Brian Sibley – Der Hobbit. Die Schlacht der Fünf Heere – Das offizielle Filmbuch: Wie der Film gemacht wurde

HOBBIT 3: Humorvoll und informativ, aber manches wird verschwiegen

Das offizielle Filmbuch schildert exklusiv die Entstehung des Films »Der Hobbit – Die Schlacht der Fünf Heere«. Mit dabei sind ausgewählte Fotos vom Set, Interviews, darunter die Erläuterungen der verwendeten Special Effects.

„Erlebe anhand des Filmbuchs mit, wie die epische Schlacht hinter den Kulissen gewonnen wurde. Neben exklusiven Interviews mit Regisseur Peter Jackson, den Schauspielern Sir Ian McKellen, Richard Armitage, Cate Blanchett und Christopher Lee erfahren wir zahlreiche Einzelheiten zum Dreh von den wichtigsten Mitarbeitern am Set.

Billy Connolly kommt als Zwergenkönig Dáin Eisenfuß zu Wort, und Benedict Cumberbatch [Sprecher des Drachen Smaug] enthüllt die dunklen Geheimnisse um seine Darstellung des bösen Nekromanten.

Üppig ausgestattet mit hunderten Fotos, die außer den Geschöpfen, Sets und Außendrehorten auch viele künstlerische Entwürfe und Spezialeffekte zeigen, ist dieses Buch ein unverzichtbarer Begleiter zum abschließenden Teil der phantastischen Filmtrilogie.“ (Verlagsinfo)

Umschlag

Das Titelbild des Umschlags ist in Prägedruck gehalten und die Farbe des abgebildeten Helms des Zwergenkönigs schimmert silbrig-metallisch, als sei der Helm aus echtem Mithril. Die darunter zu sehende Szene zeigt links die Zwerge plus Bilbo, rechts aber Orks und den Oberork Azog auf einem Warg. Im Hintergrund erhebt sich der Einsame Berg Erebor, vor Thrains Schatzkarte, die sich in jedem HOBBIT-Buch findet. Die Rückseite des Umschlags scheint ein Tor zu zeigen, wie man es in der Festung Dol Guldur finden würde: ringsum Metalldornen.

Der Autor

Der Brite Brian Sibley hat bereits die Bücher über die filmhistorischen Hintergründe von Peter Jacksons „Herr der Ringe-Trilogie“ geschrieben. Die Bücher wurden verdientermaßen internationaler Bestseller. Der Filmfan findet darin – die einzigen! – wirklich nützlichen Filminformationen, die in Buchform vorliegen, also nicht im Internet oder im Magazin des offiziellen LOTR-Fanclubs veröffentlicht wurden. Tiefer gehen nur die „Chroniken“, die sich aber jeweils nur mit Teilaspekten der Entstehung befassen (etwa Waffen & Gewänder) und von denen jedes Buch rund 30 Euro kostet – falls es nicht schon vergriffen ist.

Inhalt und Eindruck

Brian Sibley ist so etwas wie der offizielle Hofberichterstatter für dieses Filmprojekt von New Line Cinema/MGM. Er achtet auch darauf, dass Tolkiens Werk nicht entstellt wird. Er war in den Weta-Werkstätten und den Studios in Neuseeland vor Ort – viele schöne Fotos zeugen davon. Dementsprechend authentisch sind die Infos, die er mitgebracht hat: alle aus erster Hand – im Gegensatz zu manchem Zeug, das man im Web so findet.

In den schön gestalteten und mit zahlreichen Fotos illustrierten Kapiteln beschreibt er haarklein, was es zu dem jeweiligen Thema zu wissen gilt und stellt die Verantwortlichen mit Bild vor. Ob das nun Sounddesigner, Kostümbildner oder Kameraleute sind – alle kommen mit ihren speziellen Ansichten zu Wort. Sie sagen, was sie tun, wie sie es tun – und vor allem, was sie dabei fühlen.

Zwei Zauberer

Zum Auftakt kommen zwei Zauberer zu Wort: „Gandalf“ und Peter Jackson. Der Regisseur wünscht sich von künftigen Zuschauergenerationen, dass sie die Doppel-Trilogie aus „Hobbit“ und „Herr der Ringe“ als eine Einheit sehen. „Dann werden sie sehen, wie sehr die Ereignisse in der ersten Trilogie Bilbo Beutlin verändert haben.“ Diese Veränderung konnte Bilbo nur zu einem geringen Teil an seinen Neffen Frodo weitergeben. Aber er legte seine Gedanken ja in seinem Buch nieder.

