Jack Campbell – Black Jack (Die verschollene Flotte 2)

Actionreich und spannend: gediegene Military SF

Seit hundert Jahren kämpft die Allianz verzweifelt gegen die Syndikatswelten, und die erschöpfte Flotte ist in Feindgebiet gelandet. Ihre einzige Hoffnung: Captain John Geary. Seit seinem heldenhaften letzten Gefecht hält man ihn für tot. Doch wie durch ein Wunder hat er im Kälteschlaf überlebt. Nun soll er als dienstältester Offizier das Kommando über die Flotte übernehmen, um sie sicher nach Hause zu bringen. In einem Krieg, der nur in einem Fiasko enden kann…

Die Realität: Unzählige Feinde auf dem Weg nach Haus. Und eine Meuterei in den eigenen Reihen, die ihn zunächst mal vierzig Schiffe kostet. Ob das gutgehen kann?

Der Autor

Hinter dem Pseudonym „Jack Campbell“ verbirgt sich der ehemalige U.S. Navy-Offizier John G. Hemry. In seinem aktiven Dienst bei der Marine sammelte er viel Erfahrung, die er in seine SF-Romane einfließen ließ. Campbell lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Maryland, unweit Washington, D.C.

Zyklus „Die verschollene Flotte“:

1) Furchtlos
2) Black Jack
3) Fluchtpunkt Ixion
4) Gearys Ehre
5) Der Hinterhalt
6) Ein teurer Sieg
7) Jenseits der Grenze
8) Ein halber Sieg
9) Die Wächter
10) Standhaft

Zyklus „Stark’s War“

1. Stark’s War (April 2000)
2. Stark’s Command (April 2001)
3. Stark’s Crusade (March 2002)

Zyklus „Paul Sinclair“

1. A Just Determination (May 2003)
2. Burden of Proof (March 2004)
3. Rule of Evidence (March 2005)
4. Against All Enemies (March 2006)

Vorgeschichte

Captain John „Black Jack“ Geary ist ein Kriegsheld aus jenen Tagen vor hundert Jahren, als der Krieg der Allianz mit den Syndikatswelten begann. Damals rettete er sich an Bord einer Rettungskapsel, die ihn im Kälteschlaf hielt, und wurde hundert Jahre später aufgefischt. Jetzt hat ihn die Flotte wieder aufgetaut, weil ein Notfall eingetreten ist: Die Allianz-Flotte ist im Feindgebiet umzingelt, nachdem sie verraten wurde. Ihr bleibt nur die Wahl zwischen bedingungsloser Kapitulation und völliger Vernichtung durch die zahlenmäßig überlegene Syndic-Flotte.

Geary verlässt seine Kabine an Bord des Flaggschiffs „Dauntless“ (= Furchtlos) und geht zur Brücke. Dort übergibt ihm Admiral Bloch als dem dienstältsten Offizier das Kommando über die Flotte und verrät ihm ein ungemein wichtiges Geheimnis: Die „Dauntless“ darf um keinen Preis in die Hand des Feindes fallen, sonst ist die Allianz verloren. Dann fliegt Bloch mit einer Fähre zum Flaggschiff des Gegners, um zu verhandeln. Hilflos muss Geary auf dem Bildschirm die Videoübertragung mit ansehen, wie der Vorstandsvorsitzende (CEO) des Syndikats Bloch und seine Adjutanten kaltblütig abknallen lässt. Es gibt keine Verhandlungen, sondern ein Ultimatum: eine Stunde bis zu Kapitulation oder Vernichtung.

Eine Stunde kann eine Menge Zeit sein, wenn es drauf ankommt, denkt Geary. Nach einer Rücksprache mit Captain Desjani, der Kommandantin der „Dauntless“, über das Geheimnis lässt er eine Videokonferenz der anderen Kapitäne einberufen. Er bringt trotz des Widerstands einiger Offiziere – wer traut schon einem Aufgetauten? – alle auf seine Linie und lässt einen Rückzugsplan ausarbeiten: Operation Ouvertüre. In einem Vier-Augen-Gespräch mit der Ko-Präsidentin zweier verbündeter Flotten muss er zu seinem Missvergnügen feststellen, dass auch sie das Geheimnis der Flotte kennt – oder zumindest gut geraten hat. Immerhin ist Ko-Präsidentin Victoria Rione abschließend bereit, den Gegner hinzuhalten.

