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Stolze, Greg – Riten des Drachen (Vampire: Requiem)

|Ich sah mein verzerrtes Gesicht im Spiegel des Abts und wusste, was für ein Höllenwolf ich geworden war.
– Vlad Dracula|
(Auszug aus dem Quellenband)

„Riten des Drachen“ ist ein Quellenband von [„Vampire: Requiem“, 1701 der zum Verständnis des ominösen Ordo Dracul beitragen soll. Der Ordo Dracul ist wohl einer der geheimnisvollsten Bünde in der Welt der Dunkelheit. Seine Anhänger verehren Vlad Tepes, wohl besser bekannt als Vlad Dracul oder einfach nur Dracula, als ihren Gründer. Das Besondere an ihm ist, dass er (angeblich) nicht durch den Kuss zum Vampir wurde, sondern durch die Strafe und den Zorn Gottes. Also sehen seine Anhänger den Vampirismus als einen Fluch, der überwunden werden kann.

Nichts währt ewig, nicht einmal der Vampirismus. Daher wollen sie anhand von Riten und der Ansammlung von Wissen die Transzendenz erreichen. Dafür sind nicht nur ein großes Maß an Wissen, sondern auch Disziplin und die Meisterung der Mysterien der Drachen notwendig. Die Mysterien der Drachen sind eine Art Disziplin, die nur den Ordensangehörigen offen steht und deren Erleuchtung und Wissen über das Vampirsein darstellt.

In „Riten des Drachen“ wird die Geschichte des Gründers geschildert, allerdings ist es in der Ich-Perspektive verfasst, also als Draculas Tagebuch. Natürlich hat sich der Autor kleine Freiheiten bei der Gestaltung des Lebenslaufs und des geschichtlichen Kontextes genommen, um der Geschichte interessante Aspekte zuzufügen. Dies ist, da darauf hingewiesen wird, aber nicht weiter schlimm, da die Handlung ja auch in der [„Welt der Dunkelheit“ 1607 spielt.

So wird über seinen letzen Feldzug, seinen Tod mit anschließendem Disput mit Gott sowie die anschließende Wiederauferstehung berichtet. Auch seine Versuche, sein Reich wieder in Besitz zu nehmen, bis hin zu seinem Streben nach Transzendenz samt Aufenthalten bei der Lancea Sancta und dem Zirkel der Mutter (Vampirische Bünde) werden unterhaltsam beschrieben. Besonders interessant ist die Episode, bei der eine Gruppe von selbsternannten Vampirjägern auf die Burg Dracul kommt.

Relativ kurz wird allerdings leider Vlads Besuch in Paris abgetan; schade, hier hätte sich eine Möglichkeit geboten, etwas mehr Volumen in das relativ dünne Buch (ca. 120 Seiten) zu bekommen. Im letzten Kapitel werden anhand seiner ersten Kinder, Mara und Lisette, sowie an seiner Enkelin (im vampirischen Sinne) Anoushka die Strukturen des Ordo Dracul beschrieben. Zudem wird noch tiefgründiger auf seine wirkliche Philosophie eingegangen.

Fast schon sensationell muss ich die Gestaltung von „Riten des Drachen“ nennen. Im DIN-A5-Format gehalten, ist das gesamte Buch mit Samt (!) verkleidet. Auch die silberne Schrift auf diesem Einband trägt ihren Teil zum sehr edlen Eindruck bei. Dazu kommen auf den 120 Seiten über 50 teilweise sehr schöne Zeichnungen und Grafiken. Dass dabei das Leseerlebnis bei so wenigen Seiten und so vielen Bildern ein bisschen kurz kommt, ist verständlich, aber trotzdem schade.

Man muss sich allerdings wirklich fragen, ob der stolze Preis angebracht ist. Doch ich denke, dass diese fürstliche Aufmachung trotz des kurzen Lesevergnügens ihr Geld wert ist. Besonders für Spieler, die einen Angehörigen des Ordo Dracul darstellen wollen, empfiehlt sich die Anschaffung natürlich, da die Darstellung bei „Vampire: Requiem“ etwas kryptisch ausgefallen ist und sich das Verständnis der Philosophie des Ordens nach der Lektüre wirklich deutlich verbessert. So muss ich abschließend sagen, dass sich die Anschaffung lohnt, auch unter dem Gesichtspunkt, dass samtbezogene Bücher einfach herrlich dekadent sind!

