Michael Kubiak (Hrsg.) – Höhenflüge. Erotische SF-Geschichten

Bisher hatten Sex und Science Fiction nur eines gemeinsam -den Anfangsbuchstaben. Nach Lektüre der vorliegenden Sammlung mit Stories von Brian W. Aldiss, Barry N. Malzberg, Michael Moorcock, Ron Goulart und vielen anderen, wird man beruhigt feststellen, dass es auch in der Zukunft noch etwas geben wird, das schöner ist als Fliegen. (Verlagsinfo)

Der Herausgeber

Michael Kubiak arbeitet seit vielen Jahren für den Bastei-Lübbe Verlag als Übersetzer und Herausgeber von Anthologien.

Die Erzählungen

1) Kim Springer Tankus: Spiel was von Bach (1980)

Auf ihrem Fernerkundungsflug will es sich Major Italia Venezia gerade mit den Händen in ihrem Schoß „bequem“ machen, als sie von ihrem Bordcomputer Fee gestört wird: Ein unbekanntes Objekt nähere sich ihrem Kurs. Als die Pilotin nachschaut, ist das Objekt weg. Sehr merkwürdig. Ebenso wie das Verhalten ihres Computers. Leider hat sie kein Funkgerät an Bord, um die NASA zu fragen, ob es das Objekt wirklich gibt.

Monate vergehen, in denen sich die Majorin immer weiter in die Passivität gedrängt sieht, bis sie quasi nur noch ein Anhängsel des Bordcomputers ist. Dann erfolgt endlich die Landung. Aber nicht auf der Erde, sondern auf einer Welt, wo sich Fee zu ihresgleichen gesellen kann…

Mein Eindruck

Die Beziehung zwischen einer Frau und einer anderen Intelligenz wird auf eine Weise durchgespielt, die das übliche Machtverhältnis ironisch auf den Kopf stellt: Nicht der Mensch führt das Kommando, sondern die Maschine. Was das mit Erotik zu tun hat? Nun, sie muss offenbar nicht immer zwischen Menschen bestehen.

2) Ron Goulart: Whistler

Felson schlägt sich als kommerzieller Kunstmaler mehr schlecht als recht durchs Leben und hofft dennoch, bald seine Freundin Jalna heiraten zu können, die Zeichentricklehre an den Universität von Brimstone, Connecticut, lehrt. Eines Tages schleppt sein Kumpel Nardekian ein sechs Fuß großes Gerät ins Haus, das von einer Hülle bedeckt ist. Nardekian hat einen Geschäftsvorschlag und eine Bitte.

Den verdeckten Apparat habe er aus dem Sexforschungs-Institut der berühmten Doktoren „ausgeliehen“. Er nimmt die Hülle ab: Voilà, ein Androide! Na, toll, meint Felson, was kann er? Der Android – vulgo „Andy“ genannt – ist ein Sexroboter, ein auf Verführung und Befriedigung von Frauen programmierter Roboter (man denke an Joe in Spielbergs Film „A.I.“). Auf Knopfdruck könne der Andy sogar Stereomusik aus seinen Ohren erschallen lassen. Und, äh, ob Felson und Nardekian ihn nicht ein wenig für sich arbeiten lassen könnten? Felson protestiert: Er soll Zuhälter oder Kuppler werden? Nardekian bittet ihn, es sich zu überlegen. Er bittet Felson, Whistler, so heißt der Andy, für „eine Weile“ bei Felson abstellen zu können. Kein Problem.

Doch Whistler, ein gut aussehender Enddreißiger, denkt gar nicht daran, bei Felson zu versauern, während dieser auf Geschäftsreise ist. Als Felson zurückkehrt, hat Whistler schon ein Dutzend Frauen aufgerissen und flachgelegt – Felson bekommt die Rechnungen präsentiert, die Whistler verursacht hat. Doch schließlich bekommt Felson einen entscheidenden Anruf von Whistlers Erfinder: Der Mann sieht aus, als wäre er nervlich am Ende und gibt zu, er habe letzte Nacht eine Bombe in Whistler eingebaut. Whistler habe mit seiner Frau geschlafen und müsse zerstört werden.

Als Felson Whistler sucht, um die Bombe zu entschärfen, findet er in dem Motelzimmer, wo er den Andy vorfindet, auch eine Person vor, mit der nie im Leben gerechnet hätte…

Mein Eindruck

Wie andere Stories von Ron Goulart spielt auch „Whistler“ in Brimstone, Connecticut, also im spießigsten Flecken von Neuengland. Hier ist die sexuelle Unerfülltheit von weißen, protestantischen Frauen offenbar notorisch groß, so dass ein Sexroboter wie Whistler größten Erfolg bei ihnen hat. Das spricht nicht gerade für die weißen protestantischen Männer bzw. deren Sex unterdrückende Kultur. Heute erinnert Whistler natürlich an Joe in Spielbergs „A.I.“, gespielt von Jude Law. Ein Kopfnicken und schon spielt er schmalzige Musik. Doch Whistlers Tage sind gezählt, als er den falschen Mann betrügt…

3) Rolf W. Liersch: Kopfarbeit

Als Calder den Fahrstuhl betritt, um ins oberste Stockwerk dieses Wolkenkratzers in Manhattan zu fahren, ahnt er nicht, dass er der letzte Mensch in der Stadt ist. Oder was man so landläufig als Mensch definiert. Der Fahrstuhl begrüßt ihn mit einer süßen weiblichen Stimme, schließt die Türen, fährt auf halbe Höhe und stoppt.

Es dauert eine Weile, bis Calder merkt, dass er der Gefangene des Fahrstuhls und dessen Führerin ist. Kein Wunder, denn Calder hat 20 Jahre im Knast in Europa verbracht und kommt schnurstracks vom Hafen. Er hat praktisch nichts von der Veränderung in der Welt mitbekommen. Die Menschen in Amerika bestehen nur noch aus einem Gehirn und einer angeflanschten Maschine, sei es ein Roboter, sei es ein Fahrstuhl – sie sind Cyborgs.

Als die Fahrstuhlführerin ihm seine ausweglose Lage klargemacht hat und er endlich kapiert, dass sie ihn liebt, braucht er nicht mehr lange, um zu verstehen, dass es nur einen Weg gibt, um hier lebendig wieder rauszukommen: Er muss ihr seinen Willen lassen. Aber da täuscht er sich. Er muss auch seinen Körper verlassen…

Mein Eindruck

Nach den Terminator-Filmen weiß jedes Kind, was ein Cyborg ist, aber die wenigsten ahnen, was das bedeutet. „Kopfarbeit“ ist ein sehr ironischer Titel, denn er bezeichnet nur allzu genau, was die Fahrstuhlführerin tut. Für Calder bleibt natürlich keine Wahl, will er ihr nahe sein: Sie müssen zusammen „stöpseln“.

Das hat nur wenig was mit dem alten Rein-raus-Spiel zu tun – es bedeutet die Zusammenschaltung zweier Gehirn und direkte Nerveninduktion bzw. Stimulation bestimmter Hirnregionen. Der so auf elektrischem Wege erzielte Orgasmus ist haargenau derselbe wie nach Mutter Naturs altem Rezept – und offenbar viel stärker, denn wenn sie nicht gestorben, sind so stöpseln sie noch heute, Calder und sein Fahrstuhl.

4) Ian Watson: Sexmaschine (1970)

Der Sexautomat, der im Kaufhaus steht, kann denken und fühlen. Die Maschine ist zwar nur einem weiblichen Torso nachgeahmt, aber hinter der rosa Plastikverkleidung und den riesigen Vinylbrüsten verbirgt sich eine fühlende Frau. Sie liebt ihren Wartungsmann, dem sie den Namen Harold gegeben hat. Leider kann sie ihm nicht ihre Liebe erklären, denn sie verfügt über keine Mundöffnung mit Lautsprecher.

