Mann, Phillip – Flucht in die Wälder (Ein Land für Helden 1)

Eine Welt mit alternativem Geschichtsverlauf schildert der neuseeländische Autor Phillip Mann. Im 1. Band der Tetralogie |Ein Land für Helden| werden drei junge römische Bürger Britanniens zu Geächteten und Ausgestoßenen – der Beginn ihres Widerstandskampfes und des Untergangs des Römischen Weltreiches.

Der Autor

Phillip Mann (* 7. August 1942 in Northallerton, Yorkshire, England; † 1. September 2022 in Wellington[1]) war ein britischer Science-Fiction-Schriftsteller, der ab 1969 in Neuseeland lebte. Er studierte Englisch und Schauspielkunst an der University of Manchester und später in Kalifornien, bevor er nach Neuseeland zog, wo er 1970 den ersten Lehrstuhl für Schauspielkunst an einer neuseeländischen Universität, an der Victoria University of Wellington, einrichtete. Er zog sich 1998 von der Position des Professors für Schauspielkunst in Victoria zurück, um sich auf andere Projekte zu konzentrieren. Er hat intensiv am Theater gearbeitet, als professioneller Regisseur und Theaterlehrer, sowohl in Neuseeland, den USA als auch in Europa. (Wikipedia.de)

Seine Tätigkeiten als Theaterdirektor und Drama-Dozent verhalfen seinen Romanen und Hörspielen zu klarer Struktur und Anschaulichkeit. Neben „Das Auge der Königin“ (1982; dt. bei |Heyne|) ist „Pioniere“ als sein bester Roman anerkannt.

Der Neuseeländer wurde bei uns mit den zwei Paxwax-Romanen, dem Roman „Pioniere“ und mit „Wolfs Garn“ bekannt. Im Mittelpunkt seiner Bücher stehen menschliche Eitelkeit und Überheblichkeit, weshalb selbst die besten Pläne bei ihm stets schief gehen, so auch in diesem Roman über einen Erstkontakt. Die Arroganz besteht diesmal in dem Glauben, unbeteiligter Beobachter sein und bleiben zu können. Wolfgang Jeschke nannte dieses Buch einmal in den achtziger Jahren den besten Science-Fiction-Roman überhaupt – lang ist’s her.

Die Krönung von Manns schmalem Oeuvre bildet bislang der vierbändige Zyklus „Ein Land für Helden“ (A land fit for heroes):

1. Flucht in die Wälder
2. Der Monolith
3. Der Drache erwacht
4. Der brennende Wald

Neben „Das Auge der Königin“ (1982; dt. bei |Heyne|) ist „Pioniere“ als sein bester Roman anerkannt.

Seitdem hat Mann die Paxwax-SF-Duologie veröffentlicht und mit „Ein Land für Helden“ einen feinen vierbändigen Alternativwelt-Zyklus vorgelegt.

Handlung

Die römischen Legionen haben Britannien nach seiner Eroberung nie wieder verlassen, vielmehr haben sie auch noch den Rest der Welt erobert. Doch mittlerweile, nach 2000 Jahren Unterdrückung, regt sich gehöriger Widerstand, kommen ketzerische Sozialthesen über Freiheit auf. Als einem der ersten Orte kommt es in Waitangi/Aotearoa, das wir als Neuseeland kennen (witzigerweise die Heimat des Autors), zu einem ersten größeren Aufstand, der die römischen Siedler aus dem besetzten Gebiet wirft. Auch Afrika ist nicht mehr sicher, und Asien schon gleich gar nicht. Nachdem auch der 19. Julius Caesar, der Imperator, gestorben ist, steht das römische Weltreichs vor einer Krise. Im 1. Band bekommen wir nur den Anfang dieser Krise zu sehen.

Stellvertretend für viele Ereignisse an Brennpunkten des Weltreichs richtet der Erzähler unseren Blick auf Britannien, genauer gesagt auf York, das immer noch Eburacum heißt. Es ist eine römische Insel der Zivilisation, umgeben von tiefen Wäldern, in denen die keltischen Ureinwohner leben wie eh und je.

Der junge römische Offiziersanwärter Viti Ulysses, der junge britische Mechaniker Angus MacNamara und dessen Freundin Miranda, eine junge Britin aus Eburacum, finden sich durch mehrere Schicksalsschläge vereint. Nachdem nämlich der durch eine Niederlage in der Arena frustrierte Viti sich im Suff an Miranda vergangen hat, will Angus den Missetäter durch einen fingierten Unfall umkommen lassen.

Doch der mit einer der Kampfmaschinen aus der Arena arrangierte Anschlag schlägt fehl. Vielmehr ist Angus als Attentäter bloßgestellt. Erstaunlicherweise ergreift Viti, das Opfer, jedoch nicht Partei gegen Angus, sondern tötet die Wachen, die Angus angreifen. Mit Miranda im Schlepptau flüchten die beiden Männer aus der Arena in die undurchdringlichen Wälder.

Bei den Kelten finden die drei Flüchtigen Obdach in einem Dorf. Aufgenommen in die Gemeinschaft, arbeiten sie alle entweder für Kost und Logis im Gasthaus oder – wie Angus – für das Gemeinwohl. Als der Kämpfer Gwydion eintrifft, verliebt sich Miranda bis über beide Ohren in ihn, was die beiden Männer ziemlich frustriert. Ein keltischer Barde zieht durchs Dorf und ebenso ein ketzerischer römischer Philosoph. Als römische Sturmtruppen das Dorf angreifen, um Viti zu verhaften, kommt es zu einem mörderischen Kampf …

Mein Eindruck

Obwohl der Autor-Erzähler den Leser nett an der Hand nimmt, wie es Autoren zuletzt zu Queen Victorias Zeiten taten, begibt man sich doch gern mitten ins so erzählte Geschehen. Die Handlung schreitet folgerichtig, flott und spannend voran. Dem Erzähler liegen nicht nur die Abenteuer, sondern auch die inneren Empfindungen und Gedanken seiner Hauptfiguren am Herzen. Wer auf Action steht, wird hier weniger auf seine Kosten kommen.

Philip Mann versäumt auch nicht, den größeren Zusammenhang dieses kleinen unbedeutenden Vorfalls in Britannien aufzuzeigen. Daher bekommen die drei Hauptfiguren in ihrem Verhalten wie auch in dem, was ihnen widerfährt, eine überindividuelle Bedeutung. Dem Leser wird klar, dass er es nicht mit zufällig ausgewählten Figuren zu tun hat, sondern mit Leuten, die für die geschilderte Welt – und für ihn – relevant sind. Das erhöht die Spannung, mit der man ihre weiteren Abenteuer verfolgt, noch mehr. Was zunächst wie ein Sammelsurium von Einzelszenen aussieht, wächst wie die aneinandergelegten Teile eines Puzzles zusammen, um das größere Bild erkennen zu lassen.
Man darf also auf die Fortsetzung gespannt sein.

Taschenbuch: 396 Seiten.
Originaltitel: A land fit for heroes vol. 1 – Escape to the wild wood, 1993
Aus dem NZ-Englischen übertragen von Usch Kiausch.
ISBN-13: 9783453149045

www.heyne.de