Marmell, Ari / Shomshak, Dean / Suleiman, C.A. – Vampire: Requiem

1. |“Darf ich bitten?“ fragte sie mich. In jener Nacht starb ich.
Es war kalt, Winter, und obwohl das Wetter kaum eine Bedeutung für uns hatte, erstickte die Kälte in ihr die Glut des Feuers, das auf ihrer Terrasse brannte, und wucherte nach außen – wurde zum ebenbürtigen Pendant der eisigen Kälte der Jahreszeit. Wir tanzten, meine Hand lag auf ihrem Rücken, und doch war sie es, die mich führte. Die Musik erklang von … irgendwoher. Streicher. Ein Klavier. Das war alles. Ich bekam die Musiker nie zu Gesicht, obwohl ich die Melodie hörte, die sie spielten. Es war seltsam, zu einem solchem Stück zu tanzen: Es war ein Klagelied, fast ein Requiem. Der Wind bauschte die Vorhänge. Wir tanzten, und sie schmiegte sich an mich, als wollte sie meinen Hals küssen. Doch sie schenkte mir keinen Kuss, sondern die süßeste Verdammnis. Dann nahm sie mir das Leben, und ich spürte meine Kraft aus meiner Kehle quellen wie eine karmesinrote Blüte – und danach gab sie mir das Leben zurück.|
(Auszug aus dem Quellenband)

2. _Über die Vampire_

„Vampire: Requiem“ ist ein Quellenbuch, das auf dem [„Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ 1607 aufbaut und in dem der Spieler in die Rolle eines, oh welche Verwunderung, Vampirs schlüpft. Der Spieler übernimmt einen Blutsauger und führt ihn durch die Welt der Dunkelheit. Doch sie sind nicht genauso wie die Vampire in vielen Romanen. Kreuze schrecken sie meist nicht, und auch der Knoblauch ist reine Geschmackssache.

Die Vampire leben unter den Menschen und halten sich an etwas, das sich die Maskerade nennt, das heißt, sie geben sich den Menschen nicht zu erkennen und leben unter ihnen als Wölfe im Schafspelz. Sie besitzen durchaus, zumindest die meisten, menschliche Züge und Verhaltensweisen, doch lauert in ihnen allen das Tier. Dies ist die raubtierhafte Seite eines Vampirs, es kennt keine Freunde, keine Angst, nur den Willen zu überleben und den unstillbaren Hunger nach Blut.

Und so kommt es zu diesem Zustand, den die Untoten das Requiem nennen. Denn je älter ein Vampir wird, desto mächtiger wird er auch. Allerdings wird dann normalerweise auch das Tier stärker. Also läuft es darauf hinaus, dass das Unleben der Kinder der Nacht, wie sich die Vampire nennen, ein gewaltiger Walzer ist, der sich zum Untergang hin bewegt. Der Vampir wird immer monströser, seine Menschlichkeit geht verloren, und er wird zum sprichwörtlichen Monster. Doch diese Phase kann Jahrzehnte oder gar eher Jahrhunderte dauern.

In der Zwischenzeit gibt er sich dem Danse Macabre hin. Vampire sind zwar eigentlich einzelgängerische Jäger, doch fühlen auch sie sich zu einer Gemeinschaft hingezogen. Die meisten unter ihnen lieben es zu intrigieren und Fehden untereinander auszutragen. Und solche Zwiste können sich über eine lange Zeit erstrecken, denn die Ewigkeit ist relativ lang … Aber bis dahin hat der Spieler genug Zeit, Spaß am Unleben seines Charakters zu haben.

3. _Aufmachung des Buches_

Das Quellenbuch ist, wie fast schon typisch für den |Feder & Schwert|-Verlag, in erstklassiger Aufmachung erschienen. Außen wird es von einem blutroten Hochglanzhardcover geschmückt, auf dem eine Frauenhand und fallende Rosenblätter zu sehen sind. Das hat einfach Stil und lässt das Herz eines jeden Vampirfans höher schlagen. Innen wechseln sich kleine Prologe und Geschichten (siehe oben zu Beginn der Rezension) mit tollen Zeichnungen ab. In den U.S.A. hat das amerikanische Original „Vampire: The Requiem“ bei den |Ennie|-Awards (amerikanischer Spielepreis) die silberne Medaille für die besten Illustrationen erhalten. Und das, wie ich denke, zu Recht. Übrigens gab es die goldene Medaille in der Kategorie bestes Quellenbuch.