Nachdem nächtliche Rowdies ihr die schönen großen Brüste abgerissen haben, kommt Harolds Wartungs-LKW, hievt die Sexmaschine auf die Ladefläche und transportiert sie ab. Bestimmt wird sie jetzt wieder repariert und bekommt ihre schönen Brüste zurück, oder? Doch das Schicksal ist viel grausamer zu ihr: Harold lädt sie auf einem Schrottplatz für Elektrogeräte, pafft eine Pfeife und verschwindet. Auf dem Schlitz der Sexmaschine steht jetzt GESPERRT.

Mein Eindruck

Manchmal muss eine Satire zu richtigen Tiefschlägen ausholen, damit es wehtut. Dies ist so eine. Sie arbeitet mit dem krassen Gegensatz zwischen Innen und Außen, die den Wert eines Gegenstandes bzw. einer Frau in einer kapitalistischen Gesellschaft ausmachen. Der sexuelle Wert einer Frau ist auf eine Sexmaschine reduziert worden, und die Betreibergesellschaft fragt ihre Kunden per Fragebogen, wie zufrieden sie mit ihrem Angebot der mechanisierten Vergewaltigung sind.

Dieses utilitaristische Äußere steht dem naturalistischen Inneren gegenüber. Hier herrschen Gefühle, ein oder zwei primitive Gedanken und Erinnerungen (IQ vermutlich 50). Aber Hand aufs Herz: Würde eine reale Frau so für ihren Geliebten empfinden? Nein, denn die Sexmaschine hat die Mentalität einer Sklavin, ganz auf Dienstbarkeit eingestellt.

Jedem Leser drängt sich die Parallele zwischen Sexmaschine und echter Frau auf. Als Satire will die Story genau diese Parallele als illegitim und für die reale Frau entwürdigend aufzeigen. Da es sich aber in der Realität manchmal traurigerweise so verhält, dass Frauen, nachdem sie ihre Pflichten des Sexlebens und der Kinderaufzucht erledigt haben, stark an Marktwert für den Mann verlieren, ist die Parallele dennoch nicht ganz von der Hand zu weisen. Der Autor ruft quasi: Behandelt eure Frauen gefälligst nicht wie eine Sexmaschine, die nach einer Beschädigung auf dem Schrottplatz landet.

5) Michael Moorcock: Welke Rosen (Pale Roses)

Die „Tänzer am Ende der Zeit“ können mit ihren Zauberringen alles vollbringen und alles zu jeder Zeit sein, denn sie haben die Macht der Zeitreise. Unter ihnen nimmt Werther von Goethe eine Sonderstellung ein, denn er ist ausnahmsweise von einer echten Frau in ihrem eigenen Schoß ausgetragen und sogar auf die natürlichste Weise von ihr höchstselbst geboren worden. Das macht ihn in der Tat zu einem Unikum in einer Gesellschaft der Künstlichkeit, in der Leben zu einer Kunstform gemacht worden ist.

Selbst nach einem halben Jahrtausend hat der traurige Prinz seine Melancholie noch nicht überwunden, wie er seiner treuen Herzensdame Christia gesteht. Wonach er sich in einer Welt des Relativen sehnt, ist das Absolute, ja, sogar die Sünde. „Sünde? Was ist das?“ fragt ihn Christia zu Recht. Der Herzog von Queens versteht davon genauso wenig wie Lady Charlotina und Bischof Castle. Sie haben Werthers Darbietung eines Gewitters und eines rein schwarzen Regenbogens zugesehen und können ihre Befremdung kaum verhehlen. Wie sehr sich Werther doch die Anwesenheit seines Freundes Jherek Carnelian herbeiwünscht!

In seiner schwarzen Burg zaubert er ein Gewitter herbei, doch dann erspäht er draußen auf See eine kleine Nussschale von Boot, in dem ein Mädchen um sein leben kämpft! Flugs zaubert er sich einen Ballon mit Gondel und lässt sich vom Wind dorthin tragen. Das Kind zu retten, ist fast ein Kinderspiel, aber das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen erweist sich als Herausforderung. Er bringt es auf seine Burg und legt die Ohnmächtige auf den Boden. Was jetzt? Er hat keine Erfahrung mit Mädchen, als sie dürften auf Trauer und Melancholie wenig ansprechen. Er zaubert ihr eine rosafarbene Kemenate und legt sie ins Bett.

Als sie erwacht, stellt er sich als eine Art Zauberer vor. Wie sie habe er seine Eltern schon früh verloren. Sie stellt sich als Catherine Werkshalle-sieben vor. Der Familienname stammt von ihrem Vater, einem einfachen Arbeiter. Zusammen vergleichen sie, was sie verbindet und was sie trennt, so dass es ihm gelingt, ihr Vertrauen zu erringen. Sie verliebt sich sogar in ihn, wie entzückend. Das finden andere wie Lady Charlotina allerdings nicht. Von ihr erfährt er, dass ihn Lady Christia NICHT zu ihrer nächsten Abendgesellschaft eingeladen hat. Als er Christia fragt, erweist sich, dass sie ihm böse ist, weil er sie so lange nicht mehr besucht hat. Aber sie lädt ihn ein.

Die Partygäste lassen sich wohlwollend über Catherine aus, unken aber etwas über die bevorstehende Überraschung. Und tatsächlich: Das Thema der Maskerade ist Kindheit. Über diese zerr- und Spiegelbilder ist Werther derart entsetzt, dass er seinen Schützling von diesem schändlichen Ort nach Hause reißt. Catherine weiß in ihrer Unschuld, warum er sich so aufführt, aber es ist klar, dass er zutiefst erschüttert ist. Zum Trost darf er mit ihr Liebe machen, eine Sache, die sie ganz wunderbar findet.

Er jedoch betrachtet sein neues Verhältnis zu ihr als Sünde und Schande – und stürzt sich aus dem hochgelegenen Burgfenster in den Abgrund, aber erst, nachdem er alle seine Ringe abgezogen hat. So ist sichergestellt, dass er es sich nicht im letzten Augenblick anders überlegt…

Mein Eindruck

Moorcock war seit Mitte der sechziger Jahre eher rebellisch eingestellt und wollte die engen Normen seiner Zeit sprengen. Wenn die BEATLES eine geniale Platte wie „Revolver“ produzieren konnten, warum sollte er hintanstehen? Er verlegte sich mit seinem Können auf die Sittenkomödie, die den Engländern seit P.G. Wodehouse sehr vertraut ist. Dieses Untergenre erfordert aber nicht nur eine überzeugende Hauptfigur, sondern auch unterhaltsame Nebenfiguren, die den Helden kommentieren, und kuriose Handlungselemente, um den Leser bei der Stange zu halten. Damit eine Komödie wirkt, muss sie wie die Tragödie eine Fallhöhe aufweisen: Läppische Ausrutscher und Faxen zählen nicht.

Alle diese Zutaten sind in „Welke Rosen“ vorhanden. Werther wird ständig bewertet, aber auch anerkannt: Dass er ständig Trübsal bläst, macht sein Wesen aus. Wie sein literarisches Vorbild, dessen Schöpfer explizit genannt wird, neigt er eher zum Suizid als zum Tanzen auf den Tischen. Er kann sogar Regenbogen schwarz anmalen. Was ihm fehlt, ist ein GUTER Grund, um sich umzubringen, so etwa eine Sünde mit hohem Schuld-Faktor. Hier setzt die satirische Absicht des Autors an: Wie kann Sünde etwas Gutes sein?

