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Bionda, Alisha / Kleudgen, Jörg – Vabanque (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 10)

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Band 5: [„Der Schattenkelch“ 2483
Band 9: [„Der Vampir von Düsseldorf“ 4100

Von Peter Kürten, dem Vampir von Düsseldorf, haben Dilara und Calvin den Hinweis auf einen mächtigen Vampir erhalten, der in der Lage ist, Lee Khan, den Drachen, zu stürzen. Dieser Widersacher wurde von Khan einst getötet und sein Leib geteilt. Haupt, Herz und Rumpf wurden an drei verschiedenen Orten versteckt, um eine Rückkehr des Vampirs zu verhindern. Kürten hat Dilara vor seinem Tod noch den entscheidenden Hinweis auf Paris gegeben, wo das Vampirpaar bei Dilaras Künstlerfreundin Nuit unterkommt. Ist das Herz des mächtigen Blutsaugers tatsächlich in der Kirche Sacré-Cœur verborgen?

Währenddessen suchen Guardian und sein Begleiter Semjasa in den Katakomben von Wien nach den Gebeinen des Widersachers von Lee Khan. Doch der Drache hat an beiden Fronten bereits Fallen aufgestellt, in denen sich seine Feinde fangen sollen.

Zwischenzeitlich wird Dilara immer wieder von ihrer Erinnerung eingeholt, in der sie erneut die Krönung Napoleons miterlebt …

_Meine Meinung:_

Der zehnte Schattenchronik-Roman (der letzte von Alisha Bionda als Co-Autorin) präsentiert sich äußerlich in altgewohnter Form. Doch leider weist schon die Aufmachung im Inneren des Buches erhebliche Mängel auf. Eine Innenillustration von Pat Hachfeld prangt bereits auf Seite eins und fristet ein einsames Dasein, denn auf weitere Illustrationen wurde, aus welchen Gründen auch immer, verzichtet. Auch auf das Inhaltsverzeichnis muss der Leser verzichten. Die Kapitel beginnen einfach im Text, wobei Kapitel zwei nachträglich eingeschoben zu sein scheint, denn es ist das einzige, welches keine lateinische Überschrift trägt.

Rein textlich betrachtet konnte glücklicherweise die hohe Qualität der Vorgänger-Bände gehalten werden. Gut 160 Seiten hat das Autoren-Team Bionda/Kleudgen mit viel Handlung und ausreichend Vampiratmosphäre gefüllt. Der Kampf gegen den großen Widersacher Lee Khan tritt in die entscheidende Phase. Dabei muss der Leser in diesem Band hauptsächlich drei Handlungsebenen verfolgen: Dilara und Calvin in Paris, Guardian und Semjasa in Wien, sowie Dilara zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts. Gerade die Vergangenheitsepisoden sind sehr eindringlich und authentisch geschildert worden. Napoleons Krönung zum Kaiser ist dabei nur Nebensache. Hauptsächlich geht es um Dilaras Bekanntschaft mit Friedrich Esterházy und Shei An Khan. Gemeinsam jagen sie einen mächtigen Vampir, der nicht nur Khans Gefährtin entführt hat, sondern auch die geheimnisvolle Schattenchronik. Das titelgebende Buch ist sowieso viel zu selten Gegenstand der laufenden Handlung und es ist ein geschickter Schachzug, die Chronik in Zusammenhang mit dem aktuellen Zyklus dem Leser wieder ins Gedächtnis zu rufen.

In der Gegenwart bekommen es Dilara und Calvin mit einer ganz besonderen Form von Kunst zu tun. Die Ereignisse gipfeln in einem bombastischen Finale unterhalb der Kirche Sacré-Cœur, welches ziemlich blutig ausfällt, ohne dass die Autoren die Grenze des guten Geschmacks überschreiten. Immer noch gilt die Devise: Stimmung statt Gemetzel. Der Part von Guardian und Semjasa unterhalb der Stadt Wien ist ebenso gelungen, und es ist großartig, dass Guardian endlich einen aktiveren Part erhalten hat. Dafür musste in diesem Band größtenteils auf Mick und Luna Sangue verzichtet werden. Auch die Handlung um die Rivalität der alten Nosferati untereinander und die Erweckung des Demiurgen ist zunächst in den Hintergrund geraten. Hier zeigt sich deutlich, dass die einzelnen Bände zu wenige Seiten haben, um der Fülle an Figuren und Handlungssträngen gerecht zu werden. Band 12 (September 2008) und 13 (März 2009) sind übrigens mit doppelter Seitenstärke angekündigt, dafür aber nicht mehr unter der Herausgeberschaft von Alisha Bionda und Wolfgang Hohlbein. Genaueres dazu ist noch nicht bekannt.

Das Cover von Mark Freier ist sehr kunstvoll ausgefallen, wenngleich nicht ganz so atmosphärisch, wie bei den Vorgänger-Bänden. Im Hintergrund ist die Kirche Sacré-Cœur zu sehen, die im Roman ja eine tragende Rolle inne hat. Die Innenillustration von Pat Hachfeld kommt leider aufgrund ihrer Größe nicht so gut zur Geltung.

