Edward Rutherfurd – Die Rebellen von Irland (Die große Dublin-Saga, Band 2)

Nach dem erfolgreichen Auftakt  seiner „Dublin-Saga“ war Edward Rutherfurd noch den zweiten Teil schuldig, der die jüngsten Entwicklungen des Landes mit all den politischen Ränken, Glaubenskämpfen und Unabhängigkeitsgesinnungen präsentieren sollte. In „Die Rebellen von Irland“ fasst der Autor die Ereignisse vom 16. bis zum 19. Jahrhundert zusammen, lässt viele gewichtige Weltbürger jeder Zeit zu Wort kommen, erzählt dabei weiterhin die Geschichten des einfachen Volkes, beschreibt aber natürlich auch die Entwicklungen an der Spitze der Gesellschaft und den schwelenden Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Herausgekommen ist dabei ein Wälzer, der in dieser Form seinesgleichen sucht, aber zu keiner Sekunde überladen wirkt – doch das Fazit gehört wohl noch nicht an diese Stelle …

Story:

Als der protestantische Prediger Simeon Pincher im Jahr 1597 nach Irland kommt und am Dubliner Trinity College immer mehr Zuhörer findet, ist dies der Beginn eines Konfliktes, der sich über die nächsten Jahrhunderte durch das gesamte Land ziehen soll. Pincher macht seinen Einfluss relativ bald geltend und bemüht sich um den Landsitz der katholischen Anwaltsfamilie Walsh. Doch die arg gebeutelte Familie, die durch die Liebesabenteuer ihrer Tochter Anne massiv an Prestige verloren hat, will sich den Forderungen der Protestanten nicht beugen. Mit gemeinsamer Kraft wird der Zusammenhalt in der Familie neu beschworen und die Attacke der verfeindeten Glaubensgruppe abgewehrt.

Ein Jahrhundert später ist das Ansehen der Walshs wieder hergestellt. Die Familie hat ihr Ansehen zurückerarbeitet und besetzt einige wichtige Positionen im Parlament. Als schließlich Freiheitskämpfer Benjamin Franklin Irland bereist und das Volk zum Kampf um die Unabhängigkeit des Landes ermutigt, bricht in Irland eine neue Form der Revolution ein – und entfacht den Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken aufs Neue!

Persönlicher Eindruck:

Wie auch schon im ersten Roman seiner „Dublin-Saga“, steht Edward Rutherford auch diesmal vor der schwierigen Aufgabe, einerseits die historischen Fakten aus drei Jahrhunderten unter einen Hut zu bekommen, andererseits aber auch eine mitreißende Geschichte zu erzählen, die am Ende mehr bieten als die erweiterte Darstellung einer Zeitleiste. Diesen ersten Konflikt löst der Autor aber auch diesmal formidabel, indem er die Geschichte des Landes an einigen prägenden Zeitgenossen und Familien festmacht und deren interne Entwicklung mit den schillernden Persönlichkeiten der letzten Jahrhunderte verknüpft. Dass Figuren wie beispielsweise Benjamin Franklin in die Handlung integriert werden, hat natürlich einen großen Stellenwert, aber auch die Einbeziehung von Figuren wie Karl I., Königin Victoria, Bierlegende Arthur Guiness und Jonathan Swift hat einen deutlichen Effekt auf den Plot, der somit wieder mehr in die Position einer authentisch erzählten Faktensammlung bekommt – nur eben im Rahmen einer spannenden Erzählung.

Rutherford orientiert sich unterdessen an den Klassikern des historischen Romans und geht sehr stark auf die vom ihm geschilderten Figuren und deren Eigenheiten ein. Was im Zeitraffer nach außen hin oberflächlich und leidlich angerissen wirkt, ist in der Draufsicht weitaus intensiver und detaillierter als zunächst vermutet. Die Ereignisse werden ausgelebt und verschmelzen trotz der zwischendurch vollzogenen Zeitsprünge prima miteinander, so dass auch der Wechsel einer ganzen Ära nicht dazu führt, dass die Story einzelnen Handicaps unterliegt oder letzten Endes zu sperrig erscheint. Dafür ist die Aufbereitung in wirklich allen Passagen der episch ausgearbeiteten Story zu stark und ihre Ausstrahlung zu intensiv – trotz der vielen Gefechte zwischen Protestanten und Katholiken die im Buch genauso viel Bedeutung zugesprochen bekommen wie in der traurigen Realität des Alltags in der Geschichte Irlands. Und dieser Hang zum Authentischen, jenes Greifbare, das historisch schon so weit zurück liegt, inhaltlich aber wieder so nah herangeholt wird, zeichnet „Die Rebellen von Irland“ als einen der besten faktischen Historienromane der letzten Jahre aus.

Anders herum sollte auch jedem klar sein, dass die Spannung ein wenig darunter leidet, dass die belegten Ereignisse bereits vorhersehbar sind und manche Story innerhalb der großen Handlung auf ein offensichtliches Ende zusteuert. Große Überraschungsmomente liegen dem Plot also fern, aber das ist auch beabsichtigt. Doch ist dies auch kein Punkt, der zu Diskussionen über die Leistung des Autors berechtigt. Diese ist nämlich unter Berücksichtigung der Erzählzeit, die der Roman umfasst, und der eindrucksvollen Vermischung von Fakten und Fiktion durchweg souverän. Und aus diesem Grund ist das Resümee von „Die Prinzen von Irland“ auch einer Wiederholung würdig: Fesselnder kann man erlebte Geschichte kaum darstellen!

766 Seiten, gebunden
Originaltitel: Dublin II
Überssetzt von Reiner Pfleiderer, Wolfram Ströle und Violeta Topalova
ISBN-13: 978-3-89667-316-9
www.blessing-verlag.de