Isaac Asimov – Die Stahlhöhlen (Foundation-Zyklus 4)

Dynamisches Ermittlerduo: Mit dem Robot in die Unterwelt

3000 Jahre in der Zukunft. Während die „Spacer“ genannten Weltraumsiedler auf ihren dünnbesiedelten Welten leben, die ihre Vorfahren kolonisiert haben, vegetieren die Menschen der alten Erde, zu Millionen zusammengepfercht, in überkuppelten Metropolen: den Stahlhöhlen.

In der Spacer-Kolonie außerhalb New Yorks wird unter rätselhaften Umständen ein Spacer ermordet. Politische Repressalien drohen, und der Polizei-Commissioner Enderby betraut seinen besten Mann Elijah Baley mit der Aufklärung des Mordes. Doch zum ersten Mal in seinem Leben soll Baley mit einem Ermittler der Spacer zusammenarbeiten, ausgerechnet mit einem Roboter: R. Daneel Olivaw. Doch warum zum Kuckuck sieht Olivaw genauso aus wie ein Mensch? Wird er sich auch wie einer verhalten? Und was, wenn nicht?

Der Autor

Isaac Asimov, geboren 1920 in Russland, war nicht nur ein produktiver Autor von Krimis, Sachbüchern und Science Fiction-Romanen, sondern auch ein ausgezeichneter Herausgeber von Anthologien. Zu seinen wichtigsten Romanen gehören alle Bücher seines Foundation-Zyklus, seines Roboter-Zyklus sowie der eigenständige, mit einem wichtigen SF-Preis ausgezeichnete Roman „Lunatico oder Die andere Welt“ (1973). Im Hinblick auf eine bessere Vermarktung seines Werkes hat er Foundation- und Roboter-Zyklus nach dem Vorbild Robert A. Heinleins zu einer Future History, einer Geschichte der Zukunft, vereint.

Der Foundation & Robot-Zyklus

1. Band: Ich, der Roboter, Heyne Verlag (2015)
2. Band: Geliebter Roboter, Heyne Verlag (2016)
3. Band: Der Zweihundertjährige, Heyne Verlag (2016)
4. Band: Die Stahlhöhlen, Heyne Verlag (2016)
5. Band: Die nackte Sonne, Heyne Verlag (2016)
6. Band: Der Aufbruch zu den Sternen, Heyne Verlag (1997), aktuell vergriffen
7. Band: Das galaktische Imperium, Heyne Verlag (2020)
8. Band: Ein Sandkorn am Himmel, Heyne Verlag (2015)
9. Band: Sterne wie Staub, Heyne Verlag (2015)
10. Band: Ströme im All, Heyne Verlag (2015)
11. Band: Die Rettung des Imperiums, Heyne Verlag (2014)
12. Band: Das Foundation-Projekt, Heyne Verlag (2014)
13. Band: Die Foundation-Trilogie (enthält Foundation / Foundation und Imperium / Zweite Foundation), Heyne Verlag (2017). (Erwähnenswert ist, dass dieselben Romane in einer älteren Fassung von Bastei-Lübbe aus dem Jahr 2000 existieren: Die Psychohistoriker (enthält Die Stiftung, Stiftung und Imperium und Die zweite Stiftung))
14. Band: Die Suche nach der Erde, Heyne Verlag (2014)
15. Band: Die Rückkehr zur Erde, Heyne Verlag (2015)

Zu den deutschen Ausgaben von „Die Stahlhöhlen“:

1956 erschien die erste deutsche Ausgabe im Münchner Awa Verlag unter dem Titel „Der Mann von Drüben“. Diese Übersetzung, die von Hansheinz Werner stammt, ist abgeändert und gekürzt. Sie entsprach der gleichnamigen Heyne-Taschenbuchausgabe von 1961 bis 1987. Vor dieser Ausgabe sei gewarnt.

1988 ließ der Heyne-Verlag sowohl „Die Stahlhöhlen“ als auch „Die nackte Sonne“ von Heinz Nagel neu übersetzen. Diese Fassung ist ungekürzt und entspricht der Vorlage aus dem Jahr 1954, die im Verlag Doubleday in New York City erschien.

