Eric Van Lustbader – Schwarzes Herz

Stark gekürzt: Prophetische Vorhersage von 9/11

John Holmgren, Gouverneur des Staates New York und Bewerber um das Präsidentenamt, stirbt in den Armen seiner Geliebten Moira Monserrat. Sein bester Freund und Wahlkampforganisator, Tracy Richter, nimmt zuerst an, dass es ein Herzinfarkt war. Doch dann findet man Moira tot auf. Gibt es zwischen den beiden Ereignissen Zusammenhänge? Noch während Tracy, einst als Geheimagent in Kambodscha eingesetzt, über diese Frage nachdenkt, überstürzen sich die Ereignisse. Tracys Weg führt ihn von Washington nach Hongkong und von New York nach Shanghai …

Der Autor

Eric Van Lustbader, geboren 1946, ist der Autor zahlreicher Fernost-Thriller und Fantasyromane. Er lebt auf Long Island bei New York City und ist mit der SF- und Fantasylektorin Victoria Schochet verheiratet. Sein erster Roman „Sunset Warrior“ (1977) lässt sich als Sciencefiction bezeichnen, doch gleich danach begann Lustbader (das „Van“ in seinem Namen ist ein Vorname, kein holländisches Adelsprädikat!), zur Fantasy umzuschwenken.

Der „Dai-San“-Zyklus gehört dem Genre der Sword & Sorcery an und besteht aus folgenden Romanen:

„Sunset Warrior“ („Ronin“), „Shallows of Night“ („Dolman“), „Dai-San“; „Beaneath an Opal Moon“ („Moichi“); „Beyond the Sea of Night“ („Der Drachensee“).

1980 begann Lustbader mit großem Erfolg seine Martial-Arts & Spionage-Thriller in Fernost anzusiedeln, zunächst mit Nicholas Linnear als Hauptfigur, später mit Detective Lieutenant Lew Croaker: The Ninja; The Miko; White Ninja; The Kaisho usw. Zur China-Maroc-Sequenz gehören: Jian; Shan; Black Heart; French Kiss; Angel Eyes und Black Blade. Manche dieser Geschichten umfassen auch das Auftreten von Zauberkraft, was ihnen einen angemessenen Schuss Mystik beimengt.

Zuletzt erschien bei uns die „Kundala“-Trilogie: „Der Ring der Drachen“, „Das Tor der Tränen“ und „Der dunkle Orden“. Da diese Fantasy ebenfalls in einem orientalisch anmutenden Fantasyreich angesiedelt ist, kehrt der Autor zu seinen Wurzeln zurück, allerdings viel weiser und trickreicher. Kürzlich hat er noch einmal eine Wendung vollziehen und schreibt nun die Thriller seines verstorbenen Kollegen Robert-Ludlum fort, so etwa „Die Bourne-Verschwörung“. Zuletzt erschien 2007 der Mystery-Thriller „Testamentum“ in der Art von Dan Browns „The Da Vinci Code“.

Handlung

Das vögelnde Paar auf dem Sofa ist nicht allein. John Holmgren, Gouverneur des Bundesstaates New York und Präsidentschaftskandidat, liegt in den Armen seiner schönen Geliebten Moira Monserrat, die sich lustvoll dem Höhepunkt nähert. Doch hinterm Sofa lauert ein Killer, der einen Auftrag auszuführen hat. Plötzlich spürt Holmgren einen Stick im Nacken, sein Körper bäumt sich auf, sein Herz bleibt stehen, und er bricht zusammen. Nach der ersten Verwirrung, beginnt Moira zu schreien.

Tracy Richter, ein früherer Geheimagent in Südostasien, ist Holmgrens Wahlkampforganisator. Er ist es, den Moira zuerst anruft. Tracy ist entsetzt, denn Holmgren war sein engster Freund. Er sagt Moira, was sie tun soll, bevor sie die Polizei und den Notarzt ruft. Er bringt sie in einem sicheren Haus auf dem Lande unter. Sie dankt ihm. Dann erst wählt sie die Nummer des Notrufs.

Wenige Stunden später steht Detective Douglas Ralph Thwaite bei Tracy auf der Matte. Der Inspoektor von der New Yorker Mordkommission rückt Tracy unverschämt dicht auf die Pelle und stubst ihn sogar mit dem Zeigefinger auf die Brust. Tracy muss sich schwer kontrollieren, um den Mann nicht zu Kleinholz zu zerhacken. Zwei Minuten später kann Thwaite zusehen, wie Richter vier Angreifer im Dojo für Kampfsport wie lästige Fliegen von sich wirft. Thwaite schluckt. Und er weiß, dass Tracy bereits eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt hat. Thwaite muss auf seine Chance lauern.

