Michael Tsokos – Zerbrochen

Michael Tsokos ist einer der bekanntesten deutschen Rechtsmediziner. Ich kannte seinen Namen bislang nur durch sein gemeinsames Buch mit Sebastian Fitzek. Dabei ist mit „Zerbrochen“ nun bereits der dritte True-Crime-Thriller auf dem Markt, den Michael Tsokos mit Andreas Gößling zusammen veröffentlicht hat. Die Bücher drehen sich um den Rechtsmediziner Dr. Fred Abel und sind chronologisch aufgebaut. Wer also die ganze Reihe lesen möchte, sollte mit dem ersten Teil „Zerschunden“ beginnen.

In „Zerbrochen“ kehrt Fred Abel frisch in den Job zurück, nachdem ihn zwei Schlägertypen fast tot geschlagen haben und Fred Abel nur durch das beherzte Eingreifen seiner Schwester diesen Anschlag überlebt hat. Körperlich ist er wieder hergestellt, aber der Anschlag auf sein Leben nagt durchaus noch an ihm. Zwar hat er die beiden Schlägertypen nicht erkannt, aber wer hinter dem Anschlag steckt, ahnt er sehr wohl.

Nun aber freut er sich darauf, wieder zu arbeiten und seine Zwillinge in Empfang zu nehmen. Erst kurz vor dem Angriff auf ihn hat er überhaupt erfahren, dass ein Abenteuer in Paris vor etlichen Jahren Früchte getragen hat. Mit seiner Lebensgefährtin zusammen hat er die Zwillinge bereits in ihrer Heimat Guadeloupe besucht, nun sollen sie ihn in Deutschland besuchen. Doch schon am Flughafen bemerkt Fred, dass etwas nicht in Ordnung ist, denn sein Sohn scheint genau unter dem gleichen Verfolgungswahn zu leiden wie er selbst. Immer wieder sieht er sich um und scheint seine Schwester vor etwas beschützen zu wollen. Kurz darauf sieht Abel eine verstörende Zeichnung, die seine Tochter Manon detailgetreu angefertigt hat. Aber erst später verraten die Zwillinge ihm, dass sie die beiden finsteren Männer auf der Zeichnung tatsächlich gesehen haben und sie den Freund ihrer Mutter bedroht haben.

Kurze Zeit später verschwinden die Zwillinge spurlos aus einem Café, in dem sie mit ihrem Vater verabredet waren. Als Fred Abel erfährt, dass ein Kollege in einer Pressekonferenz einen Fehler begangen hat und der sog. Darkroom-Killer dadurch erfahren hat, dass Fred Abel die entscheidende Spur geliefert hat, um die Identität des Killers zu enthüllen, ahnt Fred, wer hinter der Entführung steckt…

Whodunit

Am hellichten Tag werden die Teenager-Kinder des Rechtsmediziners Fred Abel entführt, der vor gar nicht allzu langer Zeit selbst Opfer eines Verbrechens wurde. Viele Verbrecher hat er durch seine Arbeit entlarvt, ganz aktuell den Darkroom-Killer. Aber das ist bei weitem nicht der Einzige, mit dem Abel eine Rechnung offen hat. Daher beginnt nach der Entführung das große Rätselraten: Wer hat die Zwillinge entführt? Und mit welchem Ziel? Sollen die Zwillinge ins Ausland verschifft werden? Oder möchte jemand über die Kinder Fred Abel verletzen?

Das klingt zunächst nach einem interessanten Plot, der wirklich neugierig macht und mich in die Geschichte hinein gezogen hat. Doch dann verliert sich das Autorengespann in schier endlosen Beschreibungen möglicher Szenarien, die einem jeden Nerv rauben. Über mindestens 200 Seiten kommt die Geschichte praktisch gar nicht voran. Immer wieder dreht sie sich im Kreis, denn wenn ein mögliches Szenario mit allen Eventualitäten durchgekaut wurde, widmen sich die Autoren zwar bereits dem nächsten, kommen dann aber doch immer wieder auf die möglichen anderen Szenarien zurück. Irgendwann war es soweit, dass ich praktisch gar nicht mehr wissen wollte, wer denn nun eigentlich hinter der Entführung steckt, ich wollte das Buch einfach nur noch zuklappen und zur Seite legen.

Auch später, als Abel und seine Kollegen dem wahren Täter auf der Spur sind und immer näher kommen, kehrt die Spannung nicht zurück. Die Autoren schaffen es leider durch unendlich lange/langweilige Beschreibungen sämtliche Spannung zu zerstören.

Auch die Figuren konnten mich nicht überzeugen. Ein Beispiel ist die vermeintlich autistische Computerexpertin, in die einer der Kollegen heimlich verliebt ist und an die er aber gar nicht herankommen mag. Eines Tages steht sie mit verheulten Augen vor ihren Kollegen, und man könnte meinen, nun wird es interessant, weil mal die Frage aufgeworfen wird, was mit dieser angeblich autistischen Frau los ist. Aber nichts da. Später erfahren wir zwar, welches Geheimnis sie hat, aber auch das verpufft dann ohne jede Spannung.

Endlich

Am Ende klärt sich die Geschichte auf, ich habe das zur Kenntnis genommen, war aber ehrlich gesagt nur froh, dass das Buch endlich zu Ende war. Im Kern hätte hier ein spannender Thriller draus werden können, aber dann gelingt es den Autoren nicht, ihren Plot so zu fokussieren, dass sie ihre Leser bei der Stange halten und neugierig auf die Auflösung machen. Schade.

Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
ISBN-13: 978-3785725450
www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (2/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)