Archiv der Kategorie: Rezensionen

Deschler, Kolb, Netti, Herrmann, Geddon, Timsit – Skullcrusher – The First 5 Years Of Decay

Herzlichen Glückwunsch!!!

Das SKULLCRUSHER-Magazin ist fünf Jahre alt geworden und hat es in dieser Zeit auf stattliche neun Ausgaben gebracht. Die mir vorliegende Ausgabe Nr. 9 ist Metal pur und hat es absolut in sich. Ein schöner, gehobener Schreibstil, der dennoch locker, flockig daher kommt, macht das Lesen der überaus informativen wie auch teilweise amüsanten Berichte einfach und lädt immer wieder zum Nachlesen ein. Man merkt den Fanzinemachern ihren Spaß an der Sache an und so verstehen sie es, mit Herzblut, Witz und Verstand interessante Artikel und Interviews zuverfassen.

Geboten werden unter anderem Stories von AMON AMARTH, verfasst vom General selber, der wohl ein absoluter Fan der genannten Band ist, NAPALM DEATH, IN FLAMES, CANNIBAL CORPSE, RIGER, ein endgeiles Interview mit DECIDE-Mastermind Glen Benton, TAETRE u.v.a.m. Die Ausrichtung konzentriert sich, wie man sieht, eher auf die härtere Gangart des Metals, wobei die Reviews, welche durchweg versiert geschrieben sind, sich auch auf andere Bereiche ausweiten. Hier wird einfach alles, was irgendwie mit Stromgitarren zu tun hat, rezensiert; von 30 SECONDS TO MARS über SEPULTURA bis hin zu ZED YAGO.
Sehr unterhaltsam ist die SCULLCRUSHER-History Pt. 1, in der die Herren Schreiber sich, mit einer dicken Portion Selbstironie, selbstbeweihräuchern – muss man gelesen haben. Hieran anknüpfend ist das SKULLCRUSHER-Quiz mit Fragen wie z.B.: Was empfiehlt sich bei einer Schlüsselgeißelung auszurufen?
a) Mea Culpa
b) Vergib, mir Herr
c) Nein, Nein, Nein
d) Ich will geläutert sein
e) Aua
Auch diese Frage kann man nur beantworten, wenn man den oberscharfen Bericht „Dein Schlüssel zur Geißelung“ gelesen hat, Zwerchfellkrampf garantiert.

Ein besonderes Metalbonbon ist die THE SIXTH INCUBATOR-Aktion, denn im vorliegenden Heft ist das Coverartwork der aktuellen CD der genannten Band beigelegt, und man muss sich nur noch die Songs kostenfrei von der Website ziehen, dann kann man sich die CD selbst zusammenschrauben; coole Aktion, wie ich finde. Hier die Webadresse:

http://www.skullcrusher.net

Das SKULLCRUSHER-zine ist definitiv Metal und hat es verdient, von jedem echten Metaller bestellt zu werden, zumal die Jubiläumsausgabe umsonst ist, lediglich 1,- Euro (für P+V) Unkosten fallen an.

SKULLCRUSHER Magazine
c/o Harald Deschler
Jörgstr.9
88410 Bad Wurzach
E-Mail: skullcrushermagazine@web.de

Cussler, Clive / Kemprecos, Paul – Todeswrack, Das

Clive Cussler war während des Koreakrieges Flugzeugingenieur und Mechaniker der US Air Force, wurde in seiner zweiten Karriere als Autor und Produzent für Radio- und Fernsehwerbekampagnen bekannt und hat an Expeditionen auf der Suche nach vergessenen Goldminen und versunkenen Schiffen teilgenommen. Mit seinem mittlerweile 14. in Deutschland erschienenen Buch „Das Todeswrack“ – zwei weitere Romane sind bereits als gebundene Ausgabe angekündigt bzw. erhältlich – bricht Cussler mit einer Tradition: Zum ersten Mal spielt sein legendärer Held Dirk Pitt, eine Mischung aus James Bond und Indiana Jones, nicht mehr die Hauptrolle, was wohl auf die Hauptarbeit des „Co“-Autors zurückzuführen sein dürfte.

Als die Meeresarchäologin Nina Kirov an der marokkanischen Küste Artefakte entdeckt, die bisher nur in Mexiko gefunden wurden und auf die Olmekenkultur in den Jahren 700-800 v. Chr. datieren, wird ihre Expedition überfallen und ermordet. Nur mit knapper Not kann sie dem Überfall entkommen und wird von Kurt Austin und Joe Zavala, Kollegen von Dirk Pitt im Dienst der NUMA (National Underwater & Marine Agency), gerettet.

Zuerst getrennt, später gemeinsam, machen sich die drei mit Unterstützung weiterer NUMA-Mitarbeiter an die Aufklärung des Überfalls und kommen einem Geheimbund auf die Spur, der seit Jahrhunderten besteht und mit allen Mitteln wissenschaftliche Beweise über den kulturellen Austausch zwischen alter und neuer Welt vor Christoph Columbus vernichtet.

Während die Meeresbiologin Gamay mit einem mexikanischen Professor auf der Flucht vor |Chicleros| (Tempelräuber) in Yucatan ein antikes Navigationsinstrument entdeckt, tauchen Austin und Zavala vor Nantucket zum Wrack der absichtlich versenkten |Andrea Doria| nach weiteren Artefakten, die zu einem sagenhaften Schatz der Maya führen sollen – immer gejagt vom Anführer der geheimen Bruderschaft, der sich als Nachkomme des Gottes Quetzalcoatl sieht und mit diesem ein neues Weltreich der Maya errichten will.