Senator Burke kehrt spät nach Hause zurück und freut sich auf einen ruhigen Abend, fern von allem Polittrubel in der US-Hauptstadt. Doch seine Vorfreude wird jäh unterbrochen, als ihn jemand aus dem Dunkel auf Französisch anspricht. Er habe sich nicht an die Abmachung gehalten. Wenige Minuten später ist Senator Burke mausetot. Dennoch ist der Auftraggeber des Killers nicht zufrieden. Was wäre, wenn Holmgrens Geliebte doch etwas gesehen hätte?

Tracy Richter bekommt ein unmoralisches Angebot von Holmgrens Gegner im Präsidentschaftswahlkampf. Senator Gottschalk will ihn als Wahlkamporganisator. Tracy gibt ihm einen Korb, sodass Gottschalk enttäuscht abzieht. Doch gleich darauf tritt ein Mann an Tracy heran, den er längst vergessen glaubte: Kim, der Vietnamese, von der Stiftung. Die Stiftung operiert in Washington heimlich aus einem Hintergebäude heraus, dessen Fassade unverfänglich ist.

Tracy kennt Kim noch aus Kambodscha und allen Aktionen, die damit zusammenhängen. Er will nichts mehr damit zu tun haben. Diesmal jedoch schafft es Kim, seine Aufmerksamkeit zu erregen: Es gebe starke Hinweise darauf, dass Gouverneur Holmgren, Tracys Freund, mit Gift ermordet wurde. Woher will die Stiftung so etwas wissen, fragt sich Tracy, denn er hat die Leiche ja schließlich selbst umgehend einäschern lassen.

Als die beiden noch einmal zurück in Holmgrens Stadtwohnung, untersucht Tracy den Tatort bis auf den kleinsten Millimeter, ohne was zu finden. Währenddessen schaut Kim, der ihn hasst, lediglich zu und trinkt Brandy aus einer Flasche. Zufällig fällt Tracys Blick auf den Boden der Flasche. Etwas befindet sich dort, was nicht dorthin gehört. Als er äußerst vorsichtig die Flasche leert und zerbricht, stößt er auf eine kleine Birne, die einen Messerschnitt aufweist – sehr ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist allerdings die außerordentlich leistungsstarke elektronische Wanze, die er in der Birne findet …

Die Organisation des Killers, der Angka, kann nicht mehr hinnehmen, dass Moira Monserrat als Zeugin lebt. Als Tracy ihre Leiche in der Rechtsmedizin von Solebury County zu sehen bekommt, kann er nicht glauben, dass es sich um das gleiche Lebewesen handeln soll, das er in seinem Haus in Sicherheit gebracht zu haben glaubte: Ihr wurde jeder Knochen im Leib gebrochen. Die Polizei konnte sie nur anhand ihres Gebisses identifizieren.

Tracy gibt sich selbst die Schuld an ihrem Tod. Das ist der einzige Grund, warum er Detective Sergeant Douglas Thwaite, der wieder in ihn dringt, diesmal nicht wegschickt, sondern in eine Partnerschaft mit ihm einwilligt. Die Jagd nach dem Mörder Moiras und Holmgrens ist für beide zu einem persönlichen Anliegen geworden. Koste es, was es wolle …

Mein Eindruck

Die Action spielt im Jahr 1982, wie es scheint, und der Präsidentschaftswahlkampf ist in vollem Gange. Der Amtsinhaber Lawrence, den Gottschalk beerben will, scheint ein Schwächling zu sein. Bei den rechten Republikanern kommt deshalb seine Botschaft gut an, die Terroristencamps, die die Sowjets in aller Welt gegründet haben, zu vernichten. So sollen die Anschläge auf US-Einrichtungen wie in Ramstein und anderswo gestoppt werden.

