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Brian Sibley – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Das offizielle Filmbuch

_Humorvolle, tiefe Einsichten in die HOBBIT-Produktion_

Das Filmbuch schildert die Entstehung des Films in Bild und Text und nimmt den Leser mit hinter die Kulissen. Das ausführliche »Making of« vermittelt das Gefühl, unmittelbar an der Entstehung des Films teilzunehmen – ein Spaß für die ganze Familie. (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Der Brite Brian Sibley hat bereits das erste Buch über die filmhistorischen Hintergründe von Peter Jacksons „Herr der Ringe: Die Gefährten“ geschrieben. Das Buch wurde verdientermaßen ein internationaler Bestseller. Der Filmfan findet darin (die einzigen) wirklich nützlichen Filminformationen, die in Buchform vorliegen, also nicht im Internet oder im Magazin von Fanclubs veröffentlicht wurden.

_Inhalte_

Brian Sibley ist so etwas wie der offizielle Hofberichterstatter für dieses Filmprojekt von New Line Cinema/Warner/MGM. Er war in den Weta-Werkstätten und den Studios in Neuseeland vor Ort – viele schöne Fotos zeugen davon. Dementsprechend authentisch sind die Infos, die er mitgebracht hat: alle aus erster Hand (im Gegensatz zu manchem Zeug, das man im Web so findet).

In den schön gestalteten und mit zahlreichen Fotos illustrierten Kapiteln beschreibt er haarklein, was es zu dem jeweiligen Thema zu wissen gilt und stellt die Verantwortlichen mit Bild vor. Wenn es beispielsweise um Maskenbildnerei und Haardesign geht, bekommt man nicht nur die maßgeblichen Leute wie Peter King vorgestellt, sondern darf auch die Ergebnisse ihrer Arbeit begutachten. Man kann sich beispielsweise fragen, wie viel Arbeit in dem mit Vogeldreck bekleckerten Bart von Radagast steckt.

Die lebhaften und mit bemerkenswerten Zitaten gespickten Mini-Berichte und Porträts lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen: die Schauspieler, die Crew und die Abteilungen. Haar- und Kostümdesign wäre so eine Abteilung, aber der Kameramann Andrew Lesnie oder der Bewegungschoreograph Terry Notary zählen zur Crew. Dass Andy Serkis, der Mann der die FILMFIGUR Gollum erschuf, nun auch Filmregisseur (für die Second Unit) geworden ist, habe ich hier zum ersten Mal erfahren. Eine ausgezeichnete Wahl, finde ich, denn Serkis bringt ungewöhnliche Ideen neben viel Theater- und Schauspielerfahrung mit.

Die dritte Kategorie ist die bei Weitem umfangreichste: die Schauspieler. Den Anfang macht der Darsteller der Titelfigur, also Martin Freeman. Extra für ihn wurde der Drehbeginn um mehrere Monate verschoben, denn er war in die 2. Staffel der TV-Serie „Sherlock“ eingebunden (und steckt mittlerweile schon in den Arbeiten an der 3. Staffel).

Ihm folgen Richard Armitage als Thorin Eichenschild und Sir Ian McKellen als Gandalf (siehe das Titelbild). McKellen hat natürlich ein wesentlich abgeklärteres Bild von den Dreharbeiten an diesem zwei Jahre dauernden Filmprojekt als seine jungen Kollegen. Aber alle drei Teile des HOBBIT wurden am Stück gedreht, von mehreren Teams, in Neuseelands Natur und in den Studios.

|Die Zwerge|

Am besten gefallen mir die Porträts der 13 Zwerge, denn erstens ist jeder Zwerg verschieden und zweitens haben die jeweiligen Schauspieler ihre ganz eigenen Ansichten: über das Projekt, das sie meist total fantastisch halten (es gibt ja auch viel dabei zu verdienen); die Zwerge als Spezies (mitunter recht sonderbare Zeitgenossen) und über ihre jeweilige Figur. Nori etwa ist ein notorischer Dieb und Rebell, der sich fragt, warum die Expedition NOCH EINEN Dieb benötigt.

Bifur, dargestellt von William Kircher, hingegen läuft mit einer Orkaxt in der Stirn herum und hat deswegen erhebliche Probleme mit der aktuellen Wirklichkeit. Der Unterschied zwischen dem Bewerbungsfoto und dem Endergebnis von Make-up, Haardesign und Kostümierung könnte nicht größer sein. Dass John Callen, Darsteller des schwerhörigen Oin, schon 65 Jahre alt ist, sieht man ihm deswegen keineswegs an.

Adam Brown, Darsteller des jungen Ori, dem Chronisten, tauchte in „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ übrigens als Skelett an Balins Grab auf, das eben diese Chronik in seinen bleichen Händen hält: das Buch von Mazarbûl. Adam, ein Mann mit viel Humor, scherzt über seine erfolgreiche Abmagerungskur für diese prominente Rolle als Skelett.

Übrigens gibt es nicht 13 Darsteller der Zwerge, sondern 52! Jeder Zwerg hat nicht nur seinen Normaldarsteller, sondern auch zwei Größen- und ein Stuntdouble. Folglich gibt es für jede Figur nicht nur ein Kostüm, sondern vier und entsprechend viele Accessoires usw.

|Die Waffen|

Da es alle Filmfiguren auch als Actionfiguren zu kaufen gibt, sind ihre Attribute sehr wichtig. Dazu gehören, besonders für Jungs, immer auch die jeweilige Waffe. Alle sind unterschiedlich bewaffnet, doch manche Waffe ist berühmt, weil sie bereits in der RINGE-Trilogie vorkam. Dazu gehören die Schwerter Glamdring und Stich, die von Gandalf bzw. Bilbo/Frodo geführt werden.

Neu kommt das Elbenschwert Orkrist hinzu, das in Thorins Händen wohl noch einige Orkschädel spalten dürfte (sein Griff ist aus Drachenzahn, und man fragt sich, wo Peter Jackson den entsprechenden Drachen auftrieb). Auf S. 147 ist die Inschrift auf Stich übersetzt: „Stich heiße ich, der Spinnen Tod bin ich.“ Gleiches hätte ich gern auch für Glamdring gesehen, das auf dem Titelbild abgebildet ist.

Gloin hält bereits die Streitaxt, die man in der RINGE-Trilogie in den Händen seines Sohnes Gimli sieht. Die Figuren sind also bis ins letzte Detail durchdacht, und die Schauspieler hatten großen Anteil daran. So erfuhr ich verblüfft, dass diese Zwerge aus drei unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen: aus der Arbeiterklasse, der Mittelschicht und natürlich aus der Adelsschicht, so etwa Thorin und Balin. Das führt zu einigen ironischen Seitenhieben unter den Zwergen.

|Neue Optik|

3D oder nicht 3D – das war die Frage. Ian McKellen ist begeistert von der 3D-Technik, und Peter Jackson hätte seine RINGE-Trilogie und „King Kong“ am liebsten schon dreidimensional gedreht. Dieser Minubericht erklärt die neuen Effekte in leicht verständlichen begriffen.

„Das Böse Auge“ wird die neue Kamera genannt, die die höhere Bildwiederholrate 48 fps erzeugt kann. Hier kommt die Digitaltechnik voll zum Tragen und beschleunigt und vereinfacht alle Bildverarbeitungsvorgänge. Aber sie hat auch unvorhergesehene Folgen: Jeder winzigste Fehler ist sofort zu sehen – im Make-up, im Kostümgewebe und sogar im Schliff von Schwertklingen. Da man sehen würde, dass die Filmschwerter stumpfe Kanten haben, muss man jetzt mit gefährlichen scharfen Klingen drehen! Hoffentlich erfährt die Versicherung nichts davon. Die würde sofort ihre Prämien verdoppeln.

_Mein Eindruck_

Die Berichte, Bilder und Features, die Sibley zusammengestellt hat, bilden in ihrer Gesamtheit das Puzzle eines Gesamtbildes, das sich vielleicht erst nach mehrmaligem Lesen einprägt. Es gibt aber bereits eine Ahnung von der unglaublichen Anstrengung, die Jacksons überdimensionales Projekt bedeutet hat. Die schieren Zahlen können einen glatt überwältigen: mehrere tausend Paar Hobbitfüße – was bedeutet das schon? Tausende von Kleidergarnituren – jeweils in unterschiedlichen Maßstäben, damit Hobbits immer kleiner als Menschen etc. aussahen. Und natürlich hunderte von Perücken (aus Bristol, GB) und Bärten (aus London).

Viel wichtiger als all diese Fakten war mir jedoch zu erfahren, was sich die maßgeblichen Leute bei diesem gigantischen 18-Monate-Projekt gedacht haben. Denn die Querelen mit den Urheber- und Lizenzrechten zogen sich ja über Jahre hin, und schließlich ging das MGM-Studio fast bankrott, was wiederum den ersten Regisseur Guillermo del Toro veranlasste, das Handtuch zu werfen.

Nun setzt Peter Jackson, eh schon als Produzent involviert, seine ganz persönliche Sichtweise auf Mittelerde und den HOBBIT in nicht nur zwei, sondern drei Filme um. Denn, so gibt er zu Protokoll, nur so, mit der eigenen inneren Beteiligung, macht es ihm Spaß, diese drei Filme zu realisieren. Und das ist der Grund, warum vieles, das die Zuschauer im ersten HOBBIT-Film sehen, ihnen so vertraut vorkommt. Ein Guillermo-del-Toro-Film hätte bestimmt ganz anders ausgesehen.

_Die Übersetzung _

Der Text ist erfreulich flüssig zu lesen, und der gewählte Sprachstil ist weder akademisch noch leutselig, sondern sowohl sachlich als auch von menschlicher Wärme geprägt. Die Zahl der Druckfehler – immer ein heikler Punkt in solchen schnell produzierten Begleitbüchern – hält sich erfreulicherweise in Grenzen. Fehler wie „William Kicher“ statt „William Kircher“ sind eher lustig als ärgerlich.

Es ist immer knifflig, ein Buch, das derart viele Werktitel zitiert, ins Deutsche zu übertragen. Viele erwähnte Titel sind noch unübersetzt oder nur in Neuseeland / Australien bekannt. Die Übersetzerin hat daher nicht jeden Werktitel übertragen, sondern vielfach den O-Titel stehen lassen. Aber wichtig war natürlich, jeden einzelnen Tolkientitel mit deutschem Titel zu nennen – Tolkien ist ja fast komplett ins Deutsche übertragen worden (mit Ausnahme von acht Bänden der „History of Middle-Earth“).

_Unterm Strich_

Für Leute, die wissen wollen, wie das Riesenprojekt der Filmtrilogie verwirklicht wurde und welche digitalen und künstlerischen Tricks dabei zum Einsatz kamen, ist dieses Buch ein Muss. Allerdings kommen wirkliche Fachleute hier ein wenig zu kurz. Um wirklich technische Details zu erfahren, sollten sie die „Chroniken“ zum HOBBIT erwerben. Die erste solche CHRONIK ist erhältlich, kostet aber nochmal zwölf Euro mehr als der vorliegende Band, nämlich knapp 30 Euro. Da kommen also noch einige Schmankerln für Sammler.

Auch für Film- und Tolkienfans, die sich mit der Darstellung bestimmter Figuren, wie etwa Bilbo, Radagast oder Thorin Eichenschild, auseinandersetzen wollen, bietet dieses Buch wertvolle Informationen aus erster Hand, nämlich Interviews. Diese sind stets durch filmografische Fakten unterlegt, die den jeweiligen Schauspieler mit seinen Werken vorstellen. Ned Brophy etwa war schon in den RINGE-Filmen in unterschiedlichsten Rollen beteiligt, vom Ork bis zum Elb, doch einen Zwerg darf er nun zum ersten Mal spielen.

Leute, die einen Sinn für Humor haben, werden sich an den zahlreichen kuriosen Fakten und Aussagen der Schauspieler und Crew-Mitglieder ergötzen, die Brian Sibley zusammengetragen hat (und die bei einem Projekt dieser Dimension nicht ausbleiben können). Aber sie seien auch gewarnt: Der Humor, den angelsächsische Schauspieler besitzen, ist mitunter pechschwarz. Das ist ganz besonders beim Motion-Capture-Darsteller des Orkkönigs, Barry Humphries, gut zu bemerken. Und auch Brian Sibley ist keineswegs unempfänglich für den Reiz des Hässlichen und Bizarren.

|Was fehlt|

Derjenige Zuschauer, der den Film gesehen hat, dürfte einige Figuren vermissen. Es handelt sich ausnahmslos um Figuren, die rein im Computer erschaffen wurden, nämlich:
– Smaug
– der Totenbeschwörer (Sauron)
– Azog, der Albino-Ork
– die Adler Thorondors
– Warge & Wargreiter
– The Bunny Wagon (Radagasts Karnickelschlitten, wird aber zumindest begründet)

Aber die drei Trolle findet man ebenso erläutert wie Gollum und den Orkkönig – sie wurden durch Motion Capture zum Leben erweckt. Und gerade zu den Trollen findet sich im Buch eine lustige Geschichte. Die sollte man aber selbst nachlesen. Ein kurioses Foto ist auf Seite 165 zu sehen: Martin Freeman trägt ein Lichtschwert. Möglicherweise hat er sich in den falschen Film verirrt und sollte eigentlich in STAR WARS Episode 7, die Disney plant, auftreten.

|Broschiert: 168 Seiten
Originaltitel: The Hobbit: The Official Movie Guide
Aus dem Englischen von Birgit Herden
ISBN-13: 978-3608939965|
http://www.klett-cotta.de

J. R. R. Tolkien – Der Hobbit. Mit Illustrationen von Alan Lee

Künstlerisch wertvoll: der illustrierte Hobbit

Bilbo Beutlin, der kleine Hobbit, macht sich auf den Weg zum Einsamen Berg, um den rechtmäßigen Schatz der Zwerge zurückzuholen, den der Drache Smaug gestohlen hat. Als er auf seiner Reise mit den Zwergen einen Ring findet und ihn arglos einsteckt, ahnt er nicht, welch wichtige Rolle dieser Zauberring einmal spielen wird – nämlich in der Fortsetzung „Der Herr der Ringe“. Und Gandalf ist fast immer mit von der Partie, als sich Bilbo vom ängstlichen Hobbit zum mutigen Meisterdieb mausert.

Diese Buchausgabe des Klassikers wurde neu durchgesehen und erstmals mit Illustrationen des bekannten Malers und Tolkienkenners Alan Lee versehen, dem Art Designer an Jacksons Verfilmung des „Herrn der Ringe“.

Der Autor

John Ronald Reuel Tolkien wird am 3. Januar 1892 in Bloemfontein in Südafrika geboren. Bei einem Verwandtenbesuch in England im Jahre 1896 stirbt Johns Vater an den Folgen eines Blutsturzes. Die Tolkiens, John, sein älterer Halbbruder Hilary und seine Mutter Mabel, bleiben daraufhin in England und werden von ihrer Familie finanziell unterstützt. Im Jahre 1900 entscheidet Mabel sich dazu, vom Protestantismus zum katholischen Glauben zu wechseln. Das empört ihre Familie, die ihr daraufhin den Geldhahn zudreht.

Vier Jahre später, am 14. November 1904, stirbt Mabel in einem diabetischen Koma. John und sein Halbbruder werden von einer Tante aufgenommen, und John geht an eine königliche Schule und bekommt ein Stipendium für das Exeter College in Oxford, das er 1913 mit Auszeichnung verlässt. Während dieser Zeit lernt er auch Edith Bratt kennen, die er 1916 heiratet. Kurz nach der Heirat muss er aber für das Königreich in den Ersten Weltkrieg ziehen. 1916 ist er in Frankreich stationiert und wird schwer krank. Dieser Krankheit hat er zu verdanken, dass er im gleichen Jahr nach Hause kann und nie mehr in den Krieg ziehen muss. Schon während dieser Zeit beginnt er an dem [„Silmarillion“ 4483 zu arbeiten.

