Alastair Reynolds – Die Arche

Das Weltall bietet dem Leben gute Chancen, sich zu entwickeln. Dass sie nicht nur eine statistische Laune der Natur sind, bemerken die Menschen bald, nachdem sie das Sonnensystem verlassen haben. Nur sind all die anderen Zivilisationen ausgestorben.

In der Frühzeit der Galaxis tobte ein gewaltiger Krieg unter den in den interstellaren Raum vorgestoßenen Zivilisationen, der Morgenkrieg, an dessen Ende die Unterdrücker, fast intelligente Maschinenwesen, ihre Aufseherrolle übernahmen. Sie sollten sicherstellen, dass sich intelligentes Leben nicht zu hoch entwickelt – notfalls mit Gewalt.

Nun ist die Menschheit ins Visier dieser uralten Maschinen geraten. In der Nähe des Planeten Resurgam, dessen frühere Herrscher, die vogelähnlichen Amarantin, bereits vor fast einer Milliarde Jahren ausgelöscht worden sind, werden die Unterdrücker wieder aktiv. Die menschlichen Siedler auf dem Planeten wissen noch nichts von der drohenden Gefahr, wohl aber die Besatzung des Ultraschiffs „Sehnsucht nach Unendlichkeit“.

Auch die Synthetiker, die technisch am höchsten entwickelte Gruppe der Menschheit, wissen von der Bedrohung der Unterdrücker, die sie „Wölfe“ nennen, denn eines ihrer Erkundungsschiffe hatte ebenfalls Kontakt mit den Wächtermaschinen. Sie erkennen die Größe der Bedrohung und beschließen im Geheimen, ihr gesamtes Mutternest zu evakuieren und zu fliehen.

Ein Synthetiker jedoch, der alte Krieger Clavain, will nicht einfach den Rest der Menschheit im Stich lassen. Er desertiert und macht sich auf den Weg ins Delta-Pavonis-System zur „Sehnsucht nach Unendlichkeit“. Diese hat nämlich immens wirkungsvolle Waffen, 40 so genannte „Höllengeschütze“, an Bord, welche die Synthetiker vor langer Zeit gebaut haben und die vielleicht den Unterdrückern Paroli bieten können.

Clavain ist nicht der einzige Synthetiker, der Pläne mit den Höllengeschützen hat. Das „Allerheiligste“, ein geheimes Komitee unter den Synthetikern, entsendet ein eigenes Schiff nach Resurgam und lässt Clavain verfolgen.

„Die Arche“ ist eine direkte Fortsetzung von Alastair Reynolds’ erstem Roman [„Unendlichkeit“. 503 Diesen sollte man auch gelesen haben, damit man der Handlung folgen kann. Den zweiten Roman „Chasm City“ muss man nicht unbedingt kennen, es sei denn, man möchte wissen, wer sich denn hinter dem geheimnisvollen „H“ verbirgt, der Clavain und seinen Gefolgsleuten helfend unter die Arme greift.

Konnte man die beiden ersten Romane sehr gut einzeln lesen, so ist das mit der „Arche“ nicht mehr möglich. Man merkt deutlich, dass sie der Mittelteil einer Serie ist. Es wird wenig abgeschlossen, vielmehr wird nur der Weg für die Entscheidungen im nächsten Band bereitet.

Außer ein paar guten Szenen ist der Roman allerhöchstens mittelprächtig. Dabei beleuchtet Reynolds mit den Synthetikern diesmal eine besonders interessante Menschengruppierung näher. Die Synthetiker haben sich mit Hilfe von Neuralimplantaten aufgerüstet und sich auch äußerlich gentechnisch verändert. Sie sind hervorragende Techniker und haben eine Art Schwarmbewusstsein entwickelt.

Wie gewohnt ist die Anlage des Romans breit, die Konstruktion sehr sorgfältig. Man sollte aufmerksam lesen, denn viele Details erweisen sich erst später als wichtig – eigentlich geschieht nichts ohne Grund. Allerdings verzettelt sich Reynolds in meinen Augen diesmal zu sehr. Im Großen gesehen, passiert einfach zu wenig, um den Leser (zumindest mich) wirklich zu fesseln.

Die Charaktere sind ebenfalls gewohnt eigenwillig, um es einmal positiv zu formulieren. Zwar waren auch in den beiden Vorgängern die meisten handelnden Personen eher unsympathisch – aber den wichtigsten Figuren konnte man ihre Beweggründe abnehmen. Hier gingen mir doch etliche der Charaktere zu wenig unter die Oberfläche, werden ihnen nur ein paar Stereotypen angeklebt. Für mich völlig misslungen ist der Versuch des Einbaus einer Liebesgeschichte zwischen Khouri und dem Resurgam-Volkshelden Thorn.

Alles in allem doch ziemlich enttäuschend. Für den Gelegenheitsleser ist „Die Arche“ als Einzelbuch nicht lesbar. Die Fans der anderen beiden Reynolds-Romane sollten noch auf den nächsten Band warten.

Taschenbuch: 900 Seiten
www.heyne.de

Andreas Hirn (2004)

Diese Rezension wurde mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung unseresPartnermagazins Buchrezicenter.de veröffentlicht.