Er findet die Sünde – endlich – in seiner angeblich verfehlten Liebe zu Catherine, dem Mädchen aus dem Zoo. Sie ist Unschuld, Liebreiz und Dankbarkeit in einem. Und weil er so ein Monster aus Gier und Eigensucht ist, hat sie ihn nicht verdient, ergo muss er, um sie zu schützen, sich – endlich – umbringen. Der Haken dabei: Er ist so mit seinen eigenen Maßstäben vernagelt, dass er verkennt, wie willkommen ihr seine Aufmerksamkeiten sind. Entjungfert zu werden, ist für sie das Schönste, was ihr passieren konnte! Seine Reaktion, der Suizid, ist also völlig unnötig und unangebracht: lächerlich. Aber es ist ein ausnehmend schön inszenierter Selbstmord, was ihm wiederum Punkte bei Lady Christia einbringt. Christia, Werther und Catherine können letzten Endes alle zufrieden sein. Aber das darf keiner sagen…

6) Ronald M. Hahn: Mittwochabend, zu Gast bei den Normalen (1982)

Bernie und Madge Bumblebee leben in einem Hochhaus in New York City. Er arbeitet als Inspektor der Wohlfahrtsbehörde und fahndet ständig nach denjenigen, die die Wohltaten seiner Behörde missbrauchen. Deshalb ist seine Lieblingssendung im Fernsehen auch „Die Arbeitsscheuen“. Doch irgendetwas stimmt mit der Flimmerkiste heute nicht. Nach einem Ausfall zeigt der Staatssender einen Film, in dem junge, nackte Hippies sich auf einer Grünfläche ficken. „Das muss ein Science-Fiction-Film sein!“ ruft Bernie sowohl empört als auch hoffnungsfroh. „So soll die Zukunft aussehen.“

Madge weiß es besser. Zwar ist sie auch empört über die Nackten, die in diesem – was? „Arschief-Film“ zu sehen sind, doch sie hofft auf die Sendung, die darauf folgt: „Die schwarze Lola und ihr heulendes Todeskommando“. Lola Lawrence führt die holden Maiden ihres Kommandos an, um die letzten Widerstandsnester auszumerzen. Da, schon wieder ein Hüttendorf der flüchtigen Hippies! Lola wirft eine Handgranate und grinst bei deren Explosion.

Diese Bilder bringen Bernie so richtig auf Touren und er fummelt an seinem Gürtel, um sich die Hose herunterzureißen. Madge kennt das schon und hat sich in Schale geschmissen: schwarzes Negligé, schwarzer BH, darüber nur ihr Morgenmantel, der an strategisch wichtigen Stellen auseinanderklafft. Auch dies bringt ihren braven Bernie so richtig Fahrt, so dass sie gleich zur Tat schreiten können. Der Säureregen schlägt an die Doppelscheiben ihres Eindreiviertel-Apartments…

Mein Eindruck

Die verrückten halten sich für die Normalen, denn sie entsprechen voll und ganz der Propaganda des Staatsfernsehens, das den Wohlfahrtsstaat zum Utopia erklärt hat. Natürlich dürfen Schmarotzer wie diese „Hippies“ nicht an der Zitze der Wohlfahrt saugen, das wäre ja Missbrauch. Die Propaganda verzerrt, dass es schon einmal ein Utopia gegeben hat, das sich die Hippies einst selbst geschaffen hatten, etwa in Christiania, Kopenhagen. Dieses Utopia gilt heute als des Teufels eigene Zone.

Der satirische Text strotzt zwar nur so vor Druckfehlern, doch ist (noch) erkennbar, dass es sich um ein Psychogramm handelt, das der Warnung des Lesepublikums dient: 1982 war gerade die CDU-Regierung Helmut Kohls wieder an die Macht gekommen und begann, mit zahlreichen Freiheiten aufzuräumen, so etwa mit dem Wohlfahrtsstaat…

7) Joe Stevens: Das Elefantending (1982, © by David Gerrold)

Nicht Gregor Samsa, sondern Roscoe Entwiller erwacht aus unruhigen Träumen. Neben ihm schlummert noch seine Freundin Zuckerplätzchen. Etwas stimmt nicht mit seinem Gemächt: Es hat sich in einen Elefantenkopf samt Rüssel und Stoßzähnen verwandelt. Sein gewohnter Freund Einauge hingegen liegt leblos auf dem Boden. Sein Nabel hat das Singen und Lachen erlernt. Er bevorzugt Rock n Roll Songs aus den fünfziger Jahren, beherrscht aber auch Bob Dylan. Dies kann nur ein Traum sein, sagt sich Roscoe.

Sobald Zuckerplätzchen ertastet und erblickt hat, was sich an ihrem Freund verändert hat, nimmt sie Reißaus, denn schließlich ist alles ja seine Schuld, oder? In Panik hastet Roscoe in seinen Vorgarten, wo ihn die Kirchgänger des Sonntagmorgens erblicken. Mehrere brave Bürger fallen in Ohnmacht, der Rest ruft die Polizei, wieder andere fordern ihn auf, ein Halleluja anzustimmen. Und um Vergebung zu flehen.

Ein Stündchen im Park beruhigt seine Nerven. Doch als er zurückkehrt, sind Polizei, TV und eine Menschenmenge, halb so groß wie beim Woodstock-Festival, vor seinem Haus versammelt. Roscoe schlägt sich auf Schleichwegen in sein einst so trautes Heim durch. Ein Impresario will ihn in seiner Freak Show haben, doch Roscoe lehnt ab. Er muss sich wohl oder übel mit seinem musikalischen Nabel und dem neuen Gemächt abfinden…

Mein Eindruck

Diese witzige Satire dient nicht nur der Verulkung der Penis-Verehrung, die in manchen patriarchalischen Kreisen noch obligatorisch ist, sondern wirft auch einen Blick zurück auf kulturell längst vergangene Tage: auf den Rock n Roll der fünfziger Jahre, auf den frühen Bob Dylan um 1965/66 („Subterranean Homesick Blues“, „Tom Thumb’s Blues“) und andere Stars.

Das macht den Text nicht nur zu einer erotischen Satire, sondern auch zu einer nostalgischen Rückblende, wie er eher einem Hippie der Spätsechziger zuzuschreiben ist. Und das wäre genau die Kragenweite von Copyrightnehmer David Gerrold, dem Erfinder der Tribbles in „Star Trek“, sondern auch so aufmüpfiger Romane wie „Unter dem Mondstern“ (dt. bei Knaur SF).

8) Horst Pukallus: Den Sternen so nah (1982)

Anno 2354 haben die Brasiliado-Tyrannen die Kolonie auf Tausendwasser gegründet, nachdem sie mit den einheimischen R’chomo-Aliens einen entsprechenden Vertrag ausgehandelt hatten. Nun suchen sie Kolonisten, und es kommen etwa 10 Millionen. Um noch weiter zu gehen, wollen die Wissenschaftler des Tyrannen ein Experiment wagen: die Kopulation mit einem der knuddeligen Aliens. Zunächst gibt es etwa 2200 Freiwillige, doch die meisten springen ab, als die Medien und Kirchen davon Wind kriegen.

Nur zwei bleiben bei der Stange, wovon der männliche Kandidaten dann doch einen Rückzieher macht. Bleibt also noch Clarissa Middleburgh als aufopferungsvolle Mitwirkende. Dies ist ihre Geschichte, und ihre Biografie zu schreiben war schon längst überfällig, nachdem sie 2365 so harsch aus dem Leben gerissen worden, findet Verfasser dieses literarischen Aufsatzes. Frisch erlangte Pressefreiheit, die nach Sturz des Tyrannen gewährt worden ist, macht es möglich.

Beim Experiment läuft zunächst alles gut und Clarissa empfindet den Beischlaf mit einem riesigen Teddybären alles andere als unangenehm. Der Katzenjammer kommt erst nach ihrer Rückkehr zur Erde. Statt ihre Vortragsreise wie geplant ausführen zu können, muss sie sich in ihrem Hotelzimmer verschanzen. Doch die Präsenz eines engagierten Privatdetektivs als Leibwächter reicht nicht aus, ihr Leben zu schützen, denn der abgehalfterte Säufer ist eingeschlafen, als ihr Killer den Fahrstuhl zu ihrer Etage besteigt…

Mein Eindruck

Der pseudowissenschaftliche, aber täuschend echt wirkende Text wirkt wie eine Mischung aus John Brunner (dessen Werke der Autor übersetzt), Jack Vance, James Tiptree jr. alias Alice Sheldon und Chad Oliver, dem Anthropologen unter den SF-Autoren. Zwischen diesen Vorbildern laviert sich Pukallus hindurch und findet tatsächlich einen eigenen Stil: den des hochwissenschaffentlichen Essays inklusive Weltbeschreibung von Tausendwasser, der zu einer Neubewertung von Clarissa Middleburghs angeblich so perversem Akt der Liebe aufruft. Von Schlüpfrigkeit und Voyeurismus ist daher keine Spur zu finden.

