H. P. Lovecraft – Die Ratten in den Wänden (Gruselkabinett Folge 138)

In den Abgrund der Vergangenheit

Der Amerikaner William Delapore entschließt sich im Jahr 1918, den Stammsitz seiner Familie in Südengland zurückzukaufen und aufwendig zu restaurieren. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts ist dort, bis auf ein Familienmitglied, unter mysteriösen Umständen die gesamte Familie zu Tode gekommen… (Verlagsinfo)

Fünf Jahre später sind die Restaurierungsarbeiten an der uralten Abtei fertiggestellt, und der Sohn von William Delapore kann mit seinen zwei Dienern und einer Schar Katzen einziehen. Doch schon in der ersten Nacht kommt es zu merkwürdigen Ereignissen. Zusammen mit Captain Edward Norrys, einem Spross der Vorbesitzerfamilie, beschließt er, den unerklärlichen Phänomenen auf den Grund zu gehen und wagt sich in die unerschlossenen Tiefen unter dem Altarstein der Abtei vor…

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

Der Autor

Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) wird allgemein als Vater der modernen Horrorliteratur angesehen. Obwohl er nur etwa 55 Erzählungen schrieb, hat sein zentraler Mythos um die Großen Alten, eine außerirdische Rasse bösartiger Götter, weltweit viele Nachahmer und Fans gefunden, und zwar nicht nur auf Lovecrafts testamentarisch verfügten Wunsch hin.

Aber Lovecrafts Grauen reicht weit über die Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen.

Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“. Die Welt ist kein gemütlicher Ort – und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit. Auf Einstein verweist HPL ausdrücklich in seinem Kurzroman „Der Flüsterer im Dunkeln“.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rollen und ihre Sprecher

Hans Bayer: Mr. Delapore
Jonas Baeck: Captain Edward Norrys
Marc Gruppe: Alfred Delapore
Dagmar von Kurmin: Köchin
Horst Naumann: Diener

Regie führten Marc Gruppe (Buch) und Stephan Bosenius (Produktion und Regie). Die Aufnahmen fanden in den Studios Titania Medien und Planet Earth statt.

Handlung

Delapore, ein Amerikaner aus Massachusetts, hat in Südengland das seit alters her verfluchte Gemäuer der Priorei Exham wieder bezogen. Es ist der 16. Juli 1923. De La Poer, vormals Delapore, ist der Letzte seines Geschlechts, das in der Priorei seit dem 13. Jahrhundert gelebt hatte, bis Walter de la Poer im 17. Jahrhundert (genauer: 1610) fliehen und nach Virginia auswandern musste. Dort nahm die Familie schließlich die Namensform Delapore an, denn Adlige waren in der neuen Demokratie nicht gern gesehen. Nach dem Bürgerkrieg in die Nordstaaten vertrieben, brachten sie es in Boston zu Wohlstand. Doch das Geheimnis, warum sie überhaupt 1610 aus England fliehen mussten, wurde stets in einem verschlossenen Brief vom Vater auf den Sohn weitergegeben. Dieser Brief ist inzwischen verlorengegangen.

Untergrund

Delapore junior weiß: Die Grundmauern der Priorei sind weitaus älter als das 13. Jahrhundert. Sie stammen, wie der letzte Spross herausgefunden hat, sogar noch von den Römern des 2. Jahrhunderts. Wie an Inschriften abzulesen ist, wurden hier abscheuliche Riten für die „magna mater“, die Fruchtbarkeitsgöttin Kybele, und für den dunklen Gott Atys abgehalten. Wie De la Poer herausfindet, stammen die ältesten Mauern noch aus jungsteinzeitlicher, „druidischer“ Zeit, und wer weiß, was damals im Tempel alles geopfert wurde… Diese Informationen leitet er an Captain Edward Norrys weiter, den Sohn der Vorbesitzerfamilie weiter, der für ihn während den zwei Jahren der Restaurierungsarbeiten zu einem zweiten Sohn geworden ist. Seinen eigenen Sohn Alfred hat Delapore im Weltkrieg verloren, und auf Alfred ist der Kontakt zu den Norrys zurückzuführen.