Während sich die Flotte umformiert, um den Massensprungpunkt anzuvisieren, der sie aus dem feindlichen System herauskatapultiert, führt Geary ein Gespräch mit dem CEO des Gegners. Der ist zunächst verständlicherweise ungläubig, dass ein vor hundert Jahren gestorbener Offizier nun das Kommando über die Allianz-Flotte übernommen haben will. Das soll wohl ein Trick oder schlechter Scherz sein? Geary pflegt nicht zu scherzen, aber es gibt ihm Gelegenheit, den CEO eine weitere halbe Stunde aufzuhalten. Bis dieser die Verbindung entnervt unterbricht, um Gearys Offiziere einzeln zur Aufgabe zu überreden. Geary unterbindet diesen Versuch energisch.

Mit einem verlustreichen Rückzugsgefecht gelingt es Geary, seine Flotte fast komplett aus dem Feindsystem springen zu lassen. Doch er verliert dabei seinen Großneffen, der sich für die Flotte opfert und in Gefangenschaft geht. Geary verspricht ihm, ihn rauszuholen und Michaels Schwester zu kontaktieren, die auf einer der Allianzwelten lebt.

Doch jenseits des Zielpunktes nach dem Sprung muss Geary feststellen, dass hundert Jahre Krieg ihre Spuren hinterlassen haben, nicht nur auf den Welten, sondern vor allem in Gearys eigener Flotte…

Handlung

Captain Jack Geary hat es geschafft, die ramponierte Allianz-Flotte vor der sicheren Vernichtung durch die Syndik-Flotten zu bewahren und – unter persönlichen Opfern – in die relative Sicherheit eines anderen Sternsystems zu manövrieren: Suthra. Indem er das Hypernet der Syndiks vermeidet, kann er ihrer Überwachung entgehen. Doch dafür kommt er langsamer voran, indem er von Sternsystem zu Sternsystem springt. Die Flotte will nach Hause, in den Allianz-Raum, aber wieso macht er dann Umwege? Einige selbstbewusste Offiziere haben ihrem Zweifel und Unmut darüber bereits Luft gemacht. Es soll noch schlimmer für Jack „Black Jack“ Geary, den wiedererweckten Kriegshelden, kommen.

Auch Suthra erweist sich als von den Syndiks besetztes System. Zunächst sieht hier alles friedlich aus, und die letzten Reste einer Syndik-Flotte werden sofort von vier Kreuzern gejagt. Zu spät erkennt Geary die Falle: Die Kreuzer explodieren in einem Minengürtel, in den sie gelockt wurden. Immer wieder macht der draufgängerische Leichtsinn dieser Allianz-Flotte Geary das Leben schwer.

Im Suthra-System ist von da ab verdächtig wenig Widerstand zu bemerken, aber es gibt ein Kriegsgefangenenlager auf einem Mond. Unter den befreiten Allianz-Matrosen und Offizieren befindet sich zu Gearys Überraschung ein ehemaliger Flottenkommandeur, Captain Falco. Als dieser annimmt, er sei der dienstälteste Offizier der Befreier, will er automatisch das Kommando übernehmen. Geary ist jedoch hundert Jahre älter: ein Veteran früherer Kriege. Und so lässt er diesen zwar verdienten, aber merkwürdig draufgängerischen Offizier erstens auflaufen und zweitens ohne Kommando.

