Bulwer-Lytton, Edward George – letzten Tage von Pompeji, Die (Europa-Originale 15)

_Besetzung_

Chronist – René Genesis
Glaukus – Rudolf H. Herget
Sallust Edgar Maschmann
Nydia – Herma Koehn
Arbaces – Benno Gellenbeck
Diomed & Christ – Rolf E. Schenker
Kalenus – Horst Beck
Jone – Reinhilt Schneider
Apäcides – Peter von Schultz
Olinth – Konrad Halver
Sklavin – Bärbel Schmitt
Julia – Ingeborg Kallweit
Hexe – Katharina Brauren
Centurio – Marco Fehrs
Prätor – Kurt Blachy

Regie: Konrad Halver

_Story_

In der wunderschönen Stadt Pompeji treffen die verfeindeten Griechen und Ägypter aufeinander und verurteilen den Glauben des jeweils anderen Volkes. Ihre Vertreter: Der Hellene Glaukus, dem man nachsagt, ein Ehrenmann zu sein, sowie auf der anderen Seite der Ägypter Arbaces, der wegen der Orgien, die angeblich in seinem Haus gefeiert werden, beim Volke verpönt ist.

Arbaces und Glaukus streiten jedoch nicht nur um ihre Götter, sondern auch um die Gunst der wunderschönen Jone, die ebenfalls von Glaukus sehr angetan ist. Dennoch versucht sein Widersacher mit aller Macht, sich ihrer zu bemächtigen und erzählt dabei Lügen über Glaukus. Jener wiederum wird von der blinden Dienerin Nydia begehrt, die allerdings weiß, dass sie bei ihrem Rang keine Chancen beim Griechen haben wird. Sie bittet Arbaces um Hilfe und bekommt einen scheinbaren Liebestrunk als Geschenk. Doch der Trunk stimmt Glaukus nicht um, weil die Hexe am Fuße des Vesuvs, die Arbaces hierzu beauftragt hat, das Gebräu vergiftet hat. Just in dem Moment, in dem der Vulkan nach jahrelanger Stille wieder ausbricht und die Stadt dem Untergang weiht, kommt es zwischen den verschiedenen Völkergruppen zum Skandal …

_Meine Meinung_

Die Erde bebt, eine sprechende Statue kündet Unheilvolles an, und ein seltsamer Trank entfacht unter den Menschen in Pompeji ein Eklat – das ist die Geschichte vom Untergang der historischen Stadt, die nach außen hin so prachtvoll schien, innerlich aber von Hass, Rachsucht und intriganter Gotteslästerung zerworfen wurde. Und eben jene Geschichte, die bereits 1971 als Langspielplatte veröffentlicht wurde, wird nun erstmals als CD neu aufgelegt und setzt die Serie „Europa – Die Originale“ mal wieder etwas andersartig fort. Regisseur Konrad Halver versetzt uns zurück in die Zeit, zu der Griechen und Ägypter wegen ihrer verschiedenen Religionen arg verfeindet waren und sich in der Gemeinschaft nur schwer dulden konnten. Allerdings bezieht die Erzählung deutlich Stellung für die Hellenen, deren Figuren in „Die letzten Tage vom Pompeji“ die Rolle der ‚Guten‘ zukommt. In erster Linie ist es Glaukus, oftmals gebeutelt durch Verrat und unberechtigten Zorn, der hier den Part des intelligenten, wohlbesonnen Helden einnimmt und sich auch sofort die Sympathien der Hörer erkämft, während sein Kontrahent Arbaces von Beginn an als widerspenstiger, ungerechter Fiesling dargestellt wird, dem keine Lüge zu viel ist, um den Glauben an seine Götter aufrecht zu erhalten und gleichzeitig seine Macht und Liebe durchzusetzen.

Natürlich kommt es zu Konflikten, die im Hörspiel dann auch sehr spannend inszeniert wurden. Halver hat die Romanvorlage von Edward George Bulwer-Lytton daher auch kaum entschärft und die hasserfüllte Stimmung sowie die bösartigen Gefechte prima in seinen Plot aufgenommen. Gleich mehrere differenzierte Ausschreitungen zeichnen das Hörspiel, und immer wieder sind neue Personen am Geschehen beteiligt, so dass die Handlung ein wenig komplexer gerät. Allerdings liegt hier auch eine kleine Schwäche versteckt, denn dadurch, dass sich immer mehr Figuren in den aktiven Part der Geschichte einklinken, verliert man schon mal schnell die Übersicht, zumal die Sprecherstimmen, abgesehen von denen Glaukus‘ und Arbaces‘, sich in gewiser Weise schon ähneln. Dies wird noch durch den etwas rauen Ton verschärft, der zwar für sein Alter gut erhalten ist, aber eben auch die Zeichen der Zeit nicht verbergen kann.

Andererseits ist durch diese Vielseitigkeit auch flächendeckend für Spannung gesorgt, denn während der letzten Tage von Pompeji wird die Stadt gleich von mehreren Dramen heimgesucht, und jedes Mal sind wieder andere Menschen davon betroffen. Hinzu kommt, dass die Vertonung durch die gehobenere Sprache ein ganzes Stück anspruchsvoller erscheint, wenngleich es einleitend einer kurzen Gewöhnungszeit bedarf, bis man sich ‚hineingehört‘ hat. Von dort an macht das dreiviertelstündige Treiben in Pompeji allerdings auch eine Menge Spaß, vorrangig natürlich, weil bis auf den betitelten Untergang absolut nicht ersichtlich ist, was aus Jone, Nydia, Arbaces, Apäcides und natürlich Glaukus werden wird.

Der 15. Teil der „Europa-Originale“ zielt zwar auf ein bestimmtes Publikum, sollte jedoch nicht nur von Historienfreunden angetesten werden. Es handelt sich natürlich nicht gerade um ein modernes Lustspiel, aber immerhin noch um eine sympathisch aufgebaute, spannende und wirklich sehr unterhaltsame Produktion, die trotz oder vielleicht sogar wegen ihres außergewöhnlichen Erscheinungsbilds wunderbar in diese Serie hineinpasst – und nach der ziemlich schwachen Episode „Die Irrfahrten des Odysseus“ beweist, dass Hörspiele mit historischem Inhalt keinesfalls schlecht sein müssen.

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