1918 bringt Edith das erste von fünf Kindern zur Welt: John Francis. Die drei ziehen nach Oxford, wo Tolkien sein angefangenes Sprachstudium wieder aufnimmt und beendet. Im Oktober 1920 kommt der zweite Sohn Michael zur Welt. Im selben Jahr zieht die Familie nach Leeds, weil John dort einen Platz als Dozent an der Uni bekommt. 1924 wird John zum Professor berufen und sein dritter Sohn Christopher kommt zur Welt. Dieser sorgt nach dem Tod seines Vaters dafür, dass alle Manuskripte vervollständigt und veröffentlicht werden. Ein Jahr später gewinnt John die Wahl zum Angelsächsischen Professor an der Uni in Oxford. Die Familie zieht wieder zurück nach Oxford.

1929 legt Tolkien den Grundstein zu [„Der Hobbit“. 481 Außerdem wird seine erste Tochter geboren: Priscilla. Im folgenden Jahr beginnt Tolkien mit dem Manuskript zum „Hobbit“. Sieben Jahre später, am 21. September 1937, erscheint dann der „Hobbit“ bei |Unwin| und erhält viele positive Buchkritiken. Das Buch wird unter anderem mit dem „New York Herald Tribune“- Jugendpreis ausgezeichnet.

Im nächsten Jahr hat Tolkien schon konkrete Vorstellungen vom [„Herrn der Ringe“, 5487 weil Raynor Unwin um eine Fortsetzung des „Hobbits“ gebeten hatte. Tolkien unternimmt mehrere Anläufe und schreibt jedes Mal den Anfang komplett neu. Nach dem Start herrscht aber wegen des Zweiten Weltkriegs, in dem zwei seiner Söhne dienen, erst einmal eine künstlerische Pause, die bis 1947 dauert. Erst jetzt fängt er wieder an, am „Herrn der Ringe“ zu arbeiten. Zwei Jahre später ist das Buch dann fertig, wird aber erst 1954/55 veröffentlicht, da Tolkien den „Herrn der Ringe“ zusammen mit dem „Silmarillion“ und mit allen Anhängen herausbringen wollte. Der Verlag verlangt aus Kostengründen (Papier war rationiert und teuer), dass das Buch in drei Teile aufgeteilt wird, die nacheinander erscheinen.

Am Anfang sind die Bücher nicht besonders erfolgreich, werden als absurd und schwer verständlich eingestuft. Erst nach dem |Ace|-Raubdruck ca. 1966 wird das Buch vor allem bei amerikanischen Studenten beliebt und schließlich zweimal verfilmt.

Im Jahre 1968 zieht Tolkien wegen seiner Frau noch einmal um, und zwar ins das Seebad Bournemouth, welches die Familie aus Urlaubsbesuchen kennt. Am 19. November 1971 verstirbt Edith an den Folgen einer Gallenblasenentzündung. Tolkien zieht wieder nach Oxford um, wo er als Ehrenmitglied auf dem Unigelände wohnt. Er erhält von der Queen den „Kommandeursorden des Britischen Empires“ (CBE). Außerdem hat er die Hoffnung, sein Lebenswerk, das „Silmarillion“, noch vor seinem Tod fertigstellen zu können. Aber Tolkien stirbt am 2. September 1973 achtzigjährig im Krankenhaus, als er gerade ein paar Freunde besucht. Im Jahre 1977 veröffentlicht sein Sohn Christopher das „Silmarillion“ nach radikaler Überarbeitung und bringt noch andere Bücher seines Vaters heraus.

J. R. R. Tolkien (1892-1973) verschlang schon als Schüler „Beowulf“ und die Abenteuer des Artus-Ritters [Sir Gawain 479 auf Mittelenglisch. Tolkien studierte in Oxford und wurde mit 32 Jahren zum Professor für mittelalterliche englische Literatur. Er lehrte nahezu 40 Jahre lang und gab u. a. ein mittelenglisches Wörterbuch heraus, das bis heute auf diesem Gebiet zu den Standardwerken zählt. Sein besonderes Interesse galt jedoch der Mythologie, den Sagen und Märchen. Tolkien zufolge spiegeln all diese Geschichten – auch die von ihm selbst erdachten – einen Funken ewiger Wahrheit wider.

_Handlung_

Der Hobbit Bilbo Beutlin hat immer gedacht, er sei ein ruhiger und vor allem respektabler Bursche, doch er muss feststellen, dass er von seinen Ahnen ein guten Schuss Abenteuerlust im Blut hat. Seine Mutter Belladonna ist die Tochter des Alten Tuk, von dem das Gerücht geht, er sei mit den Elben verwandt. Und dessen Freund ist der Zauberer Gandalf, na bitte! Abenteuer und Magie können da nicht ausbleiben.

Und so kommt es, dass an einem Mittwoch Ende April im Jahr 2941 des Dritten Zeitalters der Zauberer an die Tür von Bilbos Hobbithöhle auf dem Bühl in Hobbingen pocht. Auf Bilbos freundliche Frage antwortet der Zauberer, der seinen Namen nicht nennt, er suche noch Teilnehmer für ein großes Abenteuer. Bilbo lehnt dankend, und nein, er kaufe auch nichts von Hausierern. Da stellt sich Gandalf endlich namentlich vor, und Bilbo erinnert sich. Auch diesmal lehnt er ab: kein Bedarf an Abenteuern jeder Art, was sollen denn die Nachbarn denken! Beim Gehen kratzt Gandalf ein Zeichen an Bilbos Tür.

|Eine unerwartete Gesellschaft|

Am nächsten Tag, es ist wohl zur Teestunde, klopft ein Zwerg an Bilbos Tür und stellt sich als Dwalin vor. Als höflicher Hobbit bietet Bilbo ihm Tee und Kekse an. Wenig später trifft ein sehr alter Zwerg namens Balin ein, der ebenfalls gerne Kekse annimmt, aber ein Bier bevorzugt. Er kündigt weitere Zwerge an: Fili und Kili, dann Ori, Nori, Dori, Oin und Gloin (späterer Vater von Gimli). Und Gandalf! Bilbo findet, das sei schon fast ein Haufen. O Schreck: Ihm geht der Kuchen aus! Da treffen noch weitere vier Zwerge ein: Bifur, Bofur, der dicke Bombur und schließlich der alte Thorin Eichenschild. Alle zusammen futtern und trinken, dass sich Bilbo sputen muss, alle seine Vorräte aufzutragen. Doch sie räumen auch wieder ab und putzen, bevor es zum gemütlichen Teil geht: Sie paffen und singen und Thorin spielt die Harfe. Er singt ein eigenartiges Lied über verborgene Schätze der Zwerge, einen räuberischen Drachen im Einsamen Berg, das untergegangene Thal und so weiter. Da packt Bilbo die Tuksche Abenteuerlust.

Kaum dass er sich versieht, ist er von Thorin bereits zum „Mitverschworenen“ ernannt worden. Er sagt, sie planen eine Reise, von der sie nie zurückkehren könnten. Da schreit Bilbo entsetzt auf. Doch Gandalf findet seine Reaktion verständlich. Gloin zweifelt: „Das soll unser Meisterdieb sein?“ Da regt sich in Bilbo der Stolz und bietet seine Dienste an, was Gloin aber nicht umstimmen kann. Gandalf bereitet der Diskussion ein Ende und breitet Thrors Landkarte vom Einsamen Berg vor Bilbos staunenden Augen aus. Er gibt Thorin einen silbernen Schlüssel: für die Hintertür zum Berg Erebor.

|Die Vorgeschichte|

Silber! Da fallen Bilbo eine paar Fragen ein, die sich ein Profi wohl stellen sollte: Wie sieht es mit dem Risiko aus und steht es in einem guten Verhältnis zum Lohn? Thorin erzählt eine wilde Geschichte vom Kommen Smaugs, des Drachen, dem Untergang der Zwergenstadt Thal und der Vertreibung der Zwergenfürsten Thror und Thrain. Thror wurde von einem Ork in Moria getötet, und Thrain verlor seinen Verstand in den Verliesen des Nekromanten, der in Dol Guldur sein Unwesen treibt. Zum Glück konnte Gandalf Thrors Karte retten. Bilbo ist begeistert und will gerne mit.

Als er am nächsten Morgen aufsteht, ist keiner seiner zahlreichen Gäste da! Doch um 10:30 Uhr trifft Gandalf ein, um Bilbo abzuholen. Ob er denn nicht die Botschaft der Zwerge gelesen habe? Bilbo liest die Vertragsbedingungen für seine Tätigkeit als Meisterdieb, kann nicht mal mehr packen, sondern eilt mit Gandalf zu den Zwergen, die schon in Wasserau warten. Er bekommt ein Pony und frische Kleider, Gandalf bringt seinen Tabak nach, und schließlich kann es losgehen.

|Die Trolle|

Sie sind kaum ein paar Tage durch schlechtes Wetter unterwegs, als sie ihren Proviant verlieren. Da sehen sie abends ein willkommen heißendes Feuer. Sollen sie hingehen? Aber es könnte gefährlich sein, oder? Schicken wir doch einfach den Meisterdieb vor! Bilbo schleicht sich an und stößt auf drei hungrige Trolle namens Huki, Toni und Berti, die aus den Bergen herabgekommen sind, um Dörfer zu überfallen. Sie haben Braten, Bier und ein wärmendes Bier – da läuft Bilbo das Wasser im Mund zusammen. Doch sein erster Versuch eines Diebstahls geht gründlich schief. Er wird auf frischer Tat ertappt! Die Trolle fragen sich, ob dieser „Taschenhobbit“ wohl essbar sei. Au weia, Bilbo, in was bist du nur hineingeraten …

_Mein Eindruck_

Ich habe diese Eingangsszene so detailliert dargestellt, um zu zeigen, dass hier Welten aufeinanderstoßen. Bilbo lebt als ein Vertreter der bürgerlichen Gesellschaft halbwegs geachtet als wohlhabender Junggeselle ohne festen Beruf, sozusagen als Landjunker. Er hat keine Zukunft, aber auch keine Vergangenheit. Nun kommen die Zwerge daher, die einen Plan für die Zukunft haben, aber ständig in die Vergangenheit blicken.

|Blick in die Vergangenheit|

Denn dort, im geraubten Königreich am Einsamen Berg, liegt der Schatz ihres Volkes. Und ein fremder Usurpator, der Drache Smaug, hat sie enteignet und vertrieben, von vielen Toten in Thal ganz zu schweigen. Die Zwerge sind die modernen Israeliten und leben in der Diaspora. Nun sollen ihnen ein Zauberer und ein „Meisterdieb“ helfen, Land und Schatz zurückzuerringen. Ein, gelinde gesagt, gewagtes Unterfangen. Es ist etwa so, als wollten die versprengten Juden ihr Stammland von den Arabern in Palästina zurückerobern und obendrein jedweden Herrscher vertreiben, um dessen Schatz zu erlangen. Für jeden in Geschichte bewanderten Leser ist klar, dass dies nur in Krieg und Blut enden kann.

Der brave Bilbo aber hat keine Ahnung. Vielmehr fühlt er sich in seinem Stolz angegriffen, dass man ihn für fähig hält, einen Schatz zu stehlen. Sein ererbter Sinn für Abenteuerlust, aber auch sein Bürgerstolz sind angesprochen. Eigentlich sollte er sich nicht wundern, dass es am nächsten Morgen gleich überstürzt und unvorbereitet losgeht. Schließlich geht es nicht auf eine Expedition, sondern auf eine Schatzsuche.

|Meisterdieb|

Ein Bürger aber wächst mit seinen Aufgaben. Die Trolle zu beklauen, ist noch Peanuts gegen das, was Bilbo mit Gollum macht: Er klaut den Zauberring, der ihn zu einem noch besseren Dieb macht. Und erst damit kann er der ultimativen Bedrohung gegenübertreten: dem goldenen Drachen unter dem Berg.

Nun, auch Smaug ist ein Meisterdieb, denn er hat den Zwergen ihren Schatz abgenommen. Seine mächtigste Waffe sind neben seinem Drachenfeuer die Verbündeten Angst und Schrecken. So bringt er das Land unter seine Kontrolle. Der Bürgermeister von Seestadt etwa arrangiert sich lieber mit Smaug als seinen Zorn zu erregen. Er ist ein Kollaborateur. Doch es gibt eine Résistance: die Menschen um Bard, den Bogenschützen. Was hier prophetisch nach II. Weltkrieg klingt, ist seit Urzeiten Praxis aller Gewaltherrscher. Und Professor Tolkien wusste darüber natürlich Bescheid.

|Eroberung|

Ist es nun Diebstahl, wenn sich die Zwerge den ihnen gestohlenen Schatz zurückstehlen? Wohl kaum, sondern eine etwas eigenwillige Art der Restitution. (Die Deutschen warten heute noch auf viele Dinge, die in russischen Archiven liegen und ihnen per Restitution zustünden: Beutekunst.) In solcher Gesellschaft lässt sich leicht stehlen: Bilbo krallt sich den Arkenstein, das „Herz des Berges“ und den größten Schatz der Zwerge.

|Großkapital|

Mit diesem mordsmäßigen Gewinnzuwachs (oder auch Beute) steigt Bilbo, unser Landjunker, zum Großkapitalisten auf: Nun spielt er unversehens in der Oberliga des Finanzmarktes mit. Verwunderlich, dass ihm dabei nicht vor Spekulierlust der Verstand schwindet, wie man es dieser Tage – im September 2008 – an der Wall Street beobachten konnte. Weniger verwunderlich ist hingegen, dass ihm sein vormaliger Auftraggeber Thorin Eichenschild ob dieses Diebstahls die Freundschaft kündigt und zudem die Ansprüche von Elben und Menschen aus Seestadt abweist. Er ist jetzt der König unter dem Berge und somit der reichste Großkapitalist weit und breit.

Nun walten die Kräfte des Marktes ungehindert, seit die Befreiung des Schatzes alle Schranken niedergerissen und jedermanns Begierden entfacht hat. Sogar die Orks rücken mit einer Armee an, und es kommt zur berühmten „Schlacht der fünf Armeen“ am Erebor. Höchste Zeit, dass einer für Ordnung sorgt und mit dem ganzen Zinnober Schluss macht: Gandalf ist gefragt.

Zu unserem Erstaunen vermag er nichts auszurichten, sondern vielmehr ist es Bilbo, der sich als Zünglein anderer Waage betätigt. Das erinnert uns daran, dass „selbst der Kleinste den Lauf der Welt zu verändern vermag“, wie Galadriel in Peter Jacksons „Herr der Ringe“ so nett sagt. Klartext: Ein Brite in der Welt, der seine fünf Sinne und gesunden Menschenverstand beisammen hat, kann die Welt wieder in Ordnung bringen.

|Einschlafgeschichte|

Mit dieser Zusicherung können britische Kinder beruhigt zu Bett gehen. So erfüllt das als Kinderbuch konzipierte und angefangene Werk seine klassische Funktion als Einschlaflektüre: auf aufregende Abenteuer folgt stets die Rettung. Am Ende stehen ein glücklicher Ausgang und – durchaus erleichtertes Auflachen des Helden. Kein Wunder, dass diese Geschichte enorm erfolgreich war und nach einer Fortsetzung verlangte. Für diese brauchten Tolkien und sein Verlag jedoch nicht weniger als 17 Jahre: „Der Herr der Ringe“ wurde 1954 und 1955 veröffentlicht.

|Die Illustrationen|

Alan Lee wurde für sein Art Design an Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung mit einem Oscar® ausgezeichnet. Wem das als Beleg für Qualität nicht genug ist, der sei auf die Illustrationen Lees zum englischen „Lord of the Rings“ verwiesen sowie auf die zahllosen Illustrationen im alljährlichen Tolkien Calendar. Lee ist ganz klar ein Tolkien-Kenner. Was er für Jacksons Film leistete, lässt sich in den Bänden nachschlagen, die |Klett-Cotta| zu allen drei Bänden veröffentlicht hat.