1997 veranstaltete der Heyne-Verlag eine Sonderausgabe: der komplette Foundation-Zyklus, wie er oben aufgelistet ist. „Die Stahlhöhlen“ und „Die nackte Sonne“ erschienen in dieser Ausgabe in einem Band. Dies ist meines Wissens die einzige Ausgabe, die illustriert ist. Die Zeichnungen stammen von Zoltan Boros und Gabor Szikszai.

Handlung

3000 Jahre in der Zukunft hat sich die Menschheit, die rund acht Mrd. Köpfe zählt, in rund 800 Kuppelstädte zurückgezogen. Zusammengepfercht wie Vieh vegetieren die Menschen wie in „Blade Runner“ in großen Hochhäusern, und nur die am höchsten eingestuften Behördenangestellten, Wissenschaftler oder Industriellen haben so viel Platz wie wir. Individuelle Häuser sind so gut wie unbekannt, und Duschen und Toiletten gibt es nur in sogenannten Personals (mit der Betonung auf der ersten Silbe), wo ein striktes Schweigegebot herrscht.

Detective Elijah Baley hat sich im Polizeidienst von New York City bis zum Rang C-5 hochgearbeitet, was angesichts der Tatsache, dass sein Vater ein geschasster Atomphysiker war, doch einen beachtlichen Erfolg darstellt. Mit seiner Frau Jessie und seinem 16-jährigen Sohn Bentley lebt er in nicht weniger als drei Zimmern, was doch recht komfortabel zu nennen ist. Allerdings könnten die Essensrationen üppiger ausfallen, findet Jessie.

Der Auftrag

Sein Vorgesetzter bei der Polizeibehörde lässt ihn durch einen Blechkumpel namens R. Sammy zu sich rufen. Diese herablassende Behandlung durch minderwertige Roboter gegen Elijah schon mal gegen den Strich, und so lässt er den Boss eine ganze Weile zappeln. Der kommt seinerseits erst mühsam auf den Punkt. Zusammengefasst geht es um eine superheikle Geschichte: In Spacetown wurd ein Spacer ermordet, und der Mörder sei ein Erdenmensch. Kurzum: pures Dynamit.

Spacer

In Spacetown leben Weltraumsiedler von den Äußeren Welten, wo sich die Siedler der Erde niedergelassen haben. Diese Welten sind dünn besiedelt und strotzen vor Reichtum und modernster Technik. Als würde dieser Umstand nicht schon genügend Neid und Missgunst unter den eingepferchten Massen der Cities schüren, so haben die Spacer das Problem vor 25 Jahren noch dadurch verschärft, dass sie sich das Areal der Spacetowns neben den Cities einfach unter Androhung von Waffengewalt genommen haben. Kein Wunder, dass auch das Zusammenleben der Spacer mit Robotern zu allerlei fiesen Unterstellungen geführt hat. Auch in New York City, so musste Elijah bei einer Demo feststellen, ist die Stimmung stark gegen die Spacer eingestellt.

Das Opfer

Und jetzt dieser Fall. Wozu sollte überhaupt ein New Yorker Cop bei den Spacern ermitteln, fragt Elijah zu recht. Weil es völlig ausgeschlossen sei, dass der Mörder noch in Spacetown sei oder aus Spacetown komme. Also muss ein Angehöriger der Anti-Toleranzterroristen aus New York City der Mörder sein. Das Mordopfer, ein gewisser Dr. Sarton, seines Zeichens Robotikexperte, wollte Frieden und Koexistenz zwischen Erdlingen und Spacern fördern. Daraus wird nun wohl nichts. Schon gar nicht, wenn der Mörder davonkäme. Und weil der Boss auch mit einer saftigen Beförderung um zwei Stufen wedelt, lässt sich Elijah schließlich darauf ein.