In Kapitel eins wird ausführlich auf die vampirische Gesellschaft im Allgemeinen eingegangen. Erläutert werden das bereits erwähnte Requiem, der Danse Macabre, die verschiedenen Stellungen innerhalb der Vampirgesellschaft, deren Traditionen, deren Bünde und Sekten. Im zweiten Kapitel wird die Charaktererschaffung, sprich die Veränderungen vom Menschen („Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“) zum Vampir erläutert. Ebenso finden die fünf Vampirclans und deren übernatürlichen Kräfte Erwähnung, Disziplinen genannt. Kapitel vier und fünf befassen sich mit den vampirspezifischen Regeln sowie allerlei nützlichen Tipps für den Spielleiter. Zum Schluss wird noch New Orleans als Stadt mit ihrer vampirischen Gesellschaft als Beispieldomäne vorgestellt.

3. _Regeln_

Die grundlegenden Regeln sind in „Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ enthalten und werden in „Vampire: Requiem“ nicht erläutert. Also erwähne ich noch einmal, dass dieses Quellenbuch ohne das Grundregelwerk nicht spielbar ist. So wird zum Beispiel nur gezeigt, wie man einen Charakter modifiziert, nicht, wie man einen erschafft.
Das wichtigste Detail sind die fünf Vampirclans Daeva, Gangrel, Mekhet, Nosferatu und Ventrue. Jeder Spieler muss sich einen Clan aussuchen, dem sein Vampir angehören soll. Der dieser bestimmt dann sowohl die Disziplinen, die einem Charakter zustehen, als auch eine Schwäche unter welcher der Untote leidet, die so genannte Clansschwäche. So wirken Angehörige des Clans Nosferatu auf andere abstoßend und beunruhigend.
Auch die Regeln zur Nutzung der Disziplinen und zur Aufnahme von Blut und deren Folgen sind natürlich enthalten.

4. _Änderungen zu „Vampire: Die Maskerade“_

Erstmal vorweg: „Vampire: Requiem“ ist nicht die Fortsetzung von „Vampire: Die Maskerade“ nach Gehenna. Das neue „Vampire“ hat eine gänzlich andere Vorgeschichte und ist daher lediglich vom Vorgänger inspiriert.

Allerdings gibt es einige Gemeinsamkeiten. So haben sich viele Disziplinen wie Auspex, Geschwindigkeit, Seelenstärke, Beherrschung oder Gestaltwandel nur marginal verändert. Die Seelenstärke heißt jetzt jetzt Zähigkeit und ist nicht dauern aktiv, sondern muss pro Szene mit einem Blutpunkt aktiviert werden. Auspex zum Beispiel hat sich so gut wie gar nicht verändert. Andere Disziplinen wie Quietus oder Fleischformen sind komplett weggefallen. Ich muss sagen, ich finde das positiv, da speziell Fleischformen schon ziemlich stark war und so zur Powergamig-Disziplin verkommen ist. Zudem gibt es jetzt nur noch fünf Clans und deren Blutlinien. Auch hier sind die Ähnlichkeiten unverkennbar.

So werden jedem alt gedienten Vampirespieler die Namen der Clans Gangrel, Nosferatu oder Ventrue und deren Blutlinien Malkovianer (Ventrue!!), Bruja (Gangrel) oder Toreador (Daeva), trotz veränderter Schreibweise ziemlich bekannt vorkommen. Die Reduzierung der Clans finde ich äußerst sinnvoll, da es durch die starke Spezialisierung selbiger zu einer Stereotypenbildung kam. So war ein Assamit sofort als Meuchelmörder abgestempelt und ein Tremere ein untoter Merlin. Dadurch, dass man weniger Clans hat, diese aber allgemeiner gehalten worden sind, wurde dieses vermieden. Solcherart kann man nicht so leicht auf den Clan schließen, auch deshalb, weil die Clansschwächen entschärft worden sind. Zum Beispiel nimmt ein Gangrel jetzt nur noch geistig tierische Züge an und rennt nicht mehr mit einem sprichwörtlichen Affenarsch herum.