Rätsel

Mitte Juli hört Delapore oder vielmehr sein treuer Kater „Schwarzer“ das erste Trapsen, Quieken und Trippeln in den Mauern seines Schlafgemachs, das sich im alten Turm befindet. Auch alle neuen Katzen sind aufgeregt. Zusammen mit seinem Nachbarn Edward Norrys, der diese „Ratten“ in den Mauern keineswegs vernehmen kann, untersucht Delapore den Keller und stößt auf den Altarstein der Kybele. Doch Norrys entdeckt, dass darunter noch eine Etage sein muss. Zusammen erforschen sie den Tunnel unter dem Altarstein. Massenhaft Skelette, die Knochen von Ratten zernagt, bedecken die Treppe. Den beiden Erforschern stehen die Haare zu Berge.

Doch das Schlimmste erwartet sie noch: eine unterirdische Stadt aus uralter Zeit, in der nicht Menschen, sondern die Ratten das Kommando hatten. Angeführt werden sie von Nyarlathotep, einem der Großen Alten, der im bodenlosen Abgrund haust und nun auch auf Delapore seinen unheilvollen Einfluss ausübt. Denn ein Delapore kann seiner Bestimmung nicht entkommen…

Mein Eindruck

Wie „Schatten über Innsmouth“ ist „Ratten“ eine Geschichte über Degeneration in einer Familie (genau wie in HPLs eigener) und was daraus wurde. Nur verstößt die Form der Degeneration gegen so große und viele Tabus, dass man sie hier nicht wiedergeben kann. Wer etwas gegen Kannibalismus einzuwenden hat, braucht einen stabilen Magen…

In dieser und in seinen besten Geschichten befolgt der Autor konsequent die Forderung des von ihm glühend verehrten Edgar Allan Poes, wonach eine „short story“ in allen ihren Teilen auf die Erzielung eines einzigen Effektes ausgerichtet („unity of effect“) sein solle, egal ob es sich um die Beschreibung eines Schauplatzes, von Figuren oder um die Schilderung der Aktionen handele, die den Höhepunkt ausmachen (können).

Um die Glaubwürdigkeit des berichteten Geschehens und der Berichterstatter zu erhöhen, flicht der Autor nach erprobter Manier zahlreiche – teilweise verbürgte, meist aber gut erfundene – Quellen ein, die beim weniger gebildeten Leser den Unglauben aufheben sollen. Erst dann ist die Erzielung kosmischen Grauens möglich, das sich der Autor wünschte (s.o.). In den meisten Erzählungen gelingt ihm dies, und daher rührt auch seine anhaltende Wirkung auf die Schriftsteller weltweit. Erfolgreiche Serien wie Brian Lumleys „Necroscope“ oder Hohlbeins „Hexer von Salem“ wären ohne Poe und Lovecraft wohl nie entstanden.

Xenophobie

Das heißt aber nicht, dass Lovecraft keine negativen Aspekte eingebracht hätte. Als gesellschaftlicher Außenseiter, der nur intensiv mit einer erlesenen Clique Gleichgesinnter kommunizierte (er schrieb Briefe wie andere Leute E-Mails), ist ihm alles Fremde suspekt und verursacht ihm Angst: Xenophobie nennt man dieses Phänomen. Darüber hinaus hegte er zunächst rassistische und antisemitische Vorurteile (wie leider viele seiner Zeitgenossen), so dass er von kultureller Dekadenz und genetischer Degeneration schrieb. Degeneration ist das Hauptthema in den großen Novellen „Grauen von Dunwich“ und „Schatten über Innsmouth“, aber auch in „Die Ratten in den Wänden.