Der Partner

Elijah geht zum gut bewachten Eingang von Spacetown und trifft dort seinen Partner, mit ihm ermitteln soll. Mit einem gelinden Schock muss er erkennen, dass es sich bei Daneel Olivaw um einen Roboter der neuesten Generation handelt, der genauso aussieht wie ein Mensch. Aber wird er sich auch so verhalten, fragt er sich bang, als beide in einem Schuhgeschäft in eine brenzlige Lage geraten. Eine Kundin will sich nicht von den Blechkumpeln des Ladenbesitzers bedienen lassen und fordert damit die Wut des Mobs heraus, die stets dicht unter der Oberfläche schwelt.

Während die drei Roboter bereits in Stücke gerissen werden, sehnt Elijah ratlos Verstärkung herbei, wohingegen Olivaw sich auf ein Podest schwingt und damit droht, jeden, der das Gesetz verletzt, zu erschießen! Angesichts dieser Autorität zerstreut sich der Mob. Aber Elijah hat schwere Zweifel, ob dieser neue Robotertyp wirklich den drei Gesetzen der Robotik gehorcht. Alle Versicherungen Olivaws, er hätte niemals geschossen, traut Elijah nicht. Und jetzt muss er seinen Partner auch noch Jessie und Bentley vorstellen. In seinem Bericht erwähnt er aber Olivaws Drohung nicht.

Der Tatort

Die beiden Ermittler kommen nach Elijahs Ansicht nicht darum herum, sich den Tatort genau anzusehen. Beim Betreten Spacetowns muss Elijah eine demütigende Prozedur über sich ergehen lassen, in der er geduscht, desinfiziert und entwaffnet wird. Dr. Han Fastolf begrüßt ihn, der Stellvertreter des ermordeten Dr. Sarton und selbstredend ebenfalls ein Robotikexperte der Spacer. Per Trimension-Bildübertragung ist auch Commissioner Julies Enderby zugegen. Er ist Elijahs Rückversicherung, dass ihn die Spacer angesichts dessen, was er vorhat, nicht einfach entsorgen werden.

Denn Elijah, so trägt er vor, hat den Fall bereits gelöst. Seinem verblüfften Gesprächspartner eröffnet er, dass es ganz einfach gar keinen Mord gegeben habe! Der angeblich ermordete Dr. Sarton lebt nun als R. Daneel Olivaw weiter, zugeschnitten nach dem Ebenbild seines Schöpfers. Die Leiche, die der Commissioner zur Tatzeit sah, ist natürlich inzwischen längst entsorgt – wie bequem für die Spacer, bringt Elijah hämisch vor. Und er breitet eine ganze Reihe von Gründen aus, warum die Spacer eine falsche Ermittlung für einen falschen Mord haben wollen: Sie nehmen innenpolitische Rücksichten, aber letzten Endes wollen sie die Erde erobern.

Während Commissioner Enderby fast einen Schreikrampf erleidet, ist Dr. Fastolf die Ruhe selbst, und der Roboter Olivaw sowieso. Fastolf ist sicher, das entscheidende Argument Elijahs entkräften zu können: die vertauschten Identitäten von Sarton und Olivaw. Er bittet den Roboter, den Beweis zu erbringen. Wortlos öffnet Olivaw den Ärmel seines Hemdes und berührt mit Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand seinen rechten Mittelfinger. Urplötzlich beginnt sich das Fleisch seines Arms zu öffnen…

Mein Eindruck

Diese Szene könnte auch aus James Camerons SciFi-Thriller „Terminator II: Judgment Day“ stammen. Darin schneidet bekanntlich der T-1000, gespielt von Arnold Schwarzenegger, seinen Unterarm auf, um unter dem synthetischen Fleisch die stählerne Konstruktion freizulegen, die seine Mechanik steuert. Das gleiche tat schon R. Daneel Olivaw fast vierzig Jahre zuvor, um zu beweisen, dass er kein Mensch ist.

