Apter, Jeff – Fornication: The Red Hot Chili Peppers Story

Der Sinn oder Unsinn einer Biographie über eine Band, die noch aktiv ist oder gar auf einem Zenith ihrer Popularität steht, wäre als Diskurs mehr als nur geeignet, um auf das neue Werk von Jeff Apter über die kalifornischen Alternativrocker der |Red Hot Chili Peppers| hinzuweisen. Kompromiss der Frage? – Zumindest der Zeitpunkt scheint nicht nur arbiträr, sondern im Gegenteil ziemlich passend gewählt, da die Band, die im nächsten Jahr nach einer Pause von knapp drei Jahren ein weiteres Album veröffentlichen wird, zum erneuten Male an einem Wendepunkt stehen könnte, in jedem Fall aber den Wiederaufstieg mit mehr als nur einem Zufallshitalbum geschafft hat. Das kalifornische Quartett, das seit mehr als 22 Jahren aktiv ist und nach dem (zumindest kommerziellen) Fast-Absturz in die Bedeutungslosigkeit mit nunmehr zwei musikalisch und verkaufstechnisch herausragenden Alben („Californication“ und „By The Way“) wieder mehr als nur einen Fuß in der Tür hat, zählt zweifellos zu den wichtigsten aktiven amerikanischen Rockbands überhaupt und darf darüberhinaus als einige der wenigen Bands gelten, die Genre-übergreifend Zustimmung von diversen Musikfans erhält. Dabei liest sich die Geschichte der |Red Hot Chili Peppers| wie ein ständiges Auf und Ab zwischen Misserfolg, durchschlagenden Hits, Drogensumpf und Entziehung, bei der man kaum glauben mag, dass es am Ende doch immer wieder die kreative Magie der Musik war, die das Chaos überwinden konnte.

Der Australier Michael Apter, langjähriger australischer Musikjournalist und vormals Chefredakteur des dortigen |Rolling Stone|, der auch schon ein ähnliches Buch über die Alternativrocker |Silverchair| veröffentlicht hat, versucht sich mit seinem Zweitwerk daran, diese Geschichte nachzuerzählen. Auf 444 Seiten schildert Apter die Biographie der |Red Hot Chili Peppers| von der Kindheit der einzelnen, im Laufe der Zeit diverse Male wechselnden Bandmitglieder bis hin zum immer noch aktuellen Album „By The Way“. Wer an dieser Stelle allerdings ein klar gegliedertes und stichpunktartig strukturiertes Werk vor Augen hat, könnte kaum weiter daneben liegen. Apter hat einen deutlichen Hang dazu, weitläufig zu erzählen, schmückt den komplett fortlaufenden, offenbar nur zum Schein mit Kapitel versehenen Text mit Anekdoten, Auszügen der Geschichte des Rocks der 90er Jahre und den entsprechenden Aktivitäten verwandter Bands, Anmerkungen, Interviewschnipseln und Kommentaren von Kollegen, kann aber dabei nicht das Kunststück vollziehen, dem Ganzen eine einheitliche Struktur oder eine Ordnung außer der chronologischen zu geben, was das Buch zwar sehr informativ, aber etwas unlesbarer als Vergleichswerke macht, vor allem dann, wenn man ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Phase kurz nachschlagen will, was auch der eingebaute Stichwortindex am Ende des Werks (man wusste offenbar um diese Schwäche des Texts) nicht wirklich wettmachen kann. Die musikgeschichtlichen Verweise mögen zwar meistens recht passend sein und das Werk mit Hintergrundwissen anreichern, lassen aber zuweilen aber auch recht seltsame Blüten sprießen, etwa wenn der Autor einen Absatz über die Lyrics eines |Radiohead|-Songs aus der selben Zeit einschiebt, der zur gerade erzählten Situation bei den |Chili Peppers| zu passen scheint, mit dem Erzählten an sich allerdings gar nichts zu tun hat.

Das äußerliche recht ansprechende Musikbuch ist mit diversen Fotos garniert, die allerdings leider zum einen nur in schwarzweiß vorhanden sind, zum anderen gebündelt an ein paar Stellen des Buchs zusammengefasst sind. Wesentlich sinnvoller und illustrativer wäre wohl gewesen, die Fotos den einzelnen beschriebenen Ereignissen im Buch zuzuordnen und besser einzubinden, andererseits entspricht es natürlich dem geschlossen (Text-)Charakter dieses Werks, die Fotos eher als Beigabe denn als tatsächliches Element zu betrachten.

Insgesamt bleibt es recht schwer, für „Fornication“ eine eindeutige Wertung auszusprechen, dazu ist das Werk eindeutig zu zwiespältig: Während wir es einerseits natürlich ganz klar, schon aufgrund von fehlenden Alternativen, mit dem neuen Referenzwerk über die |Red Hot Chili Peppers| zu tun haben, das für den Fan eine Fundgrube an auch tiefer gehender (Hintergrund-)Information sein kann, muss man andererseits auch seine bereits erwähnte Weitläufigkeit und Unstrukturiertheit kritisieren, die zudem (für eine Bandbiographie) einen zu deutlichen Fokus auf Anthony Kiedis legt. Zudem kann auch bei den Zugaben (lediglich eine umfangreichere Diskographie ist zusätzlich vorhanden) und den enthaltenen Fotos auch kaum von einem deutlichen Mehrwert die Rede sein, der den doch recht hohen Preis rechtfertigen könnte. Wer die Band bereits kennt, dem ist dieses eher an einem Stück konsumierbare Buch in höchstem Maße zu empfehlen, wer allerdings ein leicht zu bedienendes, kurzweiliges und informatives Nachschlagewerk mit Zitaten wie etwa das |Nirvana|-Standardwerk „Come As You Are“ von Michael Azzerad oder Ähnliches erwartet, wird hier enttäuscht sein. Im Rahmen der genannten Prämissen kann und muss man allerdings Jeff Apter ein durchweg gelungenes Buch attestieren, welches zwar stilistisch in den einzelnen Kapiteln zu eng mit dem Musikjournalismus diverser Zeitschriften verwandt ist, allerdings als komplettes Werk äußerst lesenswert erscheint und den Anspruch einer als fortlaufender Gesamttext gestalteten Bandbiographie mehr als nur erfüllt. Der langen Rede kurzer Sinn: Fans brauchen das unbedingt. Die anderen lesen vorher mal rein.

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