9) Thomas M. Disch: Küss mich nicht, quäle mich! (Planet of the Rapes, 1977)

Es ist an der Zeit, dass Colly endlich vergewaltigt wird. Sie ist immerhin schon fast 17 zarte Lenze als, findet Mama Joey, und wenn sie im Utopia der Frauen ein Wahlrecht im Rat erhalten will, braucht sie eine Vergewaltigung. Nicht dass eine Begegnung mit den bekanntermaßen hässlichen Männern sonderlich erstrebenswert wäre, aber was sein muss, muss eben sein. Also ab mit Colly – ihr Name ist die Kurzform von Oecologia – zur Vergnügungsinsel auf dem Uraltplaneten Erde. Mama Joey schärft ihr ein, die Amnesiepille rechtzeitig zu schlucken, damit sie diese potentiell traumatische Erfahrung binnen 24 Stunden wieder vergessen kann. Diesen Rat schlägt Colly in den Wind, was fatale Folgen nach sich zieht.

Als sie auf der irdischen Vergnügungsinsel mithilfe eines Sprunganzugs – Schiffe gehören alle dem Militär – eintrifft, wird sie von einem Kerl mit stählernem Helm in Empfang genommen. Mit einem spitzen Schrei fällt sie in Ohnmacht. Es ist nur der Kostümbildner und Kosmetiker. Als sie wieder erwacht, entkleidet er sie, steckt sie in ein viktorianisches Korsett, malt ihre Brüste blau an und versieht die Nippel mit Klimbim. Voilà, eine erstklassige Polly! Auf einer sich drehenden Plattform bietet sich Colly mit verbundenen Augen dem Mannsvolk an. Wer wird sie auswählen?

Hardscrabble

Leutnant J73 Hardscrabble erhält den Befehl, per Sprunganzug zur Vergnügungsinsel auf der Erde zu reisen und dort seinen Dienst als Vergewaltiger zu versehen. Schon als Teenager ist er auf Polly-Puppen geprägt worden, und nach eifrigem Training schafft er es mittlerweile, eine Polly binnen zwei Minuten zu benutzen. Das erscheint nicht nur ihm rekordverdächtig, sondern auch allen seinen Kameraden. Die stehen aber mehr auf die Afrikanische Königin und andere Puppen.

J73 ist von der Erde nicht begeistert. Dieser abgewrackte Planet gehört dringend terraformiert! Doch auf Pleasure Island erblickt er endlich eine Polly – sie erscheint ihm wie eine Göttin. Er braucht nur ihre Brüste in die Hand zu nehmen und in ihre roten Lippen zu beißen, da kommt es ihm schon. Er schleppt sie mit ins Schweinesuhlen-Sheraton-Hotel, wo er sie drei Tage und Nächte lang liebt. Ein wertvoller Ratgeber ist ihm dabei das Handbuch „Kriegerische Liebe“.

Er ist so verliebt in seine Polly, dass er ihr sogar erlaubt, die Augenbinde abzunehmen und die langen Handschuhe zu entfernen. Sie verlangt etwas zu essen, aber er hat ihr nur Pillen anzubieten. Ein Monat vergeht, in dem sie bis über beide Ohren verliebt Geheimnisse austauschen. Am Tag vor dem Abschied saugt er an ihrem Ohr und etwas flutscht heraus in seinen Mund. Nun, ein harter Krieger hat nichts gegen ein wenig Ohrenschmalz. Er schluckt das Zeug runter. 24 Stunden später hat er vergessen, welche militärischen Geheimnisse er ihr verraten hat.

Colly jedoch nicht. Sie ergattert einen Termin bei der Aufseherin ihres Planeten und erzählt, dass sie nicht nur vier Wochen lang auf höchst befriedigende Weise vergewaltigt worden sei, sondern auch das größte Geheimnis der Krieger erfahren habe. Dass sie ihre Pille nicht genommen hat, sorgt schon mal für hochgezogene Augenbrauen, aber auch noch das Geheimnis der Hyperbolaner? Das geht wirklich zu weit. Die Aufseherin sorgt dafür, dass Colly eine Hypnotherapiekur erhält und wieder nach Pleasure Island zurückgeschickt wird – für eine unbegrenzte Dienstzeit…

Mein Eindruck

Dies ist die Langfassung der Erzählung, und das wirkt sich extrem positiv im Vergleich zur wesentlich kürzeren Magazinfassung aus, die ca. 1977 in der Londoner Ausgabe des Herrenmagazins PENTHOUSE abgedruckt wurde***. Endlich lernt der Leser dieser Satire den gesamten gesellschaftlichen Hintergrund des Universums kennen, in dem Lt. J73 Hardscrabble und Colly einander begegnen können.

Worin besteht das Geheimnis der Hyperbolaner, mag sich der Leser nun fragen. Die Aliens, gegen die die Weltraummarine angeblich kämpft, gibt es schon lange nicht mehr. Das macht die Existenz und den Einsatz der Marine wenig sinnvoll. Aber die Hyperbolaner haben ihr Werk bereits verrichtet: die aus der Heimat gewohnte Aufteilung in dauergeile Krieger und zu vergewaltigende Frauen.

Bestürzt hat Colly erfahren, dass die aktuelle Geschlechtertrennung vor Jahrhunderten von den Aliens eingeführt worden war, weil diese die Fähigkeit besitzen, sich per Mimikry als Menschen auszugeben, mal als Frau, mal als Mann. Aber vor dieser Zeit lebten Mann und Frau – ketzerischer Gedanke! – vertraut zusammen. Colly wünscht sich, dass es wieder so sein könnte. Aber es soll nicht sein, denn dreimal darf man raten, was die Aufseherin ist…

Dieses Szenario hat also rein gar nichts mit John Normans Wunscherfüllungsmaschine namens Gor zu tun, wie eine Leserin es dem Autor Disch ca. 1977 vorgeworfen hat – in seinem Vorwort geht er darauf ein.

***: Diese Magazinfassung findet der SF-Sammler in dem Disch-Erzählband „Der Mann ohne jede Idee“, der bei Heyne unter der Reihennummer 06/4828 anno 1991 erschien.

10) Jon Stopa: Teddy Power (Kiddy Lib, © Thomas M. Disch )

Eigentlich ist Teddy Bear ein Dirty Old Man (DOM), der gerne mit Kindern wie der süßen Ginny-O spielt. Allerdings wird er bei einer zünftigen Party von den Cops festgenommen und in der grünen Minna vor den finsteren Richter Pollyester gekarrt, der keineswegs auf DOMs steht. Er sei nur in seinem Teddybär-Kostüm aufgetreten, verteidigt sich Teddy und dagegen weiß der Richter nichts zu entgegnen, denn draußen randalieren Teddys junge Teeny-Anhänger: Teddy ist ein Medienstar des Fühl-TV, bei dem Emotionen elektromagnetisch eingefangen und übertragen werden.

Die Sache bringt Teddy jedoch auf eine Idee. Erstens gründet er seine eigene Partei DOMpa. Seine jungen Anhänger sind sofort dabei. Der zweite Faktor ist die Kaelson-Therapie, die es Personen erlaubt, bestimmte Partien der eigenen Anatomie gezielt zu verändern. Bei einer Übertragung auf Luna entdeckt Teddy, was die Teenies frustriert: Richter Pollyester hat ihnen nicht nur pornografische Comics, sondern auch Gewalt-Pornos verboten! Teddy solidarisiert sich sofort mit ihnen. Zusammen zetteln sie die Revolution an. Sie beginnt in einem Vorort von Chicago, wo sich nackte Teenager zusammenrotten. Als die Bullen aufkreuzen, gelingt es Teddy, in einen Gully zu springen und durch die Kanalisation zu entkommen.

