In den „Chroniken des schwarzen Mondes“ wird die Geschichte des jungen Wismerhill erzählt, der auszieht, um die große Fantasy-Welt Lhynn zu erkunden, Abenteuer zu erleben und schließlich seine Ausbildung zum Krieger zu durchleben. Die beiden Comic-Schöpfer François Marcela Froideval (Entwurf) und Olivier Ledroit (Zeichnungen) haben hier eine bislang zehnteilige Serie erschaffen (ab Band 6 führt Cyril Pontet die Zeichnungen fort), in der es einerseits um politische Machenschaften und die Gier nach Macht geht, andererseits aber auch um Freundschaft, Bündnisse und den Kampf um die Gerechtigkeit – eigentlich ja ganz normale Themen im Bereich der Fantasy, hier jedoch besonders gut dargestellt und von den Machern perfekt und farbenfroh inszeniert und illustriert.
„Das Zeichen der Schatten“ ist der erste Band dieser Serie, und wie so oft bei solchen Mehrteilern, dient dieser Part in erster Linie dazu, die einzelnen Charaktere und den Ort der Handlung vorzustellen. Froideval und Ledroit gehen jedoch hier schon über die bloße Einleitung hinaus und erläutern die Rolle des Orakels, stellen die einzelnen Fähigkeiten der Protagonisten mehr als ausführlich vor, lassen aber andererseits schon einige Handlungspunkte sehr offen, die sich dann in den nächsten Bänden klären sollen. Mehr dazu gibt es nun in einer Zusammenfassung der _Story:_
Eines Tages lernt der junge Ritter Wismerhill bei einer harmlosen Kaninchenjagd den mysteriösen Kämpfer Pilou kennen, der mit zwei seltsamen Schwerten kämpft, die jeweils das Gute und das Böse verkörpern. Gemeinsam gehen die beiden auf Streif- und Raubzüge, überfallen wehrlose Menschen und schlagen sich solcherart monatelang so durchs Leben. Gleichzeitig unterrichtet Piliu seinen jungen Gefährten in den verschiedenen Kampfkünsten. Dann jedoch treffen die beiden auf den übermächtigen Ghor-Ghor Bey und gelangen an ihre Grenzen. Der riesige Heeresführer nimmt die beiden alsbald gefangen; als er jedoch feststellt, dass vor allem Pilou über besondere Kräfte verfügt, wirbt er die beiden für seine gemeine Bande an. Pilou willigt ein, aber auch nur unter der Voraussetzung, dass Wismerhill ebenfalls aufgenommen wird.
Von nun an folgen sie in ergebener Treue ihrem neuen Herrscher und setzen ihre Raubzüge nun in größerem Rahmen fort – sehr zum Missfallen des Kaisers und seiner Armee der weißen Ritter. Der sieht in Ghor-Ghor Bey und seinen Helfershelfern die größte Gefahr für sein Reich und stellt daher eine riesige Armee auf, die gegen den Verbrecher in den Krieg ziehen soll.
Derweil erkennt Wismerhill immerfort neue Fähigkeiten an sich; es gelingt ihm, die Stimme des Windes zu entschlüsseln, aber auch geheime Angriffstechniken zu erlernen, die ihm bislang verborgen waren. Mehr als einmal kann er seinen Anführer so vor einem Hinterhalt bewahren. Als es jedoch zur finalen Schlacht mit den weißen Rittern des Kaisers mit ihrem Anführer Frater Sinister kommt, scheint Wismerhill machtlos und verloren. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste er auch noch nichts von seinem Schicksal und der Gunst des allmächtigen Orakels.
_Bewertung:_
Ohne Zweifel verbirgt sich hinter „Die Chronik des schwarzen Mondes“ eine Serie mit ungeheurem Potenzial, denn allein schon nach dem ersten Band haben sich die beiden Autoren und Zeichner eine ganze Reihe Optionen für die Fortsetzung der Handlung offen gelassen, und dadurch, dass die Geschichte von wirklich vielen Charakteren beherrscht wird, eröffnen sich in jeglicher Hinsicht haufenweise Möglichkeiten, um die Abenteuer in der Fantasy-Welt Lhynn weiterzuerzählen. Das eigentliche Ziel, mit dem ersten Band für weitere Episoden Interesse zu wecken bzw. auf Anhieb zu begeistern, wurde vom Duo Froideval/Ledroit jedenfalls ganz klar erreicht.