Cusslers Werke sind einfach gestrickte Abenteuerromane ohne besonderen Anspruch auf wissenschaftliche Realität. Nichtsdestotrotz ist jedes seiner Bücher ungemein spannend und bietet kurzweilige Unterhaltung. „Das Todeswrack“ macht dabei keine Ausnahme, zählt aber dennoch zu den schwächsten seiner Romane.
Die Hauptrollen des Heldenpaars Pitt/Giordino wurden nur halbherzig gegen deren Kollegen Austin/Zavala ausgetauscht. Die Charaktere sind zu ähnlich, unterscheiden sich nur in Nuancen und wirken dadurch wie Abziehbilder der bekannten Identifikationsfiguren, leider ohne deren (selbst-)ironischen Witz. Die Story folgt in Struktur und Aufbau allen Vorgängerromanen, weist aber erstmals einige Längen auf, wie zum Beispiel bei der Flucht von Gamay und Professor Chi vor den Chicleros und der fast krampfhaft konstruiert anmutenden Zusammenkunft mit ihren Rettern. Leider erscheint auch das große Finale nicht ausreichend spektakulär.

Neueinsteigern seien ältere Werke wie „Der Todesflug von Cargo 03“, „Um Haaresbreite“ oder „Operation Sahara“ empfohlen.

Stephan Baum – Korbinian – Das unbekannte und rätselhafte Leben eines europäischen Heiligen

Der Titel „Korbinian – Das unbekannte und rätselhafte Leben eines europäischen Heiligen“ lässt zunächst auf einen recht fachspezifischen Text schließen, aber eine Lektüre verdeutlicht, dass dieses Buch des Amateurhistorikers Stephan Baum weit davon entfernt ist, ein trockenes Spezialistenwerk zu sein. Der Autor verbleibt zwar im historisch süddeutschen Raum und konzentriert sich auf das Leben und Wirken des Heiligen Korbinian, nimmt dies aber vielmehr zum Anlass, das Mysterium der Heiligen in frühmittelalterlicher Zeit zu beleuchten und dabei eine Vielzahl von Themen und Randbemerkungen aufzugreifen.

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King, Ross – Labyrinth der Welt, Das

England, Mitte des 17. Jahrhunderts. Der von Asthma, Kurzsichtigkeit und einem Klumpfuß geplagte Buchhändler Isaac Inchbold führt einen beschaulichen Laden auf der London Bridge, den er nur ungern verlässt und sich lieber in aller Ruhe seiner Arbeit und den Büchern hingibt, während er die allzu hektische Außenwelt der Metropole London aussperrt. Mit dieser einsiedlerischen Beschaulichkeit ist es vorbei, als er durch einen Brief der Lady Marchamont und seine anschließende, eher widerwillige Reise zu ihrem Anwesen den Auftrag erhält, ein verschollenes, höchst seltenes und geradezu mystifiziertes Pergament namens „Das Labyrinth der Welt“ wiederzubeschaffen, das Teil des mysteriösen |Opus Hermeticus| ist. Natürlich stürzt ihn dieser interessante, aber scheinbar harmlose Auftrag in ein labyrinthisches Gewirr aus Intrigen, Geheimnissen, Verbrechen und Verschwörungen der Mächtigen, wobei Politik und Kirche eine nicht unerhebliche Rolle spielen.

Abseits von wirr konstruierten Verschwörungsromanen gelingt es Ross King, ein authentisches und sehr lebendiges Bild des damaligen England zu entwerfen und die Bedeutsamkeit bestimmter Schriften vor Augen zu führen, ähnlich wie dies bei Umberto Eco in „Der Name der Rose“ geschieht – ein Vergleich, der sich bei Büchern und Labyrinthen natürlich geradezu aufdrängt. Überhaupt findet man viele kleine literarische Anspielungen und Hintergründe in diesem genussreichen Werk, das besonders für wahre Buchliebhaber eine literarische Gaumenfreude ist, ohne allerdings durch die allzu wortgewaltige und überdetaillierte Fachkundigkeit Ecos zu verwirren und abzuschrecken. Der Antiheld Inchbold stolpert mehr gezwungen als gewollt von einer misslichen Lage und brenzligen Situation in die nächste, hat aber ausreichend Stärken auf intellektuellem Gebiet, um der Lage gewachsen zu sein und jedem Fan von Sherlock Holmes mit seinem kriminalistischen und bibliophilen Spürsinn ein erquicklicher Begleiter durch die Abenteuer zu sein, die Leser wie Held erwarten.

Der Autor

Der Autor, Ross King, lebt und schreibt in Oxford, hat an der York University promoviert und wurde durch sein erstes Buch „Die Masken des Domino“ bekannt. Und was liegt für einen Literaten näher, als einen historischen Detektivroman als Ode an das Buch zu entwerfen und in die Zeit zu legen, in der ein Buch noch eine ganze Welt verändern konnte. Ein stiller Genuss, der, ohne es mit der Komplexität von Inhalt und Sprache zu übertreiben, zu unterhalten wie auch zu unterweisen weiß.

|Originaltitel: Ex-libris, 1998|

Deutermann, P.T. – Am Abgrund

Der amerikanische Autor P.T. Deutermann war Captain der U.S. Navy und schreibt seit einigen Jahren erfolgreich Militär- und Actionthriller, die bei uns jedoch weitgehend unbekannt geblieben sind. Im Gegensatz zu den bekannten Genregrößen wie Clancy, Brown, Coonts und den Newcomern wie Harry und Cobb wird bei Deutermann jedoch selten der High-Tech-Krieg zelebriert und/oder die omnipotente Schlag- und Feuerkraft der amerikanischen Militärmacht glorifiziert. Seine Protagonisten sind zumeist demotivierte mittlere Dienstränge am Ende ihrer Karrieremöglichkeiten, die ihre Illusionen in den Schützengräben des militärischen Verwaltungsapparates verloren haben und an der Autorität und Kompetenz ihrer Vorgesetzten zweifeln. Mit ‚Am Abgrund’ legt Deutermann einen Thriller vor, in dem FBI und U.S. Army sowie die privatisierten amerikanischen Eisenbahnen den Hintergrund stellen.