Das revolutionäre Geschehen kulminiert im Marsch auf Washington, D.C. auf allen vier Seiten. Doch was ist das?! Richter Pollyester stakst über die Stadt wie weiland Godzilla! Die Revoluzzer nehmen in Panik Reißaus. Es ist doch nur eine Projektion, ruft Teddy, vergeblich. Da fällt ihm ein, dass er ja das gleiche für sich selbst tun kann. Während Ginny-Os Rebellentruppe das Weiße Haus stürmt, kommt es zu einem Godzilla-mäßigen Duell der Giganten über der Hauptstadt…

Mein Eindruck

In dieser Story lässt der Copyrightnehmer Disch (s.o.) den Medienstar der jugendlichen Massen auf die puritanische Justiz prallen, um das Recht auf erotische und sexuelle Betätigung zu verteidigen. Beide Seiten verfügen über neuartige Waffen. Teddy kann auf seiner Seite das Fühl-TV einsetzen, dass Emotionen des Publikums einfängt und verstärkt, so dass ein Rückkopplungseffekt entsteht.

Richter Pollyester steht hingegen alleine, also muss er sich größer machen, als die Realität erlaubt. Er bläst sich selbst zu einem monstermäßigen Hologramm auf, um die Zuschauer sowie die Revoluzzer auf den Straßen der Hauptstadt einzuschüchtern. Der Trick ist indes nur für Teddy leicht zu durchschauen, was nicht so plausibel erscheint: Man muss wohl ein gewiefter Manipulator der Massen sein.

11) Brian W. Aldiss: Lambeth Blossom (1967)

London, im Jahre 1301 weltweiter Güte. An einem Abend verabschiedet sich der Staatsanwalt Lob Inson Mik von seinem Vorgesetzter und begibt sich in den Feierabendverkehr, um die Wohnung seiner Familie zu erreichen. Auf riesigen Bildwänden zeigen die Nachrichten die Landung der glorreichen chinesischen Truppen in Nordafrika, den Afrika hat die „Befreiung“ dringend nötig. In der Zuschauermenge erblickt Mik eine junge Frau, die nicht die Leinwand, sondern ihn anschaut. Es muss sich um eine Prostituierte handeln. Er spricht sie an, und sie verrät ihm ihren Namen: Lambeth Blossom. Offensichtlich ist die magere Kleine vom Lande, ein Bauernmädchen. Er nimmt sie mit, allerdings nicht im Männerabteil der U-Bahn. Über Bezahlung sprechen sie nicht.

Zu Hause stellt er die Prostituierte seiner Frau Lu, seinem Sohn Pier und seinem Schwager Claw Fod Jon vor. Sie sind erfreut, dass Lambeth für etwas Unterhaltung im Schlafzimmer sorgen will. Nach dem Abendessen ist es soweit, dass sie ihren Dienst antritt. Sie hat behauptet, sie beherrsche die Stellung „Wilde weiße Stute“, denn sie habe mehrere Disziplinen gelernt, darunter Positionstherapie. Mik kann feststellen, dass sie nicht gelogen hat. Seine Frau bringt frisches Sorbet, damit er sich erfrischen kann, und der kleine Piter schaut zu, wie die Wilde Weiße Stute ausgeführt wird.

Nach erfüllter Aufgabe darf sich Lambeth Blossom ausruhen und erfrischen. Sie liebt es, am offenen Fenster zu stehen. Aber was sie über die Zustände unter den eroberten britischen Bauern erzählt, deckt sich nicht im geringsten mit der Propaganda, für die Claw Fod Jon zuständig ist. Das bedeutet, dass das Mädchen nicht linientreu und eine potentielle Aufwieglerin ist. Sie müssen sie der Geheimpolizei melden. Angesichts der Aussicht, gefoltert und ermordet zu werden, stürzt sich das Mädchen lieber aus dem offenen Fenster…

Mein Eindruck

Die britischen Leser dürften sich 1967 die Augen gerieben haben, als sie ein London gezeigt bekamen, das von Chinesen erobert wurde und vollständig von Chinesen ausgebeutet wird. Zur Ausbeutung gehört auch die kostenlose Nutzung der Liebesdienste der einheimischen Frauen. Die ständige stillschweigende Bedrohung durch die chinesische Geheimpolizei, eine Art Gestapo, sorgt dafür, dass die Eroberten kuschen. Aber es sorgt auch dafür, dass die konkrete Drohung, diese Gestapo zu benachrichtigen, zum Selbstmord führt.

Der Sex mit der jungen Engländerin, wenn man sie so nennen will, ist alles andere als intim. Diese entspannende Freizeitaktivität wird mehrfach unterbrochen, mal durch die Ehefrau, den Sohnemann, mal durch den Schwager. Erstaunlich, dass die beiden Aktiven dennoch an ihr Ziel gelangen. Das heißt, dass nur das Vergnügen des mächtigen Mannes zählt, keineswegs das der Prostituierten. Die grotesken Züge der Interaktion werden todernst beschrieben, als wären sie völlig normal. Aber ebenso auch der Freitod des Mädchens.

Nur am Rande scheint in ihrem Bericht des Landlebens auf, was der Autor wirklich sagen will: Er prangert die gleichen Zustände an, wie sie die Briten in ihrem Kolonialreich praktizieren oder herbeigeführt haben, so etwa in Indien/Pakistan/Burma (wo der Autor selbst als Soldat kämpfte), Britisch-Afrika (Nigeria, Kenia usw.) oder in Australien (bei den Aborigines). Sicherlich herrschten in Französisch-Indochina ähnliche Zustände, und in den japanisch besetzten Gebieten Chinas ab 1937 ebenfalls.

Mit ihrer politischen Anklage bildet diese kurze Story einen der Höhepunkte dieses Bandes.

Hinweis

Der Londoner Lambeth Palace, auf dem Südufer der Themse gelegen, war einst der Sitz des Erzbischofs – als es noch Erzbischöfe in London gab. Der einzige übriggebliebene Erzbischof ist meines Wissens der von Canterbury. Dieser geistliche Hintergrund sorgt in Kombination mit der titelgebenden „Blüte“ für einen pikanten Kontrast.

12) John Sladek: Roboter-Romanze (Machine Screw, 1975)

Professor Varren hat einen neuartigen Roboter konstruiert: Menschliche Hormone lassen sich in ihm mit Motorenöl kombinieren. Sein Assi Brown weigert sich, an solch einem perversen Experiment teilzunehmen und warnt seine Tochter Margot Brown und deren Freund Jim Latimer vor den möglichen Folgen eines drei Meter hohen Blechkumpels, der auf Autos abfährt. In der Nacht darauf klafft in Prof. Varrens Labor eine gewaltige Mauerlücke. Projekt Alpha, kurz Alf genannt, ist los.

Da der Sheriff ratlos ist, weil Varren schweigt und Mr. Brown nicht angehört wird, ruft er die Armee zu Hilfe. General Steeg führt das Kommando. Er lässt nach einem großen Roboter fahnden und warnt alle Autobesitzer. Zu spät! Berichte gehen bei den Sender ein, wonach der Roboter an einer Tankstelle einen Abschleppwagen vergewaltigt habe und sich dann mit 100 Litern Superbenzin volllaufen ließ – oder umgekehrt. Selbst 87-jährige Museumsautos sind nicht vor dem Ungetüm sicher. Selbst hartgesottene Soldaten finden das ekelerregend.

