E. D. – Evasduft. Erotischer Roman

O là là! Odor di femina

Die wirklich aufregenden Genüsse sucht und findet der Kenner bei den Frauen und Mädchen auf dem Lande. – Auf seinem großen Landgut im südlichen Frankreich sucht der Held des Buches, des Großstadtraffinements müde, neue Liebesabenteuer in den Armen draller Landmädchen und Bäuerinnen. Bei ihnen findet er den wahren „Evasduft“, den „Geruch, der mit dem Geschlecht des Weibes untrennbar verbunden“ ist.

Für einen Louisdor sind die Frauen und Mädchen ihrem gnädigen Herrn froh zu Diensten: die erfahrene Pächtersfrau Colette, der feurige Rotkopf Janine, und die hübsche Marianne (Janine und Marianne treiben es auch miteinander), die noch unschuldige Susanne und Madelon, die Verlobte eines Knechts aus dem Nachbardorf. Sie alle kommen dem Gebieter gern entgegen: und da die Frauen auf dem Lande keine Hosen tragen, macht man auch keine Umstände – man hebt einfach die Röcke…

Aber da sind auch noch die Baronin Hermine von K. mit ihrem Windhund Mirza und die durchtriebene Zofe Graziosa. Das Trio begeht geradezu Tollheiten. (Verlagsinfo)…

Der Autor

Verschiedene Spekulationen zu Identität des Autors konnten bislang nicht ausreichend erhärtet werden. Das geht aus der bibliographischen Notiz des Herausgebers Ferdinand Korff hervor.

Handlung

Unser Chronist und Hauptakteur, offenbar ein Baron, hat die Nase buchstäblich voll von den gekünstelten Düften des verlotterten Paris und ist auf das Land zum elterlichen Anwesen geflüchtet. Da er aus reichem Hause stammt, mangelt es ihm nicht an finanzieller Überredungskraft. Selbstbewusst macht er sich an die Eroberung der lokalen Weiblichkeit: Bauersfrauen, Mägde, Wirtschafterinnen, Landmädchen. Was er hier zu seiner Freude antrifft, ist der unverfälschte Evasduft – in den vielfältigsten Variationen: „der Geruch, der mit Geschlecht des Weibes untrennbar verbunden ist“.

Colette, Madelon und Janine

Die erfahrene Pächtersfrau Colette lebt quasi vor seiner neugierigen Nase. Immer wenn sein Pächter unterwegs ist, macht er sich an Colette heran. Madelon hinwiederum, die brünette Verlobte eines Knechts, handelt auch einen anständigen Preis für ihre Zuwendungen aus, und die sind reichlich: Vorder- und Hintereingang stehen ihm offen, und ihr Mund verwöhnt ihn ebenfalls – für 5 Franc pro Dienst.

Da ist Janine, der Rotkopf, ein ganz anderes Kaliber, eher von der leichten Sorte. Seit ihr Madelon einen Haarbüschel ausgerissen hat, wird sie nur „Ochsenschwanz“ genannt. Sie kann sich aber einer Rubensfigur rühmen und beäugt unseren Helden interessiert. Sobald die Wirtschafterin aus dem Haus ist, macht er sich an Janine heran, die auch nichts dagegen hat. Das Merkwürdigste an ihr ist ihr Evasduft: Sie riecht nach Langusten. Weiß der Himmel warum.

Marianne

Ist Janine, der Rotkopf, heißblütig, so ist ihre verheiratete Freundin Marianne eher kühl und abweisend zu nennen. Das einzige, was sie unserem Helden gewährt, ist ein Blick auf ihre blendendweißen Zähne und einen Korb für seine Anmache. Doch Erntezeit ist Feierzeit, und so wirft er die Flinte nicht ins Korn, so lauscht auf die Aktivitäten von Janine und Marianne. Er entdeckt sie im Garten hinter seiner Villa, und sie machen sich vor allem durch Seufzer der Lust bemerkbar. Lesben! Wie entsetzlich! Hier muss missioniert werden, und dabei muss Janine tüchtig helfen.

Beim nächsten Mal, als die beiden Mädchen in seinem Anwesen waschend und bügelnd zu tun haben, legt er sich am Schlüsselloch der Wäschekammer auf die Lauer. Sie sind bereits zugange, und wie er Janine gebeten hat, ergreift sie die Initiative, um die Festung zu stürmen. Beim nächsten Mal, als er Marianne in seinem Haus erwischt, setzt er ihr quasi die Pistole auf die schöne weiße Brust: Entweder sie zeigt etwas mehr Entgegenkommen, oder er werde ihr lesbisches Verhältnis öffentlich bekanntmachen. Das würde ihr Mann, ein braver Kuhhirte, bestimmt nicht gerne hören.