Die Veränderung deutlich gemacht zu haben, liegt zu keinem geringen Teil auch an der Hintergrundgeschichte, die das Drehbuchteam aus Tolkiens Schriften wie etwa den „Anhängen“ gestaltete, die es nicht in die beiden Romane geschafft hatten. Insbesondere die Geschichte des Einen Rings und seines teuflischen Schöpfers ist dabei von herausragender Bedeutung. Das Verdienst, diese Bedeutung erkannt zu haben, kommt Gandalf zu.

Womit wir endlich bei dem fabelhaften Sir Ian McKellen wären, der zum Abschied sein eigenes Porträt überreicht bekam – und (wie jeder Schauspieler) seinen Filmstuhl. Tatsächlich ist es ein Filmfoto mit Gandalf, angetan mit Zauberstab und Schwert Glamdring („Feindhammer“), das diesen Band eröffnet. „Ian McKellen IST mittlerweile Gandalf“, konstatiert Art Designer Alan Lee, und das sei auch notwendig gewesen, denn Tolkiens Beschreibung des Zauberers sei eher vage.

McKellen hat die zwei menschlichen Seiten Gandalfs herausgearbeitet: „Sein Gandalf ist reizbar, ungeduldig und schlecht gelaunt“, sagt Drehbuchautorin Philippa Boyens, „dann wieder gütig, warmherzig und sentimental.“ Gandalf ist eben ein echter Maia, eine Macht, die von den göttlichen Valar nach Mittelerde gesandt worden ist, um dem Prinzip des Bösen, verkörpert von dem Maia Sauron, Widerstand zu leisten.

Schon in der ersten Szene des 2. HOBBIT-Films, die im „Tänzelnden Pony“ zu Bree spielt (S. 21), kann man mitverfolgen, wie sich Gandalfs Erscheinen im Verlauf ändert und wie es die ganze Atmosphäre in dem Gasthof verändert. Feinde nehmen Abstand, und am Schluss befindet sich kein Geringerer als ein König im Exil – Thorin – auf geheimer Mission – alles nur wegen eines alten Typen in zerschlissener Kutte. Der Humor in dieser Szene ist, wie immer bei Jackson, leise, verhalten und trocken, neuseeländisch eben.

Der König unter dem Berge

Sechs Seiten sind Thorin Eichenschild gewidmet. Sein Darsteller Richard Armitage hatte die Aufgabe, kein Abziehbild herumstolzieren zu lassen wie eine Marionette, sondern die Figur zum Leben zu erwecken. Da Thorin aufgrund seiner schrecklichen Erlebnisse einen seelischen Panzer trägt – er sah seinen Großvater sterben und seinen Vater verschwinden – , liegt die Herausforderung darin, für diesen harten Burschen im Zuschauer Sympathie zu erwecken.

Dazu sind Jackson und seinen Autoren ein paar geniale Szenen eingefallen. Wer in Teil 2 genau hinschaut, sieht Thorins Profil haargenau im Profil von Thrors Riesenstatue wiederholt – während Thorins beteuert, er sei nicht wie sein Großvater und könne nicht wie dieser der Drachenkrankheit verfallen. Es ist Thorins tragische Ironie, genau diesem Schicksal anheimzufallen. Und es ist Jacksons und Armitages Verdienst, Thorin sich selbst von dieser Krankheit befreien zu lassen. Mehr Details dazu in einem gesonderten Kapitel auf S. 124.

Thorins Auseinandersetzung mit dem SEE aus Gold, auf dem er steht, ist ein Echo zu Bilbos Auseinandersetzung mit dem RING aus Gold, den er Gollum, einem ganz anderen „König unter dem Berge“, stibitzt hat. Nachdem er bereits im Düsterwald ein unschuldiges Wesen (die weiße Spinne) unter dem Einfluss des Rings erschlagen hat, versucht er nun, in Teil 3, den Ring zum Guten zu verwenden. Und den Arkenstein natürlich.