Die Regeln für die Generationen und die Diablerie wurden sinnvoll verändert. So ist das Generationenkonzept komplett gekippt worden. Die Stärke eines Vampirs wird jetzt mit der Kraft seines Blutes (der Potestas) angegeben. Allerdings hat das Kind eines alten Vampirs den gleichen Wert in Potestas wie das Kind eines jüngeren Blutsaugers. Das bedeutet, ein Aufstieg ist nicht mehr nur durch Diablerie möglich, sondern auch durch Erfahrung, sprich Erfahrungspunkte. Wer dennoch per Diablerie aufsteigen möchte, weil das zweifelsfrei schneller geht, muss erhebliche Nachteile wie Blutsucht, Beuteeinschränkung oder gar lange Starre in Kauf nehmen. Ich hoffe, dass das sinnlose Ausgesauge damit endlich ein Ende hat.

Was ich noch besonders gut finde, sind die Bünde, die die Camarilla und den Sabbat ersetzt haben. Anstatt der zwei aus dem Vorgänger gibt es jetzt sechs Sekten, die sich untereinander alle mehr oder weniger gut leiden können. Auch hier wird es rollenspielerisch um einiges interessanter, da die Nuancen entsprechend feiner sind.

6. _Fazit_

„Vampire: Requiem“ ist eine gelungene Weiterentwicklung mit sehr sinnvollen Regeländerungen. Es ist sowohl für alte Hasen als auch für Neueinsteiger in das Thema ohne Einschränkung zu empfehlen. Mir persönlich gefällt es deutlich besser als der Vorgänger, und ich muss sagen, ich freue mich bereits auf die nächtelangen Vampirwanderungen durch die Welt der Dunkelheit!

Bridges, Bill / Chillot, Rick / Cliffe, Ken / Lee, Mike – Welt der Dunkelheit, Die (Grundregelwerk)

|Jeden Menschen beschleicht zumindest einmal im Leben das Gefühl, irgend etwas stimme nicht mit der Welt und es sei nicht alles so, wie es auf den ersten Blick erscheine.

Man versucht, uns glauben zu machen, die mittelalterlichen Vorstellungen von Monstern und Magie seien nicht mehr als primitiver Aberglaube. Heute ist unser Denken doch viel zu aufgeklärt, als daß wir noch an derlei Unfug glauben könnten – zumindest bilden wir uns das gerne ein. Doch nachts, wenn die Schatten undurchdringlicher werden und der Wind durch die Bäume pfeift, dann schaudern wir und denken an die alten Wahrheiten – die Wahrheiten unserer Ahnen, die allen Grund hatten, die Dunkelheit zu fürchten.

Am besten schließt man die Augen und redet sich ein, dort draußen sei nichts, was sich nicht logisch erklären ließe. Denn wenn wir die Wesen da draußen nicht sehen, dann sehen sie uns vielleicht auch nicht.

Doch nur weil wir so tun, als gäbe es sie nicht, werden diese Wesen nicht verschwinden. Es macht es ihnen nur leichter, sich versteckt zu halten – und Raubtiere ziehen es vor, sich vor ihrer Beute zu verbergen, da sie sie doch nur allzu leicht verschrecken.

Es ist schwierig, an etwas zu glauben, das man nicht sehen kann.
Womöglich ist es ihnen aber auch recht so.

Willkommen in der Welt der Dunkelheit.|
(Auszug aus dem Regelwerk)

_Über die Welt der Dunkelheit_

Die Welt der Dunkelheit (WdD) von |Feder & Schwert| gleicht unserer Welt fast bis aufs Haar. Der Unterschied ist nur: Die Monster und Märchenfiguren wie Geister, Magier, Werwölfe und Vampire gibt es wirklich. Die Menschen glauben nicht an diese Geschöpfe, bzw. wollen nicht an sie glauben. So ergibt sich die Konstellation, dass die Wesen im Hintergrund verborgen bleiben.

Vampire leben unerkannt unter ihrer „Beute“ und Werwölfe machen nicht nur die Wälder unsicher. In der Welt der Dunkelheit kann sich der Spieler aussuchen, was er gerne verkörpern möchte. Er kann sowohl einen normalen Menschen spielen als auch übernatürliche Wesenheiten wie Vampire, Werwölfe oder Magier.