Nachdem der dennoch vorhandene Widerstand im Suthra-System niedergekämpft worden, beruft Geary eine Flottenvideokonferenz ein. Captain Falco ist nicht eingeladen. Dabei gibt er seinen Beschluss bekannt, nicht auf nächstbestem Weg zum Allianraum zu springen, sondern zuerst nach Sancere. Dort will er der ausgepumpten Flotte Rohstoffe, Proviant und vieles mehr beschaffen, bevor sie weiterspringt und es mit den überlegenen Syndik-Kräften aufnimmt.

Er muss sich gegen starke Proteste einiger Offiziere durchsetzen und befiehlt den Abflug. Weil sich so viele Shuttles zwischen Schiffen bewegen, um die befreiten Kriegsgefangenen zu verteilen, bemerkt er den Austausch von Botschaften unter den Rebellen nicht. Als sich 39 Schiffe kurz vor dem Sprung nach Sancere gegen jeden Befehl absetzen, um nach Vidha zu springen, das dem Allianzraum näherliegt, kann er nichts unternehmen. Er ist sicher, dass die Syndiks diesen Schachzug vorausgesehen haben und schon mit einer überlegenen Flotte warten. Als letzte Hilfe ruft er den Abtrünnigen den Sprungpunkt für ein Wiedersehen zu: „Ilion!“

Während er den weiten Mehrfachsprung in das reiche Sancere-System unternimmt, fragt sich Black Jack, ob er die Abtrünnigen, angeführt von Captain Falco, jemals wiedersehen wird. Doch als Ko-Präsidentin Victoria Rione in seine Kabine tritt und mit ihm ein Techtelmechtel anfängt, verschwinden seine diesbezüglichen Sorgen ganz schnell…

Mein Eindruck

Auch diesmal kommt es wieder knüppeldick für „Black Jack“ Geary, den wiederauferstandenen Kriegshelden. Er hat es mit einer handfesten Rebellion zu tun, die erst ganz am Schluss ihr blutiges Ende findet – im System Ilion. Zuvor gilt es jedoch das System Sancere zu erorbern und auszubeuten. Leichter gesagt als getan, wenn zwei starke feindliche Flottenverbände genau dies zu verhindern versuchen.

Außerdem bietet sich hier ein unerwartetes Problem: ein stark verteidigtes Portal zum Hypernet der Syndiks. Gelänge es der Allianz, es zu erobern, könnte sie ihren eigenen, von den Syndiks geklauten Schlüssel einsetzen und im Handumdrehen nach Hause fliegen. Daraus wird wohl nix. Vielmehr erweist sich das von starken physikalischen Kräften offengehaltene Portal als potentielle gefahr unglaublichen Ausmaßes – würde es gewaltsam zerstört, könnte es die Energie einer Supernova freisetzen und das gesamte System sowie ein paar Nachbar ins Nichts reißen. Jetzt ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Aber der Military Science Fiction Roman besteht keineswegs ausschließlich aus militärischen Aktionen. Wie bereits angedeutet, spielen zwei Frauen eine ganz wesentliche Rolle in Jack Gearys charakterlicher Weiterentwicklung. Die erste, positiv eingestellte Frau ist Captain Tanya Desjani, die Kapitänin des Flaggschiffes „Dauntless“. Sie glaubt an die Legende des Kriegshelden „Black Jack“ Geary. Da sie aber einen eigenen Mann ihres Herzens hat, der auf einem anderen Schiff weilt, schmeißt sie sich keineswegs an Geary ran.

Nicht so Ko-Präsidentin Victoria Rione. Sie fürchtet den Kriegshelden Geary, denn sie ahnt, welche Macht er daheim in der Allianz ausüben könnte. Dafür will sie nähere Bekanntschaft mit der Privatperson Jack Geary schließen, und wie ginge das besser, schneller und direkter als im Bett? Jack seinerseits ist zwar ein wenig überrumpelt, doch da er selbst alte Wunden lecken muss, kann er die emotionale, menschliche Zuwendung durchaus gut gebrauchen. Schon bald vermisst er Vicky, wenn sie nicht in seiner Kabine ist. Und er muss sie seiner Flotte vorstellen, versteht sich.