Drachen und Drachenzauber

Nicht weniger als 18 Seiten sind Smaug gewidmet. Das liegt wohl auch an der Tatsache, dass er als erster Bösewicht im 3. Teil auftritt – in nahtlosem Anschluss an das Ende von Teil 2. Art Designer John Howe erläutert, was er und sein WETA-Team sich bei Smaugs Entwurf gedacht haben. (Alle eingehenderen Details findet man in dem gesonderten SMAUG-Band, den es – noch – nicht auf Deutsch zu kaufen gibt, den ich aber vorgestellt habe.) Benedict Cumberbatch, Darsteller des SHERLOCK, verlieh nicht nur Smaug seine einzigartige Stimme und Ausdrucksweise, sondern auch Sauron, dem Nekromanten. (Dabei sprach er die Schwarze Sprach rückwärts, und zwar „in echt“, nicht als Computertrick. Näheres dazu in der NEKROMANT-Strecke S. 86-90.)

Druckfehler hoch 2

Am Ende dieser SMAUG-Strecke scheint sich ein größerer Druckfehler eingeschlichen zu haben. Auf den Seiten 46 und 47 wird das Zusammenspiel zwischen Smaug und Sauron erklärt, aber auf den zwei vorhergehenden Seiten wurde bereits Luke Evans als Bard vorgestellt: „Peter Jackson als Bard“. Die eigentliche BARD-Strecke beginnt aber erst auf S. 48! Der doppelte Fehler betrifft also eine falsche Sequenz von Seiten. Die Doppelseite „Peter Jackson als Bard“ dürfte eigentlich erst auf der aktuellen Seite 52 folgen!

Bard bzw. Luke Evans und sein Filmsohn Bain, gespielt von John Bell, spielen die Hauptrolle in der entsprechenden Fotostrecke. Diese wird von Einseiter-Kapiteln wie „Der Schwarze Pfeil“, „Fantastische Klänge“, „Feuer und Wasser“ ergänzt. Typisch britischer Humor blitzt in dem Einseiter „Von Angesicht zu Tennisball“ durch: Viele Schauspieler hatten gar kein echtes Gegenüber zum Ansprechen, sondern nur einen grünen Tennisball, der einen Kopf symbolisierte – und der später digital ersetzt wurde.

Bilbo Beutlin

Nach einem Kapitel über die Felshöhlen von Rhudaur, aus denen Sauron die Nazgûl befreite, kommt die Sprache endlich auf die Titelfigur: „Martin Freeman IST Bilbo.“ Freeman ist Dr. John Watson in der Krimiserie „SHERLOCK“ und dort schon ziemlich überzeugend. Bekanntlich hat Peter Jackson erklärt, ohne Freeman hätte er den HOBBIT nicht verfilmen können. Das ist etwas übertrieben, findet Freeman. Wahr ist aber, dass die Dreharbeiten verschoben wurden, um Freeman Zeit für die Mitarbeit an SHERLOCK, Staffel 3, zu gewähren. Derartige Privilegien können Studios nur den besten und wichtigsten Schauspielern zugestehen, denn das kostet ja richtig Geld. Freeman revanchierte sich dafür, indem er Jackson zu jeder Szene mindestens ein halbes Dutzend verschiedene Interpretationsweisen vorspielte – erst dadurch gewinnt sein Bilbo an Farbe und Eigenständigkeit.

Galadriel, die Stalkerin

Cate Blanchett gibt schelmisch zu, dass sie Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um an der HOBBIT-Verfilmung teilnehmen zu dürfen. Ihr Problem: Ihre Figur Galadriel kommt im Buch gar nicht vor! Sie wurde dennoch sogar zum Telefon-Stalker. Jackson, die Autoren, Designer, Kameraleute wiederzusehen, sei für sie wie ein Familientreffen gewesen, erzählt sie. Zum Dank für ihr Engagement (oder ihre Zudringlichkeit) erhielt sie eine Perücke von goldenem Haar, die noch schöner ist als die im „Herr der Ringe“. (Mehr zu der russischen Perücke findet sich in Sibleys Filmbuch zu Teil 1.) Auf einem der Fotos erscheint sie wie ein Pinup-Girl, das Sonnenschein in die Männerwelt der Dreharbeiten brachte – mit Peter Jacksons unvermeidlichem Kaffeebecher in der Hand…

Die Art Designer

Dass John Howe und Alan Lee ein fabelhaftes Team sind, dürfte sich schon beim „Herr der Ringe“ herumgesprochen haben. Hier zeigen sie auf einer Doppelseite, was sie zustandegebracht haben – wenn sie nicht gerade einen Cameo-Auftritt in Seestadt absolvierten. Auf S. 79 steuern sie eine 3D-Zeichnung bei, die sie für einen Videoblog produziert hatten. Ohne entsprechende 3D-Brille sieht das Endergebnis unansehnlich aus.