Im hier besprochenen „Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ ist es erst mal vorgesehen, einen Menschen zu erschaffen. Wer ein übernatürliches Wesen spielen will, muss sich die Quellenbücher „Vampire: Requiem“, „Werwolf: Paria“ und „Magus: Erwachen“ zulegen. Allerdings sind diese Quellenbücher ohne das „Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ nutzlos, da die grundlegenden Regeln nur hier stehen und in den anderen Veröffentlichungen die Veränderungen gegenüber den Menschen behandelt werden.

Die Grundstimmung des Spiels ist düster und bedrohlich. Es lauern nicht nur hinter jeder Ecke neue Schrecken, die Monster sind auch noch intelligent. Was bringt es schon, die Polizei auf ein Monster aufmerksam zu machen, wenn diese beim Monster auf der Lohnliste steht?

Die Reize liegen neben der ständigen Paranoia auch darin, dass das Spiel in unserer Welt angesiedelt ist. Die politischen Ereignisse stimmen überein, dieselben Kriege und Katastrophen geschehen. Nur stellt sich dauernd die Frage: Ist das der Gang der Natur oder helfen hinter den Kulissen die Monster nach? Ist der Bürgermeister meiner Stadt vielleicht nur der Handlanger eines mächtigen Vampirs? Oder warum sehe ich meinen merkwürdigen Nachbar immer nur, wenn die Sonne bereits untergegangen ist? Hat er vielleicht ungünstige Arbeitszeiten, oder hat er etwas mit dem Verschwinden meines geliebten Hundes zu tun?

Das Problem ist: Wenn man als Mensch zu viel über diese Wesen erfährt und Nachforschungen anstellt, läuft man Gefahr, sich von der Masse abzuheben und so den Blick der dunklen Wesenheiten auf sich zu richten. Und wenn das passiert ist, werden sie dich jagen! Mit gebleckten Zähnen, messerscharfen Klauen und magischen Kräften. Oder sie finden Gefallen an dir und verwandeln dich zu einem von ihnen …

Die WdD lebt von ihrem delikatem Horror (als Mensch) und der Faszination, selber diesen Horror (als Vampir, Werwolf, Magier) zu verkörpern.

_Aufmachung des Buches_

Der |Feder & Schwert| Verlag hat mal wieder ein topp gestyltes Produkt auf den Rollenspielmarkt geworfen. Von außen fällt es zunächst durch ein sehr edel gestaltetes Hardcover mit schöner Grafik und leicht hervorstehender Schrift ins Blickfeld. Trotzdem ist es ziemlich robust, gut verarbeitet und griffig. Die Gefahr, dass es nach oftmaligem Gebrauch zerfleddert, ist auf ein Geringstes minimiert. Aber auch zwischen den Buchdeckeln lässt die Qualität nicht nach. Wer ein trockenes Tabellenstöbern erwartet, hat sich geschnitten. Mit viel Detailverliebtheit sind Prologe und kleine Geschichten rund um die WdD in die Regeln eingearbeitet. Dies macht das lesen durchaus spannend, und eine interessante Lektüre lässt sich nun mal leichter lernen. So wird dem Einsteiger der Anfang im noch neuen Regelwerk erleichtert.

Auch mit der Grafik kann das „WdD – Grundregelwerk“ punkten. Ob Zeichnungen von Monstern oder mystische Fotomontagen, alles unterstützt die düstere Stimmung perfekt.

Also, in punkto Aufmachung und Qualität dürfte |Feder & Schwert| nur schwer das Wasser zu reichen sein. Super Qualität, so stellt man sich ein Regelwerk vor.

_Regeln_

Die Regeln sind nach dem altbewährten, wenn auch modifizierten |White Wolf|-System aufgebaut. Meistens werden Attribute und Fertigkeiten kombiniert und dann wird mit zehnseitigen Würfeln (W10) gewürfelt. Jeder Würfel der eine Acht oder höher zeigt, ist ein Erfolg. Natürlich gibt es verschiedene Attribute, neun an der Zahl, und jede Menge Fertigkeiten, aber letztlich läuft es meisten auf das Schema „Attribut plus Fertigkeit“ hinaus.

Wem Attribute und Fertigkeiten nichts sagen, hier eine kleine Einführung:

Attribute sind die Eigenschaften eines Charakters, wie z. B. die Körperkraft, die Gabe, andere zu manipulieren oder seine Entschlossenheit. Fertigkeiten hingegen sind die Werte, die in etwa seiner Ausbildung entsprechen, also Computer, Handwerk, Fahren, Kampffertigkeiten oder Umgangsformen.