Doch niemand darf erfahren, dass Atherton Gottschalk eine Marionette ist, die nach der Musik des Konzernchefs Delmar Davis Macombers tanzt. Und Macomber, ein Exkollege von Tracy Richter, weiß, dass er dem Präsidenten Gottschalk seine neuesten Waffensysteme problemlos verlaufen. Doch damit das Volk auch voll hinter Gottschalk steht, muss Macomber ein wenig nachhelfen – mit einem fingierten Anschlag vor der St. Patricks Kathedrale in New York …

Vorhersage

In einer der exaktesten Vorhersagen, die ich je in einem politischen Thriller gefunden habe, sagt der Autor die zwei Golfkriege ebenso voraus wie den Anschlag vom 11. September. Auf Seite 421 des Originals werden die Pläne Macombers beschrieben, die er mit Gottschalk hat. Diese zielen darauf ab, die Ölversorgung der USA dadurch zu sichern, dass schwache oder unzuverlässige Regimes des Mittleren Osten – etwa das von Saddam Hussein – zu Fall gebracht und durch amerikafreundliche Regimes ersetzt werden. „Das Öl muss fließen!“ Das klingt sehr nach den Atreides und der Raumgilde in DUNE, die bei jeder Gelegenheit befehlen: „Das Spice muss fließen!“

Lustbader lässt es nicht bei der ersten Vorhersage bewenden. Er stellt sich einen derart großen Anschlag vor, der erstmals auf amerikanischem Festland (im Gegensatz zu Pearl Harbor) ausgeführt wird, dass die amerikanische Öffnetlichkeit nicht anders kann, als Vergeltung zu fordern. Delmar Macomber ist genau derjenige Mann mit Weitsicht, der die beiden Faktoren – Ölkrieg und Anschlag – zusammenbringen kann. Und der fingierte Anschlag auf Gottschalk ist erst der Anfang, der für diese Entwicklung nötig ist. Schon bald wird Amerika Macombers Waffen brauchen wie nie zuvor …

Die Spur der Wanze

Doch als Tracy Richter und Thwaite die Wanze finden, ist Macomber klar, dass die herkunft des Geräts niemals bekannt werden darf. Diese Herkunft liegt nämlich in Hong Kong, bei einem der mächtigsten Drogendealer Asiens. Und mit den 350 Kilo reinstem Heroin, das dieser Dealer bereits an Macomber geliefert hat, werden sich in Amerika nicht nur Unsummen verdienen, sondern auch jede Menge Senatoren und Abgeordnete kaufen lassen. Tracy Richter muss also sterben.

Macomber, der Ex-Oberst aus dem Vietnamkrieg, kennt Richter aus der Stellung Ban Me Thuot, die direkt an der Grenze zu Kambodscha lag. Es ist erst 14 Jahre her, dass die beiden um die gleiche schöne Frau buhlten, um Tisah, die offenbar eine chinesische Spionin war. Als Macomber erfährt, dass die geliebte Tisah möglicherweise noch am Leben ist, schickt er seinen kambodschanischen Adoptivsohn Khieu Sokha los, um Tisah in Kambodscha zu suchen.

Nach Kambodscha

In einer der spannendsten Sequenzen des Buches schleicht sich der bestens im Nahkampf ausgebildete Khieu über die Grenze, wo er das von den Khmer Rouge entvölkerte, den Amerikanern bombardierte und von den Vietnamesen geplünderte Land seiner Kindheit und Jugend kaum wiedererkennt. Khieu ist in Phnom Penh in einer wohlhabenden Familie eines Politikers aufgewachsen, die Prinz Sihanouk nahestand. Er liebte seine Schwester Malis, die graziöse Tempeltänzerin, ebenso abgöttisch (und begehrlich) wie seinen älteren Bruder Samnang.

Als er der Spur einer Prostituierten folgt, die offenbar auf dem Mekong ihren Gewerbe unter Russen, Khmer und Vietnamesen nachgeht, hofft er, auf der Spur von Tisah zu sein. Doch was er findet, ist das Grauen. In jener Nacht, er sein Zuhause verließ, um Samnang zu den Rebellen der Khmer Rouge zu folgen, ließ er auch Malis und seine Mutter im Stich. Sam berichtete später, alle seien umgekommen. Doch als das Hausboot der Hure durchsucht, ist es nicht Tisahs abgeschnittener Kopf, den er aus den trüben Fluten des Mekong zieht, sondern der von Malis …

Wahnsinn

Diese Erfahrung setzt in Khieu etwas in Gang, das er selbst nicht bestimmen kann. Die Transformation dauert etwa hundert Seiten, und gespannt wartet der Leser – ebenso wie Macomber – das Ergebnis dieser Wandlung. Denn in Khieu existieren zwei strikte Befehle: Er muss den mörderischen Befehlen seines Adoptivvaters gehorchen, weil dieser ihn aus Kambodscha herausgeholt und ihm so das Leben gerettet hat.