Eines seiner Markenzeichen findet sich auch in der vorliegenden Buchausgabe von „Der Hobbit“ wieder: die filigranen Stiftzeichnungen, die an jedem Kapitelanfang und im Text auftauchen. Sie sind scheinbar zart, doch der dreidimensionale Effekt ihrer Darstellung beeindruckt mich immer wieder. Man schaue sich nur mal Bilbo in seiner Küche an, der am Anfang von Kapitel eins zu sehen ist. Man fühlt sich schon fast in die Jackson-Verfilmung hineinversetzt. Und alles ohne Farbe.

Ich habe die Stiftzeichnungen nicht gezählt, aber bei 19 Kapiteln und rund zwei Zeichnungen pro Kapitel kommt man auf annähernd 40 Zeichnungen. So viele Farbgemälde hat das Buch jedoch nicht. Es sind genau 26 Stück, zum Teil sogar auf Vorder- und Rückseite einer Farbtafel, die aus Hochglanzpapier besteht.

Wie bei den Stiftzeichnungen zieht Lee stets Figuren vor, doch mit Hilfe der Farbe kann er auch einen lebhaften Hintergrund und Horizont gestalten, der interessant aussieht. Mehrmals kann der Blick bis zum Horizont schweifen, vom Horst der Riesenadler oder durchs Auenland. Einige dieser Gemälde haben mich glatt umgehauen. Denn Lee versteht sich nicht nur auf friedliche Figuren-Ensembles, sondern auch auf Actionszenen und perspektivische Architekturszenen.

Für die Action ist besonders Smaug, der goldene Drache, zuständig. Sein Fauchen in der Höhle (S. 289) ist ebenso beeindruckend wie sein Untergang im See von Esgaroth. (Übrigens ist Bards tödlicher Pfeilschuss nicht dargestellt.) Wie Smaugs goldene Wurmschlingen im kochenden Wasser versinken, ist ein Anblick, den noch niemand gezeigt hat (S. 336). Im Vordergrund sieht man die See-Leute von Esgaroth auf das Spektakel von Smaugs Ende starren.

Bei Jacksons Film entwarf Lee unter anderem auch Elronds Haus in Bruchtal (und bemalte das Modell höchstpersönlich). Dass er sich auf Architektur und Perspektive versteht, zeigt auch eine der im „Hobbit“ abgedruckten Illustrationen. Sie zeigt einen von Zwergen gebauten Abschnitt von Smaugs Höhle, der ehemaligen Königshalle. Obwohl das Bild in hellem Bernsteingelb gehalten ist, gemahnt die riesenhafte Bauweise der Gewölbe an nichts so sehr wie an die Säulenhallen von Moria, der Zwergenbinge. Auch die Treppe im Hintergrund erinnert an nichts so sehr wie an die Film-Treppe, die zur Brücke von Khazad-dûm führt.

Die Landkarten finden sich in praktisch allen „Hobbit“-Ausgaben wieder. Erstens die Karte von Wilderland, vom Nebelgebirge bis zum Einsamen Berg reicht. Sie ist im hinteren Einband abgedruckt. Die zweite Karte ist im vorderen Einband zu finden: Thrors Schatzkarte vom Einsamen Berg. Die Zwergenrunen darauf werden auf Seite sieben und acht des Textes erklärt.

|Die Übersetzung|

Ich war überrascht von der Modernität der Übersetzung Wolfgang Kreges. Hier musste ich mich daran gewöhnen, moderne Wirtschaftsbegriffe an den Kopf geworfen zu bekommen (was allerdings kein Problem darstellte), und dass sich die Figuren wie heute siezen statt sich mit „Ihr“ und „Euch“ anzureden.

Wirklich missglückt fand ich nur Kreges Wahl, aus Bruchtal das „letzte heimische Haus“ statt das „letzte heimelige Haus“ zu machen. Was hat man sich denn unter „heimisch“ vorzustellen? Tierarten sind heimisch, und der Begriff hat etwas mit „Heimat“ zu tun. Gemeint ist aber wohl kaum, dass sich Hobbits und Zwerge bei den Elben „heimisch“ fühlen sollen. Vielmehr ist eine Art Gemütlichkeit und Behaglichkeit gemeint, die auch Sicherheit mit einschließt. Dann ist „heimelig“ der zutreffende Ausdruck.

_Unterm Strich_

„Der Hobbit“ ist bis zum heutigen Tage eines der erfolgreichsten Kinderbücher überhaupt. Da es die Vorgeschichte zum „Herrn der Ringe“ erzählt, sind alle Leser, die von Tolkiens Hauptwerk begeistert waren, auch erpicht darauf, Bilbos Geschichte zu erfahren. In Peter Jacksons Verfilmung wird sie als „There and back again“ kurz erwähnt: Bilbo schreibt seine Memoiren in Bruchtal.

Was alle verwundern dürfte, die nur den Film kennen, sind die zahlreichen Lieder und Gedichte, die Tolkien eingeflochten hat. Erstaunlich ist auch der etwas kindliche Humor, der sich bei jeder glücklichen Rettung zeigt. Aber es gibt auch eine dunkle Seite im „Hobbit“: Streit um Besitz und Macht, ein dunkler Herrscher wird getötet, und es ist nicht der geisterhafte Sauron, sondern eine legendäre Fabel-Gestalt: ein Drache, der sprechen kann (wie übrigens alle Tiere von Bedeutung).

Außerdem betätigt sich Bilbo fortwährend als Verbrecher: eben als Meister der Diebe. Er beklaut sogar seinen wichtigsten Kunden: die Zwerge. Kein Wunder, dass sein guter Ruf als Bürger daheim im Auenland hinterher völlig futsch ist. Doch: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Den Ringdiebstahl muss sein Neffe Frodo dann fast mit dem Leben bezahlen.

|Die Illustrationen|

Die Illustrationen könnte ich mir gar nicht besser wünschen. Sowohl Stiftzeichnungen als auch Farbtafeln sind von einem erstaunlichen Detailreichtum. Sicher, andere Künstler wie John Howe stehen mehr auf Action und düstere Motive, doch Action kommt bei Lee ebenfalls vor. Nur auf düstere Motive wie etwa Nazgûl steht Lee nicht sonderlich. Als idyllisch auf dem Land lebender Engländer mag er Dinge, die wachsen und sich verändern. Sein Smaug ist ebenso eindrucksvoll wie seine Adler – Lee mag Lebewesen, je ungewöhnlicher desto besser.

Das heißt aber nicht „Verniedlichung“. Vor Jacksons Verfilmung galten „Der Herr der Ringe“ und insbesondere „Der (kleine) Hobbit“ (siehe die |dtv|-Ausgabe) als Kinderbücher und wurden dementsprechend verfremdet illustriert. Nun wird Mittel-Erde als ein versunkenes HISTORISCHES Zeitalter der Weltgeschichte behandelt, und die Darstellungen sind dementsprechend realistisch gestaltet. So könnte Smaug wirklich ausgesehen haben, denn schließlich ist alles um ihn herum gezeichnet, als handle es sich um Wiedergaben wirklich existenter Dinge: Höhlen, Treppen, Gewölbe – und natürlich der Einsame Berg selbst.

|To-do-Liste|

Was uns noch fehlt, ist die längst in England erhältliche illustrierte Ausgabe von „Der Herr der Ringe“ sowie eine illustrierte Ausgabe des „Silmarillion“. Von dessen Legenden liegt nur [„Die Kinder Húrins“ 4496 als Buch mit Illustrationen vor. Weitere Zeichnungen muss man bis dato in diversen „Tolkien Calendars“ und der |Klett-Cotta|-Ausgabe der „Karte von Beleriand“ zusammensuchen. Es gibt also noch viel zu tun.

Fazit: ein Volltreffer, was sonst!

|Originaltitel: The Hobbit, 1937/66
Aus dem Englischen von Wolfgang Krege
423 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Goldfolienprägung, 64 Illustrationen von Alan Lee, davon 26 auf Farbtafeln, 2 Vorsatzkarten, Lesebändchen
ISBN-13: 978-3-608-93800-5|
http://www.hobbitpresse.de
http://www.klett-cotta.de
http://www.ardapedia.de
http://www.tolkiengesellschaft.de
http://www.mittelerde-portal.de/
http://www.herr-der-ringe-film.de

_Mehr „Herr der Ringe“ und J. R. R. Tolkien auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Herr der Ringe“ 5487 (Die Komplettlesung)
[„The Lord of the Rings“ 1330 (Hörspiel)
[„Das Silmarillion“ 4483 (Hörbuch)
[„Das Silmarillion“ 408
[„Der Hobbit“ 130 (Hörspiel)
[„Der Hobbit“ 22
[„The Hobbit“ 481
[„Die Kinder Húrins“ 4496
[„Briefe vom Weihnachtsmann“ 2091 (erw. Neuausgabe)
[„Die Abenteuer des Tom Bombadil und andere Gedichte aus dem Roten Buch“ 1760
[„Bauer Giles von Ham“ 1620 (Hörbuch)
[„Roverandom“ 1418
[„Nachrichten aus Mittelerde“ 1407
[„Der Elbenstern“ 805 (Hörbuch)

|Sekundärliteratur:|

[„J. R. R. Tolkien – An Audio Portrait“ 2856 (Hörbuch)
[„Tolkiens Wurzeln. Die mythischen Quellen zu ‚Der Herr der Ringe'“ 102
[„Tolkien und C. S. Lewis – Das Geschenk der Freundschaft“ 3197
[„J. R. R. Tolkien – Autor des Jahrhunderts“ 1653
[„Tolkiens Zauber“ 1595
[„Tolkiens Universum“ 475
[„Die Karte von Wilderland“ 3221
[„Die Karte von Beleriand“ 1673
[„Elbisches Wörterbuch. Nach J.R.R. Tolkien“ 109

|Zu den Verfilmungen:|

[„Der Herr der Ringe: Die Gefährten. Original Film-Hörspiel“ 4452
[„Der Herr der Ringe: Die zwei Türme. Original Film-Hörspiel“ 5323
[„Der Herr der Ringe – Die zwei Türme: Die Erschaffung eines Filmkunstwerks“ 79
[„Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs: Die Erschaffung eines Filmkunstwerks“ 190
[„Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs – Das offizielle Begleitbuch“ 156
[„Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs – Fotos aus Mittelerde“ 160
[„Der Herr der Ringe: Gollum – auf die Leinwand gezaubert“ 161
[„Der Herr der Ringe: Waffen und Kriegskunst“ 163

|Gesellschaftsspiel:|

[„Die Minen von Moria“ 3527 (Herr der Ringe Tabletop / Starter-Set)

Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere. Die Geschichte in Fotos

»Die Geschichte in Fotos« hält die Höhepunkte von »Der Hobbit – Die Schlacht der Fünf Heere« mit exklusiven Filmfotos und kurzen Beschreibungen fest.
– Leicht lesbare Zusammenfassung
– Die ideale Ergänzung zum Film für junge Fans (Verlagsinfo)

 

Inhalt

Eine „Geschichte in Fotos“ hat erstens die Akteure zu präsentieren und zweitens die Handlung nachvollziehbar zu präsentieren. Zur Handlung gehören natürlich auch Schauplätze. Nach einem 20 Seiten langen Rückblick auf die wesentlichen Ereignisse, die wir bereits aus „Smaugs Einöde“ kennen, wird dem Leser der kurzen Begleittexte klargemacht, dass eine große finale Auseinandersetzung ansteht.

Schon das Titelbild zeigt eines der entscheidenden Duelle, die über das Wohl und Wehe von Mittelerde entscheiden: Smaug stürzt sich auf Seestadt, um es mit seinem Feueratem in Schutt und Asche zu legen. Nur Bard, der einstige Fährmann und jetzige Bogenschütze, stellt sich ihm entgegen. Welche Erfolgsaussichten er dabei hat, ist eine nebensächliche Frage. Seinen erfolgreichen Schuss mit der Windlanze sehen wir nicht, aber auf S. 18 ist sein Vorfahr Girion abgebildet (ebenfalls Luke Evans), der seinerzeit ebenfalls versucht hat, damit den Drachen vom Himmel zu holen. Wird es diesmal Bard gelingen? Dieses Buch verrät es uns nicht.

Vielmehr sehen wir Bard zweimal in dem vom Drachen Thal. Er ist nun Anführer der Überlebenden Seestadts und führt sie, ausgerüstet mit alten Rüstungen gegen die angreifenden Orks von Azog dem Schänder. Wird Thranduil, der Elbenkönig, der nun von den Zwergen fordert, was ihm gehört, zur Seite stehen?

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Paddy Kampshell: Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere (Rätsel- und Sammelbuch 3)

Der dritte Rätsel- und Sammelband zum Film »Der Hobbit- Die Schlacht der fünf Heere « richtet sich an alle jungen Hobbit-Fans und enthält viele Rätselspiele, tolle Fotos und Neuigkeiten rund um den Film. Text, Fotos und Rätsel werden kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt.

„Hast du das Zeug dazu, Bilbo Beutlin und seinen Freunden auf der letzten Etappe ihrer gefährlichen Reise beizustehen und ihnen zu helfen, das verlorene Zwergenreich von Erebor zurückzuerobern?“, fragt die Verlagsinfo. Allerdings wissen wir bereits aus Teil 2, dass die Zwerge bereits Smaug aus seinem Versteck vertrieben haben. Insofern scheint dieser Text etwas hinterm aktuellen Wissensstand herzuhinken. Worum es geht: Die Zwerge müssen Erebor verteidigen.

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Hennen, Bernhard (Hg.) – Tolkiens größte Helden. Wie die Hobbits die Welt eroberten

Hobbit-Mix: Anregende Mischung aus Erzählungen und Betrachtungen

„Wann haben Sie zum ersten Mal J. R. R. Tolkiens Meisterwerk »Der Hobbit« gelesen? Was haben dieses berühmteste aller Fantasy-Abenteuer und diese einzigartige Welt Mittelerde in Ihnen ausgelöst? Diesen Fragen und noch vielen mehr widmen sich Bernhard Hennen und eine hochkarätige Auswahl der besten Fantastik-Autoren. Dabei erzählen sie nicht nur von ihren persönlichen Begegnungen mit Tolkiens Welt, sondern bieten eine Fülle an interessanten und aufregenden Hintergrundinformationen rund um die größten kleinen Helden der Weltliteratur.“ (Verlagsinfo)

Der Herausgeber

Bernhard Hennen, Jahrgang 1966, hat Germanistik und Archäologie studiert. Als Journalist hat er für Radiostationen und verschiedene Zeitungen gearbeitet, bevor er sich ganz dem historischen Roman und der Fantasy verschrieb. Mit seinen Elfen-Romanen stürmte er alle Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Der mehrfach preisgekrönte Autor lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Krefeld.

Inhalte

Hinweis: Die Anordnung der Beiträge ist meine eigene Sortierung, nicht die des Buches!

|A) Die Essays|

1) Vorwort des Herausgebers

„Der Hobbit“ rettete Hennen einst das Leben, oder zumindest doch die geistige Gesundheit. Wie es dazu kommen konnte, erzählt er hier mit großer Selbstironie. Er lehrt uns, dass ein Hobbit einem Ritter Parsifal allemal vorzuziehen ist, allein schon wegen der kürzeren Lektüre. Ein prima Einstieg, der ahnen lässt, dass nicht alles, was in diesem Buch geboten wird, für bare Münze genommen, sondern cum grano salis genossen werden sollte.

