Franz, Andreas – Eisige Nähe

_Inhalt:_

Der Kieler Musikproduzent Peter Bruhns wird zusammen mit seiner jungen Geliebten tot in seinem Penthouse aufgefunden. Eine Beziehungstat? Oder das Werk eines persönlichen Feindes, von denen es nicht wenige gibt? Bei den Untersuchungen wird ein Gift gefunden, das den Kommissaren Sören Henning und Lisa Santos Rätsel aufgibt. Der Fall nimmt eine ungeahnte Wendung, als am Tatort DNA sichergestellt wird, die in Deutschland bereits nach verschiedenen Morden aufgetaucht ist. Ist hier ein Massenmörder am Werk? Was steckt wirklich hinter dem Mord an Peter Bruhns?

_Meinung:_

Sören Henning und Lisa Santos (auch privat ein Paar) haben ihren nächsten Fall zu lösen – und einen besonders abscheulichen dazu. Als der Kieler Musikproduzent zusammen mit seiner Geliebten ermordet wird, blickt das Ermittlerduo schon bald in die tiefsten menschlichen Abgründe der Perversität. Peter Bruhns, der trotz seiner Ehe zahlreiche Affären hatte, und seine junge Geliebte werden tot und in eindeutiger sexueller Pose (inszeniert vom Mörder) aufgefunden. Lisa und Sören erhalten einen anonymen Anruf und finden die beiden „drapierten“ Leichen. Der Anrufer kündigt an, sich wieder zu melden.

Der zweite Handlungsstrang ist aus Sicht des Auftagskillers Hans Schmidt geschildert, der seit 25 Jahren rund um den Globus unliebsame Personen aus höheren Kreisen beseitigt, die aber allesamt „Dreck am Stecken“ hatten. Nur eine Person kennt Schmidts wahre Identität: Sarah Schuhmann, die ihn zu seinem ersten Mord anheuerte.

Schmidt lebt in Lissabon und kommt nach Kiel, um eine persönliche Abrechnung durchzuführen, bevor er sich „zur Ruhe“ setzen will, um mit der 20 Jahre jüngeren Maria, der Frau, die er wirklich liebt, ein schönes Leben zu führen.

Lisa und Sören befragen die Witwe des Toten, Victoria Bruhns, und erfahren sehr schnell, dass es nicht gut um die Ehe bestellt war, sie seit der Geburt der gemeinsamen Tochter nur auf dem Papier bestand. Als Aushängeschild für die scheinbar „saubere, heile Welt“ des Musikproduzenten, der „hinter den Kulissen“ ohne Skrupel seine pädophile Ader auslebte.

Oberstaatsanwalt Rüter bildet um Sören die Soko „Bruhns“ und stellt ihm dreißig Leute zur Verfügung, darüber hinaus fordert er Ergebnisse innerhalb einer Woche. Die Obduktion der beiden Leichen ergibt, dass ihnen das Gift der Tollkirsche verabreicht wurde. Erst danach wurden sie erschossen. Was das Besondere an dem Fall ist: Bei den Toten wurde die DNA entdeckt, die seit drei Jahren bei diversen Mordopfern gefunden wurde. Die SOKO geht schon bald von einem Auftragskiller aus.

Doch in dem Team und unter den Kollegen und Vorgesetzten von Lisa und Sören ist auch nicht alles eitel Sonnenschein. Volker Harms, ihr Vorgesetzter, hat sich verändert, und innerhalb der SOKO wollen immer weniger an den Fall heran. Auch Klaus Jürgens, der Pathologe, verhält sich merkwürdig. Das Auffinden der DNA wird zum Beispiel totgeschwiegen.

Überhaupt wird immer mehr „Druck von oben“ auf die SOKO ausgeübt – die Hierarchie lebt, es geht ums Eliminieren, Manipulieren und Vertuschen. Und es gibt mehr Dreck an allem möglichen Stecken innerhalb des Polizeiapparates und Parteiämtern, als sich Sören und Lisa vorstellen können. Justiz, Politik und Wirtschaft sind eng miteinander vernetzt.