Fortan ist die verängstigte Marianne zu allen Schandtaten bereit, und deren gibt es viele. Besonderes Gefallen findet sie am Analverkehr, denn das ist eine patentierte Verhütungsmethode. Sobald er Janine eingeweiht hat, arrangiert er einen flotten Dreier in der Wäschekammer, bei dem alle auf ihre Kosten kommen.

Susanne im Bade

Auf einen Vorschlag von Janine legt sich unser Held am Bach, der seinen Wald durchfließt, in einem Gebüsch auf die Lauer. Es ist ein schwüler Nachmittag. Nur eine Viertelstunde erscheint das edle Wild, um sich ein wenig abzukühlen. Janine hat ihre 16-jährige Schwester Susanne mitgebracht, um zusammen mit Marianne ein Bad zu nehmen. Die drei Grazien sind ein Anblick für die Götter, doch Monsieur hat nur Augen für die weiblichen Rundungen Susannes, die nun gründlich gewaschen und trockengerieben werden. merkwürdige Schwächeanfälle suchen die drei Grazien heim.

Susanne sei noch Jungfrau, hat Janine gesagt. Na, dem kann abgeholfen werden! Wie ein Tiger stürzt sich der Beobachter auf Susanne, die rein zufällig schon empfangsbereit am Ufer kniet. Während Marianne baff ist und bloß zuguckt, freut sich Janine: Alles klappt wie am Schnürchen. Und natürlich hat auch Susanne Bescheid gewusst, denn sie ist keineswegs unschuldig. Gleich dreimal wird sie erobert, und für ihre spätere Mitgift soll ebenfalls gesorgt werden. Tags darauf treibt er es mit ihr und ihrer Schwester in der bequemen Wäschekammer. Ein flotter Dreier und die Entjungferung von Susannes Anus bereiten allen großes Vergnügen. Die „Kleine“ erhält lebendigen Anschauungsunterricht, als sich Janine ihren Lohn in Naturalien holt. Merkwürdig ist Susannes Evasduft: Er enthält ein Quäntchen Urin.

Die Winzerinnen

Wieder mal ist Weinlese, doch die Erntehelferinnen treiben miteinander Schabernack, dass der Herr dieses Weinbergs kaum seinen Augen traut. Die Frauen bewerfen einander mit dunklen Beeren, das der rote Saft an den Schenkeln herunterläuft. Rose, eine der kräftigen, stämmigen Helferinnen, tut der kleinen, zierlichen Angelique, die es ihr jedoch wider Erwarten mit gleicher Münze heimzahlt. Sie ist eine gut gebaute Wildkatze, und der Herr will sie haben. Nach etwas Überredung mit einem verlockenden Angebot willigt sie ein. Sie ist verlobt und könnte seine finanzielle Kompensation gut gebrauchen. Das Schäferstündchen mit Susanne verläuft sehr erfreulich, und sollte sie schwanger werden, kann sie dies immer noch ihrem Zukünftigen zuschreiben.

Rosa und der Vollmond

Wer den Schaden hat, raucht für den Spott nicht zu sorgen. Das hat auch Rosa erfahren, die erst Täterin war und Angeliques Opfer geworden ist. Sie zu entschädigen, fällt ihrem Dienstherrn nicht schwer, denn er bietet ihr einen Louisdor an, sollte sie seinen Wünschen geneigt sein. Sie sagt nicht nein, und so kommt er in den Genuss eines Anblicks, der die Götter vor Neid erblassen ließe: Rosa ist mit einem prächtigen Hintern gesegnet, der dem Vollmond, in dessen Schein er diese Pracht genießt, Konkurrenz machen würde.

Und die Äpfelchen, die in ihrer Bluse tanzen, würden selbst die Hesperiden – deren goldene Äpfel einst Herakles stehlen musste – neidisch machen. Was Monsieur zu seinem Erstaunen lernt, ist Rosas flinke Fähigkeit des fliegenden Wechsels während eines Coitus interruptus. So fährt sie sofort eine Samenernte ein und entgeht zugleich einer Befruchtung durch seine „Tunke“. Merke: Auf dem Lande sind die Frauen keineswegs auf den Kopf gefallen.