Der Letzte der de la Poer stößt, wie der Protagonist in „Innsmouth“, unversehens auf die schrecklichen Wurzeln seiner eigenen Familie, allerdings natürlich nicht in der Neuen, sondern in der Alten Welt, in England. Immer wieder wird bei Lovecraft das Grauen importiert: von anderen Weltgegenden, aber wichtiger noch – aus der alten Zeit. Denn in grauer Vorzeit, so HPLs Privatmythos, herrschten die Großen Alten auf der Erde, bevor sie von den neuen Göttern vertrieben wurden. Daher bleiben von ihnen nur Spuren ihres Einflusses. Und wer lange genug nach seinen eigenen Wurzeln sucht, wird auf diese Wurzeln stoßen. Das „kosmische Grauen“ verschlingt den unseligen Sucher – und wehe dem, der ihn in diesem Moment begleitet…

Leerstelle

Das Merkwürdige an der Familiengeschichte der de la Poer ist das Fehlen jeglichen weiblichen Einflusses. Keine einzige Frau scheint eine wesentliche Rolle gespielt zu haben (anders als etwa in „Das Ding auf der Schwelle“). Die Rede ist von der „armen Mary“. Die offenbar ebenfalls ein Opfer des Wahnsinns wurde, ebenso wie so manches Kind, das auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Statt echter Religion herrscht über die Sippe vielmehr der Kult der Kybele. Sie wird hier mehrfach „magna mater“, die Große Mutter genannt. Wer mehr über diese Göttin und ihren v.a. kleinasiatischen Kult erfahren will, stößt in Robert Ranke-Graves‘ fundamentalem Werk „Die Weiße Göttin“ (bei Rowohlt) auf reiches Material. Lovecraft verdreht die archäologisch-mythologischen Kenntnisse derart, dass Kybele einen unheilvollen Kult generierte, der Menschenopfer forderte. Daher die zahlreichen Skelette in den Tunneln und Höhlen unter ihrem Altar. Dieses Labyrinth ist die physische Manifestation der Phylogenese der menschlichen Religion: Vom Animismus (Ratten) über Menschenopfer (Druiden, Römer) bis hin zum Kybele-Kult und dem modernen Jesus-Kult (symbolisches Blutopfer).

Magna Mater

Die Große Mutter, die ursprünglich den Frauen als Fruchtbarkeitsgöttin diente, wird von Lovecraft zur blutigen Göttin Kali dämonisiert. Ihr Einfluss auf die Männer in der Sippe ist unheilvoll, bis hin zum Voodoo-Kult eines gewissen Randolph de la Poer. Sie duldet demzufolge keine erfolgreiche Frau an ihrer Seite und verdirbt selbst alle gutwilligen und friedfertigen Männer. Der letzte dieser Männer musste 1610 als gesuchter Mörder in die Neue Welt auswandern, nachdem er alle bösen, verderbten Sippenmitglieder getötet hatte – sehr zum Beifall der Dorfbevölkerung. Daher die auffallende Abwesenheit von Frauen.

Die Stimme des Blutes

Ratten sind die symbolischen Überträger des unheilvollen Einflusses von Kybele, der Magna Mater und des noch viel älteren Nyarlathotep, des „schleichenden Chaos“. Insofern ist die wunderbar stringent erzählte und konsequent bis zum bitteren Ende erzählte Novelle eine Warnung Lovecrafts vor einer Entgleisung oder gar Negation des zivilisatorischen Einflusses der christlichen – oder jeder anderen modernen – Religion. Auch in „Der Schatten von Innsmouth“ wird eine unheilige Religion errichtet, die Kirche Fischgottes. Bemerkenswert ist die genetische Deformation ihrer Anhänger. Und selbst wenn man ihr nicht anhängt, wie es der Innsmouth-Erzähler tut, so rührt sich doch früher oder später die „Stimme des Blutes“ – genau wie beim armen Delapore, dem letzten seiner Sippe.

Deutsche Parallele

Lovecrafts Warnung kam zu spät: Die Nazis, vor allem Heinrich Himmler, der Reichsführer SS, setzten die unheilvolle Rassenlehre Alfred Rosenbergs vollständig um, errichteten heidnische Kultstätten und schließlich sogar Ordensburgen, in denen beliebige „arische“ Frauen geschwängert wurden, um die neue Herren-Rasse hervorzubringen. Es gibt einen Namen für die dort gezeugten Kinder, doch er ist unaussprechlich wie die toten Kulte unter der Exham-Priorei.