„Saruman Augenbraue“

Das Wichtigste, was man über Christopher Lees Augenbrauen wissen muss, ist die Tatsache, dass sie fortwährend hüpfen. Die Herausforderung bestand also darin, sie vom Hüpfen abzubringen, denn diese Dynamik ist einer würdevollen Figur wie Saruman unangemessen. Ob die Bändigung der aufmüpfigen Augenbrauen stets gelang, wird man wahrscheinlich erst in einem Extra zum Extended Cut erfahren. Ähnlich humorvoll lässt sich Sibley über Lees Geschichten aus. Sie sind bei einem achtzigjährigen leben entsprechend faszinierend, aber, herrje, sie halten jeden von der Arbeit ab.

Die Filmmusik

Während der 1. Teil des HOBBIT vor allem aus musikalischen Reprisen mit Nostalgiecharakter bestand, konnte sich Komponist Howard Shore endlich in Teil 2 und 3 kreativ entfalten. Er schuf neue Motive wie etwa das Shanty-hafte Seestadt-Motiv. Die Aufnahmen fand in der Town Hall von Wellington statt, die über eine herausragende Akustik verfügt (die Doku dazu ist auf der SE-Blu-ray von Teil 2). Inmitten dieser acht Seiten lange Strecke findet man auf S. 80/81 eine wunderschöne Darstellung von Seestadt.

Ein kurzes Dol-Guldur-Kapitel wird flankiert von „Wissenswertes über Zauberer“ und „Einmal Gandalf XXL, bitte!“ Letzteres ist ein wirklich interessantes und witziges Porträt über Ian McKellens Größendouble, den Neuseeländer Paul Randall, der im „wirklichen“ Leben eigentlich Polizist ist. Für die 18 Monate Dreharbeiten bekam bzw. nahm er sich eine Auszeit. So konnte er die Zwergendarsteller immer „so klein mit Hut“ machen, harhar.

Thal und Detailtreue

Die Präsentation der zwei Versionen von Thal – vor und nach dem Erscheinen des Feuerdrachens – ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich Glaubwürdigkeit erzeugen lässt. „Stell dir eine tibetische Stadt in den Schweizer Alpen vor, italienische Seite“, rät Designer John Howe. Entsprechend eigenwillig fielen seine Entwürfe und die seines Kollegen Alan Lee aus. Deren Umsetzung oblag Dan Hennahs Team, den Bühnenbildnern, Modellbauern und Ausstattern. Die schufen nicht bloß Modelle, sondern sämtliche Alltagsobjekte zum jeweiligen Setting, und zwar in mehreren Größen – jeweils für Zwerge/Hobbits und Menschen/Elben/Zauberer.

Eine Doppelseite über den ARKENSTEIN ergänzt dieses Kapitel mit einer eigenartigen Geschichte über jenen Darsteller, der im 1. Teil den Arkenstein „findet“. Es war Jacksons Idee, Stunt-Koordinator Glenn Boswell (ansonsten ein vielbeschäftigter Mann) dafür heranzuziehen. Am Schluss war Jackson mit dem Ergebnis nicht zufrieden und beschwerte sich: „Warum haben wir eigentlich Glenn genommen? Seine Augen sind zu dicht an der Nase!“ Glenn bedankt sich trotzdem, sarkastisch natürlich.

Regisseure und andere Kiebitze

Bekanntlich hatte Andy Serkis die Ehre, das zweite Drehteam zu leiten, Aber auch Christian Rivers nahm im Regiestuhl Platz, im „Erweiterten Drehstab“. Dem OSCAR-Gewinner ist eine eigene Doppelseite gewidmet und man sieht ihn vor Green-Screens und neben McKellen. Michel Pellerin hatte wiederum Rivers, Serkis und Jackson im Visier seiner Kamera, da er die Videodokumentation für die DVD/Blu-ray produzierte (vier Seiten).

Schlachtpläne

Ab S. 116 kommt die Sprache endlich auf die titelgebende Hauptsache: die Schlacht der fünf Heere. Jackson erklärt, was die fünf Armeen eigentlich motiviert. Der Dunkle Herrscher schickt nach Smaugs „Ausfall“ gleich zwei Orkarmeen vor, um die Zwerge daran zu hindern, im Erebor ein Königreich zu errichten. Unversehens sehen sich Azog und Bolg, die Heerführer, den Armeen von Elben, Zwergen und Menschen gegenüber.

