Sabine Thiesler – Nachts in meinem Haus

Seit ihrem Debütroman „Der Kindersammler“ habe ich fast alle Bücher von Sabine Thiesler gelesen, in den meisten Fällen sogar verschlungen. Sehr gespannt war ich entsprechend auf ihren neuesten Thriller, der tatsächlich ziemlich innovativ ist, weil es hier nicht um einen (Serien-)Mörder geht, sondern um einen Mann, der einen schlimmen Fehler begeht und sein eigenes Leben damit zugrunde richtet.

Tom ist ein erfolgreicher Künstler, der für seine Bilder horrende Preise verlangen kann. Auch seine Frau Charlotte, die er über alles lebt, ist in ihrem Beruf erfolgreich. Die Ehe der beiden ist glücklich. Zu Beginn des Buches fährt Tom seine Frau zum Flughafen, weil diese auf eine Dienstreise muss. Kaum zuhause, öffnet sich allerdings die Tür und Leslie steht vor der Tür – die Frau, die ebenfalls glücklich verheiratet ist, aber mit der Tom seit einiger Zeit eine Affäre hat. Nach einem heißen Schäferstündchen hört Tom plötzlich ein verdächtiges Geräusch. Er schnappt sich die neu gekaufte Harpune, um zu schauen, ob ein Einbrecher im Haus ist.

In dieser Situation begeht Tom einen bösen Fehler, der sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Er flüchtet nach Italien in ein kleines Häuschen, in der Hoffnung, dass sein bester Freund René – Leslies Ehemann – für ihn den Fehler wieder ausgebügelt. Doch bald muss Tom feststellen, dass René vielmehr seine eigenen Interessen im Sinn hat und ein falsches Spiel spielt…

Fataler Fehler

Das Buch beginnt wahrlich mit einem Paukenschlag. Sabine Thiesler eröffnet hier eine Geschichte, die es von Anfang an in sich hat und die mich ziemlich eiskalt erwischt hat. Ich war sofort an das Buch gefesselt, doch schleichen sich dann viele Merkwürdigkeiten ein, die mich mehr als stutzig gemacht haben. René und Tom planen zusammen Toms Flucht, doch klingt der Plan von Anfang an völlig unausgegoren. Die beiden verabreden, dass Tom sich nach einer bestimmten Zeit telefonisch bei seinem Freund meldet – heutzutage sollte ein solcher Anruf allerdings schnell nachverfolgbar sein. Auch die Geschichte, die sie sich ausdenken, klingt recht hanebüchen.

Nun gut, wenn man darüber hinwegsieht, liest sich das Buch sehr flüssig. Nach Toms Flucht erfährt man zunächst sehr vieles aus seiner Vergangenheit, u.a. wie Tom durch eine Scheidung zu sehr viel Geld gekommen ist. Welche Rolle das spielt, erschließt sich später, insofern ist der Seitenschlenker durchaus interessant und wichtig.

In Italien aber lernt Tom einen Carabinieri kennen, von dem wir auch lang und breit erfahren, welche privaten Sorgen ihn quälen, dass seine Frau ebenfalls eine Affäre hat, dass das gemeinsame Haus baufällig ist und vieles mehr. Das war mir definitiv zu viel und hat die Geschichte ziemlich ausgebremst.

Der ganze Mittelteil ist ziemlich langatmig geraten. In vielen Details liest man, wie Tom in Italien immer weiter abrutscht, weil er – trotz Millionen auf dem Konto – kein Geld hat und um seine Existenz fürchten muss. Das war mir alles zu breit, weil lange Zeit nichts Neues passiert. Erst als Tom und René einen neuen teuflischen Plan schmieden, nimmt das Buch wieder an Tempo auf und lässt sich dann auch kaum noch aus der Hand legen. Das Ende hat es dann wiederum in sich und schließt nahtlos an den Beginn an, das ist erstklassig.

Lesenswert, aber nicht durchweg überzeugend

„Nachts in meinem Haus“ ist ohne Frage ein spannendes Buch – trotz der Längen im Mittelteil. Aber die Geschichte an sich hat mich wirklich überzeugt, da sie mal vom üblichen Schema abwich und etwas Neues bot. Hinzu kommt, dass Tom als Hauptprotagonist auch sehr gelungen ist und man sehr gut mit ihm mitfühlen kann.

Eine Kleinigkeit noch am Rande: Sabine Thiesler weiß offenbar nicht, dass ein „Lichtjahr“ keine Zeit-, sondern eine Längeneinheit ist. Das fand ich – als Physikerin – recht unprofessionell und hätte doch spätestens einem Lektor auffallen müssen?!

Unter dem Strich hat mich das Buch sehr gut unterhalten, Abstriche gibt es allerdings wegen einiger Logikfehler und einem recht langatmigen Mittelteil.

Gebundene Ausgabe: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3453269699
www.heyne.de

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