auch seinen Gegner Rumnir. Rumnir wirft einen riesigen Wetzstein, doch Thors Hammer Mjöllnir trifft das Geschoss im Flug. Der Wetzstein zerbricht, doch ein Splitter bleibt in Thors Kopf stecken. Ein weiterer Hammerwurf erledigt den Riesen.

„Nicht alle Riesen sind schlecht“, findet Thor mit Blick auf Loki. Doch er soll bald eines Besseren belehrt werden. Denn auf einmal ist sein Hammer verschwunden und seine Frau, die schöne Sif, wird von einem Unbekannten ihres strahlenden Haars beraubt und muss fortan ihre Glatze verbergen …

_Mein Eindruck_

Wie oben ersichtlich, ist dies der dritte Teil der vierteiligen Serie über Nordische Sagen. Der Text ist leicht verständlich, wenn auch die Ereignisse, von denen die Wölwa berichtet, mitunter höchst wunderlich sind. Dies sind eben nicht die Vorstellungen der Antike oder der nordamerikanischen Völker über die Weltentstehung, sondern eben die düstere nordische Variante.

Aber geschickt wird jede Art von nationalistischer Überhöhung vermieden, damit ja kein Teutonenkult geweckt wird. In der Tat veranlasst so manche Episode den Hörer zum Schmunzeln. Humor und dunkle Vorahnung halten sich mit der Action die Waage.

|Die Story|

Die drei Hauptakteure sind Odin, Thor und Loki. Während es Odin und Thor immer wieder mit den aufmüpfigen Riesen aufnehmen, die die Menschen in Bedrängnis bringen, spielt Loki eine zwielichtige Rolle. Odin und Thor sind Handelnde, Loki hingegen ist ein listenreicher Denker und Manipulator. Wir erfahren (jedenfalls nicht auf diesem Hörbuch) nie genau, ob er hinter all dem Ungemach steht, das Thor zustößt. Ein ums andere Mal wird Thor, der Riesentöter, die rechte Hand Odins, beleidigt und lächerlich gemacht. Doch wenn die rechte Hand versagt, ist der Angriff auf den Obergott nicht weit …

Loki scheint ein Berater und helfer der Asen zu sein. Nachdem der schönen Sif das Haar geraubt wurde (was sie zur kreischenden Verzweiflung trieb), begibt sich Loki als einziger in das Reich der Dunkelalben und zwerge, um diese Wunderschmiede um entsprechende Meisterstücke zu bitten. Er stellt dieses Anliegen so listenreich an, dass schon nach kurzer mehrere Meisterwerke den Asen präsentiert werden können.

Sif braucht kein Kopftuch (oder gar eine Burka) mehr zu tragen, sondern bekommt eine Perücke aus purem Gold, die exakt genauso aussieht wie ihr natürliches Haar – und außerdem viel wertvoller ist – und außerdem zauberbehaftet wie alle Zwergendinge. Odin erhält den Ring Draupnir, den Träufler, der jede Nacht weitere Goldringe hervorbringt, und den stets treffsicheren Speer Gungnir. Das dritte Stück ist der Hammer Mjöllnir, der immer trifft und danach zu seinem Herrn zurückkehrt. Das letzte Stück ist ein goldener Eber, den Freyr bekommt. Alle diese Geschenke werden beim Ragnarök eine Rolle spielen. Als Lohn verspricht Loki den konkurrierenden Zwergenschmieden, für sie beste PR in Asgard zu machen – aber jedem einzeln…

Weitere Wettkämpfe Thors betreffen den Riesen Geirröd, der ebenso wie Thor falsch spielt, und mit dem Utgard-Loki. Hierbei unterliegt Thor schmählich, doch wieder hat der Riese ihn gelinkt. Denn wie die Zwerge können auch Riesen mit „Glamour“, dem Illusionszauber, auch Riesen hereinlegen.