Dies ist jedoch nur der allgemeine Hintergrund, vor dem die „Hero Moves“ stattfinden, also entscheidende Einzelgefechte oder ganze Sequenzen, so etwa um Bard, der in Thal eingetroffen ist, oder um Dáin Eisenfuß. Merke: Der Zuschauer interessiert sich nicht für die Kakophonie des Schlachtengetümmels, sondern nur für Helden und ihr Schicksal. Auch wenn die Helden Feiglinge sind wie Alfrid. Apropos „Kakophonie“: Auf 4 Seiten (S. 126-129) erklären die Sounddesigner, wie sie es geschafft haben, die Action richtig gut klingen zu lassen – ein Schrei ist der ihres Musik-Schnittmeisters Steve Gallagher, der sich bei Probeaufnahmen den Zeh brach… Manchmal verlangt die Kunst große Opfer.

Eine „verhängnisvolle“ Beziehung

Die meisten Zuschauer, die Teil 2 und 3 sehen, finden die Dreiecksbeziehung, die Tauriel zu Kili, dem Zwerg, und zu Legolas, dem Königssohn, pflegt, gar nichts Besonderes, sondern einfach nur schön romantisch -„one for the girls“, wie Philippa Boyens zu sagen pflegt. Das Pikante dabei: Evangeline Lilly alias Tauriel hatte darauf gedrungen, keinesfalls eine Dreiecksbeziehung durchscheinen zu lassen. Sie wurde ausgetrickst, höchstwahrscheinlich am Schnittpult. Leider wird sie hier nicht zitiert. Sie hätte Jackson und Boyens heftig widersprochen. John Howe bringt die ganze verfahrene Geschichte auf den Punkt: „Es ist eine Geschichte des Entliebens, und das kann nur in einer Tragödie enden.“ Tauriel bekommt also weder Kili noch Legolas. Legolas bekommt stattdessen einen schrägen Typen namens Gimli…

Ein Überraschungsgast

…ist eigentlich nicht zur Party eingeladen. Dáin Eisenfuß, wundervoll gespielt von Charakterdarsteller Billy Connolly (S. 140-143), prescht auf seinem Kriegseber trotzdem mitten in die Schlacht, auf der sich Elben und Erebor-Zwerge gerade an die Gurgel gehen wollen. Und dabei gäbe es doch so viele Orkschädel einzuschlagen! Ein sehr humorvolles Kapitel, das mit der Zwergenhymne endet. Hä, waas? „Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh…!“, wird aus Disneys „Schneewittchen“ zitiert.

Showdown: Rabenberg und Orkfeldherr

Nach einem Exkurs über Schnitttechnik und Kampfchoreografie kommt der Autor endlich auf die Gefechte am Rabenberg zu sprechen. Leider findet er nur Worte für eine Seite, aber dafür Bilder für drei Seiten. Der Grund für diese Kürze: Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches befand sich die Schlachtplanung noch in der Entwicklung. Deshalb findet man hier keine Fotos von den Showdowns Legolas vs. Bolg und Thorin vs. Azog. Nur der Orkfeldherr sowie sein Darsteller Manu Bennett werden ausführlich auf S. 152-157 gewürdigt.

Richard Taylor von Weta Workshop und Joe Letteri von Weta Digital erklären die „Methode Weta“, die die Doppeltrilogie so erfolgreich gemacht hat. Bilbo kehrt wieder nach Beutelsend und Hobbingen zurück – und diesen Drehort kann man nun wirklich selbst besuchen, denn die Farmersfamilie hat aus dem Rummel nach dem „Herrn der Ringe“ ihre Lehren gezogen. Philippa Boyens Gedanken über die Begriffe „Heimat“, „Auslandseinsatz“ und „Exil“ finden hier ihren Platz.

An anderer Stelle (S. 137) macht sich Jackson Gedanken über die Parallelen zwischen Bilbo Beutlin und dem Soldaten John Tolkien, der irgendwo an der Somme „in einem Loch“ eingebuddelt ist, während ihm die ersten Zeilen zu seinem Legendarium einfallen. Etwas seltsam mutet es den Betrachter an, dass neben Thrains Schatzkarte der Eine Ring liegt.

