Allan & Barbara Pease – Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken

Von Beutejägern und Nesthüterinnen: Info und Ratgeber

„Wenn Sie sich je gefragt haben, warum Frauen so viel reden, Männer aber lieber schweigen, warum Männer immer Sex wollen, Frauen aber lieber kuscheln – in diesem Buch finden Sie endlich eine einleuchtende Antwort. A. und B. Pease erklären wissenschaftlich fundiert die Unterschiede zwischen Mann und Frau. Sie erkunden, warum sie unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, sich in vielen Situationen völlig unterschiedlich verhalten, anders denken und fühlen. Zugleich geben die Autoren praktische Tipps, wie man am besten mit diesen unterschieden umgehen sollte, damit ein harmonisches Zusammenleben der Geschlechter möglich ist.“ (gekürzte Verlagsinfo)

Die Autoren

Die Australier Allan & Barbara Pease gehören laut Verlag zu den führenden Kommunikationstrainern weltweit. Sie haben bereits mehrere Bücher zum Thema „Körpersprache“ geschrieben, die zu Bestsellern wurden. Weltweit halten sie Seminare ab.

Vorbemerkung

Alle Angaben über „weiblich“, „männlich“ sind Verallgemeinerungen sowie Prozentangaben lediglich Durchschnittswerte. Es gibt praktisch immer Ausnahmen. Der Anteil der Ausnahmen vom „Standard“ kann – etwa bei Homosexualität – zehn bis 20 Prozent erreichen!

Inhalte

50 bis 70 Prozent aller neuen Beziehungen in den westlichen Ländern scheitern binnen der ersten sechs Monate. Das ist eine erschreckend hohe Zahl, die einen Grund haben muss: Disharmonie und falsche Erwartungen. Aber diese haben tiefere Ursachen, über die kaum ein „politisch korrekt“ denkender Erwachsener sich auszusprechen traut. Der Grund ist einfach: Zu behaupten, dass Frau und Mann nicht „gleich“ sind, wird gleichgesetzt mit der Behauptung, dass sie auch nicht „gleichwertig“ seien. Dieser fundamentale Irrtum verhindert zugleich die Auseinandersetzung über ein offensichtlich fundamentales Problem der westlichen Gesellschaften.

Die beiden Autoren anerkennen, dass Frauen und Männer zahlreiche angeborene Unterschiede aufweisen, ohne jedoch eine Wertung vorzunehmen. Der Weg zu größerer Harmonie zwischen den Geschlechtern führt für sie zu einem Verständnis dieser angeborenen Unterschiede, ihrer Anerkennung und ihrer Integration in eigenes Denken, Werten und Verhalten. Gegenseitiges Verstehen der Unterschiede, die uns die Evolution mitgegeben hat und denen wir rein gar nichts ändern können, ist die Voraussetzung für eine gegenseitige Akzeptanz.

Bis zu den siebziger und sogar achtziger Jahren dachten die Verhaltensforscher, dass Babys als tabula rasa auf die Welt kämen und alle Verhaltensmuster von ihrer Umwelt per Prägung erlernen würden. Durch wissenschaftliche Untersuchungen in den achtziger und neunziger Jahren, nicht zuletzt durch die Autoren, stellt sich das Bild umgekehrt dar: Männlein und Weiblein sind durch die Gene, die die Hormone steuern, derart geprägt, dass nur ein geringer Prozentsatz von Verhaltensweisen auf soziale Prägung zurückzuführen ist. Geschlecht ist also Schicksal?