Als eine große Eisenbahnbrücke über den Mississippi gesprengt wird, erhält Assistant Director (AD) und Leiter einer staats- und behördenübergreifenden Ermittlungsabteilung, Hush Hanson, vom FBI den Auftrag, den Fall gemeinsam mit seiner ihm neu zugeteilten Stellvertreterin Carolyn Lang aufzuklären.

Zur gleichen Zeit muss ein beschädigtes Transportflugzeug der Army auf dem Flugfeld eines Waffen- und Munitionsdepots notlanden, in dem zurzeit ein Bahntransport mit zur Entsorgung vorgesehenen chemischen Waffen zusammengestellt wird. Das Gelände wird in kürzester Zeit durch eine Einheit des Special Operations Command (SOC) zur Sperrzone erklärt, da die Ladung des Flugzeugs aus defekten russischen Torpedos mit atomaren Gefechtsköpfen besteht. Der bereits genehmigte und geplante Bahntransport der Chemiewaffen soll nun auf angebliche Anweisung höchster Stellen dazu benutzt werden, die Gefechtsköpfe zu einem Entsorgungslager zu transportieren, da ein Weitertransport per Flugzeug aus technischen Gründen nicht möglich ist.

Dazu muss aber der Mississippi überquert werden, der Attentäter macht jedoch nach der ersten gesprengten Brücke nicht halt und schaltet nacheinander weitere Übergänge durch Sabotageakte aus. Während die Ermittlungen des FBI nur mühsam voranschreiten, muss der Zug immer wieder umgeleitet werden und der Leiter des Transports stößt ständig auf bürokratische und technische Hindernisse. So entsteht ein dramatischer Wettlauf, bei dem sich unaufhaltsam alles auf den Showdown hinsteigert.

Der Roman lebt von den Konfliktsituationen der Beteiligten an den einzelnen Handlungssträngen. Da ist der FBI-Ermittler, der nur langsam herausfindet, dass dieser Fall entscheidend für seine weitere Karriere ist und seine intriganten Vorgesetzten ein übles Spiel mit ihm treiben. Der Attentäter, der aus Rache für ein persönliches Schicksal die Eisenbahngesellschaften zur Verantwortung ziehen will. Der Army Colonel, der sich in ständigem Streit mit der Transportmannschaft aus Karrieregründen eigenmächtig über Befehle hinwegsetzt und verantwortungslos die Zivilbevölkerung gefährdet.

Der Leser weiß schon sehr viel früher als die Ermittler, wer der Attentäter ist. Die Spannung entsteht auch weniger durch die Suche nach dem Täter, sondern aus der Frage, ob und wie dieser es schafft, weitere Brücken zu zerstören.

Zum Showdown hin wird die Handlung etwas zu vorhersehbar, wobei einzelne Aktionen dennoch für die eine oder andere Überraschung sorgen. Kleinere Kritikpunkte sind die etwas unverständlichen Beschreibungen der Brückenkonstruktionen sowie, für Freunde und Kenner des Genres, die gelegentlich vollkommen misslungenen Übersetzungen militärischer Fachbegriffe.

Ansonsten ist Deutermann ein spannender und atmosphärischer Thriller gelungen, schnörkellos und ohne Längen, der gut ausgewogen Actionszenen, militärisches, wirtschaftliches und polizeipolitisches Hintergrundwissen mit gut nachvollziehbaren und einfach geschilderten Psychogrammen der Protagonisten verbindet.

Hubert Zeitlmair – Die Säulen von Atlantis

Dass mit unserer Geschichtsdatierung, insbesondere der Zeit vor der Antike, so einiges nicht stimmen kann und unsere Vorstellungen vom Können und der Gesellschaft jener alten Zivilisationen zwingend korrigiert werden müssen, was auch immer wieder geschieht, ist offenkundig. Allzu viele Funde, zumal Schriftfunde und technisch meisterhafte Titanenbauten, lassen sich einfach nicht in das noch vor kurzem als schulwissenschaftliche Wahrheit verkaufte Konstrukt des etablierten, selbst beweihräuchernden Wissenschaftsbetriebes eingliedern. Das Korsett ist zu eng geworden und passt nicht mehr.

Mit dem bayrischen Privatgelehrten Dr. h.c. [Hubert Zeitlmair]http://www.maltadiscovery.com tritt ein weiterer Forscher den Feldzug gegen festgefahrenes Denken an, und erfreulicherweise begnügt er sich nicht damit, von anderen abzuschreiben und Ideen zu übernehmen, sondern ist selbst archäologisch vor Ort aktiv, um in diesem Fall in Zusammenarbeit mit befreundeten Wissenschaftlern und Fachexperten die Vorgeschichte Maltas zu erforschen. Mit diesen Forschungen hat er sich über Publikationen in Fachzeitschriften hinaus einen Namen gemacht, spätestens seit seiner Entdeckung des „Unterwassertempels“ Gebel Gol Bahar sowie der Auffindung und Übersetzung von Steintafelschriften. Wenn man sich die Frage stellt, wie ein solcher Tempelkomplex in diesen Wassertiefen liegen kann, ist man schon auf der richtigen Spur. Dabei sei angemerkt, dass man kürzlich – nach Studium mythischer Texte – auch eine Stadt in den Wassern vor Indien fand, außerdem künstliche Monumentalstrukturen vor der Küste Japans, um nur zwei Beispiele zu nennen. Das dürfte so manchen Historiker ins Grübeln bringen.