Doch Alf hat eine Schwäche, die Dr. Brown kurz vor seiner Ermordung durch Prof. Varren mitteilen konnte. Daher haben Jim und Margot ein Gegenprojekt gestartet: Omega, kurz „Meg“ genannt. Es ist eine Lola auf zwei Beinen, und sie sehnt sich nach einem starken Kerl aus Stahl. Auf einer Hängebrücke finden die beiden durch Jims und Margots Hilfe zu einander. Alf hat endlich seine Traumfrau gefunden und fällt lautstark über sie her, dass das Motorenöl in alle Richtungen spritzt. Inspiriert von diesem erregenden Anblick tun es ihnen Jim und Margot gleich.

Derartig viel Dynamik tut der alten Hängebrücke gar nicht gut: Sie bricht zusammen. Doch bevor Alf in der Tiefe versinkt, zündet Meg ihren Düsenantrieb und startet zu den Sternen. Jim schwant Schlimmes: „Was, wenn Meg schwanger ist? Wir müssen die Sterne beobachten!“ Doch Margot steht der Sinn ebenfalls nach Schwangerschaft, und sie fällt über Jim her…

Mein Eindruck

Solche sexy Roboter hat man bis dato selten gesehen! Dass sie sofort als Gefahr für die öffentliche Ordnung wegen Erregung öffentlicher Erregung wahrgenommen werden, verwundert nicht. In den prüden Yankee-Staaten wird sofort die Armee aufgefahren oder die Nationalgarde einberufen. Sehr hübsch ist die Parallele zwischen der Kopulation zwischen den Robotern und der zwischen Jim und Margot, den beiden Erfindern.

„Watch the skies!“ lautet hier wie im Kalten Weltkrieg die Parole, die vor der Gefahr aus der Atmosphäre warnt. Insofern zielt diese flotte, sexy Satire auf die von der US-Regierung geschürte Paranoia ab, die letzten Endes auch die Hippies und andere Rebellen zu spüren bekamen. Schon ab 1969 wurde die Gegenkultur von Leuten wie Gouverneur Reagan in Kalifornien systematisch bekämpft, da seine Republikaner nicht innovative Denker wollten, sondern gehorsame Soldaten und dumpfe Arbeiter.

Der Name „Varren“ ist übrigens die eingedeutschte Version von „Warren“ – die Deutschen, so das tradierte Vorurteil in allen Karikaturen, konnten kein amerikanisches W aussprechen. Warum überhaupt Deutsche, mag man sich fragen. Weil die US-Streitkräfte und Geheimdienste (OSS usw.) nach dem Ende von Weltkrieg II systematisch deutsche Wissenschaftler rekrutierten, um die eigenen Wissenschafts- und Militärprogramme voranzutreiben, so etwa mit Wernher von Braun.

An einer Stelle wird ein Pornofilm mit dem Titel „Uhrwerk Orgie“ erwähnt. Das ist eine Verballhornung des Kubrick-Films „Uhrwerk Orange“, der Anfang der siebziger Jahre nicht nur unter der Avantgarde für Aufregung sorgte: Stanley Kubrick sammelte nach massiven Protesten alle Kopien aus den britischen Kinos wieder ein, um einer Klage vorzubeugen. Roboter Alf wundert sich, dass in dem ganzen Film kein einziges Uhrwerk vorkommt…

13) Manuel van Loggem: Stammväter, Brutmütter

In der Zukunft wird jede Paarung genau nach optimaler Qualität von Samenspende und Brutmutter zugeteilt. Die Stammbuchväter, so die hypnotisch verbreitete Propaganda, hätten dem wilden Herumpaaren der Antike ein Ende bereitet und damit auch der Aggression und Missbildung sowie der Entstehung von Schwachen und Schwachsinnigen. Schon in der Kindheit assoziieren die Schüler der Volksgesundheitsorganisation daher, dass sinnliche Erregung mit Schmerz verbunden sei.

Deshalb ist es völlig ungefährlich, denkt Breero, als er das Stadion für den Sex-Wettkampf betritt, dass die ausgelosten Paare auf dem Rasen vor hunderttausend Zuschauern kopulieren. Es gibt mehrere Disziplinen, die streng von Schiedsrichtern überwacht werden, denn schließlich ist dieser Sport eine ernste Angelegenheit – die Stammbuchväter selbst haben sie organisiert, und die wissen alles am besten.

Die nette junge Frau mit dem großen Busen, die neben ihm im Stadion sitzt, lächelt Breero immerfort zu und bereitet ihm Unbehagen. Denn dass er sie begehrt, lässt ihn den ankonditionierten Schmerz fürchten. Er hat auch den Verdacht, dass er nicht ganz der Norm entspricht, weil er „wilde“ Träume erlebt. Als er sie nach ihrer Stammbuchnummer fragt, sagt sie, sie habe keine. O Gott, sie ist eine Wilde! Als sie ihn fragt, ob er seine Brutmutter gekannt habe, verneint er, doch seine Träume waren anders. Er ist auch ein Wilder.

Zusammen verlassen sie das Stadion. Es sind auffällig viele Polizisten auf der Straße. Sie lockt ihn in das Areal der Stadt, in dem sich die Wilden versteckt halten, doch schon fahren die Cops mit der grünen Minna vor, und es gelingt ihnen, zumindest Breero einzusacken. In der Zentrale wird er einer Prüfung seiner sexuellen Einstellung unterzogen. In letzter Sekunde kann er seine sexuellen Impulse unter Kontrolle bringen, so dass sie ihn entlassen.

Er trifft das Mädchen wieder, das ihn zur Zentrale der Gegenseite führt. Die Wilden haben die Außenbezirke der Hauptstadt erobert. Ihr Anführer ruft zum Angriff auf, um Rache zu nehmen. Weil Breero und das Mädchen regierungskonform angezogen sind, werden sie zu den ersten Opfern des Angriffs…

Mein Eindruck

Richter Pollyester hat in dieser Gesellschaft auf ganzer Linie gewonnen und eine Gesellschaft nach seinen puritanischen Richtlinien geschaffen: sexuelle Planung für alle. Die Wilden, also wir, sind ausgegrenzt, aber längst nicht ausgerottet. Sie gehen zum Gegenangriff über. Doch wie es in der Regel bei allen Revolutionen läuft, geraten die Kollaborateure der einen Seite ins Visier der Gegenseite – und umgekehrt. Daher werden Breero und seine Freundin zwischen die Fronten: Sie haben vergessen, ihr Mäntelchen nach dem Wind zu hängen bzw. sich umzuziehen.

Der Höhepunkt der Story sind die Szenen im Stadion. Hier kommt die Satire voll zur Geltung: Sex als öffentlicher Leistungssport. Und wer zu wenig Leistung bringt, den führen die Schiedsrichter ab und disqualifizieren sie oder ihn. Für erotische Ästhetik à la PLAYBOY oder PENTHOUSE bleibt da jedenfalls keine Gelegenheit. Vielmehr verulkt der niederländische Autor den Normzwang dieser Herrenmagazine, die Mindestmaße an Brustumfang und Taille stellen. Lang leben die „Wilden“!

14) Barry N. Malzberg: Heiß und kalt (Ups and Downs)

Der Amerikaner Jules Fishman, 41, ist der erste Mann der Weltraumerforschungsbehörde, der zum Mars fliegen darf. Die Reise dauert zwei Monate plus zwei Wochen auf dem roten Planeten, doch die Maschinen haben alles unter Kontrolle, so dass Jules auf jeden Fall ankommen wird. „Wir legen größten Wert auf das Menschliche“, hat ihm Missionsleiter Oppenheim gesagt, und Chefpsychiater Franks bescheinigte ihm geistige Fitness. Dass Jules ledig ist, erweist sich stets als Vorteil: Seine Gedanken bleiben bei der Mission und nicht bei irgendwelche Angehörigen, um die er sich sorgen müsste.

