Leenders, Hiltrud / Bay, Michael / Leenders, Artur – Burg, Die

Schon seit dem Jahr 1992 ist das Autorentrio Hiltrud Leenders, ihr Mann Artur Leenders und Michael Bay in der deutschen Krimilandschaft unterwegs. „Die Burg“ ist bereits das zwölfte Buch der drei und spielt erneut am Niederrhein.

In der kleinen Stadt Kleve ist die Aufregung groß. Eine englische Historiengruppe ist angereist, um eine Schlacht auf der Burg nachzustellen. Doch die Aufregung schlägt in Entsetzen um, als plötzlich eine echte Bombe explodiert und mehrere Menschen getötet und verletzt werden. Die Klever Komissare, das KK 11, steht vor einem Rätsel. Schon bald kann man einen Terroranschlag auschließen. Hatte der Täter nur eine bestimmte Person im Visier? Und wenn ja, wen? Wird er erneut zuschlagen? Für die Komissare, unter ihnen das Ehepaar Toppe, das Zeuge der Explosion war, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit …

„Die Burg“ beginnt denkbar schlecht. Das Autorentrio ergeht sich seitenlang in geradezu perfektionistischer Manier darüber, wie die Historientruppe sich auf ihr Schauspiel vorbereitet und wie sie lebt. Ich möchte noch nicht einmal behaupten, dass all diese Erläuterungen, die teilweise in Dialoge gepackt werden, unnötig wären, aber die feinmaschigen, trockenen Erklärungen stören den Lesefluss erheblich. Wären sie runder dargestellt und ließen dem Leser auch noch ein wenig Platz zum Fantasieren, wären sie kein Problem. So klingen sie aber stellenweise wie schlechte Werbung für historische Veranstaltungen.

Doch dann passiert das, womit man wohl nicht gerechnet hat. Während Leenders / Bay / Leenders sich noch in ihren Beschreibungen verstricken, schleicht sich die Explosion auf leisen Sohlen an. Im ersten Moment ist der Leser verwirrt. Ist das gerade wirklich passiert?

Ja, das ist es. Gott sei Dank, denn durch dieses Ereignis entsteht ein Bruch, der im Gegensatz zur vorherigen Propaganda steht und die Ermittlungen einläutet, die wesentlich angenehmer geschrieben sind. Im weiteren Verlauf verzichten die Autoren auf ausschweifende Erklärungen und schreiben nüchtern und sauber. Vielleicht ein wenig zu nüchtern, denn ein wirklicher Spannungsaufbau möchte nicht gelingen. Überraschungen darf man in der zähen Masse nicht erwarten. Eher im Gegenteil, denn der Einbau einer knapp gehaltenen, kodierten Täterperspektive ist nicht gerade neu und in diesem Fall nicht herausragend gelungen. Trotzdem kann man mit dem Krimi eine schöne Zeit verbringen, denn Hiltrud Leenders und Co. legen ein gutes Erzähltempo vor, das den schwachen Spannungsbogen gut kaschiert.

Die Personen sind sehr gewöhnlich und nur die wenigsten tun sich wirklich hervor. Das passt zu der ebenfalls wenig Aufsehen erregenden Handlung. „Wenig Aufsehen erregend“ sollte man allerdings nicht mit „langweilig“ in eine Reihe stellen. „Die Burg“ ist nicht langweilig, sondern einfach kein sprühendes Feuerwerk voller Ideen. Hausmannskost, wenn man es so sehen möchte.

In einem Klever Kommissariat kann man vermutlich auch nicht erwarten, dort die originellsten Charaktere zu finden. Stattdessen stattet das Autorentrio die Protagonisten mit einer guten Portion Authentizismus und Menschlichkeit aus. Die Klever sind alltägliche Menschen, die auch gar nicht danach streben, etwas anderes zu sein. Und dadurch wieder gefallen.

Einzig die Täterperspektive, die eben doch irgendwie versucht, etwas Besonderes zu sein, ist nicht so ganz gelungen. Neben der Planung des Attentats werden die Gründe für das brutale Vorgehen in kurzen Flashbacks, die oft sehr kryptisch und abgehackt geschrieben sind, aufgezeigt. Leider versteifen sich Leenders und Co. ein bisschen zu sehr auf die „psychopathische Schiene“, so dass man das Gefühl hat, Ähnliches schon in tausend anderen Büchern gelesen zu haben.

Insgesamt hinterlässt „Die Burg“ einen zufriedenstellenden Eindruck. Keinen glänzenden, aber immerhin einen positiven. In dem Krimi wird alles sehr alltäglich gehalten, was auf der einen Seite ein wenig langweilt, auf der anderen Seite aber auch sehr authentisch wirkt. Überhaupt ist Authentizismus vermutlich das stärkste Argument, welches das Autorentrio Leenders / Bay / Leenders für sich verbuchen kann. Ansonsten können sie unterhaltsame Literatur bieten, der die eine oder andere überraschende Wendung sicherlich nicht geschadet hätte.

http://www.rowohlt.de

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