Nachwort

Das letzte Wort (S. 165) hat wieder Jackson: „Wäre der HOBBIT, wie 1995 vorgeschlagen, zuerst verfilmt worden, wäre ein völlig anderer Film entstanden. Aber nach dem Erfolg des HERRN DER RINGE konnte auch keine Kindergeschichte erzählt werden, sonst wäre der Anschluss an das großartige Action-Epos unglaubwürdig gewesen.“ Also musste auch der HOBBIT zu einem Action-Epos ausgebaut werden, und Teil 3 ist sein würdiger Abschluss. Leider fehlt hier der Dank an Guillermo del Toro, genau wie im ganzen Buch kaum sein Name fällt. Nur im Abspann zu den Filmen wird sein wertvoller Konzeptionsbeitrag fürs Drehbuch gewürdigt.

Die Übersetzung

Der Text ist erfreulich flüssig zu lesen, und der gewählte Sprachstil ist weder akademisch noch leutselig, sondern sowohl sachlich als auch von menschlicher Wärme geprägt. Immer arbeitet der Autor die allzu menschliche Seite einer Rolle, einer Aufgabe heraus, was vielfach amüsant ist. Die Zahl der Druckfehler hält sich erfreulicherweise in Grenzen. Der einzige größere Schnitzer ist die falsche Positionierung einer Doppelseite über Bard (S. 44/45) – siehe oben.

Es ist immer knifflig, ein Buch, das derart viele Werktitel zitiert, ins Deutsche zu übertragen. Viele erwähnte Titel sind noch unübersetzt oder nur in Neuseeland / Australien bekannt. Die Übersetzerin hat daher nicht jeden Werktitel übertragen, sondern vielfach den O-Titel stehen lassen. Aber wichtig war natürlich, jeden einzelnen Tolkientitel mit deutschem Titel zu nennen – Tolkien ist ja fast komplett ins Deutsche übertragen worden (mit Ausnahme von acht Bänden der „History of Middle-Earth“). Die Credits am Anfang des Buches nennen die von Klett-Cotta verwendete HOBBIT-Fassung.

Unterm Strich

So prachtvoll illustriert und informativ der Band auch daherkommt, so bleibt doch ein kleiner Beigeschmack. Da ist zum einen der Positionierungsfehler auf S. 44/45, eine Doppelseite, die ganz woanders hingehört. Da fehlen – aus Zeitgründen – die Darstellung die Würdigung der gewaltigen Showdowns Legolas vs. Bolg, Fili & Kili sowie Thorin vs. Azog. Über den Kampf des Weißen Rates gegen Sauron verliert der Autor kaum ein Wort, allenfalls in den Kapiteln über Saruman und den Nekromanten. Richtige Actionszenen sind nicht darunter. Da hat wohl die PR-Abteilung den Deckel draufgehalten: bloß nix verraten!

Sibley ist es (wieder mal) gelungen, die witzigen und kuriosen Seiten der umfangreichen, weitverzweigten Dreharbeiten herauszuarbeiten. So erfahren wir von gebrochenen Zehen (genau wie bei Viggo „Aragorn“ Mortensen) und riesigen Polizisten. Ein Kapitel über „Alfrid“ John Gage fehlt hier, ist aber im Filmbuch zu Teil 2 zu finden. Ich finde, der Theaterschauspieler Gage hat eine Karriere als Comedian verdient.

Uns werden aber auch die Querelen um die Dreiecksbeziehung zwischen Tauriel, Kili und Legolas verschwiegen, die E. Lilly ausdrücklich vermeiden wollte. Und wie steht sie jetzt da? Wie eine Frau „am Rande der grünen Welt“ (Thomas Hardy – sein gleichnamiger Roman kommt demnächst ins Kino), die sich zwischen zwei Männern zerrissen sieht, sich aber von beiden entlieben muss – dumm gelaufen.

Nichtsdestotrotz ist auch dieses „Offizielle Filmbuch“ als informativster aller Begleitbände zu empfehlen. Hier werden keine Marketingbotschaften wiedergekäut, und die Fotos sind alle exklusiv. Das Buch ist mit rund 20 Euro preisgünstiger als einer der CHRONIK-Bände, der jeweils mit 30 Euronen zu Buche schlägt – und meistens längst vergriffen ist.

Broschiert: 168 Seiten
Info: The Hobbit: The Battle of Five Armies. Movie Guide, 2014
Aus dem Englischen von Katrin Harlaß
ISBN-13: 978-3608960853

www.klett-cotta.de

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