In einigen witzig-ironischen inneren Monologen streiten sich Jacks zwei Seelen, ach, in seiner Brust über die Authentizität von Riones Zuneigung. Will sie ihn nicht doch für eigene Zwecke in der Politik benutzen, wie es schon Captain Duellos, Jacks zweitem Gewissen, eingefallen ist? Captain geary reite auf einem Tiger, meint der Flottenkapitän, und hat wohl recht. Wie groß dieser Tiger allerdings ist, wird Jack wohl erst im nächsten Band „Fluchtpunkt Ixion“ erfahren. Denn am Schluss von „Black Jack“ streiten sich Desjani und Rione um Jack – aber um was es dabei genau geht, wollen ihm beide partout nicht verraten.

Die Übersetzung

Wie schon im Vorgängerband ist Ralph Sanders Übersetzung bemerkenswert frei von Druckfehlern. Der deutlichste ist sicherlich der, als er „währen“ statt „während“ schreibt. Das ist schon ziemlich nahe am Ende des Buches. Stilistisch ist der Text auf einer sehr beachtlichen Höhe, so dass man zu keinem Zeitpunkt merkt, dass es sich im Grunde um relativ simple Vorgänge in der Geschichte handelt. Nur für die betroffenen Figuren geht es dabei um Leben und Tod.

Unterm Strich

Ich habe den flott und einfach erzählten Roman in nur zwei Tagen gelesen. Die militärische Aktion spielt sich diesmal in drei Systemen ab, und an Flottenaktivitäten und Kämpfen herrscht durchaus kein Mangel. Ich hätte mir ein bisschen mehr Detektivermittlung gewünscht und weniger das Runterbeten von Kampfhandlungen. Aber wenigstens kommt die Ermittlung ein klein wenig voran, als Jack Geary seiner neuen, recht humorvollen Bettgenossin, der Ko-Präsidentin, einige Indizien für einen finsteren Verdacht mitteilt: Die Menschen sind keineswegs allein im Universum…

Ansonsten kann der Roman mit den üblichen Unterhaltungswerten eines Military-SF-Romans dienen: mehrere Raumgefechte, diverse Abwehrkämpfe, eine ausgewachsene Revolte im Offizierkorps, die Auseinandersetzung mit einem unerbittlichen Gegner und schließlich offene Rätsel, die deutlicher angeschnitten werden und die es im nächsten Band zu lösen gilt: Wieso beispielsweise endet der besiedelte Raum der Syndiks plötzlich wie abgeschnitten, als handle es sich um eine Grenze? Eine Grenze zu wem? Und wer hat den Syndiks und der Allianz überhaupt das Hypernet geschenkt – und in welcher hinterhältigen Absicht?

Insgesamt ist „Black Jack“ genauso gut wie „Furchtlos“, der erste Band. Es gibt die Standardwerte, und auch die martialischen Schiffsnamen störten mich immer wieder. Leider ist das aber auf eine uralte Navy-Tradition zurückzuführen, die spätestens im 19. Jahrhundert aufkam. Aber es gibt auch eine persönliche Entwicklung Gearys und vor allem der Allianz-Flotte festzustellen. Die Offiziere müssen das Kriegsrecht wieder erlernen, wonach wehrlose Soldaten ebenso zu verschonen sind wie Zivilisten. Und zunehmend kann sich Captain tanya Desjani in die Lage der erbarmungslos betrogenen Feindsoldaten hineinversetzen. Kann sie sie dann überhaupt noch töten?

Die Rebellion des verrückten Captain Marco hat letzten Endes auch ihr Gutes. Die Überlebenden der Gefechte im Vidha-System und bei Ilion haben ihre Lektion gelernt und sind jetzt aus Schaden klüger geworden. Gut möglich, dass sie diese Klugheit schon bald gegen mehr als nur Syndiks einzusetzen haben…

Taschenbuch: 381 Seiten
Originaltitel: The lost fleet: Fearless, 2007
Aus dem Englischen von Ralph Sander
ISBN-13: 9783404233441

www.luebbe.de

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