Er muss aber auch den pazifistischen Lehren des Buddhismus gehorchen, die er im Kindesalters von den Lippen eines heiligen Mannes aufgesogen hat wie Muttermilch. Diese Lehren verlangen von ihm, alle irdischen Begierden abzulegen, um Nirvana zu erreichen. Was zuvor in einem Verstand vereinbar war, ist durch den Tod Malis‘ unvereinbar geworden. Khieu verfällt dem Wahnsinn. Tracy Richter ist der erste, der diesen Vorgang erkennt. Und da ist es für ihn fast zu spät. Denn natürlich muss Khieu Macombers Befehl ausführen, Tracy zu eliminieren.

Apsara

In Khieus Wahnsinn spielt Tracy Richters Freundin, die Tänzerin Lauren Marshall, eine ganz besondere Rolle. Er glaubt nämlich, in Lauren eine Reinkarnation seiner geliebten Tempeltänzerin und Schwester Malis wiederzusehen. Wann immer er Lauren wie besessen folgt, erscheint ihm jedoch eine verzerrte Version der Tempeltänzerin – die Apsara Malis ist kopflos und verfault, hässlich und hungrig nach Khieus Seele. Sie ist die Verkörperung seiner Schuld. Erst als Khieus durch Macombers Sohn Eliott davon erfährt, wie sein Adoptivvater von Anfang an verraten hat, verschwindet Apsara und wird durch ein neues Feindbild ersetzt. Macomber muss sterben …

Das schwarze Herz

Wie man sieht, ist diese psychologische Wandlung der titelgebenden Hauptfigur – ihr neues Ich nennt sich Chet Khmau, Schwarzes Herz – nicht nachvollziehbar, wenn die Hälfte des Textes fehlt, wie es in der deutschen Übersetzung der Fall ist. Dann verkommt Khieu allmähliche Transformation zu einer Show in einem Panoptikum, ohne Sinn und Zusammenhang. Erst wenn man Khieus Werdegang kennt, ahnt man auch sein Ende voraus. Denn der Autor verdammt den Killer von Holmgren und Moira nicht rundweg als unverständliches Monster, sondern weckt in uns Verständnis. Denn Khieus leben, der stellvertretend für sein Land steht, ist eine Tragödie. Und wie in jeder Tragödie sucht der Held Erlösung. Ich werde nicht verraten, ob sie Khieu zuteil wird. Denn auch Kim hat ein Hühnchen mit ihm zu rupfen … Eines ist sicher: Der Showdown in Tracys Haus wird höchst explosiv!

Detective

Sehr schön fand ich die Entwicklung von Detective Thwaite. Aus einem korrupten Bullen, der sich von Zuhältern schmieren lässt, wird durch die wiederholte Begegnung mit dem Tod – und mit Tracy Richter, der ihm das Leben rettet – ein erfolgreicher Bulle, der zum Lieutenant befördert wird. Er folgt der Krümelspur, auf die er bei Holmgren und anderen gestoßen, und landet so bei einigen höchst explosiven Erkenntnissen. Deshalb ist es absolut gerechtfertigt, dass der Autor ihm einen eigenen Handlungsstrang gewidmet hat. Kurz vor Schluss bilden Thwaite, Richter und Lauren ein Triumvirat, das alle Puzzleteile zusammensetzt – und schockiert das Gesamtbild betrachtet. Der mehrfache Showdown klärt dann die Lage. Doch werden dies alle überleben? Das soll hier nicht verraten werden.

Die Übersetzung

Die Übersetzung ist massiv gekürzt worden. Die Kürzungen zeigen sich schon in der gewalttätigen Eingangsszene, als Holmgren getötet wird. Hier zeigt sich auch schon, was sich wie ein roter Faden durchs ganze Buch zieht: Alle Sexszenen wurden entschärft und alle Kultur- und Landschaftsbeschreibungen unterdrückt.

Aber nicht nur diese Zensurmaßnahme macht sich bei einem Vergleich schnell bemerkbar. Auch ganze Figuren wurden gestrichen. In der Szene, in der Khieu den Schauspieler Eliot Macomber im Studio besucht, baggert Eliot erst ein Mädchen namens Nancy an und blitzt ab, dann macht sich Nancy an den schönen Khieu heran und zieht mit ihm ab, einen wütenden Eliot zurücklassend. In der Übersetzung fehlt jedes einzige Wort, das irgendetwas mit Nancy zu tun hat. Und auch den Titel des Stücks von Eugene O’Neill, das Eliot spielen soll, erfahren wir nicht.