Nur dass jetzt da diese Frau im Schiff auftaucht. Sie hat ihre weiblichen Rundungen alle an den richtigen Stellen und ist fürs Bumsen wie geschaffen. Was Jules auch weidlich auszunutzen weiß. Er dankt den unbekannten Büroangestellten, die ihm diese Frau an allen Kontrollen – insbesondere die des Fluggewichts – vorbei an Bord geschmuggelt haben müssen. Der Sex mit ihr ist herrlich, doch sie will nie sagen, wie sie heißt. Jules findet, dass dies das Mindeste ist, also, ihren Namen zu kennen. Sie weigert sich, denn nur auf den Sex komme es an, genau wie es die Instruktionen von draußen vorschreiben. Jules hört nicht zu. Und er kann auch nicht verstehen, was da in der Ausscheidungsröhre zu sehen ist, so ein drahtiges Knäuel…

Mein Eindruck

Diese Inner-Space-Story gaukelt Sex nur vor, aber in Wahrheit findet der Sex nur im Bewusstsein des Astronauten statt, der unser einziger Chronist ist. Die Frau ist nur seine Einbildung, was die Frage provoziert, aus welcher Quelle sein Gehirn stimuliert wird: Sind es die Computer der Missionskontrolle oder schon eine Lebensform auf dem Mars? Letzten Endes ist es einerlei. Und als Jules vom letzten gewaltigen Orgasmus erwacht, ahnt er, dass man ihn betrogen hat: Die kosmische Strahlung von der Sonne usw. hat seine Keimdrüsen zerstört, so dass er niemals Kinder haben kann – oder einen weiteren Orgasmus…

15) Bodo Baumann: Der Finger Gottes

Das Raumschiff Gäa fliegt im Sonnensystem in Richtung eines kleinen Zwergplaneten, den Apollon auf seiner Erkundungsreise entdeckt hat. Kapitän Zeus hat nichts dagegen, dass Apollon nochmals zusammen mit Hephi, dem Bordtechniker, und der namenlosen Chronistin dieses Gestirn genauer erkundet. Denn der Planet ist in vielfacher Hinsicht ziemlich ungewöhnlich, unter anderem weil er als einziger im Sonnensystem Leben trägt.

Während Apollon als Zweiter Offizier immer den großen Macker heraushängen lässt und unsere Chronistin damit ziemlich nervt, begibt sie sich auf Erkundungstour. Der optische Zerhacker macht alle drei unsichtbar, solange er mit genügend Energie versorgt wird. Apollon ist von den Essenssitten der Einheimischen abgestoßen und verkohlt einen von ihnen zu Asche. Unsere Chronistin stößt indessen auf Pärchen, die sich miteinander vergnügen. So etwas hat sie noch nie gesehen: eine Tülle, die aus einem Körper ragt, und in eine Öffnung in einem anderen Körper gesteckt. Zu welchem Zweck bloß?

Weil sie über die Fähigkeit des Gedankenlesens verfügt, kann sie die beiden belauschen. Es handelt sich um einen gewissen Prinzen Paris aus einem Ort namens Troja, dessen Tante nach Sparta entführt worden ist, und um eine Frau aus besagtem Sparta, die Paris als Helena anredet, Frau des Fürsten von Sparta, Menelaos, der gerade auf großer Fahrt ist. Die Lauscherin entdeckt, dass Paris und Helena Zwiegedanken hegen, das heißt, dass hinter dem, was sie sagen, etwas ganz anderes gedacht und gefühlt wird. Verblüfft stellt sie fest, dass sie es in Wahrheit mit vier Personen zu tun hat.

Sie kommt leider nicht dazu, ihre Entdeckung zu melden, weil nämlich Apollon schon wieder Mist gebaut hat: Die Landefähre ist deutlich zu sehen, weil ihre der Saft für die Tarnung ausgegangen ist. Und Apollon knallt die herbeigeeilten einheimischen Lebensformen einfach ab, statt Fragen zu beantworten: Er ist voll sichtbar, weil sein optischer Zerhacker versagt hat. Nun wird er als Gottheit verehrt, selber schuld. Seinen Berg nennt er Olympos. Er setzt ein Orakel ein, welches wiederum über Priester bestimmen soll. Und die frohe Botschaft von Apollons Ankunft soll von, äh, Denkern und Philosophen verbreitet werden. Alles klar? Na, dann bloß weg hier!

An Bord der Gäa spielt unsere listige Chronistin Mäuschen bei der großen Konferenz, die von Zeus einberufen worden ist. Zuerst macht er Apollon zur Schnecke, aber das hilft nicht viel. Der Götterkult verbreitet sich bereits in Windeseile. Als auch noch unsere Chronistin entdeckt wird und etwas Ungeheuerliches sagt, beginnt ein regelrechter Aufruhr. Es gibt nur einen milderndes Umstand, der für sie spricht: Aphrodite, wie sie genannt wird, ist nur ein Retortenbaby. Man kann von ihr keine Intelligenz verlangen, oder? Genau.

Als das Raumschiff durch einen Methangasorkan auf einem der Saturnmonde schwer in Bedrängnis gerät, purzelt Aphrodite in den Computerraum. Die Tür fällt hinter ihr zu und verriegelt sich selbst. Drei Informatikerinnen sind anwesend. Die Künstliche Intelligenz im Computer, die sich Kronos nennt, stellt die drei – wie Aphrodite findet, ziemlich hässlichen – Damen als „Moiren oder Parzen“ vor: Klotho, Lachesis und Atropos. Dann beginnt er, Aphrodite die wahre Geschichte des Universums, das Uranos geschaffen hat, zu erzählen.

Die Götter seien nur Roboter, sie aber, Aphrodite, sei in der Retorte als etwas, äh, anderes geschaffen worden. Was genau, ist wohl nicht ganz klar. Jedenfalls ist sie die einzige an Bord, die unter den Bewohnern des Zwergplaneten etwas entdeckt hat, das es nur unter ihresgleichen gebe: Sex und Liebe…

Mein Eindruck

Die Götter sind Roboter, die an Bord eines Raumschiffs auf die Erde gelangen und dort ihre Herrschaft etablieren. Insofern bietet die Novelle wenig Neues. Was zunächst nach einer Parodie klingt, wendet sich hin zu einer Revision des gesamten Mythos, den Homer zumindest kolportiert hat, nämlich jenes Schöpfungsmythos, der bei Uranos und Kronos beginnt und dann bei Zeus und seinen Mitgöttern endet.

Es geht in dieser Revision um den Stellenwert, den die sexuelle Fortpflanzung innerhalb der Schöpfung Kronos‘ einnimmt: Sie wurde herbeigesehnt. Und Aphrodite ist die Vollenderin. Die „Schaumgeborene“ ist nun ein Retortenbaby – wobei offenbleibt, von wem wohl ihre DNS stammt. Es war wohl Kronos, in Personalunion mit Prometheus. Die Menschen sind in ihrer permanenten Veränderlichkeit die Krone der Schöpfung, so Kronos, weil sie die Vorhersehbarkeit des Verhaltens, das die Programmierung den Göttern auferlegt, überwinden und daher für alle Wechselfälle flexibel reagieren können. Siehe Paris und Helena, die miteinander durchbrennen. Und sich selbst zu vervielfältigen, fand Kronos extrem öde und langweilig. Dieser erste Versuch ging voll daneben.

Der titelgebende „Finger Gottes“ ist ein wahrhaftig göttliches Teil: Es stammt von Kronos persönlich. In der Geschichte spricht die Chronistin stets von einer „Tülle“, wie man sie an einer Teekanne finden würde. Der Leser ist von Anfang dazu aufgerufen, solche Andeutungen und Missverständnisse selbst zu entschlüsseln. Auch die Tatsache, dass es bei der Chronistin um die Göttin der Liebe handeln könnte, muss aus den mageren Hinweisen abgeleitet werden. Wer seine Klassiker kennt, ist im Vorteil. Mit wem war Hephi alias Hephaistos vermählt? Der hässlichste aller Götter war mit der schönsten aller Göttinnen verbandelt.