|Lokis geheime Kinder|

Die Erkenntnis, dass sein bester Freund Loki ihn verraten hat, wird Thor schon bald das Herz brechen. Doch zunächst bereitet Loki, der Riese, seine Rache an den Asen vor. Er zeugt mit der Hexe Angrboda drei Ungeheuer:

1) den Fenriswolf Fenrir, der von Stund immer weiter wächst und dereinst Odin verschlingen wird;

2) Jörmungand, die Midgard-Schlange, die schon bald so groß wird, dass sie ganz Mittelerde umschlingen und die Gezeiten auslösen kann; sie ist die spezielle Feindin Thors;

3) schließlich Hel, die Totengöttin, deren eine Gesichtshälfte wunderschön ist, deren andere aber einem Totenschädel gehört; sie bekommt ein eigenes Reich in der Unterwelt und reitet ein fahles Pferd.

Dreimal muss sich Thor seiner Nemesis Jörmungand stelle; das dritte Mal bringt die Entscheidung, wenn sich der Fenriswolf losreißt und Ragnarök beginnt. Die Asen binden die drei Ungeheuer an jeweils andere Orte. Doch wie lange werden die Fesseln halten? Solche und weitere Fragen werden erst im letzten Teil beantwortet.

|Der Sprecher|

Peter Kaempfe ist ein Routinier, wie man an seiner ruhigen Vortragsweise erkennt. Ert tritt hinter der Erzählerin Wölwa und dem Erzählten zurück, haucht aber unversehens den Figuren wieder Leben ein, wenn Emotionen gefragt sind. Zu diesen Figuren gehört in erster Linie Thor, den er als kernigen Kämpfer darstellt, der leicht in Rage gerät. Thor bildet zum hinterlistigen Loki einen großen Kontrast, denn Loki spricht sanft, beschwichtigend, leise und fast schon demütig – das genaue Gegenteil seiner Taten.

Die Wölwa-Szene bildet den erzählerischen Rahmen für die Szenen aus Thors „Leben“. Sie spricht stets leise, denn sie ist uralt, doch auch sie kann durchdringend wirken, wenn sie das kommende Unheil, das sich zusammenbraut, voraussagt. Und nein: Sie darf den Namen des Verräters unter den Asen nicht preisgeben.

Die Wölwa lenkt unseren Blick quasi auf die Szene im Eisenwald, ein kalter, dunkler Ort, wo sich das Böse sammelt und neues Unheil gebiert. Diese Szenen sind, mit der passenden Musik untermalt, schön schaurig.

|Die Musik|

Die Instrumente sind ganz einfache, aber sehr alte: eine afrikanische Krugtrommel; ein Balafon, „die afrikanische Urform des Marimbaphons“ (eine Art Xylophon also); eine tibetische Handtrommel, chinesische Glocken, Zimbeln, Klangschalen und Becken, außerdem ein „traditionelles finnisches Saiteninstrument“, eine „tibetische Trompete“, ein Saxophon, Bass und „verschiedene traditionelle Flöten“.

Man sieht also, dass hier auf sehr ursprüngliche Klänge geachtet wurde. Die entsprechenden Melodien sind ebenso urtümlich, lassen sich aber noch in manchen (abgelegenen) Weltgegenden erlauschen. Es ist, als würde der Hörer in die ferne Vergangenheit lauschen. Das finde ich höchst passend, wenn es um Geschichten über Thor und seine Heldentaten geht.

Die Musik mischt sich niemals in den Vortrag ein. Nach einem stimmungsvollen Intro hören wir sie stets nur als Intermezzo zwischen Textabschnitten. So haben wir Zeit, das Gehörte zu verdauen. Das Outro geleitet uns wieder uns wieder aus der Lesung hinaus, als würden wir eine andere Zeit verlassen.

|Das Booklet|

Das Booklet ist ein wichtiges Hilfsmittel für den Hörer, um sich in der Vielzahl der im Vortrag geschilderten Welten zurechtzufinden. Vier Welten sind abgebildet: Asgard, Heim der Asen / Götter; daneben Vanheim, Heim der Vanen; darunter Midgard alias Mittwelt, wo Menschen, Riesen (in Jötunheim) und Zwergen existieren: schließlich ganz unten Niflheim, wo Drache, Wölfe und die Totengöttin existieren.