Der Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Es gibt nur fünf Sprechrollen, daher müssen alle ganz exakt und effektiv arbeiten. Hans Bayer stellt den alternden, etwas müde wirkenden Delapore dar, der von Drittel zu Drittel zunehmend aufgeregter wird, bis er im Finale vollends die Fassung verliert und Anrufungen in unverständlicher Sprache (Shoggothisch?) ausstößt. Dabei bleibt es leider nicht…

Den bedauerlichen Edward Norrys spricht Jonas Baeck mit einer sympathischen Ahnungslosigkeit. Als ein Norrys ist er einerseits der Vorbesitzer des Gemäuers, aber offenbar nicht vom Fluch, der auf der Priorei liegt, betroffen. Das macht ihn zum Vertrauten des alten Delapore, zu dessen Quasi-Sohn – und zu einem optimalen Opfer für den Kybele-Kult…

Alfred Delapore, gesprochen von Regisseur Marc Gruppe, taucht nur in einer der Rückblenden auf, so etwa als Stimme des Briefschreibers Alfred Delapore. Alfred spielt in der Story eine Schlüsselrolle, weil er die Verbindung zu den Norrys wiederherstellt, die dann 1918 die Priorei verkauften. Er selbst fällt im Weltkrieg (dem ersten seiner Art).

Die Dienerschaft Delapores ist steinalt, denn offenbar haben es alle anderen hier nicht ausgehalten. Selbst der Diener, gesprochen von H. Naumann, und die Köchin, gespielt von Urgestein Dagmar von Kurmin, sind mit den Nerven am Ende.

Geräusche

Gerade weil es kaum Musik und nur wenige Sprechrollen gibt, muss die Geräuschkulisse ausgefeilt sein und hundertprozentig passen. Wind heult, Türen und Treppen in dem alten Haus knarren und quietschen, Kaminfeuer knistert im Hintergrund und das obligatorische Käuzchen ruft zum frühen Tod. Von oben hört Delapore ein ständiges Quieken, Trippeln und Trapsen – alles nur Einbildung? Seine miauender und maunzender Kater (siehe Titelbild) ist da anderer Meinung. Im Epilog hören wir das Klirren von Ketten, denn Delapore sitzt im Knast.

Musik

Das Hörspiel beginnt mit dem unheimlichen Orchestersound, den man aus unzähligen Horrorfilmen kennt, etwa aus den britischen Hammer Studios. In der Folge hält sich die Hintergrundmusik jedoch zurück und der Dialog wird nur hin und wieder von unheimlichen, sehr tiefen Sounds untermalt. Ich meine auch eine klagende Sopranistin vernommen zu haben. Zum blutigen Finale hin steigern sich die Sounds, bis sie schließlich in das dynamische und gewalttätige MARS-Motiv aus der PLANETEN-Suite von Gustav Holst münden. Der Epilog zeigt Delapore im Gefängnis. Die Hintergrundmusik steigert sich wieder zu einem Crescendo, bevor sie ausklingt.

Das Booklet

Im Booklet sind die Titel des GRUSELKABINETTS sowie die Titel der SHERLOCK-HOLMES-Hörspiele verzeichnet. Die letzte Seite zählt sämtliche Mitwirkenden auf: Es sind nicht viele. Die Titelillustration von Ertugrul Edirne fand ich passend und stimmungsvoll. Sie führt den Hörer direkt ins Herz der Finsternis: Ratten, schwarze Kater, Skelette – was mehr kann sich das Herz des Horrorfreundes wünschen?