Asimov dachte, er würde mit „Die Stahlhöhlen“ seine Robotergeschichten, die ihn berühmt gemacht hatten, einfach nur in Romanlänge fortführen. Der zweite Roman „Die nackte Sonne“ schien lediglich ein Schlag in die gleiche Kerbe zu sein. Tatsächlich sind die Stories und die zwei Romane der Auftakt zu einer umfassenden und mehrere zehntausend Jahre umspannenden Geschichte der Zukunft. Die Menschen errichten zusammen mit den Robotern ein galaktisches Imperium. Aber bevor es soweit ist, muss man die Menschen erst einmal aus ihren Löchern, sprich: Cities, herausbekommen. Darum geht es in „Die Stahlhöhlen“.

Die Cities und die Spacer sind zwei Gesellschaftsmodelle, die uns der Autor als mögliche Entwicklungstendenzen präsentiert. Doch es geht ihm nicht darum, dass wir zwischen diesen beiden Alternativen wählen sollen: Beide sind mangelhaft. Was es zu finden gilt, ist die dritte Alternative. Auch darum geht es in Baleys und Olivaws Ermittlung.

Am Abgrund

New York City steht exemplarisch für alle Cities, doch mit 20 Millionen Bewohnern hat es seine Wachstumskapazität erreicht, wenn nicht sogar schon überschritten. Trotz Geburtenstopp und Lebensmittelrationierung, so erfährt Baley, steht die Stadt vor dem Kollaps, wenn auch nur für eine einzige Stunde ein Stillstand in der Ver- oder Entsorgung eintreten sollte. Menschen würden verhungern, verdursten oder sonstwie zu Tode kommen.

Gegen diese monströse Gefahr sehen die sogenannten Traditionalisten, auf deren Verschwörung Baley stößt, das einzige Mittel nur in der Rückkehr zur Scholle, also zum Ackerbau und dem Leben auf dem Lande. Dr. Han Fastolfe macht Baley klar – und Baley später wieder einem Traditionalisten – dass dieser Irrweg völlig unzureichend wäre. Man könnte damit vielleicht ein oder zwei Milliarden Menschen ernähren, aber niemals acht. Und um den Grund und Boden der gigantischen Cities, die sich durchgehend von Washington 200 Meilen bis nach New York City ziehen, zurückzugewinnen, müsste man sie wahrscheinlich alle in die Luft jagen und dem Erdboden gleichmachen. Was natürlich noch mehr Opfer fordern würde.

Das Gegenteil

Aber die Spacer, in Spacetown vertreten durch Sarton, Fastolfe und Olivaw, stellen keine Alternative, sondern lediglich das Gegenteil der Cities dar. Ihre fünfzig Welten sind dünn besiedelt, weil auch dort Geburtenkontrolle herrscht – mit Hilfe der Eugenik: Föten mit defekten Genen werden einfach entsorgt. Die meiste Arbeit wird von den Robotern erledigt, die es dort in rauen Mengen gibt. (Bestes Beispiel dafür ist Solaria, auf dem „Die nackte Sonne“ spielt.) Die Menschen können durch ihre optimale Versorgung bis zu 320 Jahre alt werden – Fastolfe selbst ist über 130 Jahre alt. Der Haken an diesem Utopia: Es ist in Stagnation erstarrt, weil erstens keiner der Alten mehr etwas riskieren will und die Jungen auf ein langes Leben hoffen und entsprechend wenig riskieren.

Die vierte Alternative

Wenn aber die Cities am Abgrund stehen und das Utopia erstarrt ist, die Rückkehr zur Scholle illusorisch oder zumindest selbstmörderisch ist – welche Alternative bleibt dann noch übrig? Diese Frage wird Baley immer wieder gestellt, und immer wieder muss er sie mit den Worten Dr. Fastolfes beantworten: Der einzige Ausweg aus dem Dilemma bildet die Kolonisierung neuer Welten durch die Erdenmenschen. Um dies in die Wege zu leiten, haben die Spacer ihre Spacetowns gegründet, gegen erheblichen innenpolitischen Widerstand.