Hermine und Graziosa

Baronesse Hermine ist die beste Partie weit und breit. Gerade mit 23 Witwe geworden, besitzt sie nicht nur Pariser Eleganz, sondern auch Reichtum ohne Ende. Aber ist sie auch schön? Monsieur hat sich um sie beworben, doch diese hübsche Häsin wird von vielen Hunden gejagt. Er müsse 30 Tage auf ihrem Schloss in der Touraine mit allen sittlichen Maßgaben leben, bevor sie seine Bewerbung ernsthaft in Betracht ziehen, gibt sie ihm Bescheid. Was tut man nicht alles für die Liebe?

Was er in der ersten Nacht durch das Schlüsselloch des Zofenzimmers erblickt, lässt ihn in seinem Entschluss wankend werden: Nicht nur die Zofe Graziosa darf der Baronesse den Eingang zum Paradies lecken, sondern auch ihr Windhund Mirza. Seine Leidenschaft bezüglich Hermine kühlt sich beträchtlich ab, doch dafür entflammt sein Herz für die Rubensfigur der quicklebendigen und wohlduftenden Graziosa, die nicht nur ihr Herz auf dem rechten Fleck hat. 28 Tage (und Nächte!) währt dieses erfreuliche Arrangement, und die Hand der holden Hermine ist bereits ins Reichweite. Doch dann unterläuft ihm ein fataler Fehler…

Mein Eindruck

Wie schon der von mir besprochene Roman „Florian der Genießer“ widmet sich die Suche des Helden der flüchtigsten, aber eindringlichsten Eigenschaft der Intimregion einer Frau, ihrem körpereigenen Duft. Wie bei jeder Frau ist dieser Duft verschieden, und unser Chronist stößt auf allerlei Unterschiede. Man sollte allerdings genau aufpassen, was er da erschnuppert. Man sind es Langusten, mal Blumen, mal der „sanftherbe Odeur“ von Pisse – und natürlich Seife. Letzteres hat er sich allerdings selbst zuzuschreiben, denn seine üppige Entlohnung versetzt die entsprechende Dame in die Lage, Seife zu erwerben und sich da unten recht reinlich zu machen. Selber schuld.

Nach den „Tollheiten“, die der Klappentext verheißt, habe ich vergeblich gesucht – es ist eben alles relativ. Was vor rund vierzig Jahren noch als verrückt gegolten haben mag, ist für den heutigen verwöhnten Geschmack nur noch possierlich und skurril. Dazu gehören beispielsweise Cunnilingus und Fellatio – auch die eines Hundes. Etwas ausgefallener dürfte schon der Analverkehr sehr, der als Verhütungsmethode eine prominente Rolle spielt. Doch allein schon die Beschreibungen verraten, welche Schmerzen damit verbunden sein müssen.

Dass die Damen vom Lande wissen, auf welcher Seite das Brot gebuttert sein sollte, verraten die diversen Aktionen der rothaarigen Janine. Sie weiß nicht nur Marianne an Monsieur zu verkuppeln, sondern auch ihre eigene Schwester Susanne zwecks Entjungferung zu verkuppeln. Liest man diese Szene etwas objektiver als sie der Chronist schildert, so wird deutlich, dass es diese „Susannah im Bade“ – eine deutliche Anspielung auf das amouröse Abenteuer des biblischen König David mit Batseba und auf Susanna im Bade – faustdick hinter den Ohren hat. Keine Spur von Schüchternheit oder gar Abwehr – dieses Mädel ist quasi verlobt, und was sie von Monsieur empfangen sollte, kann sie leicht ihrem Künftigen unterjubeln. Dass dies ein durchgängiges Motiv ist, lässt auf die Gewitztheit der ländlichen Weiblichkeit in solchen Dingen schließen.

Der Hintergrund der ländlichen Idylle ist anno 1891 ein romantischer Rückfall in ein pseudo-historisches Utopia. In diesem Nimmerland tragen die Frauen keinerlei Unterwäsche, hier ist Monsieur als Landbesitzer quasi Gott. Allenthalben wird er wie einst vor der Französischen Revolution als „gnädiger Herr“ angesprochen. Kein Frauenzimmer traut sich, sich ihm länger als ein paar Tage (Marianne etwa) zu verweigern. Er hat das Kapital und sie die Reize und Dienstbarkeit, die er damit erwerben kann. Die Machtverhältnisse sind eindeutig.

Doch da fordert ihn die Baronesse Hermine auf gleichem Spiel-Level heraus. Sie ist von gleichem Stande, doch sie stellt seine Entschlossenheit – und finanziellen Verhältnisse – auf die Probe. Er muss nicht nur Manns genug sein, sie zu erobern, sondern auch finanziell potent genug. Doch ach! Was sie an Geld besitzt, mangelt ihr an Moral. Der leser ist eingeladen, sein eigens moralisches Urteil zu fällen. Kann man es der jungen Witwe wirklich übelnehmen, wenn sie sich, stets auf den guten Ruf bedacht, insgeheim mit Untergebenen befriedigt, die entweder – als Hund – nicht sprechen können oder – als Zofe – nicht sprechen dürfen?