Attribute haben Ausprägungen von eins (sehr schwach) bis fünf (unübertrefflich), Fertigkeiten von null (nicht gelernt) bis fünf (Koryphäe). Diese beiden werden dann kombiniert und schon haben wir die oben erwähnte Würfelanzahl für unsere Erfolgsprobe. Diese wird dann noch vom Spielleiter modifiziert, d. h. mit Boni oder Mali belegt, ja nach Schwierigkeit und äußeren Einflüssen.

Da das System in den Grundlagen relativ einfach zu erlernen und anzuwenden ist, ist es auch für Neueinsteiger und Anfänger geeignet. Wer noch Fragen bezüglich der Regeln und deren Auslegung hat kann die [Homepage]http://www.feder-und-schwert.com/ von |Feder & Schwert| besuchen. Dort kann man sich direkt mit den Fragen an die Profis wenden.

_Änderungen zum Vorgänger_ (für Spieler der alten |White Wolf|-Regelwerke)

Die Regeln wurden sinnvoll modifiziert. So ist das Kampfsystem einfacher. Zur Ermittlung von Angriff und Schaden ist nur noch ein Wurf erforderlich. Eingeführt wurde auch ein Wert, der sich Verteidigung nennt. Dieser Wert soll die natürlichen Abwehrreflexe im Nahkampf darstellen. Auch die Kampfsportarten und beidhändiges Kämpfen sind jetzt sinnvoller geregelt, indem man sich solche Befähigungen als Vorteile erkaufen muss.

Auch die alte Regel mit Wesen und Verhalten wurde, zum Glück, geändert. Wer jetzt Willenskraft wiedererhalten will, muss entsprechend seiner Tugend oder seines Lasters handeln. Diese Änderung erweitert den Rahmen für stimmungsvolles Rollenspiel beträchtlich. Nach der neuen Regel ist es jetzt nicht mehr möglich, sich mit Nachteilen zuzupflastern und dafür jede Menge Punkte für die Charaktererschaffung zu erhalten. Nachteile gibt es zwar immer noch, doch kommen diesen rein spielerische Aspekte zu, d. h. spiele ich meinen Nachteil gut aus, kann mir der Spielleiter am Ende mehr Erfahrungspunkte geben.

So wird dem „Powergaming“ vorgebeugt, denn wer seine Nachteile so gut ausspielt, dass er dafür zusätzliche Punkte erhalten würde, hat es nicht nötig, sich „hochzupowern“. Dadurch wird das Spielen auch wieder stimmungsvoller, denn der Vampir, der Angst vor Kreuzen hat, eine Phobie vor Kindern, eine gespaltene Persönlichkeit und nur von Nonnen mit silbergrau gefärbten Haaren trinkt, eignet sich nicht dazu, anspruchsvolles Rollenspiel zu betreiben.

Die gröbsten Schwächen der Vorgänger sind behoben. Beim ausgiebigen Studium der Regeln sind mir keine groben Fehler aufgefallen. Alles scheint mir relativ sinnvoll gelöst.

Natürlich wird wahrscheinlich jeder irgendeine Regel unsinnig finden, aber ohne das Diskutieren über Regelinhalte oder deren Auslegung macht das Rollenspiel doch nur halb so viel Spaß!

_Fazit_

Ich muss gestehen, dass ich dem neuen Regelwerk äußerst skeptisch gegenüberstand: Erst hatte ich mir die alten Ausgaben für teuer Geld angeschafft, und jetzt ändern die einfach die Regeln und die Welt im Allgemeinen! Doch ich muss sagen, „Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ hat mich restlos überzeugt. Topp Präsentation, sinnvolle Regeländerungen und jetzt auch endlich der Ansatz, als Mensch zu beginnen, haben mich in der Tat für diese Neuausgabe eingenommen.

Dieses Spiel hat wirklich das Potenzial, ebensolcher Kult zu werden wie sein Vorgänger.

Gaiman, Neil – Coraline – Gefangen hinter dem Spiegel

Coraline, ein kleines Mädchen, zieht mit ihren Eltern in ein altes Haus, das nur zur Hälfte bewohnt ist. Die Tür, die auf die andere Seite des Hauses führt, ist zugemauert. Weil ihre Eltern ständig arbeiten, wird der kleinen Coraline langweilig und sie erkundet ihre Umgebung. Die anderen Bewohner des Hauses erweisen sich als liebenswürdig schrullig.