Es kommt darauf an, was man daraus macht. Der Mann spielt seine naturgegebenen Vorteile in Anatomie, Verhalten und Wahrnehmung aus, wenn er als Beutejäger und Beschützer tätig sein kann. Er sieht mit Tunnelblick in die Ferne, sieht deshalb mehr Blau- als Rottöne und weniger Farbtöne, erstellt ein 3D-Bild der Umgebung, erkennt Fluchtwege und Hindernisse, ignoriert aber menschliche Beziehungen und Abhängigkeiten völlig (außer Sex). Leider verlangt kaum noch ein Beruf nach diesen Fähigkeiten, ganz besonders nicht in der Stadt. Allerdings entfaltet er Fähigkeiten in einer Hierarchie, die zielgerichtet agiert: die Jägergruppe. Außerdem ist er territorial ausgerichtet: Sein Jagdrevier ist für seine Familie überlebensnotwendig.

Die Natur hat die Frau hingegen zur Nesthüterin herangezüchtet (wer vom Optimum abwich, ging meist drauf!). Ihr Gehör ist besser, ihr Sehen im Nahbereich, ebenso der Geruchssinn. Der Grund ist simpel: Die Nesthüterin gebiert Kinder, zieht sie auf, heilt, sammelt Nahrung im Umfeld der Höhle, achtet wachsam auf Raubtiere in der Nähe und behält den Zusammenhalt der Familie oder Sippe sorgsam im Auge. Sie würdigt es, wenn der Mann Nahrung von der Jagd mitbringt, und er würdigt es, wenn sie das Essen zubereitet und ihn bei Kräften hält.

Was soll daran so schwierig sein, könnte man sich fragen. Ganz einfach: Die Rahmenbedingungen sind weggefallen und daher auch das Selbstverständnis der beiden Geschlechter. Auch Frauen wollen jetzt die fette Beute jagen, nämlich das dicke Geld, wohingegen Männer sich mit sitzenden Tätigkeiten begnügen müssen, in denen Frauen viel besser sind (Nahsichttüchtigkeit, Kommunikation, Organisation). Mit anderen Worten: Aus Partnern sind Konkurrenten geworden. Und wenn sie nicht anerkennen, dass sie einander ergänzen, muss es zwangsläufig zu Disharmonie kommen.

XX und XY

Schuld an allem sind die Gene. Die XX- und XY-Chromosomen sorgen dafür, dass schon sechs bis acht Wochen nach der Befruchtung sich die geschlechtsspezifischen Merkmale ausbilden, also das Gehirn und die Genitalien geformt werden. Wie neueste Forschungen ergeben haben, sind bei Mädchen und Jungs nicht nur die Genitalien unterschiedlich ausgeprägt, sondern auch das jeweilige Gehirn. Das hat weitreichende Folgen.

Bei Mädchen hat die Ausformung der Sprachzentren und des Nahbereichsehens Vorrang, so dass Mädchen schon binnen kürzester Zeit nach der Geburt Gesichter und Wörter unterscheiden können. Sie bilden vollständige Sätze rund ein Jahr, bevor Jungs dazu in der Lage sind (was Eltern natürlich in Panik versetzt und Sprachtherapeuten eine goldene Nase beschert). Die Sprachzentren liegen in den vorderen Bereichen der zwei Hirnhälften. Solche Zentren fehlen Jungs zunächst.

Bei Jungs werden stattdessen andere Prioritäten in rasanter Zeit umgesetzt, und je größer die Menge Testosteron, der der Fötus ausgesetzt ist, desto „männlicher“ erfolgt die Ausprägung: Im vorderen rechten Stirnlappen entsteht ein Zentrum von Nervenzellen, das auf räumliche und visuelle Wahrnehmung spezialisiert ist. Daraus folgt, dass Männer über ein räumliches 3D-Vorstellungsvermögen verfügen, das Frauen entweder Bauklötze staunen lässt oder in neidische Rage versetzt. Urzeit-Männer brauchten diese Fähigkeit frühzeitig, um ihre frühentwickelten Muskeln koordiniert für die Jagd einsetzen zu können: zum Werfen, Springen, Laufen usw. Urzeitjungs mussten mit zwölf Jahren mit auf die Mammutjagd und waren mit 15 oder 16 ausgewachsen.