Malta ist ein ganz außergewöhnlicher Ort – und dies über den schon oberflächlich merklichen Rahmen hinaus, wie der Autor in seinem Buch aufzeigt. Doch bereits die neutralen Fakten machen diese eher unwirtliche Mittelmeerinsel – es gibt dort nicht einmal Grundwasser – zu einem erstaunlichen Zentrum der Altertumsforschung. So gibt es hier auf vergleichsweise engem Raum 25 bislang entdeckte Tempelkomplexe, die in ihrer Struktur einzigartig erscheinen; überdies etliche unterirdische, ebenso ungewöhnliche Tempelanlagen. Allerdings ist es eher zweifelhaft, dass es sich hier um „Tempel“ handelt. Die Fachwelt schmeißt bei allzu alten Strukturen gern sofort mit „Ritualplatz“, „Altar“, „Opferstein“ und „Tempel“ um sich, damit das Bild vom primitiven, vorkulturellen Menschen (mit extrem viel Langeweile zum Errichten monströser Megalithbauten?) wieder passt. Ganz Malta ist außerdem praktisch durchlöchert wie ein Schweizer Käse und mit Tunnelsystemen, Höhlenkomplexen und Tempelstrukturen (wirklich „Tempel“?) durchzogen. Das ist im Hinblick auf die Größe, Lage und Unwirtlichkeit der Insel geradezu bemerkenswert. Ungewöhnlich wirken diese und andere Details allerdings nur unter eingefahrenem Blickwinkel und wenn man die zeitlichen Abläufe aus den Schulbüchern unreflektiert abnickt. Zeitlmair macht sich daran, diesen zu weiten und Horizonte des Denkens zu eröffnen, um für den richtigen Über – und Durchblick zu sorgen.

Dabei bedient er sich auf den gut 300 Seiten Paperback einer zumeist recht lockeren Sprache, die gelegentlich schon zum Schmunzeln anregt. Insbesondere der ersten Hälfte des Buches kommt zugute, dass in bester Tagebuchmanier auf Entdeckungsreise gegangen und mit prosaischen Einschüben gearbeitet wird, was dem Lesefluss sehr zuträglich ist und „Die Säulen von Atlantis“ vom Einstieg bis zum hinteren Teil geradezu zum Nägelkauen spannend macht. Zeitlmair erspart dem Leser allzu viel parallele Literaturrecherche, indem er einführende Exkurse zu geologischen, erdgeschichtlichen, astronomischen und linguistischen Themen, die notwendigerweise herangezogen werden müssen, in den Entdeckungsbericht und seine geschlussfolgerten Theorien einbezieht. Interessant ist neben der Betrachtung überlieferter „Heiliger Bücher“ wie den Bibeltexten die Nutzung alter Schriften, die sich auf Stein im Altsanskrit nicht nur auf Malta finden lassen, sondern mit absolut identischen inhaltlichen Bezügen praktisch rund um die Welt; hier wäre sogar Raum für weitere Recherchen und Verbindungen. Auch um esoterisch-mythologische Bezüge kommt er nicht herum bei diesem Thema; hierbei ist es interessant zu erfahren, dass seine Forschung zunächst gar nichts mit dem Atlantismythos zu tun hatte und schon gar nicht mit spiritistischen Elementen, die während der Untersuchungen zum Vorschein kamen und sich einfach so ergaben.
Zum Letztgenannten fiel mir eine Parallele ein, die mit der erst im 20. Jahrhundert erfolgten Entdeckung und Freilegung der Abtei von Glastonburry zu tun hat, was den Entdecker schlagartig und über mehrere Jahrzehnte zum berühmten Archäologieexperten adelte – bis er irgendwann preisgab, diese Entdeckung mit Hilfe präziser Angaben zur Lokalisierung, zum Aufbau und zu vielfältigen, sich später bestätigenden Details über die Abtei durch ein spiritistisches Medium gemacht zu haben. Fortan war er Amt und Würden los und beschied ein verhöhntes Restdasein bis zu seinem Tode, der Großartigkeit seiner Entdeckung zum Trotze, die man in einem Atemzug mit der Entdeckung Trojas nennen darf. Doch dies nur als Randbemerkung. Es lebe „die neue Inquisition“.

Zurück zu Zeitlmair: Zwar erliegt er notgedrungen dem gleichen „Fehler“, den er seinen Fachkollegen ankreidet, indem er für seine schlüssigen und konsistenten Theorien bestimmte Vorannahmen machen muss, aber ohne diese Schwachpunkte ist es leider nicht möglich, Theorien zu konstruieren. Zeitlmair schließt da für meinen Geschmack etwas zu schnell auf „offensichtliches“ und „eindeutiges“, vielleicht ohne zu merken, dass auch hier Erwartungshaltung und bereits vorgefasste Grundthesen hineinspielen. Dessen ungeachtet bietet der Autor hier das bislang schlüssigste und von Nachweisen und Querverbindungen geradezu strotzende Theoriegebäude zum Themenkomplex einer atlantischen, vorsintflutlichen Hochkultur, und die Sachlage erscheint auch mir recht evident, insbesondere, wenn man bereits Gelesenes und Entdecktes in den so entfalteten Gesamtzusammenhang einordnet. Das Buch bringt so einige Glöckchen im Kopf zum Klingeln und könnte die Basis für einen kompletten theoretischen Überbau zur Atlantisforschung darstellen. Trotz aller Querbezüge sind nämlich bei weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, weltweite Parallelen aufzudecken und in Bezug zueinander zu stellen. Doch das wäre eher die Arbeit für eine umfassende Enzyklopädie. Allemal sind die dargelegten Fakten und Schlüsse sinniger als die verkrampften Märchenkonstrukte der etablierten Wissenschaft, die allerlei lustige Flachheiten ersinnt, um unpassende Funde und Texte passend zu verwursten.

