David Nicholls – Ewig Zweiter

Bereits in seinem ersten Roman [„Keine weiteren Fragen“ 3258 hat der Brite David Nicholls bewiesen, dass er sich auf sympathischen Losertypen versteht. Der Titel hat sich gut verkauft und die Filmrechte wurden bereits an Tom Hanks‘ Produktionsfirma |Playtone| abgetreten. Man darf also zu Recht erwarten, dass sich Nicholls auch mit seinem zweiten Roman „Ewig Zweiter“ gut schlägt – vor allem auch deswegen, weil es diesmal um eine Thematik geht, die auch Parallelen zu seiner eigenen Biographie offenbart – Nicholls hat jahrelang als Schauspieler gearbeitet, bevor er sich aufs Schreiben verlegte.

„Ewig Zweiter“ erzählt also die Geschichte eines Schauspielers. Stephen McQueen hat allerdings abgesehen von der Berufsbezeichnung mit seinem berühmten Namensvetter Steve McQueen nicht viel gemein. Seine häufigste Rolle war bislang die der Leiche, und sein größter Erfolg heißt „Sammy, das Eichhörnchen“ – kurzum, Stephens schauspielerische Karriere ist nicht gerade mit Erfolg gesegnet.

Als Stephen dann die Rolle der Zweitbesetzung in einem renommierten Theaterstück am Londoner West End bekommt und dabei keinen Geringeren als den zurzeit angesagtesten Schauspieler Englands, Josh Harper, bei Krankheit vertreten soll, hofft Stephen zu Recht darauf, dass der große Durchbruch zum Greifen nah ist. Nur erfreut Sex-Symbol Josh sich leider stets bester Gesundheit, und Stephen ist nun wirklich nicht der Typ, der da mit unlauteren Mitteln nachhelfen würde.

Zu allem Überfluss verguckt Stephen sich dann auch noch in Joshs Ehefrau Nora, was die Situation auch nicht maßgeblich vereinfacht …

Schon Brian Jackson, Nicholls Protagonist aus „Keine weiteren Fragen“ war ein herrlich sympathischer Verlierer, der sich selbst so gerne im strahlenden Glanz seiner Männlichkeit gesehen hat. Stephen McQueen steht dem in Nichts nach. Auch er ist ganz der liebenswerte Loser, der auf sich selbst und sein Talent zwar große Stücke hält, die Chance auf das große Glück und den schauspielerischen Durchbruch aber ständig verpasst. Kein Wunder also, dass er seine größten Erfolge hüpfend in einem Eichhörnchenkostüm verbuchen kann.

Schon die Figur des Stephen McQueen ist also geradezu zum Schmunzeln. Stephen fällt auf herrlich liebenswürdige Art immer wieder auf diverse Missverständnisse herein, über die der Leser sich vor Lachen auf die Schenkel klopfen kann. Dabei ist Stephen eigentlich ein armes Würstchen, das zu bemitleiden ist. Der große, charismatische Josh Harper nutzt ihn aus, und Stephen merkt es nicht einmal, so sehr hofft er, eines Tages aus dem Schatten des großen Josh hervorzutreten.

Aber durch Josh lernt Stephen eben auch Nora kennen und diese Frau bringt sein Leben – nachdem seine Ehe schon früh gescheitert ist – gehörig durcheinander. Für Nora ist Stephen dabei nur ein guter Freund, mit dem sie endlos quatschen kann und der für sie da ist, wenn ihr Ehemann mit seinen Schauspielfreunden mal wieder die halbe Nacht von Club zu Club torkelt.

Stephen ist also wirklich arm dran. Nach dem Aus seiner Ehe in einer kleinen Absteige gestrandet, lebt er mehr schlecht als recht von der Schauspielerei, während seine Ex-Frau mit seiner Tochter in die Oberschicht aufgestiegen ist. Tochter Spohie besucht eine Privatschule und kann mit dem Vater, der sein Geld damit verdient, dass er „so tut als ob“, immer weniger anfangen.

Stephens Leben droht an ihm vorbeizuziehen, während er schon seit Jahren vergeblich auf den großen Durchbruch wartet. An mangelndem Talent kann es nicht liegen, da ist Stephen sich sicher. Er hatte bislang halt einfach noch kein Glück. Mit seiner Rolle als Zweitbesetzung für Josh Harper hofft Stephen nun darauf, dass sich alles ändert, und es ändert sich im Laufe der Zeit auch tatsächlich allerhand – nur eben nicht so, wie Stephen sich das eigentlich gedacht hatte.

Nicholls hat mit „Ewig Zweiter“ einen Roman abgeliefert, der nicht minder unterhaltsam ist als zuvor schon „Keine weiteren Fragen“. Er findet die richtige Balance zwischen Witz und Tragik und garniert seinen Plot mit so vielen herrlich amüsanten Szenen, dass die Lektüre ein echtes Vergnügen ist. Nicholls lässt seine Protagonisten in wunderbar komischen Dialogen agieren und erzählt eine Geschichte, die astreines Kopfkino abgibt.

Man kann sich „Ewig Zweiter“ wunderbar als Film vorstellen, so lebendig und flott kommt der Plot daher. Dabei schöpft David Nicholls die Bandbreite der Gefühle durchaus aus. Es gibt wunderbar komische Momente, in denen man laut loslachen möchte, aber es gibt ebenso ernste und rührende Momente.

Alles in allem kann David Nicholls also die Erwartungen, die sein Debüt „Keine weiteren Fragen“ geweckt hat, mit seinem Nachfolgewerk „Ewig Zweiter“ durchaus erfüllen. Ein humorvoller Unterhaltungsroman mit einer liebenswürdigen Hauptfigur und einem treffsicheren Gespür für die absurd komischen Momente im Leben. Freunde britischen Humors können getrost zuschlagen und dürften sich mit diesem wunderbar leichtfüßigen Roman eines herrlichen Lesespaßes sicher sein.

David Nicholls kann sich mit „Ewig Zweiter“ auf jeden Fall in der Reihe etablierter britischer Autoren wie Nick Hornby einreihen, ohne sich dort fehl am Platz fühlen zu müssen.

Taschenbuch: 384 Seiten
Originaltitel: The Understudy
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