Barry Gould / Amelie Fichte – 11 leichte Lektionen in schwarzem Humor

Warnung: Die Art von Humor, die ihr in dieser Buchvorstellung antreffen werdet, kann eure zarten Nerven nachhaltig schädigen. Ich lehne jede Verantwortung ab und gebe keine Garantie über die Korrektheit dieser Informationen. (Nach Diktat unbekannt verreist. Das Sekretariat.)

Die Autoren

Barry Gould, 1964 in San Francisco als Kind von Hippies geboren, lebt heute in Deutschland. Er ist professioneller Comedian und tritt seit 14 Jahren mit seinen Comedyshows auf. Dies ist sein erstes Buch. Amelie Fichte, geboren 1973 irgendwo in Deutschland, studierte irgendwo Literatur und wurde schließlich Lektorin bei irgendeinem Verlag. Gould ist ihr erster Co-Autor. Mehr verrät der Verlag Ehrenwirth leider nicht über die beiden Autoren.

Das Titelbild

…spricht Bände: Ein bunter deutscher Gartenzwerg liegt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einem kohlrabenschwarzen Hintergrund. In seinem Rücken steckt unübersehbar ein riesiger Dolch mit gewellter Klinge. Muss man jetzt lachen, wenn dies ein Buch über schwarzen Humor ist? Wahrscheinlich.

Die Rückseite

Wenigstens ist das Buch selbstironisch. Auf dem hinteren Einband steht „LUSTIG!“ Als Zitatgeber: Sokrates. Dazu muss man natürlich wissen, was für ein Typ dieser griechische Philosoph war. Wenn ich mich recht entsinne, war er ein richtiger Griesgram und Menschenfeind. Außerdem wurde er durch einen Gifttrank (Schierlingsbecher!) hingerichtet….

Inhalte

Schwarzer Humor ist gefährlich. Weiß ja jeder, der mal auf einer Hochzeit eine Clownsnase getragen und überlebt hat. (Mir ist noch kein Überlebender begegnet, aber doch der eine oder andere Verheiratete.) Deshalb stehen am Anfang dieses Ratgebers und noch weit vor der ersten riskanten Lektion „Warnhinweise und Rechtfertigungen“. Hier finden wir die üblichen Rückzieher und Ausflüchte: Alles erfunden, keine Garantie, und die Risiken für den Ge- oder Missbrauch des Selbstlernkurses trägt selbstredend nur der Benutzer. Klingt wie ein Software-Lizenzvertrag.

Außerdem ist vermutlich nicht jedem Käufer ersichtlich, wie er dieses Buch zu benutzen hat: Dazu gibt es hilfreiche Hinweise, die klingen, als würde man hier lernen, wie man eine geschickt vergrabene irakische Landmine entschärft. Wir erfahren zudem in der „absolut lesenswerten, unüberspringbaren und lehrreichen Vorgeschichte“, wer die Autoren sind und wie sie auf den hirnrissigen Gedanken kamen, dieses schicksalhafte Unternehmen namens „Schwarzer Humor-Selbstlernkurs“ anzupacken.

Es wäre relativ witzlos, alle Lektionen en detail vorzustellen. Aber alle elf Lektionen sind gleich aufgebaut. Amelie und Barry unterhalten sich zunächst darüber, was denn Sinn oder Unsinn dieses Kapitels sei. Dann folgen praktische Ratschläge und Hilfestellungen, mitunter auch Anweisungen oder Warnungen. Beispiel gefällig? „Deine Mutter umzubringen ist nicht lustig. Außer du benutzt ein Gartenwerkzeug.“

„Lustige Dinge“

Danach folgen „Lustige Dinge“. Diese kurzen Geschichten würde man landläufig als Witze bezeichnen. Wenn sie nicht so abgrundtief schwarzhumorig wären. Beispiel gefällig? (Bitte anschnallen!)

Der Papst ist bei den berühmten Sieben Zwergen zu Besuch. Gerade hat er seinen Vortrag zum Thema der vergleichenden Religionswissenschaften beendet, als Seppl, der Dümmste der Zwerge, die Hand hebt und fragt:

„Herr Papst, gibt es in Rom eigentlich Zwerg-Nonnen?“
„Nein, antwortet der Heilige Vater. „Die gibt es nicht.“
„Herr Papst, gibt es irgendwo in Italien Zwergnonnen?“ fragt Seppl weiter.
„Nein, Seppl“, kichert der Papst. „Nirgendwo in Italien.“
„Herr Papst“, fragt Seppl flehentlich. „Gibt es denn irgendwo auf der Welt Zwergnonnen?“
„Nein, Seppl“, sagt der Papst traurig. „Es gibt nirgendwo auf der Welt Zwergnonnen.“
Und leise singt im Hintergrund der Chor der restlichen sechs Zwerge: „Seppl poppt ’nen Pinguin, Seppl poppt ’nen Pinguin…“

Solche „lustigen Dinge“ widerfahren Nachbarn, Rabbis, Fidel Castro, Jesus, den Russen und Bill Gates, aber auch vielen anderen ZeitgenossInnen. Wie stets ist der schwarze Humor immer und überall, also eine Frage des Geschmacks. Da dieser verschieden ist, empfiehlt es sich, vor dem Erzählen „lustiger Dinge“ seinen Zuhörer abzuschätzen. Dazu gibt es im Lernkurs eine „kleine Typologie des Zuhörers“ (in Lektion 4). Auch hier empfiehlt sich das genaue Studium und das Beherzigen der Informationen: Die Überlebenschancen steigen ebenso beträchtlich wie der Erfolg beim Erzählen. Entsprechend dazu gibt es eine „kleine Typologie des Humoristen“.