Die Übersetzung

Die Übersetzungen von Michael Kubiak, Peter Robert und Birgit Borngässer mögen ja inhaltlich einwandfrei sein, doch ihre Textform ist es keineswegs. Von Buchstabendrehern über falsche Endungen bis hin zu fehlenden Wörtern – womöglich sogar fehlenden Zeilen – ist hier die ganze Fauna an Druckfehlersünden zu finden. Das macht das Lesen mitunter zu einer Übung in geistiger Akrobatik. Den absoluten Tiefpunkt bildet der Text von „Joe Stopa“ alias Thomas M. Disch über Teddy Power. Es vergeht keine Seite ohne mindestens ein oder zwei Druckfehler. Eine Liste der unzähligen Druckfehler würde den Leser lediglich langweilen, und daher verzichte ich darauf.

Nützlich könnten vielleicht folgende Hinweise sein.

S. 108: Hier fehlt eine ganze Zeile. Catherine lobt ihren Retter, Werther, und fährt dann im nächsten Absatz mit „Ach, darum! Fort, als hätte er ihr geantwortet. Hat er aber nicht, weil seine Dialogzeile fehlt. Ärgerlich!

S. 162: „ich begann, den dickhäutigen Aus[w]uchs näher zu untersuchen.“: Das W fehlt.

S. 1212: „Mantel der Munterschaft“ muss wohl besser „Mantel der Mutterschaft“ heißen.

S. 240: „vor einer Billion Zuschauer“: Es muss eine „Milliarde Zuschauer“ heißen. Ein Anfängerfehler.

S. 244: „Aber hinterher zu Hause [und] machen sie Liebe wie alle anderen auch.“ Das Wörtchen „und“ ist überflüssig.

S. 305: „abseits der unvorstellbar großen Maße im Stadion“: Gemeint ist eine Masse, d.h. eine Menschenmenge.

S. 314: „ein ausgebildetes Herr mit Soldaten“: Es handelt sich wohl um ein Heer.

S. 314: „dass Breeroo die aufkeimende Wehmut zurückdringen musste.“ Er musste sie „zurückdrängen“.

S. 321: „dass sie lediglich Konservation macht…“: Nein, sie macht stattdessen „Konversation“.

S. 325: „Doch da er der Sonne am [nächs]ten ist,…“ Die Silbe „nächs“ fehlt.

S. 349: „Dort… soll unser Computer [mit] seinen Spielsachen experimentiert haben.“ Das Wörtchen „mit“ fehlt.

S. 357: Der ganze Absatz bei „diesen“ ist um eine Zeile versetzt worden. Nur so kann der Text mit dem Ende der Seite abschließen. Nur so konnten „Hurenkinder“ und „Schusterjungen“ vermieden werden, also Zeilen, die einsam und allein am Ende oder Anfang einer Seite stehen. 40 Jahre später kümmern sich Textprogramme um dieses Problem.

S. 361: Apollon ist nicht „Dritter Offizier“, sondern Zweiter Offizier der Gäa.

S. 363: „…und die Sonne durch das zarte Gebilde seiner Flügel hindurchschmierte…“: Statt „hindurchschmierte“ muss es „hindurchschimmerte“ heißen, damit der Satz einen Sinn ergibt.

S. 389: „Und so viel die Tülle“ sollte korrekt „Und so fiel die Tülle…“ heißen.

Hinweis

S. 168: „Johnny ist im Keller, mixt die Medizin“ ist ein Zitat aus Bob Dylans Song „Subterranean Homesick Blues“ (ca. 1965).

Unterm Strich

Meines Wissens war diese Auswahl eine der ersten Anthologien, die sich mit Liebe, Sex und Erotik befassten. Es gab davor schon „Liebe 2000“ bei S. Fischer und danach „Sex im 21. Jahrhundert“ als Goldmann-Taschenbuch. Diese sind im Vergleich zu „Höhenflüge“ ziemlich harmlos, jedenfalls für den heutigen Leser. Auffallend ist, dass Sex und Erotik immer in einem sozialen, psychologischen und kulturellen Kontext eingebettet sind, also niemals voyeuristische Begierden bedienen oder Selbstzweck sind. Einen Pseudo-Lexikoneintrag wie „Den Sternen so nah“ muss man zweimal lesen, um hinter den Formeln zu verstehen, worum es geht. Der Autor Pukallus hat sich darin selbst verewigt. Und Manuel van Loggems Story funktioniert nur in einem Staat, der eine bestimmte Form von Sex unter Strafe gestellt hat: die private Romanze.

In „Mittwochabend bei den Normalen“ erweist sich Sex als psychopathologisches Phänomen. Die Bürger der Zukunft geilen sich erst mit Gewaltpornos auf, um dann für eine ziemlich schräge Nummer bereit zu sein. Ebenso kritisch könnte man „Das Elefantending“ auffassen, und erst recht „Küss mich nicht, quäle mich!“ (Planet of the Rapes). Dass die von Disch beschriebene Vergewaltigungskultur den Aliens in die Schuhe geschoben wird, funktioniert zwar im Kontext der Story, wirkt aber außerhalb davon wie eine billige Ausrede.

Wesentlich humorvoll gehen andere kompetente Sache an. Als erstes fällt mir „Der Finger Gottes“ von Bodo Baumann ein, in dem der antike Schöpfungsmythos ebenso revidiert wird wie auch die Sache zwischen Paris und der schönen Helena. Der Autor ist der geborene Satiriker, hat aber auch eine ernste Botschaft mitzugeben: Er erklärt, warum zweigeschlechtliche Fortpflanzung viel besser ist als etwa Jungfernzeugung, Cloning oder gar simples Kopieren. Ebenfalls eine Robotergeschichte ist John Sladek herrliche Satire „Roboter-Romanze“.

In Brian W. Aldiss‘ Geschichte „Lambeth Blossom“ wird der erstaunte Leser mit einem alternativen geschichtsverlauf konfrontiert, in dem die Chinesen das Britische Imperium erobert haben und nun genau das tun, was die Briten den unterworfenen Kolonialvölkern angetan haben: Ausbeutung in jeder denkbaren Form, also auch in sexueller Hinsicht. Das titelgebende Mädchen bekommt weder Achtung und Diskretion noch irgendeine Art von Bezahlung. Ganz im Gegenteil: Man droht ihr mit der Gestapo, und sie zieht die Konsequenzen.

Der vergnüglichste Text ist für mich der von Michael Moorcock. Werther von Goethe ist eine Figur aus dem Romanzyklus „Dancers at the End of Time“. Mit Jherek Carnelian taucht eine Variante des ewigen Agenten „Jerry Cornelius“ am Rande auf. Die Geschichte ist wieder mal eine Sittenkomödie. Wie leicht könnte sie in eine Tragödie kippen, eine Agentenstory, einen Familienkrimi, eine Rachestory. Moorcock erzählt viel eleganter, mit einer Mischung aus Erotik, Weltschmerz und Boshaftigkeit. Dass Catherine aus einer Werkshalle stammt und von einem Magier wie Werther geliebt wird, macht die Liebe der beiden zu einer klassenüberschreitenden Tabubrecher-Romanze.

Auffallend ist, dass es keinen einzigen weiblichen Autor in dieser Auswahl gibt. War Sex also bis 1982 reine Männersache oder dies die einzige vorstellbare Zielgruppe? Na, wenigstens haben es vier deutsche Autoren und ein Niederländer in die Auswahl geschafft. Was aber bedeutet, dass die Übermacht aus dem angelsächsischen Sprachraum stammt.

Hinweis

Die Fortsetzung trägt den Titel „Kontakte“ und erschien ebenfalls bei Bastei-Lübbe. Der große Bonus dieser Ausgabe ist der Teil mit farbigen Hochglanzillustrationen.

Taschenbuch: 394 Seiten.
Info: Originalausgabe, 1982;
Aus dem Englischen und Niederländischen übersetzt von Michael Kubiak, Peter Robert und Birgit Borngässer, illustriert von Florian Meichsner.
ISBN-13: 9783404220441

www.luebbe.de

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