Trotzdem geht es in „Das Zeichen der Schatten“ manchmal zu zügig voran. Das Bündnis zwischen Pilou und Wismerhill wird meines Erachtens zum Beispiel viel zu kurz dargestellt, und gerade auf den ersten zwanzig Seiten wird der Leser des Öfteren vor vollendete Tatsachen gestellt. Hier hätte man den Fokus nicht nur auf die wirklich gelungenen Zeichnungen, sondern auch vermehrt auf den Ablauf der Handlung legen sollen. Gerade in diesem Beispiel wird nur kurz erzählt, dass die beiden plötzlich dicke Freunde sind und irgendwann der Armee von Ghor-Ghor Bey beitreten. Einzelne Details wie zum Beispiel die Eigenschaften der beiden Schwerter Pilous werden fast komplett verschwiegen. Aber vielleicht kommt da ja in zukünftigen Bändern noch mehr – wer weiß?
Ansonsten ist der erste Teil dieser Serie wirklich sehr gut gelungen; das beginnt bei den tollen Zeichnungen, die einerseits eine recht düstere Atmosphäre verbreiten, dennoch ziemlich bunt geworden sind und trotz der konträren Ausstrahlung wunderbar miteinander harmonieren. Weiter geht der positive Eindruck mit den guten und keinesfalls plumpen Texten, die einerseits mystisch angehaucht, andererseits aber dennoch leicht verständlich und logisch aufgebaut sind. Und als Letztes ist natürlich die Handlung als solche zu loben. Wie schon angedeutet, verbirgt sich hier eine Menge Potenzial, nicht zuletzt, weil die einzelnen Figuren und ihre Charaktereigenschaften trotz ausführlicher Darstellung immer noch ein Mysterium darstellen, das es im weiteren Vwerlauf dieser Bücher zu ergründen gilt.
Kurzum: Froideval und Ledroit haben als Team ganze Arbeit geleistet und eine intelligente, spannende und exzellent illustrierte Geschichte erschaffen, die mit „Das Zeichen der Schatten“ wirklich toll eingeleitet wird. Ich bin gespannt auf die Fortsetzungen!
_Verlagsinformationen zu den Autoren:_
|François Marcela Froideval| wird 1958 geboren und beginnt bereits mit 15 Jahren zu schreiben. Er studiert Literatur und Jura und gehört Ende der Siebzigerjahre zu den ersten Spielern von Fantasy-Rollenspielen in Europa. Beim Spielehersteller |Jeux Descartes| machte er in kurzer Zeit die Karriere vom Berater für Role Playing Games zum Einkäufer und schließlich Direktor. Zur gleichen Zeit arbeitet er bei der Zeitschrift »Jeux et Stratégie«, in der regelmäßig von ihm gestaltete Spielszenarien erscheinen, und gründet das Magazin »Casus belli« sowie die »Fédération des jeux de simulations stratégiques et tactiques« (Gesellschaft strategischer und taktischer Simulationsspiele). 1982 geht er für vier Jahre in die USA, wo er als Assistent von TSR (Dungeons and Dragons™) Regelwerke für das AD&D-System entwirft. Bis 1989 übernimmt er den Vertrieb und die Umsetzung der TSR-Produkte in Frankreich. 1989 beginnt er mit dem ersten Band der »Chroniken des schwarzen Mondes« eine neue Karriere als einer der erfolgreichsten Fantasy-Szenaristen Frankreichs. Fünf Bände zeichnet Ledroit, die Serie wird seit Band 6 von Pontet fortgeführt. Er veröffentlicht bei allen wichtigen Comicverlagen Frankreichs, z. B. »666« bei |Glénat|, die »Chroniken« und »Fatum« bei |Dargaud|, »Mens Magna« bei |Soleil| und die Nebenserien zu den »Chroniken«, »Methraton« und »Harkanes« bei |Albin Michel| (Deutsch bei |Carlsen|). Daneben schreibt er auch für Computerspiele Szenarien, so für |Infogrames| zum Kultspiel »Drakkhen« und für Cyro die »Dragonlore«-Serie sowie das Spiel zu den »Chroniken«, »Black Moon Chronicles – Winds of War«.
|Olivier Ledroit| wird 1969 in Meaux geboren. Nach zwei Jahren Studium an der Hochschule für angewandte Künste in Duperrez fertigt er Illustrationen für Kartenspiel-Magazine. Die Begegnung mit Froideval führt zur Zusammenarbeit an Froidevals erster Comicserie „Die Chroniken des schwarzen Mondes“, von denen Ledroit fünf Bände zeichnet.
(Autorenvitae © carlsencomics.de)