2) Friedhelm Schneidewind: Über Hobbits

Ohne gleich wissenschaftlich werden zu wollen, bietet der Autor dieses kleinen Essays einen Überblick darüber, worum es eigentlich geht. Was sind also Hobbits, wer erfand sie warum und wann, wie passen sie in das große Bild von Mittelerde, und warum überhaupt gibt es diesen schrecklichen Herrscherring, der allen solches Ungemach bereitet? So ganz en passant erfahren wir also die Geschichte Mittelerde von ihrer Schöpfung bis zum Beginn des vierten Zeitalters, wie sie in den Büchern Tolkiens erzählt wird.

Interessant ist dabei, wie sich die Stellung der Halblinge von scheuen Provinzbewohnern zu Mitglieder im Rat des Königs von Gondor wandelt. Und es mag den einen oder anderen selbsternannten Mittelerde-Experten überraschen, dass schließlich auch Samweis Gamdschie die Ehre widerfuhr, ins Segensreich Aman segeln zu dürfen. Denn schließlich war auch er einer der Ringträger, auch wenn er ihn als Einziger freiwillig hergab. Aus welchem Grund er dies tun konnte, erklärt der Autor mit einem Hinweis auf die Handlungsmoral und Charakteristik, die Tolkien seinen Geschöpfen mitgab.

3) Adam Roberts (GB): Die vielen Hobbits des J. R. R. Tolkien

Der Autor der berühmt-berüchtigten „Hobbnix“-Parodie vertritt folgende These: Tolkien hat mindestens zwei „Hobbit“-Bücher geschrieben. Das Erste, 1937 veröffentlichte, war ein unbekümmertes Abenteuermärchen für „Kinder zwischen sechs und neun“, wie der Verlegersohn messerscharf urteilte. Doch dann kam die Bitte nach einer Fortsetzung, und für deren Fertigstellung brauchte Tolkien nochmals fast 17 Jahre. Denn er musste sie in Einklang mit seinem Kunstmythos „Silmarillion“ bringen. Das wiederum veranlasste Tolkien dazu, 1950 einen zweiten „Hobbit“ zu veröffentlichen, so Roberts. Entscheidende Passagen über Gandalf und den Ring sind geändert, um dem HdR zu gehorchen (ein Buch, sie zu knechten).

Dann aber macht Roberts einen wunderlichen Schlenker, indem er die Namen „Hobbit“ und „Tolkien“ selbst auf ihre wahrscheinlichen oder möglichen Wurzeln zurückführt. Das führte für mich dann doch zu weit, ganz einfach deshalb, weil Tom Shippey diese Arbeit schon längst erledigt hatte (in seinen zwei Tolkien-Büchern).

Hilfreicher ist da schon die unterschiedliche Charakterisierung der beiden Bücher. Bilbo Beutlin ist unverkennbar ein Alter Ego des Autors, der sich für ein Abenteuer für unzureichend betrachtet, der aber unversehens in der Fremde in einen Krieg verwickelt wird, den er nicht begreift – genau wie Tolkien anno 1915/16 selbst.

1938 erschien sein epochaler Aufsatz „Über Märchen“. In dieser Kategorie fällt auch das Neue Testament, und das hatte schwere Folgen für den „Herrn der Ringe“: Eine Erlösung muss her, und sie erfolgt in den Schlünden der Erde. Roberts stellt amüsiert fest, dass Mittelerde durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse: Hobbits leben wie Orks, Elfen und Gollum meist in Löchern, und ein Drache wie Smaug sowieso. Leider folgt aus dieser Beobachtung keine tiefenpsychologische Deutung, sondern nur der Hinweis auf den Zwang, sich ständig vor dem allsehenden Auge Saurons zu verstecken – und darin sind Hobbits bekanntlich Weltmeister.

4) Wieland Freund: Blindflug nach Mittelerde

Erst war da Mittelerde, erzählt im „Silmarillion“-Kunstmythos (ab 1916). Es war die Schöpfung eines einsamen Träumers, der sich hier „Eriol“ nannte. Dann gab es, ab etwa 1930 den „Hobbit“, der sich ab 1937 unversehens zu einem preisgekrönten Weltbestseller auswuchs, erfunden von einem fabulierenden Vater, der seinen Kindern was draufloserzählte. Doch 1950 sah sich der Schöpfer gezwungen, diese beiden grundverschiedenen Kreationen miteinander in Einklang zu bringen.

Genau diesen Prozess stellt oben Adam Roberts dar, doch Wieland Freund arbeitet die Ironie des Vorgangs heraus. Die „Unwucht“ zwischen dem kleinen „Hobbit“ und dem großen „Herrn der Ringe“ ist bis heute sichtbar geblieben – und macht die beiden Bücher für verschiedene Generationen reizvoll. Der Zeitungsbeitrag liest sich aber weitaus flüssiger als Roberts‘ Essay, und ist auch sprachlich einen Tick anspruchsvoller.

5) Anna Thayer (GB): Begegnung mit Feuer und Schwert oder: Neues über Hobbits

Bilbo Beutlin steht im Mittelpunkt dieses herausragenden literaturwissenschaftlichen Essays. Bilbo scheint zunächst ein braver Jedermann zu sein, doch der Schein trügt: Irgendwann in seinem Stammbaum muss ein Tuk eine Elbin geheiratet haben. Warum sonst sollte er sich auf ein Abenteuer in der großen weiten Welt begeben? Sie ist ja voller Wesen aus den Legenden: Drachen, Elben, Trolle, Zwerge – und Orks.

Seine Heldenreise hat einen archetypischen Verlauf und Zweck. Immer wenn er es mit den legendären Wesen (s.o.) zu tun bekommt, interpretiert er sie in seinem bisherigen Bezugsrahmen. Die nächste Stufe nach der Interpretation ist die Integration der Legenden in seine Welt. Ja, Bilbo wächst gewaltig mit seinen Aufgaben und Taten, rettet Zwerge, findet den Zauberring und nervt Drachen wie Höhlenkreaturen (Gollum) mit blödsinnigen Rätselfragen.

Die Endstufe seiner Entwicklung ist die Assimilation und Einwirkung auf die Welt: Bilbo stiftet nach der Schlacht der fünf Heere Frieden. Allerdings stirbt unser Jedermann keinen Heldentod, sondern bewahrt seine Heimat vor Schaden: Er schreibt alle Erkenntnisse auf und übergibt den Stab an seinen Neffen Frodo. Und der rettet schließlich erst die Welt und dann das Auenland.

Dieser Essay erfüllt wissenschaftliche Ansprüche. Das hat zwar ein hohes sprachliches Niveau zur Folge, bietet aber auch wertvolle Einsichten und Erkenntnisse. Selbst Koryphäen wie Tom Shippey würden da ihren Hut ziehen.

6) Dr. Frank Weinreich: „Der Hobbit“ heute – Anmerkungen über die Stellung des Buches innerhalb der Fantasy

Der „Doktor Fantasy“ stellt den „Hobbit“ in seiner Eigenart in den Zusammenhang mit dem Rest der Fantasy, und zwar anno 1937, anno 1954/55, als der HdR veröffentlicht wurde, und heute. Dabei behauptet er, der „Hobbit“ sei High Fantasy, aber auch ein Kinderbuch – eine Kombination, der man nicht sofort zustimmen möchte (bei HdR aber schon).

Anhand von Tolkiens wichtigem Essay „On Fairy Stories“ kann Weinreich Kriterien erarbeiten, die den „Hobbit“ als Fantasywerk kennzeichnen und somit unterscheidbar und beurteilbar machen. Für Tolkiens Kinder erfunden, sollte der „Hobbit“ zunächst unterhalten, allerdings durch „Verzauberung“ des Zuhörers bzw. Lesers. Die Verzauberung wird sowohl durch das Übernatürliche in der Geschichte selbst, als auch durch den Erzählton erzielt.

Weitere Kennzeichen betreffen die Aussage und die Wirkung der Geschichte: Sie verspricht ein Heil (welches auch immer, etwa in HdR die Rettung von Mittelerde) und dadurch Heilung oder Wiederherstellung; dadurch weckt sie Hoffnung und weiß zu trösten. Vergleicht man den „Hobbit“ mit späteren Fantasy-Werken, so stößt man schnell auf Antihelden wie Elric von Melniboné, den Michael Moorcock erfand, oder Thomas Covenant den Zweifler, den Stephen Donaldson schuf. Bei ihnen das Heil stets in Zweifel und wird vielfach auch ironisiert, etwa bei Moorcock.

Bei Joe Abercrombie schließlich gibt es weder Heil noch Hoffnung, wohl aber Unterhaltung. Die Welt ist grau, voller Halsabschneider, und über das Handeln entscheiden nur Vorteilsdenken und Gewissen, sofern vorhanden. Bei Sapkowski ist der Hintergrund etwas heller, aber die Werte nicht weniger relativ. Es gibt keine Ebene mehr, die das Geschehen und Denken mit Autorität transzendiert, denn dort, wo einst Gott oder ein Neues Testament war, ist jetzt nichts mehr außer Vakuum.

Dennoch wird es weiterhin Fantasy in vielfacher Gestalt geben, ist sich Weinreich sicher. Denn Fantasy funktioniert weiterhin als ein Sinngeber, Bewusstmacher und vor allem als ein Ort, wo wunderbare Gefühle ent- und bestehen, die in der eigenen Lebenswirklichkeit nicht mehr oder nur eng begrenzt zulässig sind, etwa Freundschaft, Vertrauen, Liebe und Hingabe.

Weinreichs Essay ist der Höhepunkt und Abschluss des ersten Teils des Buches. Im zweiten Teil führen uns die Autoren wieder zurück in die Realität, so seltsam sie auch sein mag.

7) Christoph Hardebusch: Das Buch, das ich lange nicht lesen konnte

Mehrere Anläufe musste der bekannte Fantasyautor Hardebusch („Die Trolle“) nehmen, um den „Hobbit“ schließlich doch zu schaffen. Das Problem, auf das er immer wieder stieß: Riesenspinnen! Im Düsterwald lauern sie auf den unachtsamen Wanderer – und Leser. Hardebusch musste erst die Riesenspinne Kankra (die er hier bei ihrem englischen Namen Shelob nennt) kennenlernen und mit Samweis Gamdschie besiegen, bevor er es mit den Spinnen des Düsterwaldes aufnehmen konnte.

8) Kai Meyer: Aus den tiefen Verliesen. Das HOBBIT-Hörspiel (1980)

Was für ein denkwürdiges Weihnachten! Anno 1980 sendete der Westdeutsche Rundfunk sein Hörspiel „Der kleine Hobbit“ in mehreren Teilen. Klein-Kai, gerade mal elf Jahre alt und schon ein Hörspielveteran, legte sich mit dem Kassettenrekorder seiner Eltern vor dem Radioapparat auf die Lauer, hatte eine 60-Minuten-Cassette eingelegt und drückte pünktlich zum Beginn den oder die Aufnahmeschalter (meine Rekorder hatten jeweils zwei, die zu drücken waren). Wertvolle Sekunden des kostbaren Sendeinhalts gingen verloren, als Kai die Kassettenseite wechseln musste, denn jede Seite nahm nur 30 Minuten auf! Welche Qual!

Ganz nebenbei erfahren wir von einem bis dato recht schwach dokumentierten Untergrund der Tolkien-Fans, wo die damals weit verstreuten Fantasyfans die multimedialen Verarbeitungen ihrer Lieblingswerke verfolgten. Die ersten Comics von Luis Bermejo (1977), den ersten Zeichentrickfilm von Ralph Bakshi (1979), das WDR-Hörspiel 1980, schließlich die beiden „HdR“-Vertonungen von 1981 (BBC) und 1991 (WDR).

Es war eine epochale Zeit, fürwahr. Und sie hat ihre Spuren ins Gedächtnis des Bestsellerautosr eingegraben, so sehr, dass ihn Ehrfurcht überkommt, als er das erste Mal die heiligen Katakomben des WDR-Sende- und Aufnahmezentrums betreten darf, um seine eigenen Hörspiele produziert zu sehen und zu hören.

|***B) Die Erzählungen |

1) Christoph Marzi: Die Lügen sind das Licht im Labyrinth der Berge von Tark’il Kar

Forwin ist ein gewitzter Halbling aus Tammingen. Mit dem Versprechen eines Schatzes hat er den dicken Menschen Holg geködert, mit ihm in die Tark’il-Berge zu wandern, um dort den Drachen zu beklauen. Dessen Schatz soll sagenhaft sein und praktisch alles Gold und Geschmeide des Umlandes umfassen. Holg will die Geschichte, wie es zu diesem Drachenschatz kam, immer wieder hören.

Doch als sie am nächsten Tag das Tor zu dem Labyrinth, das vor der Schatzhöhle liegt, erreichen, ist es von hässlichen Orks bewacht. Es bedarf nur eines Fehltritts Forwins, dass die Orks aufmerksam werden – und Holg, der Feigling, Reißaus nimmt. Wie geplant verfolgen ihn die Orks, so dass Forwin freie Bahn hat, in das Labyrinth einzudringen.

Der Drache bittet ihn um eine Geschichte, und deren Schluss erweist sich als Auslöser, um den Drachen aus der Höhle zu locken. Wieder ist für Forwin die Bahn – um den eigentlichen Schatz zu erringen. Denn von Gold und Geschmeide wird seine geliebte Noviana nicht wieder gesund …

|Mein Eindruck|

Eine gewitzte Geschichte des bekannten Fantasyautors, die einige unerwartete Wendungen aufweist, die aber dennoch auch auf sich selbst verweist: Forwin wundert sich nämlich, wie all die Lügen und Geschichten, die er erzählt hat, bloß so wundersam wahr und wirklich werden konnten. Das kann nur eines bedeuten: Das er selbst eine erfundene Geschichte ist.

2) Karlheinz Witzko: Der Scherge des Dunklen Herrn

Londo Twock aus Bürglibach ist bis jenem Augenblick, als der Zauberer Rudolph der Gewitzte durch seine Tür tritt, ein ehrbarer und verfressener Halbling. Der Zauberer ist wütend, dass er keinen stabilen Stuhl angeboten bekommt. Er regt sich auf, dass alles in Londos Wohnhöhle so klapprig ist, dass er just in dem Moment, als er ihm den Anlass seines Besuchs überreichen will, tot umfällt.

Bis der Illurandir in seiner Höhle auftaucht, hat Londo seine Möbel repariert. Womit denn, fragt der tentakelbewehrte Dämon. Na, mit dem Hammer des Zauberers, lautet die unbekümmerte Antwort. Den Illurandir beschleicht ein Verdacht: Könnte es sich etwa um den Anlass seines Besuchs handeln, nämlich das Zepter von Trocht, das der Dunkle Herrscher unbedingt haben will, um endlich die Welt beherrschen zu können?

Der Illurandir überzeugt den zähneklappernden Halbling davon, dass „der Hammer“ zerstört werden muss, denn eine Welt, die der Dunkle Herrscher formt, wäre für Halbling wahrlich nicht wohnlich. Nach mehreren Fehlversuchen beschließen sie, dass die Elben ihnen rat geben sollen. Doch den Elben ist etwas ungemein Übles zugestoßen …

Es sieht ganz so aus, als müssten Dämon und Halbling das Zepter im Vulkan „Feuersattel“ selbst zerstören. Leider hat der dortige Wächter etwas dagegen.-

|Mein Eindruck|

Der Autor Witzko, ein Mitgestalter der Spielewelt Aventurien (siehe Falkenhagen), ist ja schon eine geraume Zeit im Geschäft und erweist sich auch hier wieder als unterhaltsamer Routinier. Der Leser befindet sich in guten Händen, wenn er Londos Irrweg zum Feuerberg folgt. Die Pastiche auf die bekannten Abenteuer Bilbos und Frodos weiß mit unerwarteten Wendungen und witzigen Einfällen aufzuwarten.

Elbenbücher, die sich im Sonnenlicht in Staub auflösen? Hobbits, die nicht lesen können und jeden Buchstaben einzeln beschreiben müssen? Und dass der Dunkle Herrscher superdämlich ist, hätte man auch nicht erwartet. Dies und noch viel mehr bietet diese respektlose Parodie, die die Weisheiten des Professors Tolkien nie ernst nimmt.

