_Rieseninsekten und Drogenexzesse_
Komet Jant Shira ist einer der 50 Eszai, die der Imperator von Vierlanden um sich schart. Eszai zu sein bedeutet, unsterblich zu sein und gleichzeitig eine besondere Gabe zu besitzen, die dem Imperator nützlich ist. Jant besitzt flugtaugliche Flügel und dient dem Imperator deshalb als Kurier.
Doch das war nicht immer so. Jant ist nämlich auf seine Vergangenheit, die Zeit, bevor er zum Eszai wurde, nicht besonders stolz. Damals war er Mitglied einer Straßenbande und wurde nicht nur bald zum Drogendealer, sondern selbst von einer Droge namens Kat abhängig. Durch eine Überdosis Kat geriet er eines Tages nach Andernort – eine Welt, die wirklich existiert, an deren Existenz aber außer ihm niemand glaubt.
Während Jant immer wieder Andernort besucht, befindet sich der Rest von Vierlanden mitten im Krieg. Die verschiedenen Länder werden regelmäßig von Rieseninsekten heimgesucht, die den Bewohnern von Vierlanden nicht nur immer mehr Lebensraum nehmen, sondern jedes Mal zahlreiche Tote hinterlassen. Gleichzeitig vermehren sich die Insekten rasend schnell, und bald schon kommt die Frage auf, woher die ganzen Insekten eigentlich kommen. Jant, der stetig noch mehr Kat zu sich nimmt, erkennt die Antwort auf diese Frage: Andernort ist der Ursprung der Insektenplage, und um gegen die Insekten ankämpfen zu können, muss er regelmäßig nach Andernort reisen – obwohl ihn die Droge nach und nach zu zerstören droht …
Die Geschichte von „Komet“ ist zweifelsohne abgefahren. Die Welt, in der die Geschichte spielt, die Kreaturen und teilweise auch die Handlung sind so abstrakt, dass man ohne langes Nachdenken von diesem Buch behaupten kann, dass es sich hierbei um etwas völlig Neues und Abstraktes handelt und Steph Swainston sicher nicht wesentlich von anderen Autoren abgekupfert hat. Sie erfindet in ihrem Buch nicht nur neue, verrückte Wesen, die nicht nur von ihrem Äußeren her seltsam sind, sondern auch von ihrem Verhalten. Sie erfindet für ihre Geschichte auch eine abgewandelte Moral und teilweise auch ungewöhnliche Umgangsformen, die so selbstverständlich rübergebracht werden, dass das Geschehen durchaus sehr real wirkt.
Was die Charaktere angeht, so bin ich ein wenig zwiegespalten. Die Art, wie Swainston ihre Charaktere zum Leben erweckt, ist ausgesprochen bewundernswert. Sie lässt ihre Charaktere nicht nur authentisch wirken, sondern verleiht jedem auch eine einmalige Persönlichkeit, die jeweils einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. So weit, so gut. Mir fiel es allerdings dennoch sehr schwer, mich in irgendeine Person in dem Buch hineinzuversetzen, geschweige denn, sie irgendwie sympathisch zu finden. Jant, der Hauptcharakter, war die einzige Figur im Buch, mit der ich einigermaßen etwas anfangen konnte. Doch selbst Jant ist als Charakter lediglich interessant und ein wenig sympathischer als die restlichen Charaktere, aber auch keine Identifikationsfigur.
Das, was der wesentliche Stein des Anstoßes ist, ist die Handlung. An sich weiß die Idee der Handlung eigentlich zu gefallen und auch einige Passagen im Buch wecken durchaus das Interesse. Jedoch reduziert sich der Großteil der Handlung auf Kriegsgeschehnisse, ob nun zwischen den Insekten und den Menschen oder zwischen zwei der Unsterblichen. Fast das ganze Buch handelt vom Krieg und irgendwelchen Gesprächen über Strategien oder politische Probleme von Vierlanden. Da mich weder Krieg |en masse| in Büchern begeistert noch irgendwelche politischen Probleme, hat mich der größte Teil der Geschichte eigentlich hauptsächlich gelangweilt.
Das ist aber nicht das Einzige, was mich an der Handlung gestört hat. Teilweise war sie für mich einfach nicht nachvollziehbar und ich habe mehrfach den roten Faden verloren. Ich konnte einfach nicht immer die Handlungsweisen und Reaktionen nachvollziehen. Mitten im Buch habe ich mich irgendwann fragen müssen, worauf diese Geschichte überhaupt hinaus will. Man weiß zwar, dass es um den Kampf gegen die Insekten geht, aber irgendwann hat es den Anschein, dass die Handlung, die erzählt wird, weder wichtig für die Geschichte ist, noch irgendetwas mit dem eigentlichen Problem, den Insekten, zu tun hat.
Ab und zu erzählt Jant etwas von seiner Vergangenheit, damit man einige Handlungsstränge und Beziehungen zwischen ihm und anderen Personen besser versteht. Das, was Jant zu erzählen hat, fand ich stets interessant – mehr als die Geschichte, die in dem Buch im Hier und Jetzt spielt. Allerdings fiel mir oft schwer, die Vergangenheit von der Gegenwart zu unterscheiden. Der Schreibstil ist anfangs verwirrend und erfordert Konzentration. Swainston gibt ihren Charakteren beispielsweise gleich mehrere Namen, sodass man anfangs nicht weiß, wer oder was gemeint ist. Ein gutes Beispiel dafür ist Jant. Er wird mal Jant gerufen, dann wieder Komet und ganz selten wird er auch einfach Shira genannt. Sobald man die anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Schreibstil überwunden und sich daran gewöhnt hat, weiß dieser allerdings mit seiner gelegentlich sehr direkten Art gut zu gefallen.
_Fazit:_ Die Idee für solch eine Geschichte finde ich innovativ und interessant, aber die Umsetzung war dann nicht wirklich das, was ich mir erwartet hatte. Durch den Krieg, die Politik und die strategische Handlung wird der Rest der Geschichte eher überschattet und verdrängt, was dem Unterhaltungsfaktor deutlich abträglich ist.
_Die Autorin_ Steph Swainston wurde 1974 in Bradford geboren. Sie studierte Archäologie in Cambridge. Dadurch war sie auch mehrere Jahre an Ausgrabungen der ältesten Begräbnisstätten Großbritanniens beteiligt. Heute arbeitet sie jedoch als Informatikerin und lebt in Reading, England. Der Folgeroman zu „Komet“ heißt „Die geschenkte Zeit“ und erschien im Mai 2007 bei |Blanvalet|.
|Originaltitel: The Year of Our War
Originalverlag: Gollancz, London 2004
Aus dem Englischen von Alfons Winkelmann
Taschenbuch, 480 Seiten|
http://www.blanvalet-verlag.de