Die Übersetzung

Die Sprache der Übersetzung ist dem Fin de siècle angemessen, also reichlich altertümlich. Zahlreiche Ausdrücke erinnern eher an Karl May oder – in feineren Kreisen – an Rilke.

S. 49: „Paschware“: Pascher sind bei Karl May noch weithin vertreten – es sind Schmuggler. Paschware ist folglich Schmugglerware. Gemeint ist aber ein Baby, das er einer verheirateten Geliebten machen würde, so dass sie es ihrem Mann als sein eigenes unterjubeln könnte. Das ist der Grund, warum unser Held verheiratete Frauen unverheirateten bei weitem vorzieht.

S. 62: „Konfidenzen“: Vertraulichkeiten

S. 63: „Paroxysmus“: “ anfallartiges Auftreten einer Krankheitserscheinung; anfallartige starke Steigerung bestehender Beschwerden“ oder etwas allgemeiner: „Ein Paroxysmus ist eine Folge von sich steigernden Ausbrüchen.“ Kann in der Erotik ebenso auftreten wie bei Vulkanen.

S. 69: „Fondant“: „Fondant ist die Bezeichnung für eine weiche, pastöse Zuckermasse, die zur Herstellung verschiedener Süßwaren verwendet wird, vor allem für die danach benannten Fondants.“ Hier wird als Synonym für Sperma verwendet.

S. 103: Bettplafond: der Betthimmel. Siehe Decke.

S. 104: Es geht um zwei Liebesstellungen, zu denen der Autor nur französische Fachausdrücke einfallen: „à la paresseuse“ (faul, bequem) und „en levrette“ (von hinten, die Schubkarre). Dem Leser sei empfohlen, die Beschreibungen selbst nachzulesen.

Auf S. 118 bricht das zweite ROSA-Kapitel unvermittelt am Beginn einer weiteren Sexszene ab. Ein Fall von Eigenzensur?

Auch das letzte Kapitel bricht auf S. 137 mit „einer gut gespielten Ohnmacht“ ab. Hier erscheint die Kürzung sinnvoll.

Unterm Strich

Der Leser dieses möglicherweise zensierten – und auf jeden Fall ab 1983 auf dem Index (s.u.) stehenden – Büchleins (s.o.) erfahren herzlich wenig über die verschiedenen Nuancen, was den intimen Evasduft“ angeht. Diesbezüglich werden sie eher bei „Florian der Genießer“ fündig. Dafür erfahren sie umso mehr über kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Lande Ende des 19. Jahrhundert, soweit sie am Rande der Sexszenen geschildert werden. Ein Louisdor, also eine Goldmünze, dürfte mindestens den Monatslohn einer Weinleserin oder Schnitterin wert gewesen sein. Deshalb bildet sie eine große Verlockung. So manches Frauenzimmer lässt sich damit herumkriegen.

Die erotischen Verhältnisse stehen eindeutig im Vordergrund. Doch nach der Eroberung des x-ten Mädchens beschleicht den leser der Verdacht, dass es dem Chronisten bzw. seinem Helden vor allem um die Verkündung seiner sexuellen Großtaten gegangen ist. Ihm als Großgrundbesitzer, der sich als „gnädiger Herr“ alles herausnehmen kann (aber keine eigene Familie zustande bringt), können die Frauen vom Lande ihm nichts entgegensetzen, weder Unterwäsche noch Moral.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, so lese man die Konfrontation mit Baronesse Hermine. Während ihre Zofe dem „Baron“ mit Freuden zu Diensten ist, so sucht die Baronesse in Ermangelung eines Gatten Befriedigungsmethoden, die weit unter moralischen Level liegen, das man von ihr erwarten kann. Sie hat sich quasi disqualifiziert und spielt nicht mehr in der gleichen Liga – ist eben doch „nur“ eine Frau.

Hinweis

Dieser Band wurde am 25.5.1983 von der Bundesprüfstelle indiziert (Bundesanzeiger Nr.96). Es war der 8.Goldmann-Erotikon-Band, der der Indizierung zum Opfer fiel.

Taschenbuch: 138 Seiten; plus Leseprobe von „Musset: Gamiani“.
Originaltitel: Odor di femina, 1891
Aus dem Französischen von Fritz Mautner.
ISBN-13: 9783442060054

https://www.penguinrandomhouse.de

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