Denn da Frauen dieses Zentrum meist fehlt (es sei denn, sie hätten im Mutterleib einen ordentlichen Schub Testosteron abbekommen), sind sie weder in der Lage, mit Leichtigkeit Straßenkarten oder 2D-Baupläne zu lesen noch rückwärts einzuparken. Je „weiblicher“ die Frau, desto schlechter ist diese Fähigkeit ausgeprägt. Das ist einer der Hauptgründe, warum 99 Prozent aller Piloten etc. Männer sind. Dafür haben Frauen Augen „am Hinterkopf“: Sie verfügen über einen Sehbereich von nahezu 180°, den sie brauchen, um Angreifer (tierische wie menschliche) und Kinder im Blick behalten zu können. Die Augen des Mannes sind wie gesagt für die Jagd auf entfernte Beute ausgelegt: Er sieht wie durch einen Tunnel scharf in die Ferne. Wehe der Frau, die einen derart konzentrierten Mann zu stören wagt!

Quasi-Logik

Nicht genug damit, wirken sich die Gene und die dadurch ausgelösten männlichen Hormone ganz anders auf die Fähigkeit des logischen und emotionsfreien Denkens aus. Männer können nicht nur Begriffe und Eindrücke in Schubladen stecken, sondern auch Gefühle einfach in einen separaten Gehirnteil verdrängen (um sie beim Träumen zu verarbeiten). Es kommt erschwerend hinzu, dass ihre Haut um einige Faktoren weniger empfindlich ist als die einer Frau, so dass sie ein viel weniger ausgeprägtes Bedürfnis nach Körperkontakt haben als Frauen. Wenn ein Mann einen anderen Mann streichelt, wird das als eindeutiges Signal für Schwulitäten interpretiert. Traurig, aber wahr.

Es gibt noch weitere Benachteiligungen, die auf die Konditionierung (durch „natürliche Zuchtwahl“) zurückzuführen sind. Männer können kein Multitasking wie eine Frau, die fünf Dinge gleichzeitig erledigen kann. Vielmehr arbeitet das männliche Gehirn nach dem Prinzip: eins nach dem anderen! Es kann stets nur einen Input auf einmal verarbeiten. Das ist der Grund, warum ein Mann den Fernseher abstellt, bevor er ans Telefon geht. Oder warum man ihn beim Autofahren möglichst nur sehr behutsam ansprechen sollte.

Männer können zwar gut logisch denken, aber nur mit sich selbst reden. Eine Frau redet jedoch, um soziale Wärme zu erzeugen und sich ihrer Zugehörigkeit zu versichern. Wenn also ein Mann nicht mit ihr redet, deutet sie dies oft als kalte Abfuhr. Was grundfalsch ist! Denn statt zu reden, tut der Mann seiner geliebten Partnerin zuliebe etwas. Frau sollte darauf achten, was es ist. Und wenn sie mit ihm reden will, dann sollte sie am besten eine Uhrzeit ausmachen. Der Mann kann sich darauf einstellen und bis dahin wieder seine Lebensgeister wecken. Was Frauen total verblüfft, ist seine Fähigkeit, die Hirntätigkeit auf ein Minimum herunterzufahren, wenn er sich entspannt, wohingegen ihre „Entspannung“ das Gehirn stets zu 90 Prozent beansprucht.

Einen Fehler zugeben? Nur über seine Leiche!

Wenn eine Frau im Auto sitzt, fragt ein Mann niemals nach dem Weg, falls er sich doch mal verfahren hat. Der Grund ist kurios: Er würde nie im Leben – zumindest ihr gegenüber – zugeben, dass er womöglich ein Versager sein könnte. Dieses bedauerliche Verhalten ist auf die Konditionierung als alleiniger Ernährer der Urfamilie zurückzuführen. Natürlich ist dies heute völlig überholt, aber ein „traditionell“ erzogener Mann lebt das Ur-Ideal immer noch.