Die Rolle der Roboter

Eine Schlüsselrolle in der Strategie der Spacer spielen die Roboter, ganz besonders das neueste, menschenähnliche Modell R. Daneel Olivaw. Er ist der erste seiner Art, ein Prototyp. Selbst der Roboterexperte Dr. Gerrigel aus Washington erkennt ihn zunächst nicht als Roboter. Mit ihm wollen zunächst die Spacer ihre bereits vorhandene Mensch/Roboter-Gesellschaft ausbauen und optimieren. Aber Daneel ist dazu da, den Erdenmenschen ebenfalls die Botschaft zu bringen, dass Roboter mit Menschen zusammenleben und prosperieren können.

In der Tat haben die neuen Roboter einiges für sich: Sie können keine Menschen schädigen, weil dies dem Ersten Gesetz widerspräche, und sie müssen stets buchstabengetreu gehorchen, es sei denn dies widerspräche dem Ersten Gesetz. Eigentlich sind sie damit dazu prädestiniert, als Helfer bei der Kolonisierung neuer Welten zu dienen. Wenn da nur nicht die Traditionalisten wären, die eine Phobie vor den Blechkumpeln haben und diese Angst unter ihren Mitmenschen verbreiten. Das hat ja die Szene im Schuhladen gezeigt. Sie diffamieren alle Roboter als Vernichter von Arbeitsplätzen und subversive Spione der Spacer.

Die Ermittlung

In diesem Spannungsfeld kommt Baleys Ermittlung eine Schlüsselrolle zu. Wenn in Spacetown ein Spacer getötet wird und ein Erdling der Täter sein soll, ist der Konflikt vorprogrammiert. Denn die City-Bewohner würden den Roboterfreunden wohl kaum einen der Ihren ausliefern, egal was er getan haben mag. Und Commissioner Enderby hat seinem Detective eingebläut, den Spacern den Schwarzen Peter zuzuschieben. Deshalb kann er nicht anders, als Daneel zu beschuldigen, der getötete Dr. Sarton zu sein. Oder womöglich selbst ein Mörder zu sein, denn Daneel hatte als einziger am Tatort die Möglichkeit, die Tatwaffe, einen Blaster, zu verbergen: in seiner Brust.

Aber Baley ist viel zu pragmatisch, um sich irgendwie schon vorher auf eine Seite festzulegen. Er geht den logischen Möglichkeiten nach und hakt sie der Reihe nach ab. Nachdem die beiden ersten Möglichkeiten aber nicht den Tatsachen entsprechen, muss es eine dritte Möglichkeit geben. An diesem Punkt kommt ihm der „Mord“ bzw. die Sachbeschädigung an Roboter Sammy höchst ungelegen. Denn der einzige, auf den alle Verdachtsmomente an dieser Tat passen wie die Faust aufs Auge, ist Baley selbst! Jemand will ihn offenbar aus dem Verkehr ziehen, bevor er den richtigen Täter findet.

Am Schluss bleibt Elijah nur noch eine einzige mickrige Stunde bis 24 Uhr, um die Ermittlung abzuschließen. Danach wollen die Spacer Spacetown schließen und verschwinden. Doch sechzig Minuten können vollständig ausreichen, um eine Ermittlung abzuschließen, zeigt Elijah und Daneel hilft ihm dabei nach Kräften. Deshalb bleibt der Roman spannend bis zur letzten Seite.

Die Übersetzung

Wie gesagt, handelt es sich beim vorliegenden Buch um die erste deutsche Übersetzung, die vollständig und ungekürzt vorliegt. Sie wurde sorgfältig von Heinz Nagel angefertigt. Entsprechend gering ist die Fehlerquote. Nur wenige Druckfehler und Zweifelsfälle sind mir aufgefallen.

Auf Seite 84 heißt es „Beley“ statt „Baley“, und auf Seite 133 fehlt in dem Satz „Weiß es der Commissioner“ das Fragezeichen. Auf Seite 149 findet sich das fehlerhafte Wort „Pe(r)sonal“, und zu guter Letzt stößt der Leser auf Seite 280 auf den Druckfehler „verschräntkte“.

