Bernard Cornwell – Sharpes Degen (Sharpe 14)

Sharpes Degen ist ein ziemlich unförmiges, billig hergestelltes Ding. Ein einfacher Kavalleriesäbel, den er mit roher Gewalt einzusetzen weiß, um seine Feinde auf dem Schlachtfeld niederzumähen. In jedem Fall ist Sharpes Degen nicht mit dem feinen Klingenthal-Säbel des Franzosen Oberst Leroux zu vergleichen, dem Sharpe zu Beginn seines vierzehnten Abenteuers begegnet. Dieser Leroux macht sich sofort reichlich unbeliebt, als er sein Ehrenwort verletzt und seiner Gefangennahme entgeht. Und während Leroux hinter die schützenden Mauern von Salamanca flieht, beschließt Sharpe, dass er des Franzosen unbedingt habhaft werden muss, um ihm seinen Degen abzunehmen und den Tod seiner Kameraden zu rächen.

Eine persönliche Fehde mit Richard Sharpe ist nicht unbedingt zu empfehlen, allerdings entpuppt sich Leroux bald als mehr als ebenbürtiger Gegner. Auch Wellingtons Geheimdienst will Leroux unbedingt in die Finger bekommen und so bekommt Sharpe auch offiziell den Auftrag, Leroux erneut gefangenzunehmen. Die Briten stehen vor den Toren von Salamanca und planen, die Stadt einzunehmen. Drei Festungen gibt es im Stadtgebiet und man geht davon aus, dass Leroux sich in einer davon befindet. Darum ist es die Aufgabe von Sharpe und seinen Soldaten, bei der Eroberung der Festungen diese zunächst nach Leroux zu durchkämmen.

Natürlich ist Sharpe gründlich, er durchsucht die Festungen sogar mehrmals, um absolut sicherzugehen. Trotzdem bleibt Leroux verschwunden. Mit einem Trick hat der Franzose es geschafft, sich der erneuten Gefangennahme zu entziehen. Als Sharpe dies endlich durchschaut, ist es bereits zu spät. Er kann Leroux zwar stellen, doch wird er schwer verwundet und Leroux entkommt ein weiteres mal.

Spätestens hier wird die Fehde zwischen den beiden wirklich persönlich, denn Sharpe überlebt nur mir knapper Not und schwört blutige Rache. Trotzdem muss sich der Leser bis ganz zum Schluss des Romans gedulden, um zu erfahren, ob Sharpe Leroux den prächtigen Klingenthal-Säbel schließlich abnehmen kann.

Wieder glänzt Bernard Cornwell in „Sharpes Degen“ mit einer gut konstruierten, spannenden, historisch fundierten und einfach unterhaltsamen Abenteuergeschichte. Wieder führt er mit Leroux einen würdigen Gegner für Sharpe ins Feld, der diesmal reelle Chancen hat, unseren Helden zu besiegen. Und zu guter Letzt gibt es auch wieder eine Frau, der Sharpe ziemlich hoffnungslos verfällt. Zwar ist er nun verheiratet und mittlerweile sogar Vater einer Tochter, aber das kann einen Berufssoldaten wie ihn offenbar kaum schrecken. Zumindest sucht ihn das schlechte Gewissen nur kurz heim…

Sharpes schwere Verwundung gibt Cornwell außerdem die Möglichkeit, bei der großen Schlacht gegen Ende des Romans einmal die Perspektive zu wechseln. Noch nicht gänzlich genesen, ist Sharpe nämlich dazu verdammt, sich das Geschehen nur anzuschauen. So wird dem Leser das Kampfgeschehen diesmal quasi aus der Draufsicht präsentiert und wie bei einem Schachspiel wird man Zeuge, wie Kompanien hin und her verschoben werden, wie mal die eine und mal die andere Seite die Oberhand gewinnt. Und auch, wenn es natürlich immer wieder spannend ist, sich mit Sharpe ins Schlachtgetümmel zu werfen, so ist doch diese etwas kühlere Perspektive eine klug gewählte Abwechslung.

Cornwell hat diesmal nicht nur einen historischen Abenteuerroman geschrieben, sondern auch eine Spionagegeschichte. Dementsprechend überrascht er den Leser mit unerwarteten Twists und schlägt zuweilen unvorhergesehene Haken. Sharpe jedenfalls lässt sich überraschend lange ins Boxhorn jagen, bis er durchschaut, was vor seiner Nase tatsächlich passiert. Vermutlich liegt das daran, dass eine Frau involviert ist, schränkt das schwache Geschlecht das logische Denkvermögen unseres Helden doch massiv ein. Als er jedoch endlich klar sieht, kann er mit gewohnter Geradlinigkeit und Sturheit punkten und wird so am Ende siegreich bleiben – wie man es als Leser von ihm erwartet.

Dieses ältere Sharpe-Abenteuer (das englische Original stammt aus dem Jahr 1983) ist wie gewohnt ein Schmankerl für Fans des Scharfschützen. Zwar hat dieser hier weniger Gelegenheit, seine treue Baker-Rifle auf ein Ziel anzulegen, dafür wird er in politische Machenschaften verstrickt, bekommt wie immer Privataufträge von Wellington und versucht – wie immer –, die Nase über Wasser zu halten.

Auf Hogans Frage, ob Sharpe nicht immer bekomme, was er wolle, antwortet dieser: „Ich bekomme die Regenbögen, nicht die Töpfe aus Gold.“ Ein wahres Wort. Der typische Cornwell-Leser allerdings bekommt in der Regel genau das, was er sich erwartet hat: Ein spannendes Abenteuer, detailgetreu erzählt und mit einem Helden, der hoffentlich noch lange versucht, das Ende des Regenbogens zu finden.

Taschenbuch: 398 Seiten
ISBN 13: 978-3-404-17090-6
Originaltitel: „Sharpe’s Company
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bernardcornwell.net

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