Am Anfang von Teil drei versuchte ich mal, ein bisschen schneller voranzukommen und las die deutsche Fassung. Das stellte sich als schwerer Fehler heraus. Beim Vergleich mit dem englischen Original entdeckte ich ganze Passagen und Szenen, die in der Übersetzung fehlen. Ich musste den ganzen Anfang von Teil drei nochmals lesen, um den Rest verstehen zu können.

Unterm Strich

Ist der Killer Khieu wirklich das Schwarze Herz des Titels? Die Antwort auf diese grundlegende Frage gibt der Autor erst im Verlauf von 700 Seiten. Und in diesem langen Zeitraum, der sich über zwei Monate erstreckt, füttert er uns häppchenweise die schreckliche Wahrheit über das, was Delmar Macomber plant und bereits in die Tat umsetzt – einen Staatsstreich, der völlig legal aussieht. Er ist das eigentliche Schwarze Herz.

Der Autor zwingt den amerikanischen Leser, seine eigene Regierung und deren Lobbysystem zu hinterfragen. Anno 1983 konnte man dies genauso tun wie heute nach der Herrschaft der beiden Bushs und ihrer zwei Golfkriege. Erstaunlich, wie akkurat Lustbaders diesbezüglichen Vorhersagen eingetroffen sind.

Action und Erotik

Natürlich kommt die Action nie zu kurz. Tatsächlich tauchen die Actionszenen in ebenso regelmäßigen Abständen wie im ersten Drittel die Sexszenen, die im Original an Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglassen (alles in der Übersetzung entschärft). Tracy Richter ist ebenso ein knallharter Kämpfer wie Kim, der Vietnamese, und Khieu, der Kambodschaner. Tracy gerät in Hong Kong an die falschen Leute und geht dabei fast drauf. Das ist wirklich klasse geschildert und hat mich an Michael Connellys „Hongkong-Western“ „Nine Dragons“ erinnert (siehe meinen Bericht dazu).

In den späten Showdowns verrät der Autor sein Fachwissen mit der Nennung aller Tritte, Schläge und Stellungen, die man im Karate, Aikido, Taek Wondo und anderen Kampftechniken anwendet. In dieser Hinsicht übertrieb er es offensichtlich für den Geschmack der Leser ein wenig zu sehr, denn in späteren Romanen wie „Zero“ (siehe meinen Bericht dazu) kommt nie mehr solch eine Fülle von Spezialausdrücken vor.

Kürzungen bis zum Abwinken

Aus den 695 Seiten des Originals hätten eigentlich rund 900 Seiten Übersetzung werden müssen, wenn man der Faustregel folgt, wonach die deutsche Fassung um bis zu 30% länger ist. Doch statt der 900 Seiten bekommt der deutsche Leser lediglich 485! Der Text wurde also radikal um fast 50% gekürzt! Das ähnelt den Dimensionen der Kürzungen an den Gor-Romanen.

Die Übersetzung lässt keinerlei Verständnis des jeweiligen Landes zu, denn jede Beschreibung wurde geflissentlich unterdrückt: Kambodscha, China, Hong Kong – all dies könnten genauso gut fremde Planeten sein, denn man erfährt genauso wenig über sie. Die Figuren huschen durch Geisterlandschaften und Geisterstädte, sodass das vom Autor intendierte Verständnis für das Aufeinandertreffen der amerikanischen und asiatischen Kultur auf der Strecke bleibt.

Dies ist schon die dritte gekürzte Lustbader-Übersetzung durch den Heyne-Verlag, nach „Der Ninja“ und „Die Miko“. „Teuflischer Engel“ (O-Titel „Sirens“), das ich im Original kenne, habe ich in der Übersetzung noch nicht gelesen. Aber es würde mich nicht wundern, wenn auch Lustbaders zweiter Thriller bei Heyne ähnlich verhackstückt worden wäre. Deshalb habe ich überhaupt keinen Appetit, mir einen weiteren Buch-Torso wie „Schwarzes Herz“ anzutun.

Taschenbuch: 479 Seiten
Originaltitel: Black Heart (1983)
Aus dem US-Englischen von Hans Ewald Dede
ISBN-13: 978-3453021099

http://www.heyne.de

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