Das war aber schon alles, und das ist ziemlich wenig. Selbst das in „Die nackte Sonne“ so fälschlich benutzte Wort „Radio“ anstelle von „Funk“ kommt hier nicht vor. Der Grund ist ganz einfach der, dass „Radio“ hier noch „Subäther“ heißt, was uns doch recht merkwürdig anmutet, weil das 19.-Jahrhundert-Konzept des Äthers spätestens mit Albert Einstein erledigt war. Noch ulkiger wirken daher die „Subäther-Kinos“, die die Massen mit 3D-Filmen erfreuen.

Unterm Strich

Diesen SF-Krimi habe ich in nur zwei Tagen gelesen. Die Story der Ermittlung ist spannend bis zur letzten Seite, da sie ziemlich unvorhersehbar gehandhabt wird. Die Entwicklung, die Baley wie auch Daneel durchmachen, ist fesselnd geschildert und wird zu einem befriedigenden Ende geführt: den „Beginn einer großartigen Freundschaft“ (aus „Casablanca“). Der Zweck der Ermittlung betrifft nicht nur die Wahrheit, sondern auch die Gerechtigkeit, aber vor allem das Finden einer Alternative zu den drei untauglichen Gesellschaftsmodellen City, Spacer und Traditionalismus, nämlich die Kolonisierung neuer Welten. Diese erfolgt dann im Roman „Aurora oder Der Aufbruch zu den Sternen“ (s.o.).

Trotz der mehrfachen Predigten, die Baley halten muss, ging mir das Buch nicht auf die Nerven. Baley merkt nämlich selbst am besten, wenn er eine Predigt hält und führt diese Haltung ironisch ad absurdum. Soviel Humor muss sein. Merkwürdig war lediglich der hysterische Auftritt von Baleys Frau Jessie, der im Gegensatz zu ihm sehr emotional gerät – und zufällig genau zur rechten Zeit. Jessie ist keineswegs unnötige Dekoration, sondern spielt eine Schlüsselrolle in der Lösung des Falls und dem Überführen des Mörders.

Der gute Doktor Asimov hat sein spannendes Garn sprachlich und stilistisch so einfach formuliert, dass jeder Fünfzehnjährige die Story kapieren kann. Doch durch die zahlreichen logischen Argumentationen und die Beschreibung der gesellschaftlichen Hintergründe ist dieser Band etwas anspruchsvoller als „Die nackte Sonne“. Der Biochemieprofessor ist noch nie als Sprachkünstler oder Schöpfer faszinierender Figuren bekannt gewesen, sondern vielmehr für die folgerichtige Darlegung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Einsichten. Als Autor von Sachbüchern – er schrieb mindestens 200 davon – war er entsprechend erfolgreich.

Seine Arbeitsmethode und sein Durchhaltevermögen (entsprechend hohe finanzielle Anreize seitens der Verlage schadeten auch nicht) reichten aber hin, um eine komplette Geschichte der Zukunft zu erzählen – ein Kunststück, das vor und nach ihm nur wenige SF-Autoren zuwege brachten, darunter Robert A. Heinlein, Ursula K. Le Guin und David Brin. Asimovs Future-History-Zyklus ist jedoch derjenige, dessen Einzelteile am engsten zusammengehören und somit gerade für SF-Einsteiger eminent lesbar sind.

Die richtige Version

Wer kann, sollte auf jeden Fall die Ausgabe von 1988 lesen, die sich auch in dem Schuber mit dem kompletten FOUNDATION & ROBOTS-Zyklus findet, dort allerdings illustriert. Entsprechend begehrt ist dieses Sammlerstück, so dass es regelmäßig hohe Preise auf dem Gebrauchtmarkt erzielt. Meiden sollte man die Heyne-Ausgabe bis 1987 mit dem Titel „Der Mann von drüben“, siehe oben.

Taschenbuch: 300 Seiten,
Originaltitel: The Caves of Steel, 1953/54;
Aus dem US-Englischen von Heinz Nagel.
ISBN-13: 9783453027572

www.heyne.de

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