Er sollte jedoch niemals versuchen, eine Frau anzulügen, um sein Ego zu behaupten. Frauen verfügen über einen eingebauten Lügendetektor, da sie selbst feinste Nuancen in Betonung und Sprechweise wie mit himmlischen Antennen erspüren. Das müssen sie auch, um alle sozialen Erschütterungen in ihrer Umgebung zu erfassen und sich darauf einzustellen. Ein Mann würde nicht mal auf die Idee kommen, dass man ein solches Radar braucht.

Nicht Fisch, nicht Fleisch

Wie erwähnt, macht erst Testosteron aus einem weiblichen Fötus einen männlichen. Die Urform ist weiblich (was die Frage nach dem Geschlecht Gottes beantworten dürfte). Nun kann es vorkommen, dass zu wenig Testosteron an den Fötus ausgeschüttet wird und die Vermännlichung unterbleibt oder zu schwach ausfällt. Dann wird der Junge wahrscheinlich entweder homosexuell oder ohne männliche Genitalien geboren. Umgekehrt gilt: Erhält ein Mädchen in einer bestimmten Entwicklungsphase zu viel Testosteron verpasst, wird sie vermännlichen und wahrscheinlich mit ebenfalls homosexuellen Tendenzen zur Welt kommen: eine Lesbe, womöglich mit ausgeprägt männlichem Denk- und Sehvermögen. Homosexualität ist also nicht Wahl, sondern genetisches Schicksal. Und was kann jemand gegen das Schicksal unternehmen? Nichts, außer still zu leiden – oder sich mit Schicksalsgenossen zusammenzutun.

Noch heftiger ist das Schicksal von Transsexuellen: Sie haben einen eindeutigen Körper, doch die Gehirnstruktur des anderen Geschlechts. Schon frühzeitig merken sie, dass etwas nicht stimmt. Und die Familie richtet sich natürlich nach dem äußeren Geschlecht statt nach dem inneren. Mit der Pubertät wird alles noch schlimmer: Die Hormone laufen Amok. Eine Geschlechtsumwandlung kann helfen. Aber von zehn Transsexuellen begehen zwei Selbstmord. Hier muss sich schnellstmöglich etwas ändern.

Sex oder Liebe

Männer wollen Sex, Frauen Liebe. Diese simple, aber folgenschwere Dissonanz entspricht der hormonellen Programmierung durch unser Erbgut. Der Mann kann immer und überall, ist sogar binnen zwei Minuten fertig. Die Frau braucht durchschnittlich 13 Minuten bis sie zum Geschlechtsverkehr bereit ist, solange vorher einige Bedingungen erfüllt sind: Die Umgebung muss einer Höhle entsprechen (schummrig, umschlossen, still, warm usw.), der Partner muss emotionale Anteilnahme zeigen und ein vielversprechender Samenspender und Ernährer sowie Beschützer sein. Ob das Immunsystem eines männlichen Kandidaten mit dem eigenen kompatibel ist, prüft die weibliche Nase (sie hat dafür spezielle Rezeptoren) binnen drei Sekunden – durchgefallen oder nicht! Für sie ist Monogamie wichtig, für ihn Polygamie. Für die Sicherung des Bestands einer Spezies war das völlig in Ordnung – bis die Christen die Monogamie aller forderten.

Das 50 Seiten lange Kapitel über Sex vs. Liebe wird von einem Kapitel zu den Themen Ehe, Liebe, Romantik gefolgt. Da Liebe aus 1) Sinnenlust, 2) Verliebtheit und c) Bindung besteht, spielt Faktor C eine ganz erhebliche Rolle für den Aufbau einer Beziehung, die länger als zwölf Monate dauert. Binnen eines Jahres ist meist die Nachkommenschaft gesichert – der Mann kann weiterziehen. Bei C ist die Frage allerdings, ob der Mann der Frau solange entsprechend viel Romantik, Verständnis und Aufmerksamkeit entgegenbringen kann. Um dieses Verständnis zu erreichen, wurde dieses Buch geschrieben.