Im Erdgeschoss wohnen zwei ältere Schauspielerinnen und ihre Hunde, und unter dem Dach wohnt ein alter Herr, der erzählt, er trainiere einen Mäusezirkus. Als es dann am nächsten Tag regnet und Coraline nicht nach draußen kann, um ihre Erkundungstour zu beenden, widmet sie sich der zugemauerten Tür. Doch wie sich erweist, ist die Tür auf einmal gar nicht mehr zugemauert und die Neugier treibt die Kleine auf die andere Seite. Sie gelangt in eine Wohnung, die der ihren beinahe gleicht! Dort wohnt ihre „andere Mutter“, die anstelle richtiger Augen Knopfaugen hat. Die „andere Mutter“ umgarnt das Mädchen, indem sie ihr ihre Liebe und andere zuckersüße Sachen verspricht. Doch Coraline findet schnell heraus, dass es die „andere Mutter“ nur nach ihrer und der Seele ihrer Eltern dürstet.

Sie entscheidet sich zu kämpfen und der unheimlichen Gefahr die Stirn zu bieten. Ein ungleiches Ringen um die Seelen beginnt …

Gaiman hat es erneut geschafft, ein relativ kurzes Buch von 175 Seiten mit skurrilem Horror voll zu packen.

Die Hauptfigur Coraline ist ein sympathisches und ausgesprochen intelligentes Mädchen, wenn man bedenkt, dass sie wohl noch zur Grundschule geht. Unter diesen Voraussetzungen bereitet es Freude, das Mädchen bei seinem Weg in die andere Welt zu begleiten und zu sehen, wie es sich den Gefahren und Merkwürdigkeiten stellt und mit ihnen zurecht kommt.

Gaiman versteht es vorzüglich, den Leser zu fesseln und ihn in die Welt hinter dem Spiegel zu ziehen. Dieses Motiv, dass hinter der normalen Welt noch eine andere, merkwürdige und beängstigende Welt lauert, ist schon fast klassisch Gaiman. In allen seinen Romanen findet sich dieses Motiv wieder. Sowohl in „Niemalsland“, in „Sternenwanderer“ und bei „American Gods“ taucht das Motiv einer Welt hinter der Welt, für den normalen Menschen nicht sichtbar, auf.

Das Interessante daran ist, dass man als Leser nie weiß, woran man ist. Gaimans Ideen sind innerhalb des Romans so wandelbar, dass eine ganz eigene Dynamik entsteht, durch die er es immer wieder schafft, den Leser zu erschrecken, zu überraschen und zu verstören. Dieser Kontrast, der aus der merkwürdigen Welt und dem Zusammenspiel mit Coraline entsteht, macht den Horror besonders faszinierend.

Mir bleibt es ein Rätsel, wie Gaiman es schafft, in einen so kurzen Roman so viele Skurrilitäten zu packen, ohne dass der Leser die Bindung zur Thematik verliert. Aber irgendwie ergibt alles einen merkwürdigen Sinn innerhalb der Handlung. Auch das macht einen Teil des faszinierenden Horrors bei „Coraline“ aus. Einerseits wünschte ich, dieses Buch hätte sechshundert Seiten gehabt, andererseits liegt diesmal in der Kürze wirklich die Würze.

„Coraline“ ist perfekt dazu geeignet, sich an einem regnerischen Samstag auf die Couch zu legen, das Buch in einem Rutsch gebannt durchzulesen und es dann völlig verstört am Sonntag gleich noch einmal zu lesen. Also: Wer auf skurrilen Horror in feinster Märchenqualität steht oder denkt, ihn könnte nichts mehr erschrecken, trifft mit „Coraline“ die richtige Wahl.

Neil Gaiman, geboren 1960 in England, erlangte zuerst Bekanntheit durch seine Comic-Serie „Der Sandmann“, eher er auf das Schreiben von Romanen umsattelte. Neben einem Buch zusammen mit Terry Pratchett („Ein gutes Omen“), schrieb er eine Biographie über seinen Freund Douglas Adams („Keine Panik“), den Kultautor von „Per Anhalter durch die Galaxis“. Doch auch mit seinen eigenen Romanen wie „Niemalsland“, „Sternenwanderer“ und „American Gods“ wusste Gaiman die Leserschaft zu überzeugen.