_Fazit:_ Spannende und temporeiche Fortsetzung mit originellen Einfällen. Die Handlung läuft stringent ab, und neben einigen blutigen Szenen dominiert auch hier die düstere Atmosphäre. Langsam aber sicher streben die Ereignisse auf ein großes Finale zu. Leider wurde im Gegensatz zu den restlichen Schattenchronik-Bänden auf die Illustrationen von Pat Hachfeld sowie auf das Inhaltsverzeichnis verzichtet.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Bionda, Alisha / Kleugden, Jörg – Schattenkelch, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 5)

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977

Antediluvian, Dilaras Förderer und Erzfeind, wurde am Ende von „Blutopfer“ recht spektakulär der Garaus gemacht. Das mag nun bei einer Romanserie (gerade einer mit vielen Rückblenden) nicht unbedingt viel heißen, doch zumindest ist Antediluvian für den Moment von der Bildfläche verschwunden. Das gibt dem Autorenteam Alisha Bionda und Jörg Kleudgen ausreichend Möglichkeiten, neue Charaktere und Handlungsstränge zu entwickeln. Und es gelingt ihnen mit Leichtigkeit, der Serie um die Vampirin Dilara neue Impulse zu geben!

Der Titel des fünften Bandes lässt es schon vermuten: In „Der Schattenkelch“ geht es um nichts Geringeres als die Gralssuche. Calvin, der bisher als Charakter hinter der schillernden Dilara zurückstehen musste, bekommt nun seine eigene Geschichte und seine eigenen Geheimnisse. Denn als die beiden sich kennen lernten, hatte er ihr lange nicht alles über sich erzählt. Tatsächlich hat sich seine Familie nämlich der Suche nach dem Gral verschrieben und Calvin, der sich von seinem Vater losgesagt hatte, wird nun von seiner Vergangenheit eingeholt. Denn auch Luna Sangue, der neue „Player“ in der „Schattenchronik“ ist scharf auf den Kelch; verspricht er doch den Vampiren tatsächliche Unsterblichkeit und Unverwundbarkeit.

Und so werden in gewohnter Manier Vergangenheit und Gegenwart verwoben: Während nämlich im heutigen London Dilara und Calvin versuchen, die Spur des Schattenkelchs aufzunehmen, erinnert sich Dilara, dass sie es schon vor fast hundert Jahren mit dem Gral zu tun hatte: Damals nämlich wurde sie, kurz vor Ausbruch des I. Weltkriegs, in Frankreich zu einer Séance mit illustrem Klientel geladen. Doch das Medium, eine gewisse Geneviève Zaeppfel, wird entführt, um ihr durch Folter den Aufhaltsort des Grals zu entlocken. Dass der Name der Dame gerade Geneviève ist, ist sicherlich kein Zufall, und so ist zu erwarten, dass wir in zukünftigen Bänden noch einiges von ihr sehen (und vor allem lesen) werden.

Auch in Band fünf der Serie sind noch keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. Im Gegenteil: Die Autoren nutzen Antediluvians furiosen Abgang dazu, die Handlung in eine neue Richtung zu wenden und den Schwerpunkt auf bisher vernachlässigte Charaktere zu lenken. So ist natürlich Dilara wie gewohnt die Protagonistin des Romans (schließlich hält sie, auch durch die Rückblende, die verschiedenen Handlungsstränge zusammen), doch sind vor allem die bisherigen Nebencharaktere Calvin, Guardian und Mick die Stars des Romans.

Alle drei bekommen ihre eigenen Geheimnisse, die es in den nächsten Bänden zu lüften gilt. Warum und wodurch is Calvin der Schlüssel in der Gralssuche? Was ist Guardians Masterplan? Und vor allem, was ist Micks düsteres Geheimnis? Der Cop scheint kein Vampir zu sein, und doch ist er auch kein Mensch. Auf welche Seite wird er sich schließlich stellen? Alles Fragen, die sich der Leser stellt, während er nervös an seiner Lippe kaut. Und alles Fragen, die die Autoren sicher genüsslich ausbreiten, aber nicht sofort beantworten werden!

Wie immer, gibt es auch in „Der Schattenkelch“ wunderbare und lebendige Schauplätze. Diesmal ist Frankreich an der Reihe und besonders die Rückblenden atmen die Atmosphäre der Zeit: Da gibt es geheimnisvolle Séancen, waberndes Ektoplasma, fliegende (und brennende) Zeppeline, Dreidecker, Zigeuner und Priester, die geheime Bibliotheken bewachen. „Die Schattenchronik“ ist international, global – eine Art Reiseführer für vampirbesessene Leseratten. Und wie immer schaffen es die gut recherchierten Schauplätze, die Handlung zu unterstützen anstatt vordergründig auf den Effekt aus zu sein. Auch die französischen Schauplätze der heutigen Zeit, St. Michel und Les Saintes-Maries-de-la-Mer, sind farbenprächtig und lebendig – und machen darüber hinaus sofort Lust auf Urlaub.

Die Handlung zieht also Kreise: Von der Jagd nach der Schattenchronik (die auch hier nicht ganz vergessen wird) zur Jagd nach dem Schattenkelch. Von der Jagd nach Calvins Vergangenheit zur Jagd nach Luna. Jeder jagt nach irgendetwas in dieser Romanserie und das macht wohl das hohe Tempo der Romane aus. Ständig passiert etwas Neues, sodass der Leser schon aufmerksam mitdenken muss, um am Ball zu bleiben. Doch das eigene Tüfteln und Kombinieren erhöht ja nur den Spaß an der Lektüre. Und der ist ohnehin schon hoch!

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