Aber auch in dem Mordfall Bruhns tun sich immer mehr menschliche Abgründe auf. So steht bald zweifelsfrei fest, dass der Ermordete an der Vergewaltigung und Ermordung einer Elfjährigen beteiligt bzw. dafür verantwortlich war. Sehr schnell und allzu bereitwillig zaubern zwei „Kollegen“ (aus der Drogenfahndung des LKA) einen Verdächtigen aus dem Ärmel, den sie auch noch bei ihrem angeblichen „Verhaftungsversuch“ erschießen – Manfred Weidrich, Bruhns Ex-Toningenieur.

Aber auch Bruhns Geliebte scheint ein dubioses Leben geführt zu haben, denn sie besitzt – trotzdem sie erst 18 Jahre alt war – eine teure Wohnung und zwei Konten mit hohem Guthaben. Sören und Lisa glauben nicht daran, dass Weirich Bruhns und seine Geliebte umgebracht hat. Sie misstrauen ihren beiden „Kollegen“, Weirich erschossen zu haben, und fragen sich, warum ein Täter präsentiert wird, der nichts mit den Morden zu tun hatte. Das Bild rundet sich immer mehr, als sie erfahren, dass die beiden Kollegen als „LKA-Männer für das Grobe“ gelten, wenn man einen Fall schnell zu den Akten legen will.

Schmidt, der Auftragskiller, agiert auf seiner Seite streng nach einem persönlichen Plan und begeht weitere „Liquidierungen“. Er spielt dabei mit der Polizei und den Medien, nutzt sie für seine Zwecke und entpuppt sich immer mehr als Verwandlungskünstler. Er zeigt aber, dass auch er Wertigkeiten besitzt – und seine Schwächen. In diesem Fall zwei Frauen, zu denen er sich auf unterschiedliche Weise hingezogen fühlt. Doch auch er bekommt seine Rechnung präsentiert …

Dann meldet sich ein gewisser Karl Albertz bei Lisa, der angeblich seit 30 Jahren für den Verfassungsschutz arbeitet, und schlägt Lisa und Sören ein Treffen vor. Bei diesem bestätigt er ihnen u. a., dass Bruhns und seine Geliebte durch einen Auftragskiller beseitigt wurden, und gibt ihnen Informationen, die er über den Killer hat, preis; auch, dass seine Dienststelle mit mehreren Auftragskillern – auch mit diesem – zusammenarbeitet. Ebenso erfahren sie von ihm, dass Bruhns seine Hände in Geldwäsche-, Drogen- und Kinderprostitutionsgeschäften hatte. Aber sie erfahren auch noch mehr Dreck aus den „eigenen Reihen“. Der Fall wird immer abgründiger …

Andreas Franz schuf mit „Eisige Nähe“ wieder einmal einen spannenden und dennoch tiefgründigen Krimi über das organisierte Verbrechen, aber auch über die Bigotterie der Menschen, ihre tiefen Abgründe und ihre sexuellen Abnormitäten. Dieser Roman belegt darüber hinaus deutlich, dass nicht immer Weiß Weiß ist oder Schwarz Schwarz, dass die Bösen nicht immer die Bösen und die Guten nicht immer die Guten sind – und dass vieles in der Grauzone zu finden ist. Der Autor schafft es, dass man dem Killer gegenüber nicht negativ eingestellt ist, sondern eher so manchen der vermeintlich „Guten“.

Die Aufmachung des Titels ist wie immer bei |Knaur| erstklassig. Dankenswerterweise wurde wieder auf ein reißerisches Covermotiv verzichtet (das gerade dieser Roman leicht hätte „liefern“ können), sondern es wurde ein schlichtes zurückhaltendes gewählt. Papier und Druck sind ohne Fehl und Tadel und auch das Preis-Leistungsverhältnis stimmt. Leserherz was willst du mehr?

_Fazit:_

„Eisige Nähe“ ist ein spannender Krimi über menschliche Abgründe, „Geld und Macht“ und organisiertes Verbrechen. Absolut packend und empfehlenswert!

|Hardcover: 582 Seiten
Titelillustration von FinePic, Müchen
Titelgestaltung von ZERO Werbeagentur, München
ISBN-13: 978-3426663004 |
[www.knaur.de]http://www.knaur.de
[www.andreas-franz.org]http://www.andreas-franz.org

_Andreas Franz bei |Buchwurm.info|:_
[„Teuflische Versprechen“ 1652
[„Unsichtbare Spuren“ 3620
[„Spiel der Teufel“ 4937

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