Stephen Lawhead – Artus. Der legendäre König (Pendragon 3)

Christliche Umdeutung des Legenden-Stoffes

Nach „Taliesin“ und „Merlin“ erscheint mit „Artus“ der dritte Band des Pendragon-Zyklus‘. In seinem fesselnden Epos berichtet Stephen Lawhead über den legendären keltischen König Artus und seinen Kampf, England zu einen, sowie gegen die Hexe Morgian und ihren Inzest-Sohn Medraut.

Der Autor

Stephen Lawhead, geboren 1950 in den USA, wurde bei uns v.a. mit seinem „Pendragon“-Zyklus bekannt, der bei Piper veröffentlicht wurde. Inzwischen erschienen von ihm die Fantasy-Trilogie „Das Lied von Albion“ (Brendow/Bastei-Lübbe) und drei SF-Romane (Bastei). Die fünf Bände des „Pendragon“-Zyklus sind davon sicherlich die besten. Sie werden auch keineswegs von Lawheads allererstem Zyklus übertroffen, „Saga des Drachenkönigs“, die bereits 1985 in England erschien und in englischsprachigen Buchhandlungen mit Fantasy-Regal zu finden ist. Lawhead lebt mit seiner Familie in Oxford, England.

Der PENDRAGON-Zyklus

Taliesin. Avon Books, 1987, ISBN 0-380-70613-X.
Merlin. Avon Books, 1988, ISBN 0-380-70889-2.
Artus. Avon Books, 1989, ISBN 0-380-70890-6.
Pendragon. Avon Books, 1994, ISBN 0-380-71757-3.
Grail. Avon Books, 1997, ISBN 0-380-78104-2.
Avalon: The Return of King Arthur. HarperCollins, 1999, ISBN 0-380-80297-X.

Deutsche Ausgaben

Taliesin – Sänger und Seher. Piper Verlag, München 1995, ISBN 3-937501-06-1, 3492232825 und 978-3492232821
Merlin – Magier und Krieger. Piper Verlag, München 1995, ISBN 3-937501-04-5, 3492037151 und 978-3492037150 (527 S.)
Artus – Der legendäre König. Piper Verlag, München 1996, ISBN 3492037143 und 978-3492037143.
Pendragon – Artus auf dem Weg zum heiligen Gral. Piper Verlag, München 1996, ISBN 3-937501-05-3, 3937501037 und 978-3937501031.
Avalons Rückkehr. Lübbe, Bergisch Gladbach 2003, ISBN 3404155025 und 978-3404155026.

Wie man sieht, existiert bis heute noch keine Übersetzung von „Grail“!

Hintergrund

Der Zyklus verschmilzt unterschiedliche Sagenstoffe aus der Ursprungszeit des englischen Frühmittelalters, mit dem Schwerpunkt im 4. bis 5. Jahrhundert, der Zeit der Sachseninvasion. Der Bogen, den Lawhead spannt, reicht von Atlantis über die keltischen Barden und Druiden (Taliesin) bis zur Merlin- und Artussage, die uns vertraut ist. Dabei belässt es der bekennende Christ Lawhead nicht bei einer Nacherzählung von Liebes- und Heldengeschichten, wie das minderbegabte Autoren gerne tun.

Vielmehr betrachtet er die Zeit, in der Englands größte Barden, Taliesin und Merlin, lebten, als die Periode des Übergangs von der alten keltischen zur neuen römisch-christlichen Religion und Kultur, oder mythologisch ausgedrückt: die Zeit des Zwielichts nach den keltischen bzw. römischen Göttern und vor der Durchsetzung des christlichen Glaubens auf den britischen Inseln, bedroht von der Dunkelheit, die von den Invasionen der Pikten, Angeln und Sachsen ausgeht.

Handlung

Merlin wird allmählich die Besonderheit des Knaben Artus klar. Dessen Besonnenheit, Furchtlosigkeit, Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und die Fähigkeit, Menschen und ein Königreich zu führen, stellen sich bald als ideale Qualitäten heraus, das „Königreich des Sommers“ zu realisieren.

