Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Antediluvian, Dilaras Förderer und Erzfeind, wurde am Ende von „Blutopfer“ recht spektakulär der Garaus gemacht. Das mag nun bei einer Romanserie (gerade einer mit vielen Rückblenden) nicht unbedingt viel heißen, doch zumindest ist Antediluvian für den Moment von der Bildfläche verschwunden. Das gibt dem Autorenteam Alisha Bionda und Jörg Kleudgen ausreichend Möglichkeiten, neue Charaktere und Handlungsstränge zu entwickeln. Und es gelingt ihnen mit Leichtigkeit, der Serie um die Vampirin Dilara neue Impulse zu geben!
Der Titel des fünften Bandes lässt es schon vermuten: In „Der Schattenkelch“ geht es um nichts Geringeres als die Gralssuche. Calvin, der bisher als Charakter hinter der schillernden Dilara zurückstehen musste, bekommt nun seine eigene Geschichte und seine eigenen Geheimnisse. Denn als die beiden sich kennen lernten, hatte er ihr lange nicht alles über sich erzählt. Tatsächlich hat sich seine Familie nämlich der Suche nach dem Gral verschrieben und Calvin, der sich von seinem Vater losgesagt hatte, wird nun von seiner Vergangenheit eingeholt. Denn auch Luna Sangue, der neue „Player“ in der „Schattenchronik“ ist scharf auf den Kelch; verspricht er doch den Vampiren tatsächliche Unsterblichkeit und Unverwundbarkeit.
Und so werden in gewohnter Manier Vergangenheit und Gegenwart verwoben: Während nämlich im heutigen London Dilara und Calvin versuchen, die Spur des Schattenkelchs aufzunehmen, erinnert sich Dilara, dass sie es schon vor fast hundert Jahren mit dem Gral zu tun hatte: Damals nämlich wurde sie, kurz vor Ausbruch des I. Weltkriegs, in Frankreich zu einer Séance mit illustrem Klientel geladen. Doch das Medium, eine gewisse Geneviève Zaeppfel, wird entführt, um ihr durch Folter den Aufhaltsort des Grals zu entlocken. Dass der Name der Dame gerade Geneviève ist, ist sicherlich kein Zufall, und so ist zu erwarten, dass wir in zukünftigen Bänden noch einiges von ihr sehen (und vor allem lesen) werden.
Auch in Band fünf der Serie sind noch keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. Im Gegenteil: Die Autoren nutzen Antediluvians furiosen Abgang dazu, die Handlung in eine neue Richtung zu wenden und den Schwerpunkt auf bisher vernachlässigte Charaktere zu lenken. So ist natürlich Dilara wie gewohnt die Protagonistin des Romans (schließlich hält sie, auch durch die Rückblende, die verschiedenen Handlungsstränge zusammen), doch sind vor allem die bisherigen Nebencharaktere Calvin, Guardian und Mick die Stars des Romans.
Alle drei bekommen ihre eigenen Geheimnisse, die es in den nächsten Bänden zu lüften gilt. Warum und wodurch is Calvin der Schlüssel in der Gralssuche? Was ist Guardians Masterplan? Und vor allem, was ist Micks düsteres Geheimnis? Der Cop scheint kein Vampir zu sein, und doch ist er auch kein Mensch. Auf welche Seite wird er sich schließlich stellen? Alles Fragen, die sich der Leser stellt, während er nervös an seiner Lippe kaut. Und alles Fragen, die die Autoren sicher genüsslich ausbreiten, aber nicht sofort beantworten werden!
Wie immer, gibt es auch in „Der Schattenkelch“ wunderbare und lebendige Schauplätze. Diesmal ist Frankreich an der Reihe und besonders die Rückblenden atmen die Atmosphäre der Zeit: Da gibt es geheimnisvolle Séancen, waberndes Ektoplasma, fliegende (und brennende) Zeppeline, Dreidecker, Zigeuner und Priester, die geheime Bibliotheken bewachen. „Die Schattenchronik“ ist international, global – eine Art Reiseführer für vampirbesessene Leseratten. Und wie immer schaffen es die gut recherchierten Schauplätze, die Handlung zu unterstützen anstatt vordergründig auf den Effekt aus zu sein. Auch die französischen Schauplätze der heutigen Zeit, St. Michel und Les Saintes-Maries-de-la-Mer, sind farbenprächtig und lebendig – und machen darüber hinaus sofort Lust auf Urlaub.
Die Handlung zieht also Kreise: Von der Jagd nach der Schattenchronik (die auch hier nicht ganz vergessen wird) zur Jagd nach dem Schattenkelch. Von der Jagd nach Calvins Vergangenheit zur Jagd nach Luna. Jeder jagt nach irgendetwas in dieser Romanserie und das macht wohl das hohe Tempo der Romane aus. Ständig passiert etwas Neues, sodass der Leser schon aufmerksam mitdenken muss, um am Ball zu bleiben. Doch das eigene Tüfteln und Kombinieren erhöht ja nur den Spaß an der Lektüre. Und der ist ohnehin schon hoch!
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