Aufgelockert wird dieses unentbehrliche Buch, das im Oktober 2002 in der zweiten Auflage erschien, durch 95 Fotos und (teils ausgezeichnete) Skizzen sowie ein umfangreiches Quellenverzeichnis, das Lust auf weitere Leserecherche macht – wenn man schon nicht selbst vor Ort das Staunen lernen darf. So leset und staunet und vor allem – lernet! Der Geist ist frei.

Aus dem Inhalt:

• Prolog
• Einleitung
• Beschreibung
• Der unendliche Anfang
• Eine festgefahrene Lehrmeinung
• Viel Stein auf kleinstem Raum
• Mnajdra – ein Kalender in Stein
• Die Suche beginnt
• Ausflug ins Eiszeitalter
• Enuma Elisch, das Epos der Schöpfung
• Unterbrechung auf amerikanisch
• Die Spur wird heiß
• Die Botschaften der Spirits
• Die Gedanken verdichten sich – Der Tempel unter Wasser
• Gebel Gol Bahar
• Die 25 Tempelsteinkreise – „Observatorien“?
• Die Funktion der Himmelmechanik
• Die Präzession – Das große Geheimnis der Zeitmessung
• Wenn die Nibiru angeflogen kommt
• Der Planet X oder der X. Planet
• Die Schrift
• Hagar Qim und das Sonnenrad
• Das terrestrische Gitternetz und die Tempel-Steinkreise
• Ein Labyrinth – Bergbau und Kupfererz
• Das Hypogäum
• Riesen – Giganten, die erste intelligente Rasse der Menschheit
• Der Cornerstone
• Fazit
• Epilog
• Abbildungsverzeichnis
• Quellenregister

Margaret Weis & Tracy Hickman – Himmelsstürmer (Die Vergessenen Reiche 1)

Manchmal merkt man, dass man alt wird. Mit einer Tasse heißer Schokolade bewaffnet, setze ich mich gemütlich an eine Besprechung der Saga „Die Vergessenen Reiche“ und recherchiere ein wenig zu aktuellen Informationen dazu, nur um festzustellen, dass es zehn (!) Jahre her ist, seit ich mir meine Paperback-Version der sieben Bände zulegte und es inzwischen – natürlich – eine Taschenbuchversion dazu gibt, die zudem nur zwei Drittel dessen kostet, was ich dazumal dafür hinlegte. Gut, der leidlich zerfledderte Zustand der Bücher hätte mir eigentlich Hinweis genug sein sollen. Das habe ich gerade gebraucht, wo bleibt mein Rollstuhl? Aber dennoch: Auf geht’s! Mir nach!

Margaret Weis & Tracy Hickman – Himmelsstürmer (Die Vergessenen Reiche 1) weiterlesen

Hans-Werner Sachmann – Operation Sigiburg

Diejenigen, die Schulwissen für gesichert halten und alternative Erklärungsansätze als zu belächelnde Spinnerei erkannt haben, mögen an dieser Stelle direkt das Lesen dieses Textes beenden – es erspart ihnen Kopfschmerzen und unnötige Denkanstrengung. Für alle anderen gibt es im Folgenden hoffentlich Interessantes und Ungewöhnliches und gerade daher Lesenswertes zu entdecken.

„Operation Sigiburg“ – Unter diesem Titel erschien kürzlich ein inzwischen mehr als zwanzig Jahre alter Aufsatz von Hans-Werner Sachmann in neuem Gewand. Da der Schrift Vorworte von Erich von Däniken und Walter-Jörg Langbein vorangestellt sind – den beiden wohl bekanntesten deutschsprachigen Autoren alternativer Geschichtsforschung und der Prä-Astronautik –, nimmt es nicht Wunder, dass wir es hier mit Material zu tun haben, das seltsame Vorgänge, die sich in Legenden überlieferten, kritisch beleuchtet, offizielle Erklärungsversuche anzweifelt und letztlich Schlüsse zieht, die Einflüsse außerirdischer oder zumindest entgegen dem Geschichtsbild ungewöhnlich hoch entwickelter Kulturen ins Spiel bringen. Dabei wandert Sachmann nicht in ferne Gefilde und Vergangenheiten, sondern befasst sich mit deutscher Geschichte, die im Vergleich zu beispielsweise Dänikens Hauptbetätigungsfeld noch gar nicht so lange zurück liegt.