3) Lena Falkenhagen: Die Legende vom Riesenork

Jarvik Grünblatt darf endlich zu den Grenzern. Es ist sein großer Ehrentag, doch er wird missgünstig beäugt von seinem Freund Warlin Frischtrümmler. Und das beide die süße Wirtstochter Lilly lieben, macht die Sache nicht besser. War’s das mit ihrer Freundschaft? Schon der nächste Tag soll es erweisen.

Kaum hat Jarvik ein Date mit Lilly ergattert, muss er auch schon auf seine erste Patrouille. Allerdings wirken Jarviks drei Begleiter wenig verlässlich: Der Hauptmann ist ein eitler Geck, sein Stellvertreter ein fauler Fettsack und der einzige richtige Veteran ist ein Klappergreis. Was, wenn sie von Wölfen oder Orks angegriffen werden? Jarvik will es sich lieber nicht ausmalen.

Als es auf einmal im Unterholz kracht, gehen alle in Deckung. Nach einer Weile der Ruhe machen sich der alte Nikodemus Bronn und Jarvik auf die Spurensuche. Sie stoßen auf riesige Fußspuren – offensichtlich eines Riesenorks! Während Jarvik noch mit Zähneklappern beschäftigt ist, pirscht sich Nikodemus unerschrocken durchs Gebüsch vor, bis er zu einer Höhle gelangt. Jarvik, der ihm schließlich doch noch gefolgt ist – denn alles andere würde Schande bedeuten! – hört seltsame Geräusche aus der Höhle. Der Riesenork?

|Mein Eindruck|

Lena Falkenhagen gehört laut Wikipedia zum Redaktionsstab des Pen-and-Paper-Rollenspiels (siehe Wikipedia) DAS SCHWARZE AUGE. Dessen Bücher wurden bei Heyne und Knaur veröffentlicht, die Spielebücher bei Fantasy Productions (jetzt Ulisses Spiele). Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Lena__Falkenhagen.

Ihre nette, kleine Erzählung präsentiert zwei Konflikte, die humorvoll und mutig gelöst werden. Die Halblinge sind ja ein friedliebendes Volk, deshalb haben sie Orks nur wenig entgegenzusetzen. Als dann wirklich ein Riesenork aus der Höhle tritt, sind Mut und Tapferkeit gefragt.

Ausgerechnet jetzt wirkt sich der zweite Konflikt aus, der zwischen Jarvik und Warlin, die nicht bloß um Lilly buhlen. Sie balgen sich tatsächlich um ein Schwert, während der Ork den alten Nikodemus angreift! Wie der Kampf ausgeht, darf hier nicht verraten werden. Aber wieder einmal zeigt, dass das höchste Gut der Halblinge die Freundschaft ist.

4) Kathleen Weise: Ohne Fehl und Tadel

Suvinna ist über Nacht ein neugieriges Mädchen geworden. Eigentlich sollte sie ihrer Mutter, der Wirtin vom Goldenen Rahm, beim Kellnern helfen, doch heute hat sie etwas anderes vor: Sie will in den wilden, tiefen Wald. Das tut ein Mädchen aus einer Familie ohne Fehl und Tadel nicht, das tun nur Verrückte wie Tiw Ticcen, der mit dem roten Wams. Oder der Alte am Rand des Dorfes, in Beutelsend.

Wie auch immer: Suvinna will zur Flüstereiche. Doch am Waldrand tritt ausgerechnet Tiw auf sie zu und fragt sie, wohin sie will. Und er will unbedingt mit zur Flüstereiche. Seufzend begibt sich Suvinna ins Unterholz, und er folgt ihr. Es könnte ja Wölfe in der Nähe sein oder Drachen. Wege gibt es hier nicht, und so dauert es eine Weile, bis sie auf die Lichtung der Eiche gelangen. Sie habe ihren Namen davon, sagt Tiw, dass man seine Vergehen in ein Astloch flüstern könne, und dann würde es aus dem Gedächtnis der Menschen getilgt.

Leider entdeckt Suvinna kein einziges Astloch. Da entdeckt sie eine zweite Lichtung, und auf der befindet sich ein uralter Brunnen. Zusammen mit Tiw schaut sie nach, wer wohl so etwas gebaut haben mag. Der Brunnen ist verfallen, die Umrandung bröckelig, das Wasser trüb. Doch als sie und Tiw sich darüber lehnen, entdecken sie im Wasser all die Vergehen, die die Bewohner des Dorfes in die Eiche geflüstert haben. Die Wirkung auf Suvinna ist erstaunlich …

|Mein Eindruck|

Ähnlich wie Galadriels Spiegel ist der alte Brunnen eine Art Informationsportal. Suvinna, die angehende Rebellin, erhält unvermittelt (aber nicht unverdient) Informationsfreiheit, die für sie eng mit persönlicher Freiheit verknüpft ist. Wer über die Sünden der anderen Bescheid weiß, ist frei genug, eigene zu begehen, denn das Wissen um deren Sünden lässt sich nicht nur gegen sie verwenden, sondern ermöglicht auch einen anderen Standpunkt: Der Freie kann über die anderen und ihre Heuchelei nur lachen. So ist eine Selbstbestimmung möglich.

5) Boris Koch: Einmal durchs Dorf und wieder zurück

Boris war bis vor kurzem Bandenmitglied in Oberbayern, doch nach einem misslungenen Coup gegen die Feinde verpassen ihm seine sogenannten Freunde eine Abreibung. In einer grube voller Bauschutt entdeckt er eine merkwürdige, grüne und kreisrunde Tür. Als er am gelben Knauf zieht, quietscht sie bloß, doch auf sein Klopfen folgt eine Antwort. Ein kleiner Mann öffnet, der sich als „Gondo“ vorstellt. Die Wohnhöhle ist phantastischer als alles, was Boris je gesehen hat. Dieser Gondo hat was auf dem Kasten – und jede Menge Zeit.

Bei einem Pfeifchen klagt ihm Boris sein Leid und enthüllt ihm seinen Plan: sich an den Gegnern zu rächen und alle ihre Schätze zu klauen! Gondo ist sofort begeistert und holt seine Tarnkappe. Es ist zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, mit einem Unsichtbaren durch die Kanalisation zu krauchen, aber es gibt unschätzbare Vorteile, wie sich bald erweist …

|Mein Eindruck|

In dieser flott und mit hintergründigem Humor erzählten Jugendgeschichte (der Autor stammt aus der Gegend südlich von Augsburg) vermischen sich unsere empirische Welt mit der, von der uns Tolkien berichtet hat. Welche ist realer, mag man sich fragen, doch eine Definition als Antwort wird man hier nicht erhalten. Im Gegentum: Die Empirische hat den gleichen Stellenwert wie die Erfundene.

Orks lauern in der Tiefe der Kanalisation, Halblinge wohnen in den Schutthalden (unsichtbar natürlich), und selbst Höllenhunde mit roten Augen (die auf den schönen Namen „Sargnagel“ hören) streifen durchs Gelände. Dieses Dorf ist also genauso abenteuerlich und gefährlich wie Mittelerde.

Früher spielten wir Cowboy und Indianer (ich war immer Indianer), doch heute spielt die Jugend Ork, Halbling und Halbelf (oder Halbzwölf, je nach Gusto). Leider stets nur am Rechner, selten in einem Live Action Role Play (LARP). Die gibt’s nämlich auch.

6) Paul Clark alias Anton Weste: Das Vermächtnis der Halblinge (für die National Geographic Society)

Dies ist keine Erzählung im üblichen Sinn, also keine Prosa, sondern eine Reportage im Dokufiction-Stil. Unser Reporter vor Ort bricht mit seinem Fotografen aus Birmingham ins entlegene Warwickshire auf. Dort lässt Professor Bennett in Erde buddeln, die er als „Überreste von Hobbit-Smials“ deklariert.

Den Unglauben des Reporters weiß der Akademiker aus Oxford durchaus eloquent und beweiskräftig zu vertreiben. Gefäße von illegaler Größe (0,3 Liter statt der seit 1215 vorgeschriebenen Pint-Größe von 0,57 Liter), Utensilien – und natürlichen Funde auf der Südseeinsel Flores. Wurde dort nicht vor Kurzem ein „Hobbit“ ausgegraben? Und gibt es nicht unzählige Berichte, Sagen und Legenden über die Halblinge auf der ganzen Welt? Wer weiß, ob nicht auch J. R. R. Tolkien, der anno 1900 nur 30 km entfernt wohnte, nicht auch in Kontakt mit den Hobbits von Binton kam.

Leider spricht auch vieles gegen die Thesen des Professors, der schon bald in Ungnade fällt. Doch dann führt Bennett den Reporter in ein walisisches Tal, das eine verdächtige Ähnlichkeit zur Wohnstatt eines berühmten Halblings aufweist …

|Mein Eindruck|

Der Autor übertreibt seine Dokufiction ein wenig, indem er zu viel Doku mit reinnimmt. Nach zahlreichen Belegen FÜR die Existenz von Halblingen durch die Jahrhunderte präsentiert er auch Argumente GEGEN deren Existenz. Nach dieser Enttäuschung nimmt die Erzählung eine letzte Wendung hin zu einer rein märchenhaften Schilderung, wenn nämlich unser Chronist ins Auenland eintritt. Hat hier einer zu viel Pfeifenkraut mit Mutterkorn geschmaucht?

7) Monika Felten: Prävention

Umberto Beutelini ist 106 Jahre alt und lebt in einem Altenpflegeheim. Schwester Rose kümmert sich liebevoll um ihn. Aber auch ein wenig zudringlich und neugierig, sagt ihm sein Bauchgefühl. Deshalb hält er sein Nachtschränkchen stets gut verschlossen. Darin befindet sich der Zeitungsausschnitt mit dem Foto eines großen Halblingsfußes, den jemand in Irland gefunden haben will.

Seine Enkelin Meria kommt in ihrem Elfenmantel zu Besuch. Niemand hat sie hereinkommen sehen, denn er hat sie gut getarnt. Sie ist voll technisch versiert, hat einen Tablet-PC dabei. So zeigt sie ihm, wie sie die Leute, die den Hobbitfuß in Irland sehen wollten, von ihrem Plan abgebracht hat. Den Fuß hat sie obendrein verbrannt. Keine Spuren sollen die Existenz von Halblingen auf der Welt beweisen. Zuviel Verfolgung und Unheil mussten die Halblinge schon erleben. Deshalb schworen sie vor 200 Jahren, fortan alles zur Prävention ihrer Entdeckung zu tun und sich zu verstecken.

Kaum ist die famose Meria wieder weg, hört Umberto im Halbschlaf, wie Schwester Rose den Elfenmantel übers Handy einem Interessenten anbietet. Man wird wohl etwas gegen Schwester Rose unternehmen müssen, denkt Umberto …

|Mein Eindruck|

Halblinge, die in der Gegenwart leben, müssen sich schützen, soviel ist klar, denn sie wollen weder ausgestellt noch seziert werden. Leider sagt dies allzu viel über die Natur der Großen Leute aus: Deren Neugier ist ebenso groß wie ihr Rassismus. – Die kurze Erzählung ist spannend, amüsant und doch nachdenklich machend erzählt. Die beste Figur ist zweifelsohne Meria, die aufgeweckte Digital Native unter den Halblingen. Man findet sie auf Facebook, kein Zweifel.

8) Maike Hallmann: Back again

Ein Vierzigjähriger sitzt nach einer Hochzeit einsam und betrunken auf seinem Hotelzimmer, als er eine Stimme hört. Diese gehört einer Singdrossel auf seinem Fensterbrett. Sie behauptet, sie sei die Drossel vom Durinstag in „Der Hobbit“. Dass er dieses Buch vergessen konnte! Es sei traurig.

Allmählich kommt er wieder zu sich und beginn sich sowohl zu erinnern als auch gegen die Vorwürfe, die die Drossel erhebt, zu protestieren. Er habe seinen Lebenspfad verlassen und alle netten Frauen weggeschickt, jammert die Drossel. Dass sie behauptet, sein Seelenbegleiter zu sein, bringt das Fass zum Überlaufen: Er wirft sie aus dem Fenster und geht schlafen.

Doch so leicht wird man seinen Seelenbegleiter nicht los …

|Mein Eindruck|

Den Begriff des „Seelenbegleiters“ gibt es schon seit der griechischen Antike. Dort heißt er Psychopompos. Und wers nicht glaubt, der lese nur mal Stephen Kings Gruselroman „Stark – die dunkle Hälfte“, in dem ein Horrorautor zunehmend von einem anderen Ich heimgesucht wird, der eine höchst kriminelle Energie aufweist. Es ist eine Parabel auf Stephen Kings eigenes Pseudonym Richard Bachman. Auch die Verfilmung durch George Romero ist erstklassig. Ganz deutlich das Bild der Seelenbegleiter: Sperlinge. Wehe, wenn sie fliegen!

Maike Hallmanns Geschichte ist ebenso parabelhaft, wenn auch in einem halbwegs realistischen Setting. In Wahrheit stellt sie zwei Epochen und Lebensalter gegenüber: die heutige hektische Zeit, in der nur das Business zählt, und die Kindheit in den späten siebziger und achtziger Jahren, als „Der kleine Hobbit“ (1974) und „Der Herr der Ringe“ (1978) auf Deutsch veröffentlicht wurden.

Was soll die Drossel, fragt man sich, wo sie doch nur eine scheinbar unwesentliche Nebenfigur ist. Dagegen würde sie natürlich wettern und zetern, schließlich hat sie ja am Durinstag eine Schlüsselrolle inne. Sie ist für unseren Yuppie zwar kein Schutzengel, aber dafür ein schlechtes Gewissen – und eben sein Seelenbegleiter. Schon traurig, was aus den Träumern von damals geworden ist: sich selbst hassende Materialisten. Witzig ist jedoch der Schluss, der nicht verraten werden darf.

8) Oliver Dierssen: Chaiselongue

Spielmann ist ein Psychotherapeut alter Schule, der sogar noch uralte Kassettenrekorder und Notizbretter einsetzt. Es beruhigt seine Patienten, denkt er. Doch heute tritt ein echter Halbling in seine Praxis und lässt sich auf der Couch, pardon: der Chaiselongue nieder. Sein Wehwehchen klingt in Spielmanns Ohren banal: Er sehne sich nach Abenteuern und der Ferne. Aha, ein klarer Fall von Muttersöhnchen, das seiner Glucke entfliehen möchte.

Dass Spielmann zwar genauso klein ist wie dieser Addo, ihm aber hartnäckig kein Wort über Fernweh glaubt, bringt den Halbling auf die Palme – und ruft dessen Mutter auf den Plan. Sie gibt Spielmann Zunder und einiges zu denken. Unvermittelt verspürt der Therapeut den Drang, erst mit seinem Vater zu reden und dann die Schuhe auszuziehen, wenn er die Stadt verlässt.

|Mein Eindruck|

Merke: In jedem von uns steckt ein kleiner Halbling, und der will in die Ferne wandern, zu den grünen Auen und blauen Bergen. Wie Spielmann demonstriert, ist das wichtigste Hindernis jedoch die eigene Selbstwahrnehmung: Man hat sich in bequemsten Umständen eingerichtet und rührt sich ab einem gewissen Alter (Halblinge werden mit 33 erwachsen …) nicht mehr vom Fleck, als wäre man tatsächlich mit einem Stammbaum aus dem Auenland.

Die nette, psychologische und genau beobachtende Erzählung weist noch zahlreiche weitere Ironie-Momente auf. Ein feiner Abschluss, der den Leser in die Gegenwart entlässt und doch auffordert, ins Auenland zu wandern. So schließt sich der innere Kreis dieses Bandes.

