Robert Corvus – Rotes Gold (Schwertfeuer-Saga 1)

Der Klingenrausch ist eine Söldnertruppe aus den besten Kriegern, die für Schätze zu kaufen sind. Doch Gold ist nur ein Teil ihrer Bezahlung. Ihr Stahl dürstet nach dem Blut der Gegner, und ihre gierigen Herren verbrennen Seelen im Dämonenfeuer. Als der Anführer des Klingenrauschs fällt, droht die ruhmreiche Einheit zu zerfallen. Eivora, seine Tochter, bildet einen Rat aus den erfahrensten, kühnsten und gerissensten Offizieren und führt ihre Banner zum Sturm auf Ygôda. Niemand hat die Mauern dieser Stadt jemals überwunden. Wird Eivora die Söldner zu Glorie und Reichtum führen – oder ihrem Vater in die Flammen ungnädiger Dämonen folgen?

(Verlagsinfo)

Als die junge Eivora die Nachfolge ihres Vaters in einem gewagten Verwirrspiel umorganisiert, ahnt sie noch nicht, wie sich die Dinge in der Söldnertruppe des Klingenrauschs weiter entwickeln würden. Kann sie, die eher mittelmäßige Kämpferin, sich in der Truppe behaupten – und das Erbe ihres Vaters erhalten? Kann sie seinen Ansprüchen gerecht werden, die er noch aus den jenseitigen Sphären an sie erhebt? Und wie wirklich ist die Macht der Dämonen und Götter in dieser kriegerischen Welt?


Robert Corvus überzeugt seit einiger Zeit mit seinen phantastischen Romanen, die hauptsächlich in der Fantasy angesiedelt sind, jedoch auch auf hohem Niveau Elemente der Science Fiction bedienen können, wie der preisnominierte Roman »Grauwacht« eindrucksvoll zeigt. Corvus ist ein umtriebiger Schriftsteller, besucht regelmäßig phantastische Cons und organisiert sie auch, veranstaltet Lesungen und betreibt einen Videokanal im Internet, wo er sehr sympathisch über seine schriftstellerische Arbeit berichtet. Mit »Rotes Gold« beginnt er erneut eine mehrbändige Fantasy-Saga, die sich diesmal eindeutig der kriegerischen Geschichte verschreibt.

Die Geschichte beginnt mit einem Blick auf eine Unternehmung, die Eivora erst später in der Zeitlinie beschäftigen wird. Hier wirft Corvus einen Blick voraus und zeigt verschiedene Aspekte, die für seine Protagonistin tragend sind: Ihr Verständnis des Söldnerberufs wird deutlich aufgezeigt, während auch klar wird, dass sie zwar eine empathische, selbstüberzeugte Person ist, ihre kämpferischen Fähigkeiten jedoch oft mehr auf Glück basieren denn auf Können. Das macht sie abgrenzbar zu stereotypen Helden fantastischer Epen, die stets von überwältigenden Fähigkeiten gesegnet sind – erster Pluspunkt für Corvus.

Im ersten Kapitel blicken wir auf das Ergebnis eines großen Söldnereinsatzes, wie ihn der Klingenrausch mit Vorliebe zu unternehmen scheint. Eine Stadt wird erobert, als Bezahlung erhält die Truppe neben Gold ein mehrtägiges Plünderungsrecht. Und dabei geht es hart zur Sache. Im Grunde beschreibt Corvus hier – zwar in wenigen gekonnten Strichen, aber nicht wenig plastisch – die Gräueltaten ausgehungerter Siegertruppen, wie sie stets und überall zu erwarten sind und waren. Brandschatz, Vergewaltigung, Raubmord … Eine der Stärken des Autors ist es, diese Szenerien nicht langatmig auszuschmücken, sondern mit gezieltem Blick in Details zu zeigen, was Sache ist.

Ziemlich schnell wird deutlich, dass hier nicht nur die üblichen Mächte am Werk sind, sondern diese Welt ihren eigenen Überbau besitzt und eigenen Regeln folgt. Dämonen und Götter spielen eine wichtige Rolle, die sich aber noch stärker manifestiert als beispielsweise die irdischen Religionen im römischen Reich oder sonst überall. Was sich hier als rein religiöse Anschauung weltliche Macht eroberte, hat bei Corvus ziemlich bizarre reale Hintergründe. Das ist eine weitere Stärke seiner Geschichten: Er nutzt übersinnliche Ideen und gibt ihnen Körper und reale Macht. So gesehen ist dieser Roman vor allem eine Einführung in diese neue Welt, deren treibende Faktoren zum Teil eingeführt, aber nicht abschließend ausgeleuchtet werden. Es bleiben also für die Folgebände genügend Fragen jenseits der eigentlichen Geschichte offen.

Im Mittelteil, wenn es um die Belagerung der uneinnehmbaren Stadt geht, macht die Erzählung an einigen Stellen den Eindruck, dass sich Corvus mit der Formulierung expliziter Kampfszenen noch nicht endgültig angefreundet hat. Hier werden teilweise flüssige Abläufe durch die holprige Schilderung ins Bewusstsein des Lesers gerückt, wodurch die Wirkung, das Eintauchen in die Welt, kurzzeitig zerrissen wird. Und trotz des Verständnisses für die Mittelmäßigkeit Eivoras stellt sich an manchen Passagen, wenn sie sich gar zu ungeschickt anstellt, ein Gefühl der Unzufriedenheit ein. Das ist natürlich sehr subjektiv und vermutlich auf die Konditionierung durch bekannte Geschichten zurück zu führen und soll nicht als Kritik an der Geschichte gelten.

Eine der interessantesten Ideen ist der Avatar: Ein Medium zwischen der alltäglichen Welt und dem Reich der Dämonen, dargestellt durch die als Symbiose verkaufte, in Wahrheit jedoch meist parasitäre und versklavende Verschmelzung eines Menschen mit einem dämonischen Homunkulus. Diesen Konflikt baut Corvus langsam auf, charakterisiert erst dieses Mischwesen, um erst nach und nach die tiefere Problematik aufzuzeigen. Solche perversen Manifestationen sind abstoßend und faszinierend zugleich und ein wichtiger Bestandteil dieser Erzählwelt, sie machen einen guten Teil der Stimmung aus und sind der eigentliche Garant für Abwechslung in diesem Spiel.

Das Titelbild, auf den ersten Blick nach modernem plakativen Marketinganspruch gestaltet, erhält im Verlauf der Geschichte seine inhaltliche Entsprechung und gewinnt dadurch an Charakter, was seiner Wirkung in der Buchhandlung allerdings nicht von Nutzen ist. Dort wirkt es ohne den Zusammenhang zum Text unauffällig im Einheitsbrei der Massenproduktionen, bis man einen näheren Blick riskiert.

Insgesamt hinterlässt der Roman ein gutes Gefühl und den Wunsch, der Geschichte weiter zu folgen, was zu nicht geringem Teil an dem dämonischen Überbau und dem Avatar liegt, aber auch das Ende des Romans wirkt in entsprechende Richtung. Einige Hänger in den Kampfszenen gehen zu Lasten des Gesamteindrucks, außerdem ist die oberflächliche Geschichte um die Söldnertruppe nicht die interessanteste unter der Sonne, sondern wirkt eher als Vehikel für den Weltenbau, die zwiespältigen Charaktere und das Schicksal Eivoras. In dieser Hinsicht ist die Reihe durchaus noch ausbaubar, doch als Einstieg in eine neue Welt überzeugt der Roman und macht Lust auf mehr.

Broschiert, 480 Seiten
ISBN-13: 9783492280631

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Piper-Verlag

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