Zweitens bietet diese Darstellung auch einen Stammbaum für die wichtigsten Asen und ihre Kinder Thor usw. Vor allem die zusätzliche Liste der Riesen ist hilfreich, denn ihre Namen werden häufig ganz anders geschrieben als ausgesprochen. Das Booklet liefert also erhellende Zusammenhänge, die sich angesichts der verzweigten Handlung und der Vielzahl der Namen als höchst willkommen erweisen.

_Unterm Strich_

Ich konnte diese über zwei Stunden lange szenische Lesung nur in vier Teilen bewältigen. Erstens gibt es sehr viele Episoden zu erleben, zweitens eine Unzahl von fremdartigen Namen zu merken (die selten mit ihrer Schreibweise übereinstimmen). Drittens ist es schwierig, einen Spannungsbogen zu entdecken. Immerhin entsteht eine gewisse Anspannung, wenn die Seherin immer wieder auf die Ungeheuer aus dem Eisenwald hinweist, die Götter wie Thor vernichten werden.

Aber was, so fragte ich mich, tragen Episoden wie Thors Kampf gegen die Eisriesen und den Utgard-Loki zum übergreifenden Thema bei? Immer wieder illustrieren sie, dass Thor ein ums andere Mal gegen die Riesen versagt und seinem Namen „Riesentöter“ Schande einbringt. Alles, was Loki unternimmt, ist hingegen interessant, ganz besonders sein Besuch bei den Zwergenschmieden.

Am witzigsten ist vielleicht die Episode mit dem unbekannten Lockenräuber, der Thors Frau Sif eine Glatze hinterlässt. Auch die Identität des Besuchers, der Angrboda im Eisenwald Hallo sagt und mit ihr Ungeheuer zeugt, bleibt vorerst im Dunkeln (ich habe oben mal wieder alles verraten). Da kommt durchaus Neugier und ein leichtes Gruseln auf.

|Das Hörbuch|

Peter Kaempfe trägt die Erzählung der Seherin routiniert und zurückhaltend vor. Er haucht den Figuren Leben ein, wenn es darauf ankommt, ohne sie jedoch individuell zu charakterisieren. Vor meinem geistigen Auge wurde Thor durchaus lebendig, vor allem, wenn er in Relation zu anderen Figuren wie den Riesen und zu Loki gesetzt wird. Thor ist zwar ein Kämpfer, aber kein Denker, und hat Loki über kurz oder lang leichtes Spiel mit ihm.

Bemerkenswert ist die Vielfalt an Riesen, der der Riesentöter begegnet. Vom tumben Golem und den pöbelnden Thrym reicht die Palette über den listigen Geirröd bis zum täuschenden Utgard-Loki, der Thor dreimal hereinlegt. Von Loki, der ja auch ein Riese ist, ganz zu schweigen. Gegenüber den anderen Genossen nimmt sich Loki sehr ungewöhnlich aus. Wohl deshalb kann es ihm gelingen, die Asen zu täuschen.

Die bemerkenswert instrumentierte Musik hebt den musikalischen Beitrag über das gewohnte Maß hinaus. Das Booklet liefert willkommene Zusatzinformationen für den erwachsenen Hörer und Leser. Die vorliegende CD ist nur ein Viertel des Gesamtwerks, und man sollte möglichst auch die anderen drei Teile hören, insbesondere „Odin“ und „Ragnarök“.

|2 Audio-CDs
Spielzeit: 145 Minuten
ISBN-13: 9783893533282|
http://www.igel-records.de