_Besonderheiten_

In seiner Einleitung zum zweiten Teil erwähnt der Herausgeber einen gewissen Anton Weste als Autor. Der taucht zum Erstaunen des Lesers aber im Inhaltsverzeichnis gar nicht auf. Um welchen Beitrag kann es sich also handeln? Das VERZEICHNIS der AUTOREN am Schluss des Bandes, das jeden Autor detailliert und amüsant vorstellt, lüftet den Schleier dieses Geheimnisses: Anton Weste und Paul Clark sind ein und derselbe. Von „Clark“ stammt der Beitrag „Das Vermächtnis der Halblinge“.

|Das Titelbild|

Der Hobbitkenner sollte sich das Titelbild genauer ansehen. Durch die offene Tür blicken wir auf graue Berge – wo gibt es die jedoch im Auenland? Vielleicht handelt es sich schon um die Ered Luin im äußersten Westen?

Ebenfalls interessant sind die Gegenstände, die links neben der Tür liegen: Da ist Bilbos berühmtes Schwert Stich, eine noch rauchende Tonpfeife, ein Elfenmantel, eine Schriftrolle – und eine Steinplatte mit einer bemerkenswerten Inschrift. Die Schrift sieht am ehesten wie Arabisch aus, besteht aber keinesfalls aus Elfen- oder Zwergenrunen. Araber in Mittelerde? Was kommt als nächstes – Orks in Berlin?

_Unterm Strich_

In der Flut der HOBBIT-basierten Buchveröffentlichungen fällt das vorliegende Werk ein wenig aus dem Rahmen: Es vereint die Aspekte der Fiktion und der Kritik. Der obligatorische erzählende Teil mit Geschichten über die Welt der Halblinge – darunter auch unsere! – ist mit Sachbeiträgen vermischt, die die Halblinge und die Werke über sie mal kritisch, mal begeistert unter die Lupe nehmen.

Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen, denn weder wird mal durch eine Fülle von Geschichten erschlagen, noch wird der Hobbit-Freund von Literaturkritik überfordert. Die Abwechslung sorgt im ersten Teil für ein Niveau von unterhaltsamer „Fanfiction“ und reflektierender Hinterfragung, im zweiten Teil von unterhaltsamer Begeisterung sowie hinterfragender Fiktion – gerade so, als handle es sich um gespiegelte Aspekte des gleichen Themas.

Mir haben beide Teile ausnehmend gut gefallen, und ich hoffe, das scheint in meinen obengenannten Eindrücken durch. Lediglich die realistischen Erzählungen konnten mich nichts so begeistern, aber dafür tragen sie ironische Seitenhiebe auf die Hobbit-Fans und -Betreuer bei. Merke: Die Halblinge sind real, aber sie wollen nicht gefunden werden.

Die Autorencharakteristiken verraten dem Leser einiges über die einschlägige Vorbelastung der meisten AutorInnen, sind aber auch durch Selbstironie amüsant zu lesen. Außerdem animieren die dort erwähnten Werke – viele davon bei Heyne veröffentlicht – zum Weiterlesen an. Eine Vignette, die Arndt Drechsler schuf, pro Beitrag wertet das Buch auch optisch auf. Insgesamt eine runde Sache.

|Taschenbuch: 395 Seiten
ISBN-13: 978-3453314092|
http://www.heyne.de

_Bernhard Hennen bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Wahrträumer (Magus Magellans Gezeitenwelt)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=390
[„Die Elfen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2169
[„Die Elfen“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2962
[„Elfenwinter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2185
[„Elfenlicht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3505
[„Alica und die Dunkle Königin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4542
[„Die Ordensburg“ (Elfenritter 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4578
[„Die Albenmark“ (Elfenritter 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4693
[„Die Elfenkönigin“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6115

|Elfenwinter| als Hörspielumsetzung:
Folge 1: [„Der Untergang von Vahan Calyd“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7394
Folge 2: [„Firnstayns Kinder“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7395
Folge 3: [„Königstein“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7396
Folge 4: [„Der Fluch des Schicksalswebers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7745
Folge 5: [„Elfenwinter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7855

Paddy Kampshell – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Die Welt der Hobbits

Nettes Bilderbuch für HOBBIT-Sucher

Eine Welt – so liebenswert anders: In »Die Welt der Hobbits« werden alle Eigenheiten des besonderen Völkchens mit den großen Füßen und noch größeren Herzen geklärt.

Es gibt mindestens fünf deutsche Begleitbücher zum Film:

„Das Begleitbuch“ erklärt Figuren, Schauplätze und Orte, „Die Geschichte in Fotos“ erzählt mit vielen Fotos nach; „Die Welt der Hobbits“ beschreibt deren Leben und „Das Filmbuch“ schildert die Entstehung des Films. Im Rätsel- und Sammelbuch werden Text, Fotos und Rätsel kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt. (Verlagsinfo)

Der „Autor“

Paddy Kampshell ist der Verfasser des Textes.

Inhalt

Dieses hübsch und reich bebilderte Buch zum HOBBIT-Film lässt sich in zwei Hälften aufteilen. Im ersten Teil begegnen wir den Halblingen in ihrer Heimat, in der zweiten Hälfte bewegen wir uns über das Auenland hinaus, zu Freunden und gar schröcklichen Feinden. Merke: Die „Welt“ der Hobbits entspricht ziemlich genau ganz Mittelerde. Deshalb gibt es von dessen Landkarte gleich zwei Abbildungen (S. 1 und S. 16). Doppelt genäht hält besser. Und so findet man das Auenland auch viel besser.

Nach der Frage „Was ist ein Hobbit?“ folgen Beschreibungen, die helfen sollen, Hobbits überhaupt zu erkennen. Dabei dienen Bilbos zwei Darsteller Ian Holm (Bilbo mit 111) und Martin Freeman (Bilbo mit 50) als beste Anschauungsbeispiele. Das finde ich zweifelhaft, denn wie sollte man sonst Hobbitfrauen und -kinder erkennen? Beispiel für ihre Anatomie (haarige Füße!) und Bekleidung weisen sie als ordentliche, aber absonderliche Fußfetischisten aus. So etwas wie Schuhe oder gar Socken kennen sie nicht.

Die Heimat dieses sonderbaren Völkchens (das bekanntlich den besonderen Schutz von König Elessar genießt) ist das Auenland: eine ziemlich grüne gegend ohne jede Art von Industrie oder Maschinerie (die Mühle von Wasserau ist nirgends zu sehen). Offenbar leben diese Öko-Bauern und -Kommunarden noch wie im Mittelalter, allerdings ohne dessen Kriege und Pestilenzen. Glückliches Shire, du hast es besser!

|Beutelsend|

Als herausragendes Exemplar halblingischer Architektur wird uns Beutelsend präsentiert. Dies ist bekanntlich der Smial von Herrn Bilbo Beutlin, einem Privatier und Tagedieb, der von ererbtem Geld lebt und tagein und tagaus Bücher liest – wenn er sie nicht sogar schreibt! Nun ist dieser Smial derartig ausgedehnt, dass er 15 Personen gleichzeitig Platz bietet, und derart gut mit Lebensmitteln bestückt, dass er die Invasion einer Zwergenschar ohne Weiteres zu bewältigen vermag.

Diese Indizien sprechen nicht gerade dafür, dass wir es mit einem durchschnittlichen Feld-, Wald- und Wiesen-Smial zu tun haben, sondern vielmehr mit einer Upper Class Villa, einem wahren Herrensitz von imposanten Ausmaßen.

Das Leben hier soll angeblich „ruhig“ sein, wie am Kalender für April (S. 22) abzulesen sein soll – doch die Zwerge erschienen ja Ende April im Jahr 2941. Angeblich an einem Mittwoch, doch diesen Tag gibt es im fünftägigen Auenlandkalender gar nicht. Hobbitkundler müssen mir mal erklären, welchen Tag Bilbo mit diesem Datum bezeichnete. Die Meinungen gehen doch beträchtlich auseinander.

|Bilbo|

Überhaupt: dieser Bilbo! Wenn er nicht sieben Mahlzeiten am Tag futtert (S. 26+27) und dennoch schlank und rank wie Martin Freeman bleibt, dann ergeht er sich offenbar mit Phantastereien über Drachen, Elben und Prinzessinnen, die es zu retten gilt. Nun ja, das mit der Prinzessin fürs Leben hat nicht geklappt, aber dafür brachte er ja einen Teil des Drachenschatzes vom Einsamen Berg nach Hause – wo gerade sein Mobiliar meistbietend versteigert wurde!

Die Sackheim-Beutlins sind offenbar auch noch sechzig Jahre später eine ständig im Hintergrund lauernde Gefahr, sogar die armen, gierigen Vettern in Bilbos Sippschaft. Dass Bilbo auf dem Titelbild in kragenlosem Hemd und Hosenträgern auftritt, nenne ich ein gelungenes Beispiel für Mimikry: Der Schlossherr gibt sich als Mitglied der Arbeiterklasse aus. Ein leicht durchschaubarer Trick. Nice try, Bilbo. Wir werden dieses Foto in unsere Verbrecherkartei aufnehmen.

|Gandalf, der Eine Ring und der ganze Rest|

Erst setzt der Zauberer Gandalf (S. 40/41) dem relativ (!) unbescholtenen Beutlin allerlei Flausen in den Kopf, dann trickst er ihn auch noch aus, indem er sein Geheimzeichen in die Vordertür kratzt (große Smials wie Beutelsend haben wohl auch eine geheime Hintertür), welches fremdländisches Gesocks anlockt.

Selbst der angesehenste Hobbit kann ob dieser Heimtücke nicht ehrbar bleiben. Bilbo sieht sich veranlasst, einen ellenlangen Vertrag zu unterschreiben, der ihn als „Meisterdieb“ verpflichtet, einen Schatz zu heben. Und dass der Eine Ring ihn in noch mehr Schwierigkeiten brachte, ist hinlänglich bekannt. Dass die Schwarzen Reiter, die 60 Jahre später hinter dem Kleinod her waren, das Auenland heimsuchten, ist unverzeihlich.

|Freunde und Feinde|

Den Zwergentrupp und den Zauberer als „Gute Freunde“ vorzustellen, ist eine Unverschämtheit. Sie haben ihn für einen Zeitarbeitsjob engagiert. Zwar für ein Vierzehntel des Gewinns, aber wenn diesen Anteil ein Drache bewacht, ahnt man schon, dass ein Arbeitskampf inklusive Machtdemonstration und Ausstand vonnöten sein wird. Und so kommt es ja auch (in den letzten Kapiteln des Buches, also im 3. Film).

„Tödliche Feinde“ lernt der Betrachter auf den letzten Seiten kennen, auf deren Bekanntschaft sicherlich dankend verzichtet werden darf. Wer will schon hässlichen Trollen, mutierten Goblins und abartigen Orks die Hand schütteln oder einem Warg ins geifernde Maul blicken? Na, eben.

_Mein Eindruck_

Man merkt schnell: Bilbo Beutlin ist EIGENTLICH ein vorbildlicher Hobbit, aber leider auch ein wenig krank im Kopf. Hand aufs Herz: Wie sonst könnte er sich für die Schatzexpedition eines skrupellosen Zauberers qualifizieren? Vielleicht liegt ihm die Abenteuerlust aber auch in den Genen. Aufs Erbgut kann man ja alles Mögliche schieben, von der Fressgier über die Höhenangst und Hydrophobie. Hobbits meiden Boote, und das hätten sicher auch Frodos unglückselige Eltern beherzigen sollen, bevor sie auf einer Bootsfahrt auf dem Brandywein umkamen.

So ganz werden die Widersprüche im Bild von den Hobbits, das das Buch zu zeichnen versucht, nicht aufgehoben. Aber das war wohl nicht der Zweck des Buches. Es ist wie eine Art bebildertes Märchenbuch, das von phantastischen Wesen erzählt. Es wendet sich an junge Personen beiderlei Geschlechts, die sich ein ganz klein wenig mit den Hobbits und ihrer erfundenen Welt anfreunden wollen. Es gibt ja genügend Games, in eben dieser Welt spielen. Sogar die Jüngsten werden über LEGO damit vertraut gemacht

Schade, dass die Elben ebenso fehlen wie der zweite wichtige Zauberer. Radagasts Auftritt hätte dem relativ (!) guten Ruf Bilbos noch mehr Abbruch getan. Ein ungepflegt aussehender Typ, der ein Vogelnest unter seinem Hut spazierenführt und einen von Karnickeln gezogenen Schlitten fährt, gilt im Auenland nicht gerade als vertrauenerweckend.

Sogar Gandalf, weitaus harmloser aussehend, wurde als „Störer des Friedens“ bezeichnet, wie man sich bestimmt erinnert. Radagast wäre bereits an der Grenze abgewiesen worden, nach eingehender Gesichtskontrolle und Leibesvisitation. Gandalf aber hatte wenigstens eine gute Entschuldigung bzw. Vorwand: Feuerwerk!

Was die Abbildungen von Schmetterlingen und Libellen, die man auf den ersten Seiten sieht, besagen sollen, weiß ich nicht. Sie tauchen später immer wieder auf, meist nur als Dekoration. Es gibt aber die Seite 6, in der ein Buch aufgeschlagen ist, in dessen Text es um Schmetterlinge geht.

_Unterm Strich_

Das Bilderbuch bietet demjenigen, der zum ersten Mal mit Hobbits Bekanntschaft schließen will – via Film, Buch oder Game – einen Überblick mit den nötigsten Infos. Hobbits, Auenland, Beutlin, Beutelsend – das sind die wichtigsten Stationen für den Anfang, um Hobbits zu charakterisieren.

Die zweite Hälfte des Buches ist der Welt da draußen gewidmet, das heißt also Mittelerde. Auf nicht weniger als sechs Seiten stellt das Buch die 13 Zwerge mitsamt ihren Biografien vor. Peter Jackson hat ja bekanntlich auf detaillierten Charakterisierungen und Darstellungen der Zwerge bestanden. Die Filmzuschauer sollen in der Lage sein, jeden Zwerg wiederzuerkennen, als wärs ein alter Bekannter.

Neben dieser geballten Ladung Zwergenpower fallen Gandalf und Gollum kaum auf. Die Feinde werden am Schluss nur noch oberflächlich vorgestellt, wobei Azog ebenso fehlt wie der Drache. Merke: Diese beiden Gestalten hebt sich der Verlag für das nächste Buch auf. Schade fand ich, dass es weder Radagast noch die Elben in diese Bundesliga geschafft haben. Vielleicht ergattert König Thranduil wenigstens in zweiten HOBBIT-Film ein Top-Ranking, wenn es wieder heißt: Der HOBBIT sucht den Superstar.

Wer inhaltliche Tiefe oder eine breitere Darstellung verlangt, sollte zum „Offiziellen Begleitbuch“ von Jude Fisher greifen (und nicht etwa zum „offiziellen Filmbuch“, das eine Art Making-of bietet, s. o.).

|Broschiert: 48 Seiten
Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey – World of Hobbits (2012)
Aus dem Englischen von Marcel Bülles
ISBN-13: 978-3608939972|
http://www.klett-cotta.de

Brian Sibley: Der Hobbit – Smaugs Einöde. Das offizielle Filmbuch

In Konversation mit dem Drachen: der rasende Reporter von Mittelerde

„Geh auf Reisen in die magische Welt des Hobbit Bilbo Beutlin. Mit dabei sind in exklusiven Interviews Regisseur Peter Jackson, die Schauspieler Martin Freeman und Orlando Bloom sowie die wichtigsten Macher des Films. Außerdem begegnest du allen Darstellern der neuen großen Filmrollen: Stephen Fry als Bürgermeister von Seestadt, Evangeline Lilly, die wunderschöne Elbe Tauriel, und natürlich Benedict Cumberbatch, der die Geheimnisse seiner Rolle als Drache Smaug preisgibt.