Es geht in diesem mit zahlreichen Schwarzweißfotos und Skizzen angereicherten Heft um den größten aller deutschen Herrscher, der wie aus dem Nichts ein geeintes und machtvolles Imperium aus dem Boden stampfte – um Karl den Großen und sein historisches Umfeld. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf den Überlieferungen und Legenden, die sich um die Schlacht zwischen Franken und Sachsen um das Jahr 776 an der Sigiburg, dem heutigen Dortmund-Hohensyburg, ranken. Dazu wird verstaubtes Archivmaterial ausgegraben, letztlich Ergebnis mehrjähriger Forschung und Suche, und in ähnlicher Weise beleuchtet, wie dies mit heiligen Schriften wie der Bibel oder den altindischen Sammlungen bereits getan wird. Es ist schließlich kein großer gedanklicher Schritt und nicht weniger sinnvoll, von „Engelserscheinungen“, „göttlichem Feuer“, „Elohim“, „Seraphim“, „Himmelswagen“ und „fliegenden Rossen“, die Feuerfeile verschießen, auf technische Hilfsmittel einer hoch entwickelten Kultur zu schließen und den religiösen Charakter dieser Legenden, dem Kargo-Kult folgend, auf das Wirken außen stehender, aber durchaus realer Mächte zu erweitern. Welche recht erstaunlichen Zusammenhänge sich unter Annahme dieser – wissenschaftlich nicht a priori ablehnbaren – Prämissen ergeben, wird jedem Interessierten im Bereich von Paläo-SETI vertraut sein. Umso wunderbarer, mit diesen Forschungen zur Abwechslung auf eigenem Terrain und in unmittelbarer Historie zu verbleiben – und umso angreifbarer als These. Allerdings ist seit Erscheinen der Abhandlung niemand auf diesen Kreuzzug wider den Geschichtsfrevel gezogen; vermutlich deshalb, weil es sich durchaus um einen legitimen Erklärungsansatz handelt, der gemeinsam mit einer Vielzahl weiterer Veröffentlichungen aus dieser Perspektive konsistent ist und zunächst als These seine Berechtigung hat.

Und so wird neben oben erwähnter Legende aus der Zeit Karls des Großen noch das Wirken des heiligen Reinold, Schutzpatron von Dortmund, betrachtet und in einen Zusammenhang gebracht, der mich sehr stark an bereits bekannte Muster und Berichte in andren Kulturen erinnerte. Zudem werden Parallelen zu einer Vielzahl von Front-Berichten aus der Zeit des Ersten Weltkrieges gezogen, was ich besonders interessant finde. Eingebettet in diese parallelen Muster erhalten die Darstellungen Sachmanns ein Fundament, das weitere Überlegungen und Zusammenhangsdarstellungen in dieser Richtung motiviert und zu einer neuen Betrachtungsweise anregt, die ich jedem, dem die klaffenden Löcher und Wunden im Schulwissenschaftskörper nicht entgangen sind, nur wünschen kann und somit sei diese Schrift eben jenen zur Lektüre empfohlen – es lohnt sich, liest sich in einem Zuge interessant und spannend von der ersten bis zur letzten Seite und bietet, dank eines historischen Überblickes, auch für Amateurhistoriker mit der Fähigkeit zur Abstandsbetrachtung genug Material von Interesse. Auf die näheren Inhalte und aufgezeigten Schlüsse möchte ich nicht eingehen, um dem Leser die Spannung zu erhalten.
Einziger Wehrmutstropfen ist die kurz gefasste Bündigkeit, die weitere Lektüre zu derlei Erklärungsmodellen bei weiterem Interesse notwendig macht, da sonst einige Schlüsse etwas voreilig erscheinen, im Zusammenhang mit andren Veröffentlichungen dazu aber vollständiger werden. Mir persönlich widerstrebt der sofortige Schluss auf außerirdische Einflüsse etwas, da durchaus auch andre Möglichkeiten in Betracht kämen, wie zum Beispiel unbekannte und verschollene Hochkulturen oder gar menschliche Evolutionszweige, vielleicht auch im Verborgenen agierende Gruppen großen Wissens – es wäre nicht das erste Mal, dass man plötzlich Völker ungeahnten Entwicklungsstandes entdeckt; so alt sind unsere Erkenntnisse über einige bekannte Völker dieser Kategorie auch noch nicht. Nichtsdestotrotz werden die zweifelhaften Erklärungen der „Fachwelt“ hinterfragt, die Unstimmigkeiten aufgezeigt – und die letztendlichen Schlüsse sollte jeder Leser für sich selbst ziehen.

Aus dem Inhalt:

• Vorwort von Erich von Däniken
• Über den Autor und sein Thema (von Walter-Jörg Langbein)
• Einleitung 2002
• Einleitung 1981
• Historisches
• Die Legende
• Analyse und Deutung der „Sigiburg-Sachsenschlacht-Legende“
• Reinold
• Quellennachweis

Broschüre: 44 Seiten
Bestellmöglichkeit auch direkt über den Ancient-Mail-Verlag

Frater Eremor – Im Kraftstrom des Satan-Set – Der Pfad der dunklen Einweihung

Eremor verbindet hier Set und Satan und zeigt eine Tradition voller archaischer Bezüge einerseits und visionärer Möglichkeiten andererseits.

Als größte Schwäche erschien mir zuerst die geringe Systematik, die Kapitel bauen nicht linear aufeinander auf – dass hier der Pfad der dunklen Einweihung beschrieben wird, ist nicht immer deutlich. Doch beim Lesen wird der Vorteil dieses Aufbaus bald deutlich: die Kapitel sind für sich verständlich, man kann überall einsteigen und je nachdem, welches Thema nach welchem gelesen wird, ergeben sich immer neue Zusammenhänge. Das regt das eigene Nach- und Weiterdenken weit mehr an als jeder noch so gute, festgelegte Themenaufbau. Die Kapitel sind Puzzlestücke, die dem Leser Vorschläge machen. Du kannst sie annehmen oder nicht, wie Du willst.

