David Gemmell – Ritter dunklen Rufs. Heroic Fantasy

Vampire in Sherwood Forest

Einst waren die neun Ritter der Gabala strahlende Verfechter der Gerechtigkeit. Doch in ihrem Stolz sind sie dem Bösen verfallen und terrorisieren nun das Reich. Nur Manannan, der schwächste von ihnen, glaubt noch an ihre alten Werte. Ausgerechnet seine Feigheit hat ihn vor der Finsternis bewahrt. Um seinen alten Gefährten entgegenzutreten, will er eine neue Gabala gründen. Doch als zukünftige Ritter stehen ihm nur Diebe, Mörder und Ausgestoßene zur Verfügung. Manannan weiß, dass er keine Chance hat. Und dennoch muss er es versuchen! (Verlagsinfo)

Der Autor

David Gemmell (1948-2006), früher selbst einmal Soldat, ist der führende britische Autor (wenn nicht sogar weltweit) von Fantasy-Action-Romanen. Besonders bekannt wurde ab 1984 er mit der Drenai-Saga, in der kernige Helden wie „Druss die Legende“ in einem untergehenden mittelalterlichen Reich schier aussichtslose Kämpfe ausfechten.

Seine zweite Romansequenz dreht sich um die magischen Sipstrassi-Steine (1987-94). Dazu gehören auch einige Romane, die in einer Post-Holocaust-Zukunft angesiedelt sind („The Jerusalem Man“). Ein dritter Romankomplex umfasst die historischen Fantasien um Alexander den Großen: „Der Löwe von Makedonien“ und „Der dunkle Prinz“ (1990/91). Die Falkenkönigin-Duologie dreht sich um eine heldenhafte Kriegerin: „Eisenhands Tochter“ und „Die Keltenkriege“. Es handelt sich eindeutig um Heroic Fantasy.

Mit „Morningstar“ schrieb Gemmell Jugend-Fantasy und unter dem Pseudonym „Ross Harding“ mit „White Knight, Black Swan“ einen Gangster-Thriller. Zuletzt war er mit dem vierteiligen Rigante-Zyklus erfolgreich. Er starb im Sommer 2006 nach einer Herzoperation.

Handlung

Das Buch erzählt von der verschollenen Ritterschaft der Gabala, die einst im Reich den Armen und Geknechteten geholfen hatte und dabei sogar über dem Gesetz des Königs stand.

Eines Tages kehren acht dieser Ritter in menschlicher Gestalt, jedoch als Vampire zurück, die sich von der Lebenskraft vor allem junger Frauen ernähren. Unter ihrem Einfluss errichtet der König eine Schreckensherrschaft, gegen die sich aufrechte Bürger, Gesetzlose, in Ungnade Gefallene und schließlich die zauberkräftigen Männer des Reiches vereinigen, um die wahre Ritterschaft der Gabala neu zu bilden.

Der Kampf wird nicht nur auf der Erde, sondern vor allem in der magischen Sphäre des Geistes, sozusagen auf der Astralebene, ausgefochten. Und schlussendlich sind es die „Geister der Vergangenheit“, die dem Führer der Vampirritter Zweifel einflößen, die zu seinem Tod im entscheidenden Zweikampf führen.

Der interessanteste Einfall des Buches ist wohl die Schilderung der Hölle, in die die ursprünglichen Ritter der Gabala in ihrer Überheblichkeit geritten waren: ein wahres Paradies auf Erden, in dem die Menschen eine Art himmlischen, Lebenskraft spendenden Nektar trinken statt zu essen. Man entspannt sich und erfreut sich der sinnlichsten Vergnügungen, die das Leben bereithält. Der Leser, der sich wunderte, warum der Eingang zu diesem Elysium von Monstern bewacht wird, erfährt ebenso wie der Ritter Manannan erst NACH der Schilderung der Freuden, woraus der Ambrosia-Trank eigentlich gemacht ist: aus der Seelenkraft der aus der realen Welt hierher Vertriebenen, also aus Menschenopfern. Ambrosia verleiht ewiges Leben, überwindet den Tod und – macht seine Konsumenten süchtig.

Dass ein solcher Junkie normale Menschen nur als Nahrungsquelle betrachten kann, ist klar. Deshalb erscheint es mir als besonders perfide, dass dadurch Verständnis für die Vampirritter aufkommen kann: Sie sind lediglich wie Wölfe auf der Jagd nach Nahrung. Dadurch alleine sind sie also noch nicht böse. Sie für ihr Tun zu verteufeln, wäre der Einsatz von Vampirargumenten, also zu verurteilen. Klar zu machen, warum Menschen trotzdem gegen sie kämpfen müssen, ist die besondere Leistung des Autors.

Mein Eindruck

Wie schon in den Romanen seiner Drenai-Saga erzählt Gemmell auch in „Ritter dunklen Rufes“ in grimmig-humorvollem Ton die Geschichte, wie aus versprengten Rittern und völlig unscheinbaren, oft sogar gesetzlosen Männern und Frauen richtige Helden werden. Es ist das immer gleiche, von „Robin Hood“ abgeschaute Grundmuster, dass sich einer tödlichen Bedrohung, die in der Regel von böser Magie getragen wird, eine Handvoll aufrechter Menschen entgegenstellt – in der Gewissheit, damit ihr Schicksal damit besiegelt zu haben.

Und es ist genau dieses erhebende Motiv des Widerstands eines Häufleins Aufrechter, das die Herzen der Leser berührt. Gemmell lehrt uns, Falsch und Richtig, Gut und Böse zu unterscheiden, denn oft ist der Unterschied auch in seinen Büchern nur ein hauchdünner. Insofern vertritt er die Moral, die dem „Herrn der Ringe“ innewohnt, ohne jedoch dabei in Tolkiens Glauben an einen guten, heilbringenden Herrscher zu verfallen. Die Zeiten, in denen sich dies vertreten ließ, sind für Gemmell längst vorbei.

Unterm Strich

Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass jeder Action-Liebhaber mit Gemmells Fantasyroman voll auf seine Kosten kommt. Doch ist die Gewalt wie gesagt nie Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck sowie die Auswirkung des Aufeinandertreffens der zahlreichen lebendig geschilderten Charaktere in diesem Buch. Die Schilderung der Hölle als paradiesisches Elysium ist ihrer symbolischen Tragweite zwar recht eindeutig, aber nicht ohne eine gewisse Originalität (es sei denn, man schaut bei mittelalterlichen und viktorianischen Autoren nach, die jeden „Garten der Lust“ verdammen).

Taschenbuch: 512 Seiten.
O-Titel: Knights of Dark Renown, 1989
Aus dem Englischen von Irmhild Hübner.
ISBN-13: 978-3442269617

Blanvalet

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