Der „Epilog“ zieht ein Fazit und fragt, ob das Konzept der „Political Correctness“ wirklich hilfreich ist. In Umfragen geben viele Frauen und Männer nämlich an, dass dieses Konzept sie zu sehr einengt. Das ist nach all den Ausführungen durchaus verständlich: Ein Frau will möglich fraulich sein, ein Mann möglichst männlich, um sich glücklich und zufrieden statt frustriert zu fühlen. Das 90 Jahre währende Experiment der Geschlechtsneutralität in israelischen Kibbuzim etwa ist gescheitert: Alle Entlassenen fielen in geschlechtsspezifische Verhaltensweisen zurück – und waren frustriert, dass sie es nicht gelernt hatten, mit den Eigenarten des anderen Geschlechts umzugehen.

Merke: Man kann nicht eine Million Jahre Evolution ignorieren, ohne den Preis dafür zu bezahlen. Wer heute Gleichbehandlung auf allen Ebenen fordert und umsetzt, ist der Evolution um eine Million Jahre voraus.

Mein Eindruck

Das Buch fußt auf umfangreichem Material, das auf dem Stand des Jahres 1998 ist – inzwischen sind 14 bis 15 Jahre vergangen, und diese Lücke macht sich häufig bemerkbar, was die Aktualität betrifft. Aber auch Phänomene der neunziger Jahre wie Bill Clinton, Aerobics und sogar Feminismus wirken heute bereits angestaubt.

Dennoch würde ich dieses Buch jedem Heranwachsenden bedenkenlos in die Hand drücken. Endlich werden hier fundamentale, wenn auch unerwünschte Wahrheiten ausgesprochen und auf ihre Ursachen zurückgeführt. Wir tun gut daran, diese Ursachen, nämlich Genetik, Hormone und Hirnstrukturen, nicht zu ignorieren, sondern sie zu akzeptieren, ohne sie zu werten.

Wenn ein Mann versteht, worum es einer Frau in einer Beziehung geht, wird er sich mehr anstrengen, ihr entgegenzukommen statt sich an den Kopf zu fassen und wegzugehen. Umgekehrt gilt das Gleiche: Eine Frau könnte nicht mehr nur den Kopf schütteln ob seiner „Gefühlskälte“ und seines permanenten Schweigens – er ist einfach nicht fürs Reden ausgestattet und zeigt seine Zuneigung auf andere Weise.

Der Aufbau des Buches ist folgerichtig und geht von peripheren Randerscheinungen wie männlichem Schweigen weiter zu Kernthemen wie Sex, Liebe und Beziehungen. Ganz besonders wichtig fand ich die Erklärung (nicht Wertung!) von „abweichender“ geschlechtlicher Identität, also Homosexualität und Transsexualität. Hier muss noch viel verbessert werden.

Die Kapitel fangen häufig mit einem praktischen Beispiel an, das zwei Menschen, meist Mann und Frau, in „typischen“ Problemsituationen zeigt. Das ist als Einstieg anschaulich und führt zum Thema hin. Eine Illustration dazu nimmt das Thema auf die Schippe, und zahlreiche Einschübe in Textkästen bieten pointierte Aussagen, die provozieren und zum Nachdenken anregen sollen, vielfach auch zum Lachen. (Ein Lachen der Selbsterkenntnis?)

Doch es bleibt nicht bei Analyse und Erklärung, sondern die Autoren geben auch praktische Anregungen und Empfehlungen. Nicht jede davon ist einfach umzusetzen, so etwa der Rat an eine Frau, die gerne spontan ist, mit ihrem männlichen Partner einen Termin für ein Gespräch zu vereinbaren. Da muss sie sich wirklich am Riemen reißen. Aber dann hört er wenigstens zu!

