„Wer war Jack the Ripper?“ Bis jetzt gelang es wohl niemandem, diese Frage mit endgültiger Sicherheit zu beantworten. Seit 115 Jahren wurde versucht, dieses „Mysterium“ zu lösen und dabei hat man unzählige Theorien über die Identität des Rippers entwickelt. Einige davon klingen äußerst plausibel, jedoch beruhen alle auf Annahmen und Vermutungen. Für keine Theorie konnten bis jetzt schlüssige Beweise erbracht werden.
Fakt ist, dass zwischen dem 31. August und dem 9. November 1888 in Londons „East End“-Stadtteil Whitechapel fünf Prostituierte auf grausame Weise ermordet wurden. (Über die Jahre schwankte die Zahl der dem Ripper zugeschriebenen Morde, aber diese fünf werden von fast allen Autoritäten auf diesem Gebiet akzeptiert.)
Das erste Opfer, Mary Ann (Polly) Nichols, wurde am 31. August gegen vier Uhr morgens gefunden. Sie starb an zwei vertikalen Schnitten durch ihren Hals, die sowohl die Luftröhre als auch die Speiseröhre durchtrennten. Nach Aussage des herbei gerufenen Arztes war sie noch nicht länger als eine halbe Stunde tot und sie wurde an ihrem Fundort getötet. Von den befragten Anwohnern hatte jedoch niemand etwas Verdächtiges gesehen oder gehört. Im Leichenschauhaus wurde dann festgestellt, dass Polly’s Unterleib tiefe Messerschnitte aufwies, die ihr aber vermutlich erst nach dem Tod zugefügt wurden.
Das zweite Opfer, Annie Chapman, wurde am 8. September um sechs Uhr morgens gefunden. Obwohl die Straßen um diese Zeit schon belebt waren, hatte auch diesmal niemand etwas gesehen oder gehört. Der untersuchende Arzt vermutete, dass sie seit etwa zwei Stunden tot war. Annie Chapman wurde am Fundort vermutlich erst bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und anschließend mit einem Schnitt durch die Kehle getötet. Auch ihr Unterleib wurde nach dem Tod mit einem Messer zerschnitten.
In der Nacht vom 29. auf den 30. September wurden zunächst das dritte Opfer Elisabeth Stride und dann das vierte Opfer Catherine Eddowes gefunden. Elisabeth Stride, entdeckt um ein Uhr morgens in Dutfield Vard, war vermutlich erst eine halbe Stunde tot, als man sie fand. Ihr wurde die Kehle durchgeschnitten und ihr Unterleib wurde mit einem Messer ausgeweidet. Ebenso war es bei Catherine Eddowes, die etwas später am Mitre Square aufgefunden wurde.
Das fünfte und vermutlich letzte Opfer des Rippers war Mary Kelly, die man am 9. September in ihrem Zimmer mit durchtrennter Kehle und grausam verstümmeltem Unterleib fand.
Die wohl bekannteste und in Filmen und Büchern am meisten verwendete Theorie über die Identität des Rippers ist die „Königliche Verschwörung“ (die auch die Grundlage für den neuesten Ripper-Film „From Hell“, basierend auf einer Comic-Reihe, bildete):
Prinz Albert Victor, Enkelsohn von Queen Victoria, verliebt sich in ein armes Mädchen aus Whitechapel, schwängert und heiratet sie anschließend in einer geheimen Trauung. Um einen Skandal für die Queen zu vermeiden, müssen sowohl das Mädchen und ihr Kind, aber auch ihre fünf Freundinnen, die davon wissen, beseitigt werden. Der königliche Leibarzt nimmt sich der Sache an, bringt das Mädchen in ein Irrenhaus und erfindet für die fünf Freundinnen „Jack the Ripper“. Da diese Theorie sehr viele Lücken aufweist und Teile davon einfach erfunden wurden, gehört sie zu den weniger glaubwürdigen.
Die amerikanische Krimi-Autorin Patricia Cornwell, die vor allem durch ihre Kay-Scarpetta-Romane bekannt geworden ist, behauptet nun, dass die grausamen Morde von Englands angesehenem viktorianischen Maler Walter Sickert begangen wurden. Die ehemalige Polizeireporterin gab über sechs Millionen Dollar aus, um ihre Theorie mit Beweisen zu untermauern. Sie befragte Forensiker, DNA-Analytiker, Graphologen und Kunsthistoriker und kaufte mehrere Bilder Sickerts, um diese auf DNA-Spuren zu untersuchen. Diese wollte sie dann mit DNA-Spuren vergleichen, die eventuell auf einem oder mehreren von den 250 von Jack the Ripper unterschriebenen Briefen vorhanden waren. Leider hatte sie bei der Suche nach DNA-Spuren keinen Erfolg. Ihre Theorie stützt sich bislang also nur auf Vermutung und Indizien. So malte Walter Sickert einige makabre Gemälde, die Cornwell mit dem Ripper in Verbindung bringt. Auf einem seiner Gemälde will sie beispielsweise das Zimmer wiedererkennen, in dem Mary Kelly (Opfer Nr. 5) ermordet wurde. Außerdem hat sie herausgefunden, dass ein weithin als echt eingestufter Brief des Rippers das gleiche Wasserzeichen aufweist wie die Korrespondenz des Malers. Walter Sickerts psychologisches Profil scheint dazu für einen Serien-Killer maßgeschneidert zu sein. Er hatte einen gewalttätigen Vater und wurde mit einer Penis-Mißbildung geboren. Durch einen chirurgischen Eingriff im Kindesalter musste er wahrscheinlich mit einer Verstümmelung leben.
Patricia Cornwell schafft es aber in „Wer war Jack the Ripper?“, ihre Vermutungen auf packende und überzeugende Weise darzustellen. Vor allem die Beschreibungen der fünf Whitechapel-Morde sind sehr eindrücklich und nichts für schwache Nerven, obwohl, oder gerade weil sie ohne die in fiktiven Romanen übliche Effekthascherei beschrieben werden. Die Atmosphäre der viktorianischen Epoche wird durch die sorgfältige Recherche der Autorin überzeugend geschildert. Ein großer Nachteil bleibt jedoch, dass Patricia Cornwell in der Chronologie hin und her springt, was zwar dem wirklichen Verlauf ihrer Ermittlungen entspricht, es aber dem Zuhörer sehr erschwert, ihrem Versuch, Walter Sickert als Ripper zu überführen, zu folgen.
Die im Vergleich zum Buch gekürzte Hörbuchfassung wird im Wechsel von Fransiska Pigulla (bekannt als Synchronstimme von „Scully“ aus „Akte X“) und Stephan Benson gelesen. Sie besteht aus vier CDs mit einer Gesamt-Laufzeit von 293 Minuten. Negativ fällt das Papp-Booklet auf, das die CDs enthält. Es ist nicht sehr stabil und die CDs werden nur eingesteckt, können also jederzeit bei unvorsichtiger Handhabe herausrutschen und die Handhabung ist für die Oberflächenbeschichtung nicht gerade schonend.
Homepage der Autorin: http://www.patriciacornwell.com
Deutsche Infoseite zum Thema: http://www.jacktheripper.de