Doch zuvor muss Artus schwere Schlachten schlagen, um sowohl die Invasoren als auch neidische englische Kleinkönige zu besiegen. Zwanzig Jahre Bestand hat das Friedensreich, das Artus mit der streitbaren irischen Königstochter Guinevere gestaltet. Von ihr stammt auch die Idee mit der Tafelrunde.

Die Hexe Morgian (siehe „Taliesin“) stirbt vor den Augen ihres Sohnes Medraut, sprich: Mordred, von der Hand eines der Freunde Artus’. (Bei Lawhead ist Mordred keineswegs der Bastardsohn Arthurs, als der er uns überliefert ist, sondern wird von Morgian mit ihrem eigenen Sohn Urien gezeugt.)

Eines Tages schart Medraut ein Heer von Pikten um sich, dem es gelingt, Merlin und Guinevere gefangen zu nehmen, um für Morgian Blutgeld von Artus zu fordern. In der folgenden Schlacht besiegt Artus zwar Medraut und gewinnt Merlin und Guinevere zurück, doch verliert er zwei seiner besten Freunde, die „Ritter“ Kay und Lancelot.

Mein Eindruck

„Artus“ ist in drei Berichte gegliedert: Der 1. Teil wird von Pelleas geliefert, einem Angehörigen der Atlanter-Rasse (siehe „Taliesin“). Der Ton ist für heutige Verhältnisse peinlich gestelzt und dramatisierend.

Ganz anders hingegen Teil zwei: Bedwyr ist ein enger Freund Artus’ und ein bodenständiger Krieger, dem es obliegt, von den blutigen Schlachten zu erzählen. Sein Ton ist launig, exakt und realistisch. Der Barde Aneirin liefert zu guter Letzt das Hohelied auf Artus ab – eine Generation nach den Tagen der Schlachten aus Teil 2.

Lawhead erzeugt zwar Abwechslung mit diesen verschiedenen Tonlagen, erreicht aber nur eine Pseudo-Objektivität durch Augenzeugen. Der Leser ist unzufrieden, denn das Innere Artus‘ und die leidvolle Liebesgeschichte um ihn und Guinevere bleibt ihm vorenthalten. Vielleicht kommt das noch in Band 4, „Pendragon“.

Die Übersetzung

Der Übersetzer mochte zwar über das altertümelnde Englisch des Originals unglücklich sein, das dem heutigen deutschen Leser schwer zu vermitteln ist, aber er löst seine Aufgabe mit Bravour: So könnten deutsche Erzähler zu Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts geschrieben haben – mit Pathos. Am ehesten erträglich ist dieser Ton im ersten Band, „Taliesin“, und im Bericht Bedwyrs in „Artus“.

Das Piper-Lektorat hat mehrere Fehler übersehen, so etwa „Mabigonen“ statt „Mabinogi“ in „Artus“ (S. 324). Und mehrere Ortsangaben können so nicht stimmen. Bedauerlich ist auch das Fehlen der Originalangaben über die Aussprache der zahlreichen keltischen Namen. Nur Eingeweihte können daher halbwegs Namen wie Myrddin (= Merlin) halbwegs korrekt aussprechen. Myrddin ist übrigens kein Eigenname, sondern ein Titel.

Unterm Strich

Lawhead verknüpft in seinem Pendragon-Zyklus mehrere Mythen aus den walisischen Sagen des „Mabinogion“ sowie Legenden um den christlichen Heilsbringer zu einem religiös motivierten Epos, das sowohl mit Abenteuern Spannung liefert als auch mit epischen Szenen und poetischen Bildern den heutigen, konservativ eingestellten Leser anspricht.

Der Zyklus spannt den Bogen vom untergegangenen Atlantis – eine gescheiterte Utopie – über die Kriege gegen Angeln und Sachsen (die doch eigentlich zunächst als Retter ins land geholt worden waren!) bis hin zur christlichen Utopie eines Camelot udn Avalon. Das klingt nach ein bisschen viel auf einmal, und deshalb hat Lawhead den Riesenstoff auf fünf Bände verteilt – von denen nur vier übersetzt worden sind.

Hardcover: 537 Seiten
Originaltitel: Arthur
Aus dem Englischen von Frieder Peterssen
ISBN-13: 978-3492037143

www.piper.de