Frater Eremor – Im Kraftstrom des Satan-Set – Der Pfad der dunklen Einweihung weiterlesen

Baecker, Dirk / Krieg, Peter / Simon, Fritz B. (Hrsg.) – Terror im System – Der 11. September 2001 und die Folgen

„Terror im System“ zeigt, wie und aus welchen Gründen der Westen weiterhin seine eigene Rolle beim Anschlag vom 11. September verdrängt. Durch den 11.9. zerplatzte der westliche Traum von Frieden und Sicherheit und es wurde deutlich, dass Terror gerade für die Länder der „Ersten Welt“ eine Gefahr darstellt, die nicht gebannt werden kann (höchstens eingedämmt). Wie kam es zu diesem Konflikt? Worin besteht er? Wie könnte er wirklich gelöst werden oder zumindest reguliert? Die Autoren des Sammelbandes legen erstmals eine systemische Analyse des Terrors als globalem Phänomen vor.

Gemeinsam ist allen Autoren (es sind insgesamt zwölf) der systemtheoretische Hintergrund bei der Erörterung verschiedenster Aspekte globalen Terrors; angefangen bei der Frage, was Terror(ismus) ist, über politische Aspekte und Auswirkungen auf die Weltpolitik, Djihad und Menschenrechte, die „ewige Gerechtigkeit“, bis hin zum Schock für die Gesellschaft und die Rolle der Medien (die nicht nur eine abbildende ist). Das Buch ist auch ohne Vorwissen über Systemtheorie für interessierte Laien gut verständlich und kein trockener Stoff.

Das wichtigste ist m.E., dass durch die systemische Betrachtungsweise neue Standpunkte zum Terrorismus möglich sind: eine kritische Position zum Terror und Kritik an den Vergeltungsmaßnahmen der cowboymäßig agierenden Weltmacht USA. Oder keines von beidem. Je nachdem. Nachdem Bushs Slogan „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ zum Paradigma erhoben wurde, war Kritik egal welcher Art zugleich eine Kampfansage an die gesamte westliche Welt. Durch dieses Buch wird Terrorismus als Teil des (Welt-)Gesellschafts-Ganzen verständlich. Es stellen sich Fragen nach wechselseitigen Bedingtheiten und Folgen, die zuvor verschleiert wurden. Nach Ansicht von Simon z.B. ist es schädlich, einen Krieg gegen den Terrorismus zu führen. Begründung: „Kriege sind Systeme, die sich durch die gegenseitigen Grausamkeiten der Kontrahenten die Gründe für ihre Fortsetzung selbst liefern.“

Ein Jahr ist vergangen, seit am 11. September 2001 die Doppeltürme des New Yorker Wold-Trade-Centers in sich zusammensackten. In nachdenklicher Distanz zum damaligen Geschehen versucht dieses Buch, das zunächst Unfassbare fassbar zu machen. Es zeigt sich, dass der Westen noch(?) nicht gelernt hat, seine eigene Rolle in den globalen Zusammenhängen dieses Anschlages angemessen zu bewerten und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Dafür liefert der Band Hinweise und Ansätze für ein angemessenes Verständnis.
Ziel des Bandes sei es, so Baecker, „die Ambivalenz jedes Urteils, also auch des Urteils gegen den Krieg, herauszuarbeiten, um auf diese Art und Weise Material zur Reflexion möglicher Beobachtungen zu beschaffen und so überhaupt erst einmal Mut zur Beobachtung (und nicht zum wie immer erschrockenen Augenverschließen) zu machen.“
Diese bewusste Vieldeutigkeit drückt sich in unterschiedlichen Bewertungen der Autoren aus: Der französische Philosoph Alain Badiou liefert eine Begriffs-Analyse von Terrorismus: „Es ist bemerkenswert, wie es dazu kommen konnte, dass das Wort ‚Terrorismus‘, das eindeutig eine bestimmte Form der Ausübung der Staatsgewalt charakterisiert, nach und nach genau das Gegenteil bezeichnete (…)“, wundert sich der Autor. Am Ende seiner semantischen Entwicklung sei „Terrorismus“ heute im Grunde eine propagandistische Vokabel. „Sie enthebt aller vernünftigen Untersuchung der politischen Situationen, ihrer Ursachen und Konsequenzen.“

Insgesamt kein Buch mit glatten schnellen Antworten, dafür mit vielen Fragen für Selbst-Denker.

Knut Gierdahl
Chefredakteur der [AHA-Zeitschrift]http://www.aha-zeitschrift.de

Berzin, Alexander – Kalachakra – Das Rad der Zeit. Geschichte, Wesen und Praxis der bedeutendsten tantrischen Initiation

Der heute in Berlin lebende Amerikaner Berzin lebte 30 Jahre bei den sich im indischen Exil befindlichen Tibetern und studierte alle vier tibetischen Schulen. Er ist ein enger Vertrauter des Dalai Lama. Er gilt als wichtigster westlicher Experte der Kalachakra-Initiation und da diese im Herbst 2002 durch den Dalai Lama in Graz in einer spirituellen Massenveranstaltung übertragen wurde, wagte sich der Barth-Verlag an die Übersetzung des bereits fünf Jahre zuvor in den USA erschienenen Buches.