Dieses offizielle Filmbuch ist reich bebildert, darunter viele Aufnahmen, die hinter den Kulissen entstanden: Fotos von Schauspielern, Fabelwesen und Kostümen sowie zahlreicher Szenen mit Spezialeffekten. Ein Muss für alle Fans der preisgekrönten Filmtrilogie.“ (Verlagsinfo)

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Jonas Wolf – Alles über Hobbits


Bitte ein Bild: Hoffnungsvoller Ansatz für eine Hobbit-Enzyklopädie

In Tolkiens Land Mittelerde wimmelt es von Elben, Zwergen und Orks, doch seine wahren Helden sind die Hobbits. Zum Fantasy-Film-Ereignis des Jahres präsentiert Genrekenner Jonas Wolf das ultimative Buch über das »kleine Volk«. Umfassend, tiefgründig und humorvoll widmet sich der Autor den Ursprüngen der Hobbits, ihrer Rolle in Tolkiens Welt und ihren größten Abenteuern. Dabei werden nicht nur die wichtigsten Filme, Bücher und Spiele vorgestellt, sondern auch die letzten Geheimnisse der scheinbar friedvollen Gesellen gelüftet – denn in einem Hobbit steckt mehr, als wir ahnen … »Alles über Hobbits« bietet das gesammelte Hobbit-Wissen in einem Band  (Verlagsinfo)

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Jude Fisher – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Das offizielle Begleitbuch

Centerfold: Begleitbuch mit wunderbaren Fotos und Mega-Infos

Das offizielle Begleitbuch zu »Der Hobbit – Eine unerwartete Reise« ist die passende Verbindung von Buch und Film. Hier werden die Figuren, Schauplätze und Orte des Films vorgestellt. Viele Fotos und informativer Text rund um Bilbo und seine Gefährten lassen keine Fragen offen. (Verlagsinfo)

Es gibt mindestens fünf deutsche Begleitbücher zum Film:

„Das Begleitbuch“ erklärt Figuren, Schauplätze und Orte, „Die Geschichte in Fotos“ erzählt mit vielen Fotos nach; „Die Welt der Hobbits“ beschreibt deren Leben und „Das Filmbuch“ schildert die Entstehung des Films. Im Rätsel- und Sammelbuch werden Text, Fotos und Rätsel kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt. (Verlagsinfos)

_Die Autorin_

Die Britin Jude Fisher hat 20 Jahre lang als Verlegerin und Buchhändlerin gearbeitet und ist Autorin aller „Offiziellen Begleitbücher“ (Visual Companions) der drei „Herr der Ringe“-Filme. Außerdem hat sie selbst einen Fantasyroman (dt. bei Blanvalet) verfasst und eigentlich Spezialistin für altisländische Texte (Die Edda usw.). Laut Verlag hat sie unter dem Pseudonym „Gabriel King“ vier Romane verfasst, und wie man weiß, handelt sich dabei um mindestens zwei Katzen-Fantasy-Romane, die bei Heyne erschienen sind: „Auf geheimen Pfaden“ und „Die Goldene Katze“.

_Inhalt und Eindruck_

Das Vorwort von Hauptdarsteller Martin Freeman ist eine nette Zugabe, bringt aber nichts Neues – außer zwei Fehlern in der Übersetzung. Da ist von einem „Barden in Laketown“ die Rede. Erste gibt es in SEESTADT keine Barden, sondern nur Kaufleute, Fischer und einen Krieger, zweitens existiert dort ein Krieger namens BARD. Erste Zweifel kommen auf, ob die Übersetzerin wirklich der Tolkien-Welt kundig ist.

Wie in einer Game-World stellt Jude Fisher die wichtigsten Schauplätze und Figuren vor. Hobbits, Bilbo Beutlin, Beutelsend – das sind Standards zur Beschreibung der Ausgangslage. Dann kommen Bilbos Gäste: 13 Zwerge und ein Zauberer namens Gandalf. Diese Besucher werden haarklein mit kompletter Biografie, familiären Beziehungen und Adelsposition vorgestellt. Denn Thorin Eichenschild ist ein König im Exil und seine Neffen Fili und Kili sind demzufolge Thronanwärter! Auch der weißhaarige Balin stammt von königlicher Linie ab.

Schön finde ich, dass die Autorin das maximale Alter einer jeden Rasse nennt. Hobbits können bis zu 130 Jahre alt werden, Zwerge bis zu 250 Jahre. Dass Gandalf an die 3000 Jahre alt ist, verdient offenbar keine Erwähnung, wohl aber sein – neben dem Stab – zweitwichtigstes Attribut: das Schwert Glamdring. Dessen Heft ist mit Zauberrunen verziert – siehe das Titelbild des „Offiziellen Filmbuchs“.

Solche Attribute der Stärke weisen alle Figuren auf (Bilbo hat ja den Einen Ring) und werden stets gesondert erwähnt. Thorin etwa hat eine Elbenklinge namens Orkrist, Dwalin zwei Äxte, Bifur eine Lanze, Bofur eine Kombi aus Hammer und Pickel, Dori eine Bola, Bombur ein Hackmesser, Nori eine Streitkeule, Gloin eine Streitaxt und so weiter. Balin, der später Moria zurückerobern will, soll angeblich ein Schwert führen. Auf seiner Abbildung ist es nicht zu sehen. Ein Gamer könnte mit diesen Figuren und ihren Attributen schon ein Spiel anfangen.

|Handlung|

Nachdem die wichtigsten Begleiter der titelgebenden Hauptfigur sowie ihr Reiseweg auf einer vierseitigen Ausklapp-Karte (!) vorgestellt worden sind, kann die Autorin daran gehen, die Handlung zu skizzieren: „Die Queste“ (S. 44) Merkwürdigerweise fallen wieder Namen, mit denen der Filmzuschauer rein gar nichts anfangen kann. Da ist die Rede von „Dale“ statt von Thal. Und worum es sich bei Khazad-dûm handeln soll, wissen nur Zuschauer, die schon den „Herrn der Ringe“ gesehen haben: Es ist Moria, die Zwergenbinge.

Die Abenteuer der Expedition beginnen in der Begegnung mit den Trollen, führen nach Bruchtal (ein sehr schönes Set), wo schlanke Elben ein potentiell unsterbliches Leben führen – jedenfalls solange, bis Mittelerde (erneut) untergeht. Eine wunderbare Doppelseite zeigt ein Bruchtal-Detail, wo sich Gandalf und Galadriel, Mitglieder des Weißen Rates, unterhalten. Der Weiße Rat zeigt auf S. 56/57 diesmal auch Christopher Lee als Saruman, was eine rare Aufnahme ist. Lee erscheint in fast keinem der deutschen Begleitbücher. Im Begleittext wird Dol Guldur, die Festung des neuen Feindes, erwähnt, der Name aber nicht übersetzt: „Festung der dunklen Magie“.

Sehr schön wird auch dargestellt, dass Galadriel und Elrond über zwei der drei Elbenringe der Macht verfügen. Diese Machtattribute sind für Gamer etc. stets wichtig. So lässt sich die Stärke der jeweiligen Spielfigur einschätzen. Je größer ihre „Macht“, desto begehrenswerter ist sie auch. Interessant: Galadriels Tochter Celebrían ist mit Elrond verheiratet, taucht aber nie auf. Die Tochter der beiden ist bekanntlich die schöne Arwen, die sich Aragorn versprochen hat.

|Im Nebelgebirge|

Hier lauern Gollum, die Goblins und die Orks und Warge eines gewissen Azog auf die Expeditionsmitglieder. Die Geschichte des Einen Rings, der 16 andere beherrscht, ist gut, aber knapp erklärt. So fehlt etwa der Hinweis, dass die drei Elbenringe dem Einen Ring nicht unterworfen sind. Wer die sieben Zwergenringe besitzt, ist auch hier nicht erklärt.

Von den Bergriesen, die miteinander kämpfen, ist nichts zu sehen, wohl aber von Radagast, dem wunderlichen Zauberer. Seine Name bedeutet „Zähmer der Tiere“, und genau dies tut er. Dieser tollen neuen Figur sind ganze vier Seiten gewidmet, das meiste davon Bilder. Merkwürdig: Sein Haus Rhosgobel soll angeblich am „südlichen Rand des Grünwalds“ liegen, doch wer die mitgelieferte Landkarte konsultiert, findet Rhosgobel am westlichen Rand der Mitte des Grünwalds bzw. Düsterwalds liegen. Dol Guldur ist dort gar nicht erst eingezeichnet. Das ist auch nicht sonderlich hilfreich.

Einen letzten Ausblick auf den Fortgang der Queste liefert die letzte Doppelseite: Gandalf betritt Dol Guldur …

_Die Übersetzung _

Die Merkwürdigkeiten der Übersetzung habe ich bereits erwähnt. Einen „Barden“ nach Laketown zu versetzen, ist ein schlechter Witz. „Laketown“ und „Dale“ hätten der deutschen Synchronisation angeglichen und als „Seestadt“ und „Thal“ übersetzt werden soll. Der Name „Khazad-dûm“ erschließt sich nur demjenigen, der „Herr der Ringe: Die Gefährten“ gesehen oder das Buch gelesen hat. Wenn ich mich recht erinnere, kommt der Name, den die Zwerge Moria gegeben haben, im HOBBIT-Film nicht vor. „mor-iâ“ bedeutet „Schwarzer Abgrund“, und darin verschwindet Gandalf ja, um den Balrog zu bekämpfen (im Prolog zu Jacksons zweitem Teil der HdR-Trilogie).

_Unterm Strich_

Dieses Buch ist mit 75 Seiten nahezu doppelt so umfangreich wie die schmalen Softcover-Bilderbücher „Die Geschichte in Fotos“ und „Die Welt der Hobbits“ (s. meine Berichte). Folglich enthält das Buch wesentlich mehr Informationen für denjenigen, der die HOBBIT-Welt und den Film näher kennenlernen möchte.

Auch die Filmfotos und die Landkarte sind noch großformatiger als dort, was in einer vierseitigen Ausklappkarte gipfelt. Allerdings ist hier keines von Radagasts „Bunnies“ als Centerfold zu bewundern, sondern lediglich die Karte von Mittelerde mit dem Reiseweg der Expedition zum Einsamen Berg. Die Ränder der Karte sind garniert mit Fotos der jeweiligen Gegend, etwa dem Ostviertel des Auenlandes oder den Trollhöhen usw.

|Das Personal|

Den größten Teil des Buches nehmen die 13 Zwerge mit ihren detaillierten Biographien ein, hinzukommen Bilbo, der Meisterdieb, und Gandalf, der Zauberer. Nun hat der potenzielle Gamer schon einen soliden Grundstock für ein HOBBIT-Spiel, doch etwas fehlt noch: die Feinde und die Helfer. Letztere sind die Elben und der Weiße Rat. Die Feinde sind weitaus zahlreicher: Orks, Goblins, Warge und Trolle. Gollum und der Ring dürfen natürlich nicht fehlen, stellen sie doch einen Wendepunkt der Geschichte dar.

Dies ist, wie gesagt, eines der wenigen Begleitbücher, das Christopher Lee als Saruman zeigt. Am besten gefiel mir indes der „verrückte“ Zauberer Radagast, wunderbar schräg dargestellt von Sylvester McCoy, einem Comedian. Ihm sind nicht weniger als vier Seiten gewidmet.

Leider ist auch hier sein Outdoor-Ferrari nicht zu sehen, nämlich sein von acht Paar Karnickeln (besagte Bunnys) gezogener Rennschlitten. Damit brettert er nicht nur durch den Grünwald, sondern auch durchs Einsame Land, das zwischen den Trollhöhen und Bruchtal liegt und von Warg-Orks heimgesucht wird. Radagast lenkt sie von Gandalf & Co. ab.

Stattdessen mag sich so mancher Betrachter über die Vogelkacke auf seinem Mantel wundern. Der Grund ist simpel: Unter seinem Zaubererhut gewährt er einem Vogelpärchen Zuflucht in einem Nest, das es in seinem Haar gebaut hat. Das Mäuschen, das angeblich in seinem Bart haust, ist leider ebenso wenig zu sehen. Das Studio wollte dem Betrachter wohl nicht zu viel zumuten.

|Für wen sich das Buch eignet|

Das Buch eignet sich erstens für Leser, die den Film noch sehen wollen: Es informiert sie mit großer Detailtiefe, macht ihnen Appetit und verrät keine Geheimnisse und Überraschungen (Smaug, die Steinriesen, den Prolog). Zum anderen erinnert es den Zuschauer, der den Film oder die HOBBIT-Trilogie gesehen hat, an die besten Momente und die wichtigsten Figuren, quasi als Memento.

Drittens ist es ganz einfach ein wundervoll und aufwendig produziertes Bilderbuch, das eine Geschichte erzählt. Daher ist es auch für Sammler interessant. Und Sammler von Tolkieniana und Kinematografika gibt es wahrlich genug.

|Gebunden: 75 Seiten mit Ausfalttafel
Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey. Visual Companion (2012)
Aus dem Englischen von Birgit Herden
ISBN-13: 978-3608939781|
http://www.klett-cotta.de

Brian Sibley – Der Hobbit. Die Schlacht der Fünf Heere – Das offizielle Filmbuch: Wie der Film gemacht wurde

HOBBIT 3: Humorvoll und informativ, aber manches wird verschwiegen

Das offizielle Filmbuch schildert exklusiv die Entstehung des Films »Der Hobbit – Die Schlacht der Fünf Heere«. Mit dabei sind ausgewählte Fotos vom Set, Interviews, darunter die Erläuterungen der verwendeten Special Effects.

„Erlebe anhand des Filmbuchs mit, wie die epische Schlacht hinter den Kulissen gewonnen wurde. Neben exklusiven Interviews mit Regisseur Peter Jackson, den Schauspielern Sir Ian McKellen, Richard Armitage, Cate Blanchett und Christopher Lee erfahren wir zahlreiche Einzelheiten zum Dreh von den wichtigsten Mitarbeitern am Set.

Billy Connolly kommt als Zwergenkönig Dáin Eisenfuß zu Wort, und Benedict Cumberbatch [Sprecher des Drachen Smaug] enthüllt die dunklen Geheimnisse um seine Darstellung des bösen Nekromanten.

Üppig ausgestattet mit hunderten Fotos, die außer den Geschöpfen, Sets und Außendrehorten auch viele künstlerische Entwürfe und Spezialeffekte zeigen, ist dieses Buch ein unverzichtbarer Begleiter zum abschließenden Teil der phantastischen Filmtrilogie.“ (Verlagsinfo)

Brian Sibley – Der Hobbit. Die Schlacht der Fünf Heere – Das offizielle Filmbuch: Wie der Film gemacht wurde weiterlesen

Paddy Kampshell – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Die Geschichte in Fotos

Das Fotobuch für Runenleseweltmeister

Für denjenigen Filmzuschauer, der sich an den ersten HOBBIT-Film erinnern möchte, ist dieses Bilderbuch gedacht. „Die Geschichte in Fotos“ hält die Höhepunkte des Films „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ mit einer kurzen Beschreibung fest und ordnet das Geschehen in die zeitliche Reihenfolge der Handlung ein.

Es gibt mindestens fünf deutsche Begleitbücher zum Film:

„Das Begleitbuch“ erklärt Figuren, Schauplätze und Orte, „Die Geschichte in Fotos“ erzählt mit vielen Fotos nach; „Die Welt der Hobbits“ beschreibt deren Leben und „Das Filmbuch“ schildert die Entstehung des Films. Im Rätsel- und Sammelbuch werden Text, Fotos und Rätsel kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt. (Verlagsinfos)

_Der „Autor“_

Paddy Kampshell hat den Text verfasst. Aber bei einem Fotobuch sind die Texte naturgemäß Nebensache.

_Inhalt_

Eine „Geschichte in Fotos“ hat erstens die Akteure zu präsentieren und zweitens die Handlung nachvollziehbar zu präsentieren. Zur Handlung gehören natürlich auch Schauplätze. Wäre ich ein Computerspieler und müsste das Spiel zum Film spielen, so würde ich als Erstes nach einer Landkarte fragen und dann nach den Figuren, mit denen ich diverse Levels bewältigen könnte.