Nun aber zu den praktischen Übungen zur Vorbereitung.

Es werden stets fünf „böse Worte“ angegeben. In Lektion 1 bestehen sie in „Sex * Flugzeug * Schaf * Frau * Maschinengewehr“.

Die dazu gehörige Lektion lautet: „Machen Sie die fünf bösen Worte zu Ihrem Morgen-Mantra [buddhistische Dauergebetsformel] und wiederholen Sie dieses mit der ganzen Familie am Frühstückstisch. Haben Sie keine Hemmungen, einzelne Worte auch laut in der Straßen-/U-/S-Bahn oder an der Kasse im Supermarkt zu testen. Gewöhnen Sie sich langsam an verwunderte Blicke und Drohungen.“ Ich würde auch das Mitnehmen eines Survival-Pakets mit Zahnbürste empfehlen, für den den Fall, dass die Polizei Sie missversteht.

Schließlich noch ein „kreativer“ Befehl: „Erschießen Sie Ihren Fernseher.“ (Am besten vorher eine Hausrat- und private Haftpflichtversicherung abschließen, nur für den Fall, dass die Kugel in der Wohnung der Nachbarn landet.)

Natürlich sind die Themen der 11 Lektionen breitgefächert:

1) Über den Sinn und Unsinn
2) Über Intelligenz und ihre verheerenden Folgen
3) Was bin ich?
4) Über echte und falsche Freunde
5) Tragische Fälle
6) Nichts für Schwarzseher
7) Deutschland sitzt auf dem Sofa und nimmt übel, Amerika schießt vorsichtshalber
8) Über Gut und Böse
9) Es gibt zwei Strategien, wie man mit Frauen streitet. Keine funktioniert.
10) Bück dich, Fee. Wunsch ist Wunsch.
11) Jesus is coming, look busy!

Wie man sieht, schreckt schwarzer Humor auch vor Frauen, den letzten Dingen und Jesus nicht zurück. Der Benutzer ist gewarnt. Auch davor, dass es keine Illustrationen gibt, sondern nur Icons.

Mein Eindruck

Humor ist eine ernste Angelegenheit. Zumal schwarzer. Dennoch habe ich selten so gelacht. Auch wenn mir manchmal ein wenig schlecht wurde (nein, lieber keine Beispiele mehr, sonst werde ich auf Schmerzensgeld verklagt). Jedenfalls ist der Inhalt nicht für Jugendliche unter 16 Jahren geeignet. Und wie stets eine Geschmacksfrage.

Daher soll sich die Bewertung auf den didaktischen Aufbau und den Erfolg des Selbstlernkurses beschränken. Kann man hier lernen, erfolgreich schwarzen Humor zu praktizieren? (Immer vorausgesetzt, man überlebt die Erprobungsphase.)

Wie schon die recht harmlose Lektion 1 oben andeutet, erfordert die Umsetzung der Lektionen einen gewissen Mut, vielleicht sogar Todesverachtung. Das macht nichts. Man kann die Lektionen auch in den eigenen vier Wänden umsetzen und das Hausrecht durchsetzen: „My home is my castle!“ Voraussetzung sind auch Kreativität und Einfallsreichtum, was nicht jedem gegeben ist.

Wer sich überhaupt nichts traut, der kann auch ganz passiv bleiben und versuchen, die „lustigen Dinge“ geistig zu überleben. Mir gelang dies in der Mehrzahl der Fälle. Über den Rest will ich nicht reden. Insofern würde man den Ratgeber lediglich als Witzesammlung missbrauchen. Kann aber auch ganz nett sein. Manche Zeitschriften zahlen gutes Geld dafür.

Einer geht noch

„Neulich habe ich meine Frau nackt im Bett vorgefunden. Sie lag zwischen einem Vietnamesen [gelb] und einem Schwarzen. Ich habe ein Foto gemacht und es an [united colors of] Benetton geschickt. Man weiß ja nie.“

Unterm Strich

Mag auch der pädagogische Erfolg dieses Selbstlernkurses eingeschränkt sein – ich kenne keine Überlebenden -, so eignet sich das Büchlein doch als rare Sammlung gewagter Witze zweifelhaften Geschmacks – siehe die zwei Beispiele. Aber wollen wir nicht alle ein wenig schwarzen Humor haben? Schließlich bleibt uns nach dem Ereignissen vom 11.9.2001 gar nichts anderes übrig.

Mir hat’s gefallen. Aber das sagte auch der Igel, als er von der Klobürste stieg.

Gebundene Ausgabe: 127 Seiten
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