Die Übersetzung

Die Übersetzerin Anja Giese hat die zahlreichen Fachausdrücke fehlerlos übertragen und dennoch einen flüssigen deutschen Stil zustande gebracht – ein Spagat, den nicht jeder Übersetzer beherrscht. Deshalb war die Lektüre ihres Textes häufig eine wahre Freude.

S. 114: „unsere wildesten Erwartungen“ ist eine wörtliche Übertragung aus dem Englischen. Das würde man im Deutschen nicht sagen. Besser wäre „unsere kühnsten Erwartungen“.

S. 150: „in dem“ sollte zusammengeschrieben werden: „indem“ verleiht dem Satz einen kausalen Sinn.

Ich finde, es gibt einen Sachfehler auf S. 106. Hier ist ein Test zur Selbsteinschätzung der Männlichkeit bzw. Weiblichkeit abgedruckt. Antwort 14 a) müsste eigentlich Antwort 14 c) sein und umgekehrt, um dem Schema zu entsprechen. Dieser mögliche Fehler geht eventuell auf die Autoren zurück.

Unterm Strich

Ich habe das Buch, das ich von einer ehemaligen Studienkollegin erhielt, in nur wenigen Tagen gelesen. Es ist ziemlich informativ, anschaulich, gut übersetzt und vielfach amüsant. So manche Merkwürdigkeiten im Umgang mit dem anderen Geschlecht wurden mir auf einmal verständlich, beispielsweise die enervierende Eigenart vieler Frau, sich indirekt auszudrücken. Wenn sie ihn beim Autofahren fragt: „Möchtest du einen Kaffee, Schatz?“ bedeutet dies nicht, dass sie ihm beim Fahren einen Kaffee reicht, sondern dass sie will, dass er rechts ranfährt, anhält, den Kaffee trinkt – und sie währenddessen auf die dringend erforderliche Toilette gehen kann.

Verblüffend ist auch die Neuigkeit, dass es Frauen gibt, die rechts nicht von links unterscheiden können. Das jagt einem Fahrer, der sich auf die Anweisungen seiner Beifahrerin verlassen wollte, kalte Schauder über den Rücken! Sie hingegen dürfte über die Information, dass der Kerl neben ihr ungefähr zehnmal weniger Hautempfindlichkeit (besonders auf dem Rücken) aufweist als sie selbst, kaum verwundert sein – aber es erklärt doch so manches.

Störfaktoren

Was mich besonders störte, war diese Zeichnung vom Durchschnittsmann als einer Art modernem Neandertaler, der nichts für seine Beschränktheit kann. Das ruft unweigerlich Mitleid hervor, und das ist bestimmt das Letzte, was ein Mann will (Achtung: schwerer Versager-Alarm!). Ungefähr ein halbes Dutzend Mal wird beschrieben, wie er „in die Flammen starrt“, auch wenn gar keine da sind. Diese Wendung kann also nur metaphorisch gemeint sein. Wenn er „in die Flammen starrt“, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder denkt er gerade über drei verschiedene Dinge gleichzeitig nach – oder sein Verstand arbeitet auf Sparflamme. Nur ein Blick in die Augen hilft bei der Entscheidung, was zutrifft.

Vielfach wird also von den Autoren überspitzt formuliert, und man sollte nicht jede Charakterisierung für bare Münze nehmen. Eine Prise Skepsis und ein gutes Stück Humor sollte man mitbringen, dann fühlt man sich nicht mehr veranlasst, das Buch vor Wut in die Ecke zu feuern.

Taschenbuch: 398 Seiten
Info: Why Men Don’t Listen and Women Can’t Read Maps, 1998
Aus dem Australischen Englisch von Anja Giese
ISBN-13: 978-3548359694
www.ullsteinbuchverlage.de

Anm. d. Red.: Im Juni 2010 erschien eine erweiterte Neuausgabe unter der ISBN-13 978-3548373300.