Deshalb werden gleich zwei Karten präsentiert: Ganz vorne (S. 4+5) kann man sich in die Karte von Mittelerde vertiefen. Wer den [„Herrn der Ringe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5487 gesehen hat, kennt sie bereits. Allerdings ist in dieser Karte der gesamte Reiseweg Bilbo Beutlins eingetragen, von Beutelsend bei Hobbingen bis zum Einsamen Berg.

Die zweite Karte (S. 11) ist die Schatzkarte, in der die Umgebung des Einsamen Bergs dargestellt ist, inklusive der geheimen Hintertür zu den Hallen des Zwergenkönigs. Das Besondere an diesem Schriftstück, Thrors Karte, sind die sichtbaren und die unsichtbaren Runen. Die Zwerge können die sichtbaren Zwergenrunen natürlich sofort lesen, aber für die MOND-Runen (Certh Ithil) brauchen sie die Hilfe des weisesten Elben von Mittelerde: Elrond. Musste es denn ausgerechnet ein Elb sein?!

Ansonsten gibt es wenig Auffälligkeiten. Die großformatigen und manchmal sogar doppelseitigen Abbildungen folgen der Geschichte, wie sie im Film zu sehen ist, von der Ankunft Gandalfs und der Zwerge in Bilbos behaglicher Wohnhöhle bis zum letzten Akt, der Ankunft der Adler. Der Hauptteil, nämlich Bilbos Reise, ist komplett wiedergegeben.

_Mein Eindruck_

Angesichts der Fülle dieser Porträts könnte man sich natürlich fragen: Fehlt irgendwas? Die Antwort lautet: ja! So fehlt etwa der komplette PROLOG, mit all den hübschen Mega-Miniaturmodellen, für die Jackson berühmt ist. Den Arkenstein hätte ich zu gerne gesehen, und natürlich auch den Drachen.

Auch der Übergang zur Reise-Geschichte, in der Frodo fragt, was Bilbo denn nun schon wieder zu schreiben hat, fehlt völlig. Das macht aber nichts, sofern man nicht gerade ein glühender Verehrer von Elijah Wood, dem Frodo-Darsteller, ist. Auch die Rückblende auf Thorin in der ersten Schlacht gegen Azog fehlt. Viel zu kompliziert!

|Drei Kategorien|

Die Abbildungen sind eine Würdigung wert. Wie zu erwarten, handelt es sich zum einen um Szenenfotos aus dem ersten Film. Eine zweite Kategorie von Fotos zeigt die Hauptfiguren der Geschichte in gestellten Posen, die offensichtlich für die Begleitdokumente – wie das vorliegende Buch – geschossen wurden. Zu den Hauptfiguren gehören Bilbo, Gandalf, Thorin, der Orkkönig, Radagast, Gollum (Doppelseite), Azog, Elrond, Galadriel und einige Zwerge.

Wer genau aufgepasst hat, müsste jetzt eigentlich stutzig werden. Denn in diesem Kreis fehlt ein wichtiges Mitglied des Weißen Rates: Christopher Lee als Saruman glänzt in allen fünf Büchern, die ich von |Klett-Cotta| geliefert bekommen habe, durch fast hundertprozentige Abwesenheit. Sollte er doch mal auftauchen, werde ich das gesondert vermerken.

Eine dritte Kategorie von Abbildungen gibt es, die vor allem Comic-Freunde ansprechen dürfte: Es sind fotorealistische Zeichnungen, wie sie etwa John Howe oder Alan Lee angefertigt haben könnte. (Sie waren wieder von Anfang an als Art Designer dabei.) Dazu gehört ein Doppelporträt von Fili und Kili, den schmucken jungen Zwergen, die wie Menschen aussehen – wäre nur ihre BÄRTE nicht so lang. Eine zweite Abbildung zeigt die Orkhöhlen unter dem Nebelgebirge und mitten darin der Zug der gefangenen Zwerge.

|Knöpfe|

So mancher Betrachter mag sich fragen, was die Abbildung einer Eichel auf Seite 1 zu besagen hat. Die Eichel, so wird nun klar, ist das Familiensymbol der Beutlins. Sie ist in jeden Knopf, den Bilbos schöner weinroter Wanderrock aufweist, eingraviert. Doch in den engen Gängen der Orktunnel muss er sich durchzwängen – und alle seine Knöpfe reißen ab. Könnten diese Knöpfe später Gollum einen Hinweis liefern? Wir wissen ja, dass er Beutlin an Saurons Diener verraten wird.

|Titelbild|

Ich hab’s nachgezählt: Es sind tatsächlich 13 Zwerge auf dem Titelfoto. Der Zwerg, in dessen Stirn eine ORK-AXT steckt, hat selbige durch eine Kapuze verborgen. Das Titelbild sollte man sich als „BRAVO-Starschnitt“ besorgen, wenn man ein wahrer Fan ist – und sofern BRAVO solch ein Kultobjekt noch anbietet.

_Unterm Strich_

Dieses Fotobuch eignet sich für anspruchslose Leser, die sich vor allem durch Fotomotive an die Handlung des ersten HOBBIT-Films erinnern wollen. Die beiden Prologe und die Rückblenden fehlen, ebenso Radagasts kurioses Zuhause, aber das macht wenig. Denn in erster Linie zählt die korrekte Wiedergabe von Bilbos Reise – und die ist ja schon ereignisreich genug.

Recht hilfreich sind die beiden Landkarten, die a) Mittelerde mitsamt Bilbos Reiseweg und b) den Lage des Schatzes im Einsamen Berg zeigen. Wer die (sichtbaren) Zwergenrunen lesen und übersetzen kann, darf sich getrost „Runenleseweltmeister“ nennen. Es sei denn, er oder sie hat geschummelt und im [„Großen Hobbitbuch“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7887 auf Seite 80 die Transkription und Übersetzung nachgeguckt.

Ich hätte mir noch ein oder zwei Fotos von Radagasts Ferrari, dem exzellenten Kaninchenrennschlitten, gewünscht. Auch Fotos von Saruman sucht der HOBBIT-Fan vergeblich. Macht nichts. Es ist ja schon eine Herausforderung, sich alle 13 Zwergennamen zu merken. Zum Glück wird diese Art von Gedächtnisakrobatik nicht in diesem Buch verlangt. Also lautet das Motto: Angucken und genießen!

|Info: The hobbit: An unexpected journey – Movie story book, 2012;
44 Seiten,
Aus dem Englischen von Christian Langhagen
ISBN-13: 9783608939958|
http://www.klett-cotta.de/buecher/fantasy

Brian Sibley – J. R. R. Tolkien – An Audio Portrait

Vielstimmige Einführung in Leben und Werk Tolkiens

Die meisten Menschen kennen Tolkiens Werk, insbesondere den zweimal verfilmten „Herrn der Ringe“. Wesentlich weniger Leute kennen auch den „Hobbit“ und „Das Silmarillion“, noch weniger auch Tolkiens zahlreiche Gedichte und Geschichten. Dennoch mutmaßen alle dieser Leser und Zuschauer über den Urheber all dieser Werke und stellen mitunter die abwegigsten Theorien auf. War er selbst ein Hobbit? Ja und nein. Brian Sibley will der Sache in seinem Autorenporträt auf den Grund gehen.

Die Autoren Sibley und Tolkien
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Tom Shippey – J. R. R. Tolkien – Autor des Jahrhunderts

Tieferes Verständnis für Tolkiens Werke

Wie kam Tolkien auf die Ideen zu seinen populären Romanen „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“? Diese Fragen und viele andere versucht Professor Shippey in seinem werkorientierten Buch darzulegen, zu erklären und sogar zu verteidigen. Denn die Schar von Tolkiens Kritikern ist auch heute noch groß und niemals stumm.

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Ian Brodie – Der Herr der Ringe – Reiseführer zu den Schauplätzen

Informative, bunt bebilderte Führung durch Mittelerde

Ein Reisebegleiter der besonderen Art ist der »Reiseführer zu den Schauplätzen« von »Der Herr der Ringe« für alle, die Mittelerde bereisen möchten. Die Karten mit Wegbeschreibungen zu den Drehorten sowie viele weitere Informationen zu Neuseeland mit Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurant-Tipps machen die Reise unvergesslich. (Verlagsinfo)

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J. R. R. Tolkien – Der Hobbit (Lesung)

Der Bürger als Verbrecher und Großkapitalist

Bilbo Beutlin, der kleine Hobbit, macht sich auf den Weg zum Einsamen Berg, um den rechtmäßigen Schatz der Zwerge zurückzuholen, den der Drache Smaug gestohlen hat. Als er auf seiner Reise mit den Zwergen einen Ring findet und ihn arglos einsteckt, ahnt er nicht, welch wichtige Rolle dieser Zauberring einmal spielen wird – nämlich in der Fortsetzung „Der Herr der Ringe“. Und Gandalf ist fast immer mit von der Partie, als sich Bilbo vom ängstlichen Hobbit zum mutigen Meisterdieb mausert.

Der Autor

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Tolkien, J. R. R. – Hobbit, The

J. R. R. Tolkiens drei Hauptwerke sind so unterschiedlich im Ton, im Stil und in ihrer Beschaffenheit, dass man fast nicht glauben mag, dass sie alle aus der Feder eines Autoren stammen. „The Lord of the Rings“ (dt. „Der Herr der Ringe“) ist ein gigantisches, detailverliebtes Epos. [„The Silmarillion“ 408 (dt. „Das Silmarillion“) ist sowohl Mythos, Epos als auch eine breit angelegte Chronik von Tolkiens imaginärer Welt. „The Hobbit“ (dt. „Der kleine Hobbit“) jedoch, seine erste belletristische Veröffentlichung, ist ein verspieltes und leichtfüßiges Kinderbuch, das auch dem erwachsenen Leser das eine oder andere Lächeln aufs Gesicht zaubern wird. Vergeblich sucht man hier nach dem Faktenreichtum des „Silmarillion“ oder der Handlungsbreite des „Herrn der Ringe“. Stattdessen erzählt Tolkien im „Hobbit“ kurzweilig, gut gelaunt und vor allem mit einem guten Schuss Ironie, der nahelegt, dass der mittlerweile als Genie gefeierte Tolkien seine eigene Geschichte nicht unbedingt bierernst nimmt. Denn der „Hobbit“ soll in erster Linie unterhalten und Spaß machen!

Der Hobbit, das ist Bilbo Baggins, in den besten Jahren, delikatem und reichlichem Essen durchaus zugeneigt und ein Liebhaber guten Tabaks. Abenteuer sind das Letzte, woran er denkt, als Gandalf – seines Zeichens Zauberer – vor seiner Hobbithöhle auftaucht. Gandalf nun, komplett mit spitzem Zaubererhut und dem passenden Stab, sucht für eine Kompanie Zwerge einen vierzehnten Mann und hat sich in den Kopf gesetzt, dass Bilbo die perfekte Wahl wäre. So sieht sich der Arme tags darauf dreizehn hungrigen Zwergen unter der Führung von Thorin gegenüber, die ihn auf eine Reise zum Lonely Mountain mitnehmen wollen, um dem dort ansässigen Drachen Smaug einen ganzen Haufen Gold zu entwenden. Nun hat, wie bereits erwähnt, der sehr respektable Bilbo mit Abenteuern nichts am Hut, doch wäre die Geschichte hier zu Ende, hätte Gandalf es nicht geschafft, Bilbo aus seiner Höhle zu locken. So überstürzt muss er aufbrechen, dass er gar sein Schnupftuch vergisst.

Nun erleben Zwerge, Hobbit und Zauberer allerlei wundersame Abenteuer, bis sie zum Lonely Mountain kommen. So nimmt Bilbo beispielsweise dem geheimnisvollen Gollum einen gewissen Ring ab, der später noch eine prominente Rolle in Tolkiens Schaffen spielen soll. Auf dem Weg nach Rivendell wollen drei hungrige Trolle sie kochen. In den Misty Mountains geraten sie an eine ganze Horde Orks. In Mirkwood müssen sie sich mit Riesenspinnen und scheuen Waldelben rumschlagen. Und schließlich am Lonely Mountain angekommen, gilt es immer noch, einen ziemlich unleidlichen Drachen zu besiegen und einen Krieg zu verhindern, der zwischen Zwergen, Elben und Menschen ob des in greifbare Nähe geratenen Schatzes zu entbrennen droht. Und in all diesen prekären Situationen denkt Bilbo zwar am liebsten an seine gemütliche Hobbithöhle und sein zweites Frühstück; doch alles in allem erweist er sich zumeist als Retter in der Not und durchaus brauchbarer Abenteurer.

Dass „The Hobbit“ als Kinderbuch konzipiert ist, wird ziemlich schnell klar. Ein väterlicher Erzähler nimmt den (jugendlichen) Leser an die Hand, erklärt ihm Hobbits und Zauberer und Mittelerde und hält auch sonst mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Recht amüsant kommentiert er so, was in der Geschichte passiert, spricht den Leser von Zeit zu Zeit auch direkt an. Darüberhinaus ist der Roman in Kapitel eingeteilt, die sich jeweils gemütlich in einer Sitzung lesen lassen und jedes Mal ein abgeschlossenes Abenteuer behandeln. Außerdem ist „The Hobbit“ fast komplett bar aller Hintergrundinformationen, die das „Silmarillion“ und „Lord of the Rings“ zu so reichhaltigen (und schwer verdaulichen) Texten machen. Es wird hier zwar schon auf zukünftige Ereignisse angespielt (die Handlung spielt rund 60 Jahre vor „The Lord of the Rings“) – so begegnet man hier bereits Elrond, Gandalf und auch Sauron wird verschlüsselt erwähnt -, doch im Großen und Ganzen ist der Text viel geradliniger und einfacher als das, was man sonst von Tolkien gewohnt ist. Damit eignet sich „The Hobbit“ auch hervorragend als Einstiegsdroge für jene, die sich Mittelerde langsam und bedächtig nähern wollen.

Die englische Taschenbuchausgabe ist, obwohl preiswert, mit Liebe gestaltet worden. Das elegant schwarze Cover schmücken der Titel in Silber und ein Porträt Smaugs in auffälligem Rot aus der Feder Tolkiens. Und wie es sich gehört, beinhaltet der Roman auch einige Illustrationen, um das Buch für junge Leser ansprechender zu gestalten. Für all jene, die sich in der Geographie Mittelerdes nicht gut auskennen, schmückt die letzte Seite des Romans eine Karte der Route, die Bilbo und die Zwerge genommen haben, sodass man Mirkwood und die Umgebung von Lake Town dort gut nachvollziehen kann.

Zu Recht ist „The Hobbit“ ein Klassiker der modernen Kinderliteratur. Tolkien hat hier mit den Hobbits originäre Kreaturen erschaffen, die Kinder jeden Alters ansprechen dürften. Man erlebt die Geschichte durch Bilbos Augen und mit ihm kann sich der Leser identifizieren. Er ist kein überlebensgroßer Held, sondern ein Persönchen von einem Meter zwanzig, das sein Leben auch gern in der sorglosen Abgeschiedenheit des Auenlandes weitergelebt hätte. Eigentlich vollkommen unneugierig und genügsam, kann er sich doch einer gewissen Begeisterung für die Reise nicht erwehren und dieser Gegensatz des Charakters ist wohl der sympathischste Zug, den Tolkien seinem Bilbo verleihen konnte. Denn ohne es zu wollen, macht das Abenteuer Bilbo zu einem Abenteurer, ohne dass er dadurch ein Held würde. So bleibt er, gerade für Kinder, immer verständlich und begreifbar. Doch auch erwachsene Leser werden sich Bilbos Charme kaum enziehen können!

Hinweis: Unsere Rezension zur deutschen Hörbuchfassung findet ihr [hier. 130