Im Booklet finden sich Verweise auf die im Herbst 2018 und Frühjahr 2019 kommenden Hörspiele aufgeführt:

Ab Herbst 2018

138: Lovecraft: Die Ratten in den Wänden
139: Poe: Der Rabe
140: M. R. James: Runenzauber
141: Julian Osgood Field: Der Judas-Kuss
142: Kipling: Das Zeichen der Bestie
143: Grant Allen: Der Wolverden-Turm

Ab Frühjahr 2019

144: Machen: Der gewaltige Gott Pan
145: Das unheimliche Puppenhaus
146: Der rote Raum
147: Die Höllenfahrt des Schörgen-Toni
148: Im Labyrinth der Großen Pyramide
149: Flaxman Low – Der Fall Teufelsmoor

Unterm Strich

Mit zwei Großmeistern der Schauerromantik eröffnet Titania Medien seinen herbstlichen Grusel-Reigen: Lovecraft scheint inzwischen ruhmreicher als Poe zu sein, denn er steht an erster Stelle. Dennoch: Lovecraft ist nicht gleich Lovecraft – da gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede, die eine gute Dramaturgie ausbügeln muss.

Ist beispielsweise „Das Ding auf der Schwelle“ (Gruselkabinett Folge 78) auch vielschichtiger aufgebaut als die bibliografisch frühe Erzählung „Die Ratten im Gemäuer“ aus dem Jahr 1924, so bieten beide doch garantiert Grauen höchster Qualität und Wirkung, wie man es nur in den besten Erzählungen von Autoren wie Lovecraft finden kann.

Ist „Das Ding“ eine Art längere Sinfonie, die sich in Phasen der An- und Ent-Spannung dem furiosen Finale nähert, so besticht „Ratten“ durch die strenge Ausrichtung auf die sich stetig steigernde, absolut einheitliche Wirkung, ohne lange nach rechts oder links abzuschweifen. Die Wirkung auf mich war entsprechend größer: wie ein Schlag in die Magengrube (ich wollte gar nicht mehr hinhören!). „Ratten“ ist ordentlich mit einem langen Vorspiel ausgestattet, der die ganze Vorgeschichte erzählt und die verfluchte Sippe der de la Poer mitsamt ihrem gruseligen Stammsitz Exham vorstellt. Für diesen Vorspann muss der Hörer viel Geduld und Aufmerksamkeit aufwenden. Das Spitzen der Ohren lohnt sich, denn hier werden bereits zahlreiche Sünden angedeutet.

Im Mittelteil wird Spannung aufgebaut, denn es gilt ein unheimliches Rätsel zu lösen: Wie kann es sein, dass nur Delapore (und seine Katzen) die Ratten hören kann, und wieso sollte sich diese Viecher INNERHALB der Mauern befinden? Hier wird schon der Gegensatz zwischen innerer und äußerer Wirklichkeit angedeutet. Es bleibt nichts anderes übrig, als dem Rätsel buchstäblich auf den Grund zu gehen.

Die Archäologen aus der Vorlage wurden der Einfachheit halber weggelassen. Ihre Informationen liefert Delapore nach. Der Abstieg in die Tiefe ist zugleich eine Reise in die Vergangenheit des Menschengeschlechts: 20. Jahrhundert, 17. Jahrhundert, Römerzeit, „Druidenzeit“, Jungsteinzeit und davor. Wieder einmal stößt ein Verfluchter auf die Großen Alten. Im Finale unterliegt er dem Fluch, mit einem blutigen Opfer. Der Epilog zeigt Delapore in seinem Kerker, wie er sich als Opfer der Ratten hinstellt.

Das Hörbuch

Die professionelle Inszenierung, die zurückhaltende Musikuntermalung und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen.

Auch jungen Menschen ab 14 Jahren, die sich einfach nur für spannende Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich und wirkungsvoll auf ein furioses Finale hin inszeniert.

Für den langen Vorspann sollte man sich allerdings Zeit nehmen und gut zuhören. Versteckte Hinweise auf illegale Religionen wie den Katholizismus in England (1610!) oder den Voodoo-Kult in den USA (bis 1865) deuten üble Schrecken an. Deutsche Hörer haben keinerlei Grund, sich darüber zu mokieren: Der Arierkult unter den Nazis brachte ebenfalls Schrecken hervor, die bis heute nur teilweise aufbereitet sind. Auch diese feine Inszenierung ist offenkundig ein Sammlerstück.

CD: über 60 Minuten
Originaltitel: The Rats in the Walls, 1924
ISBN-13: 9783785757185

www.titania-medien.de

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