Kalachakra bedeutet die Fähigkeit, mit allen Situationen zu jeder Zeit umgehen zu können. Dies gelingt dem Autor in einfacher Weise – aber einzigartig umfassend – darzustellen. Für diejenigen, die wissen wollen, ob Kalachakra ein für sie begehbares System sein könnte, ist das Buch Pflichtlektüre. Kalachakra steht in engem Zusammenhang mit dem geheimnisvollen Shambhala-Reich, aber das Ziel von Kalachakra ist es nicht, Shambhala zu erreichen.
Eine Kalachakra-Initiation ist auch nicht dazu gedacht, Menschen zum Buddhismus zu bekehren, sondern gemäß den Idealen ihrer eigenen Religion zu leben und sich in Brüder- und Schwesternschaften mit anderen zu vereinigen, die dies ebenfalls tun. So unübersehbar dieses System in seiner Komplexität auch scheint, empfiehlt es sich für jeden, der die schon erwähnte Fähigkeit erwerben möchte, mit allen Situationen umgehen zu können, und das zu jeder Zeit und in jedem Umfang. Besonders wir westliche Menschen brauchen solche Systeme.
In unserer modernen Gesellschaft führen viele ein fragmentarisches Leben. Wir fühlen uns entfremdet von vitalen Komponenten, wie z.B. unserem Körper, unseren Gefühlen, unserer Kreativität oder unseren Eltern. Es ist schwierig, alles im Gleichgewicht zu halten und es zu integrieren. Es ist so, als ob wir viele Leben gleichzeitig führen würden – ein öffentliches und ein privates, ein Büroleben, ein Familienleben, dazu ein soziales, intellektuelles, spirituelles, ein Sport-, Vereins-, Ferien-, Muße- und ein politisches Leben. Die Situation wird sogar noch komplizierter, wenn es zu Scheidungen und Wiederverheiratungen gekommen ist.

Kalachakra befähigt, mit all diesen Elementen harmonisch eine ganze Person zu sein. Im Buch wird die Geschichte und der Hintergrund des Kalachakra erklärt, welches überraschende Bezüge zum gegenwärtigen Zeitgeschehen zutage bringt und ziemlich umfassend die vielen dabei zu leistenden Gelübde erklärt, gedeutet und kommentiert. Nach dieser umfangreichen Klärung, ob man sich überhaupt in der Lage sieht, sich auf’s Kalachakra einzulassen, folgt die Darstellung der praktischen Verpflichtung, d.h. der täglichen Arbeit. Auch wird der eigentliche Initiationsritus detailliert beschrieben.

Berthold Röth
für die [AHA-Zeitschrift]http://www.aha-zeitschrift.de

Gebhardt, Lisette – Japans neue Spiritualität

New Age im Land der aufgehenden Sonne.

Dies ist das wohl umfassendste und bestrecherchierte Buch zur japanischen Spiritualität und Religion der Gegenwart.
Japan? Das Fuji-Honda-Sony-Land, in dem die Angestellten in ihrer Firma wohnen? Nein, es wird eine Kultur vorgestellt, die auf ganz andere Weise vertraut und exotisch ist. Japan hat in viel kürzerer Zeit als die westeuropäischen Staaten die Entwicklung vom Nationalstaat zur internationalen Wirtschaftsmacht vollzogen und daraus resultieren die meisten Fragen, Probleme, Spannungen und Selbstfindungsansätze, um die es in “Japans neuer Spiritualität” geht.
Was mir zuerst auffiel: die Autorin liefert einen äußerst detaillierten, facettenreichen, widersprüchlichen Überblick der spirituellen Ansätze im heutigen Japan. Dadurch wird dieser Überblick viel mehr zum Abbild der tatsächlichen Situation, als o.g. Klischeevorstellung.

Ziel des Buches ist es, “Texte der japanischen Gegenwartsliteratur vorzustellen, die Religion und Religiöses/’Spirituelles‘ thematisieren. Zum anderen versucht [es], diese Texte im Umfeld einer ’neuen spirituellen Kultur‘ zu lokalisieren.” Besonders wichtig:
1. Eine wissenschaftliche Perspektive auf das Phänomen NewAge dürfte ungewohnt sein, da hierzulande das moralisierende Geschwafel der Amtskirchen jegliches Forschungsinteresse ad absurdum führt. Wenn man aber die Wechselwirkung von ‘spirituellen’ Fragen, Gesellschaft und dem Streben nach erlebbarer Religion unvoreingenommen beobachtet, sieht man Anderes als beim Versuch, ein Feindbild zu bestätigen.
2. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, möglichen Zukünften oder neuen Paradigmen sind komplexe Zusammenhänge. Diese können wir besser erkennen, wenn wir uns auf Entdeckungsreise ins fremde Japan begeben. Denn was uns selbstverständlich ist, sehen wir im Kontrast zum fremden Anderen.

Das Buch ist gespickt mit Quellenangaben, was das Lesen teils etwas erschwert. Buchbesprechungen, Artikel, öffentliche Diskussionen, zentrale Begriffe oder Biografien schnell vertiefen zu können, ist andererseits auch lohnenswert. Das Spektrum reicht von ‘Freaks’ über die AUM-Shinrikyo bis zu Künstlern und Schriftstellern – was ahnen lässt, dass das Intereesse an japanischer Spiritualität (was immer das genau sein mag) enorm ist.

Knut Gierdahl
Chefredakteur der [AHA-Zeitschrift]http://www.aha-zeitschrift.de

Peter Hertel – Schleichende Übernahme – Josemaría Escrivá, sein Opus Dei und die Macht im Vatikan

Peter Hertel beschreibt das ‚Opus Dei‘, das ‚Werk Gottes‘. Dessen Geschichte ist die Geschichte der erfolgreichsten kirchlichen Organisation der letzten Jahrhunderte. Angetreten mit dem Ziel einer Rekatholisierung der katholischen Mutterkirche, kann man viele Parallelen zur Gegenreformation und den Jesuiten ziehen. Dennoch kennen viele selbst nach 80 Jahren das Opus Dei nicht, nicht als fundamentale Hauptkraft der Papstkirche, die die Richtung des Vatikans bestimmt.

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